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    Samstag, 19. August 2023, 01:04

    RE: Über die Urlaubsmöglichkeiten der DDR- Bürger

    Mein Onkel und meine Tante sahen sowohl die Krim als auch in Polen die Marienburg, sie erzaehlten mir ganz begeistert davon.
    Denn die Möglichkeiten, seinen Urlaub privat zu gestalten, waren eher begrenzt. Hotels des Reisebüros der DDR waren eine Seltenheit und entsprechende Zimmer nur mit sehr viel Glück und Geduld zu erhalten. Selbst mit Privatquartieren sah es in den begehrten Urlaubsgebieten nicht viel besser aus. So regelte das DDR- Grenzgesetz, daß insbesondere an der Ostseeküste dortige Einheimische ihre Privaträume nur an Verwandte vermieten durften; eine Regelung, an die sich in der Praxis jedoch kaum jemand hielt und Schwarzvermietungen eher die Regel als die Ausnahme waren. Selten erhielt man über eine Anzeige in der "Wochenpost" ein nettes Privatquartier, das man sich dann über viele Jahre zu sichern wußte. Ansonsten half nur ein ganzes Netz von guten Beziehungen zu Freunden, Bekannten oder Verwandten. Gern wurde auch "kompensiert", so daß ein Sommerquartier an der Ostsee schon einmal einen Satz Autoreifen für den Trabi oder Wartburg der Gastgeberfamilie einbringen konnte. Wer individuell reisen wollte, z.B. in Form eines Angelurlaubs an einem der malerischen mecklenburgischen Seen, brauchte vielfältige Beziehungen.
    Zur Kindheit in der DDR gehörte für Millionen auch der Aufenthalt in einem Ferienlager. Viele erinnerten sich in späteren Jahren z.B. an Nachtwanderungen, Diskobesuche und erste kleine Romanzen. Mit dem eigenen Boot die Ostsee zu befahren, war dagegen streng verboten, da auch hier die stetige Gefahr einer Republikflucht im Raum stand. Jugendliche trampten stattdessen an den Sommerwochenenden mit wenig Gepäck und Gitarre an die Küste und campten wild in den Stranddünen, was offiziell ebenfalls streng verboten war, so daß die Sicherheitsorgane dort besonders häufig nach dem Rechten sahen und selbst Luftmatratzenschwimmer schnell wieder an den Strand zurückbeorderten. Zwar durften die Strandabschnitte ab 20 Uhr nicht mehr betreten werden, jedoch hielt sich in der Urlaubspraxis kaum jemand daran.
    Urlaub ganz privat konnte aber auch der Sommer im eigenen Garten oder der "Datsche" sein. Viele Familien hatten sich ihren Schrebergarten mit dem dazugehörigen Häuschen so ausgebaut, daß man hier bequem die Sommerferien mit der ganzen Familie verbringen konnte.
    Gute Beziehungen waren auch für das Campen nötig, denn auch die Campingplätze waren während der Sommerferien heillos überlaufen. Aber selbst das Anstehen nach Broiler, Bier oder Brause und die meist eher bescheidenen sanitären Anlagen schreckten die meisten Camper nicht ab. Im Jahre 1954 zählten die DDR- Statistiker erst 10.000 Camper, 1959 bereits 172.000 und zwanzig Jahre später schon eine halbe Million. Um jedoch einen der begehrten Zeltplätze ergattern zu können, mußte man sich mindestens ein halbes Jahr vorher anmelden. Doch nicht nur die Zeltpätze waren heiß begehrt, auch die Campingzelte entpuppten sich als ständige Mangelware, die oft nur unter der Hand zu bekommen waren.
    Die "Riviera" der DDR- Urlauber lag am Schwarzen Meer. Wer im Urlaub auf die Krim, nach Rumänien oder Bulgarien wollte, brauchte Geld, Geduld im Reisebüro und vor allem einen guten Leumund, um ein Visum ergattern zu können. Unbürokratisch gestaltete sich nur die Einreise in die CSSR und nach Polen, nachdem am 1. Januar 1972 Visafreiheit mit diesen Ländern vereinbart worden war. Diese wurde erst nach Verhängung des Kriegsrechts in Polen 1981 wieder aufgehoben. Tschechische Kronen gab es dagegen zum Bedauern vieler DDR- Touristen nur rationiert, denn das Angebot in tschechischen Läden war oft sehr bunt und reichhaltig.
    Goldstrand, Albena und der Sonnenstrand am Schwarzen Meer waren Bulgariens traditionsreichste Seebäder, doch galten derartige Urlaubsziele für DDR- Bürger als sehr teuer. Unkomplizierter waren Reisen mit den sogenannten "Freundschaftszügen". Wer dort mitfahren durfte, entschieden allerdings der Betrieb, das Jugendreisebüro oder die FDJ. Als das beliebteste sozialistische Urlaubsland galt dagegen Ungarn, wohin im Sommer ganze Trabi- Karawanen zogen, um am Balaton die Sonne und auch gelegentliche Westprodukte zu genießen. Auch Kuba oder Jugoslawien kamen in Betracht, jedoch erleicherten hier der offene Ozean oder die Grenze nach Italien deutlich eine mögliche Republikflucht, weshalb nur ideologisch völlig unbedenkliche Bürger in den Genuß dieser Reisen kamen.
    Seit dem Mauerbau am 13. August 1961 blieben Reisen ins kapitalistische Ausland für die Masse der DDR- Bürger unerreichbar. Ausschließlich Rentner konnten ab Mitte der 60er Jahre vorbehaltlos z.B. in die Bundesrepublik reisen, denn wenn sie "drüben" blieben, ersparten sie dem System die Kosten weiterer Rentenzahlungen.

    www.youtube.com/watch?v=gkM6Gk4j_Gw

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    Samstag, 19. August 2023, 16:19

