Allgemeine Übersicht und Hinweise



Vom Lesen



Bücher sind Türen

Bücher in eine andere Welt. Öffne sie und tritt ein. Vergessen ist die Schule, die Niederlage beim Fußballspiel, Müdigkeit, Hitze und Kälte, Hunger und Durst. Vorsichtig schleichst du durch den dunklen Wald auf das Lager der feindlichen Sioux-Indianer zu. Jede falsche Bewegung kann dich verraten. Jeder falsche Tritt kann dir in der grünen Hölle des Amazonasdschungels den Tod bringen. Eine falsche Entscheidung und dein Schiff fällt in die Hände der Piraten. Überall lauern Gefahren. Aber du meisterst sie, du bist der Held (trotz der 5 in Mathe und der Prügel, die du am Morgen auf dem Schulhof bezogen hast).

Im Gegensatz zu Comics oder bestimmten TV-Serien, die recht typisch für die 60er Jahre waren, sind Bücher zeitlos. Bücher der 60er unterschieden sich dann auch im Inhalt nicht so sehr von den Büchern vorhergegangener Generationen. Wie schon Generationen von Jugendlichen vor uns, lasen wir in den 60ern immer noch Karl-May-Bücher, die Lederstrumpf-Geschichten, die Abenteuer von Tom Sawyer und Huckleberry Finn, die Schatzinsel oder Jugendbücher von Erich Kästner. Aktuell und beliebt waren die Kinderbücher von Otfried Preußler. Neu erschienen Bücher aus der Jugendsachbuchreihe "Was ist Was " sowie Bücher, die auf TV-Serien beruhten, wie Rin-Tin-Tin, Fury, Flipper oder Daktari.

Buchstaben

waren mir schon durch meine frühe Freundschaft mit Comics bekannt. So fiel mir zu Schulbeginn das Lesen leicht und ich machte schnell Fortschritte darin. Die Lesefibeln in der ersten Klasse enthielten mehr Bilder als Text und dieser war auch noch nicht besonders umwerfend (Ule, ule, ule, Kasper geht in die Schule, oder so ähnlich). Lesen begannen wir in der lateinischen Schreibschrift (siehe dazu auch unter Zeitgeschichte Schule in den 60ern ). Zum Ende der ersten Klasse wechselten wir dann langsam zur Druckschrift. Ab der 2. Klasse bekamen wir dann richtig dicke Lesebücher, mit Geschichten, Märchen und Sagen sowie Gedichten (die uns nicht viel Spaß machten, weil wir viele davon auswendig lernen mussten). Von da an las ich so ziemlich alles, was mir an zusammenhängenden Buchstaben in die Hände kam.

Meist waren die Bücher von Freunden oder aus der Schulbücherei ausgeliehen. In unserem Haushalt standen nur wenige Bücher: das Bertelsmann Volkslexikon, Brehms Tierreich und noch einige wenige, ältere Romane. Die Romane waren in einer altdeutschen Schrift (Fraktur) gedruckt. Auch in unserem Lesebuch gab es noch die ein oder andere Erzählung in dieser Schriftart. Diese Schriftart unterschied sich nicht allzu sehr von den üblichen Buchstaben und das Lesen dieser Romane bereite mir keinerlei Mühe.

Etwas schwieriger waren da schon die deutsche Kurrentschrift oder die Sütterlin-Schrift, die beide sehr ähnlich sind. Dies war die Schrift, die meine Großeltern und Eltern in der Schule lernten. Briefe von älteren Verwandten waren oft noch in dieser Schrift geschrieben und auch das ein oder andere kleine Büchlein in dieser Schriftart fiel mir damals in die Hände. Während meiner Schulzeit in den 60ern lernten wir in dem Fach Deutsch auch noch die Sütterlinschrift, haben sie aber nie benutzt und so wurde sie von den meisten auch schnell wieder vergessen. Wir dürften wohl die letzte Generation gewesen sein, die diese Schrift unserer Vorfahren noch gelernt hat. Bald werden nur noch wenige Spezialisten handschriftliche Dokumente aus der Zeit meiner Großeltern entziffern können.

In der Abbildung links oben als Beispiel für die altdeutsche Schrift der Anfang der Erzählung "Waldwinter" von Paul Keller in einer Ausgabe der Deutschen Buch-Gemeinschaft GmbH, Berlin. Diesen Text zu lesen dürfte für die meisten wohl kein allzu großes Problem darstellen. Das Beispiel darunter ist das in Sütterlinschrift verfasste Einführungsblatt einer Liederfibel für Kinder aus dem Jahre 1927, herausgegeben von der Ostdeutschen Verlagsanstalt, Breslau. Hier dürfte das Lesen des Textes den meisten schon etwas größere Probleme bereiten (Der Text befindet sich in der Fußnote).

Begleiter fürs Leben

sind mir die Bücher geblieben. Ob faul in der Sonne liegend am Baggersee, auf zugigen Bahnsteigen auf den Zug wartend oder im Zug reisend, in Warteräumen diverser Arztpraxen, im Urlaub oder spät abends, wenn das Tagewerk erledigt ist, ein Buch war und ist an meiner Seite. Noch immer wächst meine kleine private Bibliothek. Natürlich ist sie nicht mehr nur auf Abenteuerromane beschränkt. Neue Autoren, wissenschaftliche Text und Abhandlungen sind hinzugekommen. Aber manchmal, wenn es meine Zeit mir erlaubt, hole ich ein altes Buch aus den 60ern hervor und tauche ein in die Fantasiewelten meiner Kindheit.

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Abbildungen (von oben nach unten):
1: Jugendbücher
2: Textauschnitt, Paul Keller: "Waldwinter", Deutsche-Buch-Gemeinschaft GmbH, Berlin
3: Liederfibel, Kinderlieder in Bildernoten dargestellt von Heribert Grüger gemalt von Johannes Grüger,
Ostdeutsche Verlagsanstalt G.m.b.H Breslau