    Über die inoffiziellen Mitarbeiter (IM) in der DDR

    Jeder gelernte DDR- Bürger wußte, daß es sie gab, und gerade in vielen kleineren Gemeinden kannte man Roß und Reiter oft sehr genau, obwohl gerade das nicht beabsichtigt war, während bei den Einwohnern der Großstädte oft ein diffuses Gefühl des "Kontrolliertseins" vorherrschte, das meist nicht genauer definiert werden konnte.
    Wer waren nun die Inoffiziellen Mitarbeiter (IM), die im Alltagsleben der DDR eine nicht zu unterschätzende Rolle spielten ? IM galten als eines der wichtigsten Instrumente des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), um Informationen über einzelne Bürger, die sozialistische Gesellschaft als Ganzes, ihre Institutionen und Organisationen zu gewinnen. In der Bevölkerung der DDR galten IM je nach weltanschaulicher oder politischer Ausrichtung als Spitzel, Denunzianten oder Kundschafter, die vor allem wichtige Informationen über Stimmungen, Einstellungen und Meinungen der DDR- Bürger sammeln und an das MfS weiterleiten sollten.
    Der SED- Führung lag durchaus daran, über die konkrete Situation und Lage im ersten Arbeiter- und Bauernstaat auf deutschem Boden auf dem Laufenden gehalten zu werden. So fielen den IM u.a. die Aufgabe zu, staatsgefährdende Einstellungen und Aktivitäten zu ermitteln, was im Sprachgebrauch des MfS "politisch- ideologische Diversion" oder auch "politische Untergrundtätigkeit" hieß. Der Bogen hierfür war sehr weit gespannt und reichte von privaten Meinungsäußerungen bis hin zu verdeckten oder auch offenen politischen Aktivitäten. Darüber hinaus sollten die IM, wenn auch nur in Ausnahmefällen, direkt auf gesellschaftliche Entwicklungen oder einzelne Personen Einfluß nehmen.
    Die IM galten in den Zeiten der Existenz der DDR als eines der wichtigsten Repressionsinstrumente dieses Staates. IM wurden insbesondere auf bestimmte Schwerpunkte angesetzt, von denen tatsächliche oder auch nur vermeintliche Gefahren für die Existenz der Republik ausgehen konnten. Diese Objekte galten als so zahlreich, daß die geheimpolizeiliche Durchdringung tendenziell den Charakter einer beinahe flächendeckenden Überwachung annahm.
    Die Anzahl der vom MfS geführten IM umfaßte im Jahre 1989 ca. 190.000 Personen. Somit kam auf rund 90 DDR- Bürger jeweils ein IM, und zwischen 1950 und 1989 geht man heute von einer Gesamtzahl von rund 620.000 IM aus. Die Entwicklung des IM- Netzes war im Laufe des Bestehens der DDR nicht nur von einem kontinuierlichen Anstieg geprägt, sondern verwies auch auf ein starkes Anschwellen insbesondere in gesellschaftlichen Krisenphasen wie dem 17. Juni 1953 oder dem 13. August 1961. Selbst in der Zeit einer deutsch- deutschen Entspannungspolitik wurde das IM- Netz laufend erweitert, so daß es gegen Mitte der 70er Jahre rund 200.000 Mitarbeiter umfaßte. Auch in den 80er Jahren bleib das Niveau angesichts einer wachsenden Zahl von oppositionellen Bewegungen vergleichsweise hoch.
    Die flächendeckende Überwachung der DDR- Gesellschaft fiel regional recht unterschiedlich aus. In der ehemaligen preußischen Provinz Brandenburg, die zu DDR- Zeiten die Bezirke Cottbus, Frankfurt/ Oder und Potsdam umfaßte, war sie z.B. höher als in Thüringen. Die mit Abstand höchste Dichte an IM wies der damalige Bezirk Cottbus auf.
    Die Motive dafür, IM des MfS zu werden, waren vorwiegend ideeller und seltener materieller Natur, noch seltener war Erpressung der Grund. Die Kooperation eines IM mit dem MfS währte durchschnittlich sechs bis zehn Jahre, in Ausnahmefällen auch länger. Auffallend war, daß sich darunter eine ganze Reihe von "sozialen Aufsteigern" befanden, so daß als weiterer Grund für die Betätigung als IM auch sozialer Ehrgeiz unterstellt werden kann. Der Anteil von weiblichen IM lag weit unterdurchschnittlich bei nur siebzehn Prozent, weit über fünzig Prozent aller IM waren SED- Mitglieder.
    Das MfS differenzierte ihren Bestand an IM nach bestimmten Kategorien: Gesellschaftliche Mitarbeiter für Sicherheit, Inoffizielle Mitarbeiter zur politisch- operativen Durchdringung und Sicherung des Verantwortungsbereiches (IMS), Inoffizielle Mitarbeiter im besonderen Einsatz (IME) sowie Führungs- IM und Inoffizielle Mitarbeiter zur Sicherung der Konspiration und des Verbindungswesens (IMK). Als wichtigste Kategorie galten jedoch IM mit "Feindverbindungen" bzw. Kontakten zu Personen, die im Verdacht republikfeindlicher Aktivitäten standen. Diese IM- Gruppe nahm insbesondere in den 80er Jahren deutlich auf knapp 4.000 Personen zu.
    Das MfS operierte vornehmlich, abgesehen vom eigenem Staatsgebiet, in der Bundesrepublik, drarüber hinaus gab es noch einige Schwerpunkte in Europa, im Nahen Osten und in Asien, deutlich geringer waren seine Aktivitäten dagegen in Afrika und in Lateinamerika. Nachrichtendienstliche Schwerpunkte waren im Ausland vor allem Wissenschafts- und Technikspionage, erst danach die politische und die Militärspionage. Die politische Spionage diente vor allem dazu, die Gefährdungslage des Systems der DDR- Staats- und Parteiführung einschätzen zu können, so daß diese Aktivitäten der Beibehaltung des Status quo dienten. Von einer Unterwanderung der Bundesrepublik war das MfS dagegen schon rein zahlenmäßig stets weit entfernt. Vielmehr galt als Hauptaufgabe der IM des MfS, das DDR- System zu stabilisieren.

    www.youtube.com/watch?v=zWGVkrmjpQ4

    23

    Sonntag, 20. August 2023, 16:52

    Speis und Trank in der DDR

    Keineswegs läßt sich die Versorgung mit Lebens- und Genußmitteln in der DDR lediglich auf Begriffe wie "Bückware", "Selbstversorgung", "Schlangestehen" oder "Haben wir nicht" reduzieren, obwohl diese Schlagworte durchaus Teilaspekte der Nahrungsmittelversorgung in der DDR beleuchteten.
    Bereits die ersten Jahre des ersten Arbeiter- und Bauernstaates auf deutschem Boden waren in nicht unerheblichem Umfang durch zumindest eine teilweise Selbstversorgung aus den privaten Gärten und den damals weitgehend noch nicht hochspezialisierten landwirtschaftlichen Betrieben geprägt. Die Angebote in den Regalen von HO und Konsum bildeten dagegen oft zwar die von oben verordnete Grundversorgung ab, boten aber in der Regel relativ wenig Abwechslung und kaum Südfrüchte. Da manche Obstsorten Mangelware waren, bildete sich ein reger privater Tauschmarkt mit Saatgut, Jungpflanzen und veredelten Obstreisern, so daß die Bewirtschaftung von kleinen und mittleren Gärten sich zu einer regelrechten Massenbewegung entwickelte.
    Aber auch der Modernität verschloß man sich in der DDR nicht. So eröffnete bereits im Jahre 1956 die Konsumgenossenschaft Halle den ersten SB- Laden der Republik, und zwei Jahre darauf konnte auch endlich die Lebensmittelrationierung auf Karten aufgehoben werden. Passend dazu startete dazu als Konkurrenz zum ARD- Koch Clemens Wilmenroth Kurt Drummers beliebte Sendung "Der Fernsehkoch empfiehlt"; kurz darauf bereicherte auch der "Tip des Fischkochs" Rudolf Kroboth die Bildschirme der DDR. Möglich geworden war dies durch damalige hervorragende Fangquoten der ostdeutschen Fischereiflotte und ein halbwegs gerechtes Distributionssystem. Entsprechend lautete der DDR- Werbeslogan dieser Jahre "Jede Woche zweimal Fisch- hält gesund, macht schlank und frisch". Diesem Motto blieb auch das erste Restaurant der Kette "Gastmahl des Meeres" treu, das im Jahre 1966 in Weimar eröffnet wurde, denen weitere in Ostberlin, Leipzig, Rostock, Magdeburg, Jena und Erfurt folgen sollten.
    Die 60er Jahre bescherten den Bürgern der DDR auch einen kulinarischen Dauerbrenner: den Broiler. Angeblich wollte die Staats- und Parteiführung mit den gebratenen Hühnchen einen Gegenentwurf zur damals sehr erfolgreichen westdeutschen Wienerwald- Kette schaffen. Jedenfalls wurden die Broiler schnell zum absoluten Verkaufsrenner, nachdem für die Massenproduktion von Geflügel Maschinen aus Jugoslawien und England importiert wurden und in Königswusterhausen die ersten Gebäude des Kombinats "Industrielle Mast" (KIM) entstanden waren. Schnell entstanden im ganzen Land weitere KIM- Anlagen, und das Motto für das Geflügel lautete ganz offiziell: "Saufen, fressen, faulenzen, und trotzdem den Plan erfüllen". Ein Zuchtzyklus dauerte bis zum fertigen Goldbroiler, sofern nichts dazwischenkam, lediglich 56 Tage. Um die leckeren Hühnchen an die Konsumenten zu bringen, sollten sogenannte "Broilerbars" eröffnet werden, was dann auch ab 1967 in Berlin geschah. Drei Jahre später folgte in Erfurt mit der HO- Gaststätte "Goldbroiler" das erste Restaurant dieser Art, dem man deutliche Anleihen beim Vorbild "Wienerwald" ansah.
    Wenig später erfuhren die Speisekammern der DDR- Bürger weitere kulinarische Bereicherungen, sofern die Kasse stimmte und spendable Westverwandte verfügbar waren, denn jetzt durfte auch jeder Normalverbraucher im Konsumparadies "Intershop" Westprodukte einkaufen, nachdem es bis dahin verboten war, Westmark zu besitzen. Im Jahre 1976 setzte der Staat sogar noch eins drauf und richtete die ersten "Delikat"- Läden ein, die Lebensmittel aus Westimporten und der sogenannten einheimischen Gestattungsproduktion gegen Ostmark anboten. Die Preise waren erheblich höher als im Konsum oder den HO- Läden, wie der Autor dieses Blogs aus eigener Erfahrung der 70er Jahre zu berichten weiß. So kostete ein Päckchen Kakao acht Mark der DDR, eine Dose Ananas sogar zwölf Mark, so daß "Delikat"- Produkte für den Normalbürger meist nur zu besonderen Anlässen erschwinglich waren.
    Die Angebote in den Kaufhallen und Konsum- Läden blieb hingegen, von Ausnahmen abgesehen, eher recht dürftig. Neben den alltäglichen Engpässen bahnte sich Ende der 70er Jahre eine regelrechte Krise an: der Bohnenkaffee wurde knapp, da die Regierung aufgrund klammer Devisenkassen die Importe drastisch gekürzt hatte. Plötzlich wurde das braune Gold in der DDR zur kleinen Rarität, was insbesondere die kaffeeverrückten Sachsen mit äußerstem Mißfallen zur Kenntnis nahmen. Also mußte der Staat improvisieren und brachte das Ersatzprodukt "Kaffeemix" auf den Markt, das die erhitzten Gemüter beruhigen sollte. Gerhard Schürer, damaliger Chef der Zentralen Plankommission: "Es kam die Idee auf, den Kaffee mit Ersatzprodukten zu strecken, in einem Verhältnis von 51 Prozent Bohnenkaffee und 49 Prozent Surrogaten". Doch landesweit wurde das Produkt zum geschmacklichen Flop, da die Zusätze Zuckerrübe und Zichorie absolut nicht zum Bohnenkaffe paßten. Das Gebräu erhielt schnell den Spitznamen "Erichs Krönung" und wurde zur Zielscheibe zahlreicher Witze. Gottseidank hatte sich die Preissituation nach rund einem Jahr auf dem Weltkaffeemarkt wieder entspannt, und Vietnam schloß einen Anbauvertrag mit der DDR ab, der allerdings erst nach der Wende voll zum Tragen kam.
    Der notorische Devisenmangel sorgte auch in den Folgejahren immer wieder für Versorgungsengpässe, vor allem bei Südfrüchten, Gewürzen, Kakao und immer wieder beim Kaffee. Viele gehobene Nahrungsmittel gab es fast nur als Bückware, und infolge florierten die Kompensationsgeschäfte ungemein, z.B. durch den Tausch von Erdbeeren aus eigenem Anbau gegen Bananen.
    Neben kurzfristigen Improvisationen und regelrechten "Beschaffungskämpfen" gab es auch Fortschritte in den Versorgungsstandards, so durch die Entwicklung von DDR- spezifischem Fast Food. So wurde die "Grilletta" als Gegenentwurf zum kapitalistischen Hamburger entwickelt, und die "Ketwurst" bildete die ostdeutsche Antwort auf den Hot Dog. Gemeinsam mit dem Erfolgsprodukt "Goldbroiler" schafften sie nach der Wende sogar den Sprung in die gesamtdeutsche Marktwirtschaft und wurden fortan als Alternative zum etablierten Fast Food von McDonalds & Co. angeboten.

    www.youtube.com/watch?v=V_7gfUPqBLE
    www.youtube.com/watch?v=3okF0jFlU1Y
    www.youtube.com/watch?v=zjJxBpElJ5o

    24

    Montag, 21. August 2023, 16:40

    RE: Über die inoffiziellen Mitarbeiter (IM) in der DDR

    Uwe, waren es denn nicht unter anderem auch die gewaltigen Stasi Kosten fuer die Spitzel, die zum finanziellen Zusammenbruch der Ex-DDR fuehrten?
    Jeder gelernte DDR- Bürger wußte, daß es sie gab, und gerade in vielen kleineren Gemeinden kannte man Roß und Reiter oft sehr genau, obwohl gerade das nicht beabsichtigt war, während bei den Einwohnern der Großstädte oft ein diffuses Gefühl des "Kontrolliertseins" vorherrschte, das meist nicht genauer definiert werden konnte.
    Wer waren nun die Inoffiziellen Mitarbeiter (IM), die im Alltagsleben der DDR eine nicht zu unterschätzende Rolle spielten ? IM galten als eines der wichtigsten Instrumente des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), um Informationen über einzelne Bürger, die sozialistische Gesellschaft als Ganzes, ihre Institutionen und Organisationen zu gewinnen. In der Bevölkerung der DDR galten IM je nach weltanschaulicher oder politischer Ausrichtung als Spitzel, Denunzianten oder Kundschafter, die vor allem wichtige Informationen über Stimmungen, Einstellungen und Meinungen der DDR- Bürger sammeln und an das MfS weiterleiten sollten.

    25

    Montag, 21. August 2023, 17:03

    Über die Rolle der Deutschen Reichsbahn der DDR

    Die Züge der Deutschen Bundesbahn und Deutschen Reichsbahn der DDR waren unsere ausschließlichen Beförderungsmittel während der Reisen zu unseren Verwandten in der DDR in den 60er Jahren, da meine Mutter keinen Führerschein besaß und sich uns somit keine Alternativen boten. Bereits damals fielen uns die zahlreichen "Bummelzüge" auf ostdeutschem Gebiet auf, deren verhältnismäßig geringe Geschwindigkeit jedoch auch begründet war, wie der nachfolgende Blog unter Beweis stellt.
    Die im Jahre 1920 gegründete "Deutsche Reichsbahn" rollte auch nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der Aufteilung Deutschlands in Besatzungszonen unverdrossen in der SBZ weiter. Der alte Name wurde wurde von den neuen Machthabern beibehalten, dies vor allem, um die Betriebsrechte in den Westsektoren Groß- Berlins weiterhin nutzen zu können. Allerdings gestaltete sich der Neustart außerordentlich schwierig, denn viele Eisenbahnbrücken, Bahnhöfe und Gleisanlagen waren im Verlaufe der Bombardierungen und Kämpfe beschädigt oder zerstört worden. Hinzu kam zu allem Überfluß, daß die sowjetische Bestzungsmacht ganze Bahnstrecken demontierte und als Teil der deutschen Reparationsleistungen in die UdSSR abtransportierte. So wurde z.B. mit Ausnahme der Magistrale Frankfurt- Berlin- Leipzig- Erfurt auf allen zweigleisigen Strecken im Osten Deutschlands jeweils ein Gleis abgebaut, so daß sich die Wiederherstellunge der Zweitgleise auch auf den Hauptstrecken über Jahrzehnte hinzog und selbst bis zur Wende nicht vollständig komplettiert wurde.
    Die Deutsche Reichsbahn avancierte trotz aller Hindernisse dennoch zu zu einem nicht zu übersehenden Unternehmen der DDR und wurde zum größten Arbeitgeber der Republik, bei dem über 240.000 Menschen beschäftigt waren.Über Generationen hinweg war sie für viele Familien im Osten der wichtigste Brötchengeber, so auch in meiner Verwandtschaft. Was vor allem daran lag, daß die Deutsche Reichsbahn das meistgenutzte Verkehrmittel in der DDR war, was nicht zuletzt dem Umstand geschuldet war, daß die Autoproduktion weit hinter der Nachfrage zurückblieb. Im Personenverkehr hatte die Deutsche Reichsbahn noch in den 80er Jahren einen Marktanteil von über vierzig Prozent, während dieser bei der Deutschen Bundesbahn in diesem Zeitrahmen bei unter zwanzig Prozent lag.
    Besonders komfortabel war das Reisen mit diesem DDR- Verkehrsunternehmen jedoch nicht immer. Übermäßiger Komfort wurde nicht geboten, selbst ein geöffnetes Mitropa- Restaurant galt oft schon als kleine Sensation. Die Abteile waren nicht selten überheizt oder auch zu kalt, die Toiletten in eher dürftigem Zustand. Und besonders schnell waren die Züge auch nicht unterwegs, denn die Maximalgeschwindigkeit lag auf den Hauptstrecken bei lediglich 120 km/h. Darüber hinaus waren allerorten sogenannte "Langsamfahrstrecken" ausgewiesen, auf denen die Züge wegen diverser grober Mängel im Gleisbett, desolater Schienen oder maroder Brücken nur maximal 50 km/h fahren durften. Oft mußte auch lange Minuten auf Gegenzüge gewartet werden, weil immer noch das zweite Gleis fehlte, und nicht selten schaukelten die Waggons auf alten, ausgefahrenen Gleisen hin und her.
    Die Mangelwirtschaft der DDR machte auch vor der Deutschen Reichsbahn nicht Halt, so daß Lokomotiven, Waggons und Bahnhöfe oft ein eher betrübliches Bild abgaben. Und auch die Pünktlichkeit ließ insbesondere in den 80er Jahren zunehmend zu wünschen übrig. Für den Reisenden positiv waren dagegen die konkurrenzlos günstigen Fahrpreise, die während des gesamten Bestehens der DDR konstant bei acht Pfennigen pro Kilometer für die zweite Klasse und bei elf Pfennigen für die erste Klasse lagen. Darüber hinaus gab es etliche Ermäßigungen für Studenten, Lehrlinge und die Angehörigen der NVA.
    Eine schillernde Ausnahme im eher ernüchternden Alltagsbetrieb der Deutschen Reichsbahn bildeten ab Mitte der 70er Jahre die Städteexpress- Züge, die den Berufspendlern entgegenkamen und allmorgendlich aus den meisten Bezirksstädten in die Hauptstadt Berlin und abends wieder zurück fuhren. Bald wurde der Städteexpress im Volksmund spöttisch "Bonzenexpress" genannt, weil überdurchschnittlich viele SED- Funktionäre und Betriebsdirektoren die für DDR- Verhältnisse luxuriösen Züge nutzten. Während die Wagen der 2. Klasse Kunstlederbezüge aufwiesen, waren die Wagen der 1. Klasse sogar mit Teppichen ausgelegt. Die durchschnittliche Reisegeschwindigkeit betrug auf der schnellsten Strecke Berlin- Schwerin beachtliche 98 km/h, auf den anderen Strecken aber auch nur um die 70 km/h, also nicht sonderlich schneller als die übrigen Züge der Reichsbahn.
    Eine wichtige Rolle kam der Deutschen Reichsbahn beim Güterverkehr zu, da per Gesetz geregelt war, daß Güter auf die Schiene zu verfrachten waren, wenn sie über mehr als fünfzig Kilometer transportiert werden mußten und Absender sowie Empfänger über einen Gleisanschluß verfügten. Da diesen viele Unternehmen in der DDR besaßen, wurden letzlich weit mehr als drei Viertel der Gütertransporte in der DDR von der Reichsbahn abgewickelt.
    Nach der Wende galt die Deutsche Reichsbahn als völlig veraltet und aus der Zeit gefallen, so daß der Sanierungsbedarf des ostdeutschen Giganten auf mindestens hundert Milliarden DM veranschlagt wurden. Immer mehr rollten jetzt auch halbleere Züge durchs Land, da viele ehemalige DDR- Bürger mittlerweile aufs Auto umgestiegen waren. Auch der Güterverkehr brach dramatisch ein, so daß im Sommer 1990 tausende Reichsbahner nach der Währungsunion ihre sichergeglaubten Jobs verloren. Als publik wurde, daß weitere 60.000 Beschäftigte entlassen werden sollten, kam es im November 1990 zu einem Streik bei der Deutschen Reichsbahn, so daß der gesamte Personen- und Güterverkehr in den neuen Bundesländern für einige Tage unterbrochen wurde. Erreicht wurde damit jedoch nur wenig, so daß die Löhne nur bescheiden erhöht wurden und zugesagt wurde, daß bis Mitte 1991 keine Entlassungen stattfinden würden. Entlastend sei jedoch hinzugefügt, daß auch der wirtschaftliche Zustand bei der Deutschen Bundesbahn in diesem Zeitrahmen alles andere als zufriedenstellend war. Beide Bahnunternehmen waren nach Expertenmeinungen weit überschuldet und handelsrechtlich eigentlich bereits insolvent.
    Und auch nach der Deutschen Einheit fuhren beide Bahnen weiterhin tief im Minus und bescherten dem Fiskus weiterhin Milliardenverluste. Dennoch vereinigten sich am 1. Januar 1994 die Deutsche Reichsbahn und die Deutsche Bundesbahn zur Deutschen Bahn AG. In den Folgejahren wurden noch einmal über 100.000 Stellen gestrichen, vor allem auch im Osten Deutschlands. Es wurden aber auch Milliarden an Neuinvestitionen vorgenommen, vor allem in die Schaffung neuer Bahnverbindungen, in die Sanierung von Gleisanlagen und Bahnhöfen und in neue, leistungsfähige Züge und Loks.

    www.youtube.com/watch?v=StEtfCCdk_8

    26

    Montag, 21. August 2023, 20:46

    RE: RE: Über die inoffiziellen Mitarbeiter (IM) in der DDR

    Uwe, waren es denn nicht unter anderem auch die gewaltigen Stasi Kosten fuer die Spitzel, die zum finanziellen Zusammenbruch der Ex-DDR fuehrten?
    Jeder gelernte DDR- Bürger wußte, daß es sie gab, und gerade in vielen kleineren Gemeinden kannte man Roß und Reiter oft sehr genau, obwohl gerade das nicht beabsichtigt war, während bei den Einwohnern der Großstädte oft ein diffuses Gefühl des "Kontrolliertseins" vorherrschte, das meist nicht genauer definiert werden konnte.
    Wer waren nun die Inoffiziellen Mitarbeiter (IM), die im Alltagsleben der DDR eine nicht zu unterschätzende Rolle spielten ? IM galten als eines der wichtigsten Instrumente des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), um Informationen über einzelne Bürger, die sozialistische Gesellschaft als Ganzes, ihre Institutionen und Organisationen zu gewinnen. In der Bevölkerung der DDR galten IM je nach weltanschaulicher oder politischer Ausrichtung als Spitzel, Denunzianten oder Kundschafter, die vor allem wichtige Informationen über Stimmungen, Einstellungen und Meinungen der DDR- Bürger sammeln und an das MfS weiterleiten sollten.


    Da hast du sicherlich recht, aber die Bezahlung der zahlreichen Stasi- Spitzel war nur einer von zahllosen Haushaltsposten, der die DDR in den wirtschaftlichen Ruin geführt hat. Schwerpunkte dürften die hohen Militärausgaben (inkl. Grenzsicherung) und vor allem die gigantischen staatlichen Subventionen für viele Dinge des täglichen Bedarfs gewesen sein, angefangen von den Schrippen (Brötchen) für nur fünf Pfennig bis zu den Fahrpreisen für Busse und Bahnen. Ich kann mich erinnern, daß ein Busticket von Seeben nach Halle nur zwanzig Pfennig gekostet hat und auch nicht kontrolliert wurde, ob überhaupt bezahlt worden war.

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    Dienstag, 22. August 2023, 11:21

    RE: Über die Rolle der Deutschen Reichsbahn der DDR

    An Weihnachten 1960 (mein erster DDR Besuch) und 1961 und 1962 muessen wir auch per Zug in die DDR gefahren sein, aber ab 1963 hatten wir einen Kaefer und fuhren nur noch mit dem Auto rueber. Ich erinnere mich an Spiegel an langen Stangen, die unter das Auto gehalten wurden.
    Die Züge der Deutschen Bundesbahn und Deutschen Reichsbahn der DDR waren unsere ausschließlichen Beförderungsmittel während der Reisen zu unseren Verwandten in der DDR in den 60er Jahren, da meine Mutter keinen Führerschein besaß und sich uns somit keine Alternativen boten. Bereits damals fielen uns die zahlreichen "Bummelzüge" auf ostdeutschem Gebiet auf, deren verhältnismäßig geringe Geschwindigkeit jedoch auch begründet war, wie der nachfolgende Blog unter Beweis stellt.

    28

    Dienstag, 22. August 2023, 11:23

    RE: RE: RE: Über die inoffiziellen Mitarbeiter (IM) in der DDR

    Selbst die riesigen Kokosmakronen und die Block Vollmilchschokolade waren viel preiswerter als im Westen (und koestlich!).
    Uwe, waren es denn nicht unter anderem auch die gewaltigen Stasi Kosten fuer die Spitzel, die zum finanziellen Zusammenbruch der Ex-DDR fuehrten?
    Jeder gelernte DDR- Bürger wußte, daß es sie gab, und gerade in vielen kleineren Gemeinden kannte man Roß und Reiter oft sehr genau, obwohl gerade das nicht beabsichtigt war, während bei den Einwohnern der Großstädte oft ein diffuses Gefühl des "Kontrolliertseins" vorherrschte, das meist nicht genauer definiert werden konnte.
    Wer waren nun die Inoffiziellen Mitarbeiter (IM), die im Alltagsleben der DDR eine nicht zu unterschätzende Rolle spielten ? IM galten als eines der wichtigsten Instrumente des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), um Informationen über einzelne Bürger, die sozialistische Gesellschaft als Ganzes, ihre Institutionen und Organisationen zu gewinnen. In der Bevölkerung der DDR galten IM je nach weltanschaulicher oder politischer Ausrichtung als Spitzel, Denunzianten oder Kundschafter, die vor allem wichtige Informationen über Stimmungen, Einstellungen und Meinungen der DDR- Bürger sammeln und an das MfS weiterleiten sollten.


    Da hast du sicherlich recht, aber die Bezahlung der zahlreichen Stasi- Spitzel war nur einer von zahllosen Haushaltsposten, der die DDR in den wirtschaftlichen Ruin geführt hat. Schwerpunkte dürften die hohen Militärausgaben (inkl. Grenzsicherung) und vor allem die gigantischen staatlichen Subventionen für viele Dinge des täglichen Bedarfs gewesen sein, angefangen von den Schrippen (Brötchen) für nur fünf Pfennig bis zu den Fahrpreisen für Busse und Bahnen. Ich kann mich erinnern, daß ein Busticket von Seeben nach Halle nur zwanzig Pfennig gekostet hat und auch nicht kontrolliert wurde, ob überhaupt bezahlt worden war.

    29

    Dienstag, 22. August 2023, 15:54

    RE: RE: Über die Rolle der Deutschen Reichsbahn der DDR

    An Weihnachten 1960 (mein erster DDR Besuch) und 1961 und 1962 muessen wir auch per Zug in die DDR gefahren sein, aber ab 1963 hatten wir einen Kaefer und fuhren nur noch mit dem Auto rueber. Ich erinnere mich an Spiegel an langen Stangen, die unter das Auto gehalten wurden.
    Die Züge der Deutschen Bundesbahn und Deutschen Reichsbahn der DDR waren unsere ausschließlichen Beförderungsmittel während der Reisen zu unseren Verwandten in der DDR in den 60er Jahren, da meine Mutter keinen Führerschein besaß und sich uns somit keine Alternativen boten. Bereits damals fielen uns die zahlreichen "Bummelzüge" auf ostdeutschem Gebiet auf, deren verhältnismäßig geringe Geschwindigkeit jedoch auch begründet war, wie der nachfolgende Blog unter Beweis stellt.


    Yup, die guten alten Spiegelwagen, die vor allem bei der Ausreise stets zum Einsatz kamen. Damit sollten "Ausreisewillige", die sich in irgendeiner Form unter dem Wagen festgeklemmt hatten, entdeckt werden.
    Generell hatten wir in den 70ern eigentlich kaum Probleme mit den Grenzern. Faustregel Nr. 1 war, höflich, nett und freundlich aufzutreten und nicht, wie manche "Wessies" es taten, hochtrabend- arrogant daherzukommen. Meine Großtante arbeitete bei der Deutschen Post in Halle und hatte mir vor unserer Abreise ohne mein Wissen eine Tüte mit DDR- Briefmarken ins Handschuhfach gelegt. O- Ton bei der Grenzkontrolle: "Sie wissen doch, daß derartige Produkte nicht ausgeführt werden dürfen ?!", worauf ich den Sachverhalt wahrheitsgemäß schilderte. "In Ordnung, Sie dürfen weiterfahren". Die Marken durfte ich behalten.
    Drei Jahre zuvor der Grenzer bei der Einreisekontrolle mit dem Daimler 350 SLC meines Vaters: "Darf ich mich einmal in Ihr Auto setzen ?" "Kein Problem !". Begeistert wurde das Gaspedal ein wenig betätigt und die elektrischen Fensterheber benutzt. "Vielen Dank, sie dürfen weiterfahren." Keine weitere Kontrolle, nichts.
    Ein Bekannter hatte in den 70ern als Techniker regelmäßig in der DDR zu tun und wurde von den Grenzern fast schon durchgewunken, da er diesen immer einen Schwung von "Kicker"- Zeitschriften mitbrachte. Für alle Nichtfans: "Kicker" war und ist ein Fußballmagazin.

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    Dienstag, 22. August 2023, 16:58

    Schabowski´s Zettel oder: Wie die DDR kollabierte

    Am 9. November 1989 trafen sich im Büro von Gerhard Lauter zwei Offiziere des Ministeriums für Staatssicherheit sowie ein Abteilungsleiter aus dem Innenministerium . Der Grund der Zusammenkunft war die Ausarbeitung eines neuen Reisegesetzes. Lauter war damals 39 Jahre alt und seit knapp drei Monaten Chef der Hauptabteilung Paß- und Meldewesen im Innenministerium der DDR. Bereits am 18. Oktober hatte ihm Honeckers Nachfolger Egon Krenz den Auftrag erteilt, ein neues Reisegesetz auszuarbeiten. Darin sollte u.a. fixiert werden, daß ständige Ausreisen aus der DDR jederzeit möglich seien. Lauter löste dieses verzwickte Problem dadurch, daß er vorschlug, daß jeder DDR- Bürger einmal jährlich für dreißig Tage in die Bundesrepublik reisen konnte; auch wer die DDR für immer verlassen wollte, konnte dies tun. Lauters Gesetzentwurf scheiterte jedoch am 6. Oktober als "völlig ungenügend" vor der Volkskammer der DDR. Da die Zahl der Republikflüchtigen immer weiter zunahm, wurde Lauter am 8. November vom Politbüro der SED erneut aufgefordert, ein modifiziertes Gesetz auszuarbeiten. Während die MfS- Offiziere nun in der Besprechung vom 9. November nichts von weitergehenden Reiseregelungen wissen wollten, plädierte Lauter für eine nunmehrige uneingeschränkte Reisefreiheit, da man ansonsten die Bürger erst recht aus dem Land treibe. Lauter formulierte den entsprechen Passus, der unerwartete Folgen nach sich ziehen sollte, dann so: "Privatreisen nach dem Ausland können ohne Vorliegen von Voraussetzungen beantragt werden. Die Genehmigungen werden kurzfristig erteilt".
    Lauters Entwurf wurde umgehend an das ZK der SED weitergeleitet, wo Egon Krenz diesen Entwurf verlas und fragte, ob dagegen im ZK Einwände bestünden. Da sich niemand zu Wort meldete, war dieser Entwurf damit beschlossene Sache. Im Nachhinein enstanden allerdings berechtigte Zweifel, ob die damaligen Mitglieder des ZK der SED die Tragweite dieses Entwurfs überhaupt in vollem Umgang verstanden haben. Denn möglicherweise gingen sie davon aus, daß der Entwurf nur die ständigen Ausreisen aus der DDR betreffen würde, nicht aber gelegentliche Besuchsreisen. In diesem Fall hätte es vermutlich deutlichen Gesprächsbedarf gegeben.
    Der Berliner SED- Chef, Politbüromitglied Günter Schabowski, war bei der Abstimmung über das neue Reisegesetz nicht anwesend und war gleichzeitig in Eile, da er für den Abend internationale Journalisten zu einer Pressekonferenz über die Lage in der DDR in das internationale Pressezentrum geladen hatte. Egon Krenz drückte ihm kurz zuvor den aktuellen Entwurf des neuen Reisegesetzes in die Hand und sagte: "Hier hast Du eine Sensation für Deine Pressekonferenz", worauf sich Schabowski kommentarlos das Papier in seine Aktentasche steckte und sich auf den Weg zur Pressekonferenz machte. Nur auf einen Stichwortzettel notierte er: "Kurz vor Schluß - Nennung MiRa- Beschluß". Gemeint war damit der Entwurf zum neuen Reisegesetz, den er bis zur Verlautbarung jedoch nicht gelesen hatte.
    Um 18 Uhr begann Günter Schabowski in der Berliner Mohrenstraße seine Pressekonferenz, die vom DDR- Fernsehen live übertragen wurde. Knapp eine Stunde lang dozierte Schabowski über ein neues SED- Aktionsprogramm und den Entwurf eines neuen Wahlgesetzes, so daß sich die ersten Journalisten bereits langweilten und den Raum verlassen wollen. Bis um 18.52 Uhr Riccardo Ehrmann von der italienischen Presseagentur Ensa sich nach dem Stand der Dinge, betreffend ein neues Reisegesetz, erkundigte. Zunächst referierte Schabowski daraufhin behäbig über "das Bedürfnis der Bürger, zu reisen oder die DDR zu verlassen", bevor er endlich auf den Punkt kam. Der Ministerrat habe beschlossen, "eine Regelung zu treffen, die es jedem Bürger der DDR möglich macht, über Grenzübergangspunkte der DDR auszureisen". "Ab wann tritt das in Kraft ?", wollte daraufhin ein Journalist wissen. Schabowski kramte daraufhin in seinen Zetteln und nuschelte den Gesetzesentwurf, den er nun zum erstenmal überhaupt las, in voller Gänze herunter, worauf wiederum ein Journalist nachhakte: "Wann tritt das in Kraft ?". Zu diesem Zeitpunkt unterlief Schabowski der für die weitere Existenz der DDR entscheidende, verhängnisvolle Fehler. Denn er übersah, daß auf dem Entwurf das Datum "10. November, 4 Uhr" stand und sagte stattdessen: " Das tritt nach meiner Kenntnis...ist das sofort, unverzüglich". Ob das auch für die Grenzübergänge nach West- Berlin gelte ? "Doch, doch", antwortete Schabowski, "da steht West- Berlin". Er nickte daraufhin zerstreut und beendete anschließend die Pressekonferenz. Die Journalisten eilten daraufhin aus dem Raum, und nur eine Minute später gab Reuters die erste Eilmeldung heraus. "Ausreisewillige DDR- Bürger können ab sofort über alle Grenzübergänge in die Bundesrepublik ausreisen", und um 20 Uhr begann die Tagesschau ihre Sendung mit dem Satz: "DDR öffnet Grenzen !". Bereits gegen 19.30 Uhr machten Gerüchte im Bonner Bundestag die Runde, daß "in Berlin etwas passiert sei".
    Bereits um Viertel nach Acht trafen die ersten Ost- Berliner an den Grenzübergangsstellen der geteilten Stadt ein, wo die Grenzer die Berliner Mauer vorläufig noch problemlos dichthalten konnten, wogegen an der Bornholmer Staße um 21.30 Uhr bereits Tausende Menschen standen und die Öffnung der Grenze forderten. Die Grenzbeamten zeigten sich völlig überfordert, da keine klaren Befehle vorlagen. Doch die Menge wich nicht und wurde stattdessen immer zahlreicher, und darüber hinaus war den Grenzorganen seit einer Woche der Einsatz von Schußwaffen verboten. Um 23.29 Uhr kam dann der endgültige Befehl: "Wir fluten jetzt !", worauf über zwanzigtausend Ost- Berliner über die Bösebrücke herüber nach West- Berlin strömten. Nach und nach stellten in diesen Minuten auch die anderen Berliner Übergangsstellen ihre Arbeit ein und ließen die Leute einfach in den Westen spazieren. Zwei Minuten nach Mitternacht standen sämtliche Grenzübergangsstellen zwischen den beiden Stadthälften offen. Die Berliner Mauer wurde so Geschichte, und der DDR sollte es wenige Monate später ebenso ergehen.

    www.youtube.com/watch?v=rf7rBH8rPFY

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    Mittwoch, 23. August 2023, 15:55

    Über die Grenzsicherung der DDR

    Im Jahre 1961 wurde, für die meisten Bürger in Ost und West völlig überraschend, die Mauer in Berlin errichtet. Auch die gesamte Staatsgrenze zur Bundesrepublik wurde in den Folgejahren zu einer tödlichen Falle für "Republikflüchtlinge" ausgebaut.
    Am 13. August 1961 sperrte die DDR Ostberlin und den gesamten Grenzverlauf Westberlins zur DDR hermetisch ab, zog Stacheldrahtsperren und unterbrach sämtliche Verkehrsverbindungen. Dennoch gelang in der ersten Phase des Mauerbaus in den Monaten August und September 1961 noch etwa vierhundert Menschen die Flucht nach Westberlin.
    Auch die Grenze zur Bundesrepublik zwischen Ostsee und Fichtelgebirge wurde nach und nach hermetisch abgeriegelt und zwischen 1961 und 1985 durch Minenfelder und Selbstschußanlagen gesichert. Allein durch Erd- und Splitterminen kamen an der innerdeutschen Grenze dreiunddreißig Menschen ums Leben, 253 wurden teilweise schwer verletzt. Insgesamt waren bis 1989 169 Tote zu beklagen. Der Bau dieser Grenze, die von der DDR- Führung als "antifaschistischer Schutzwall" deklamiert wurde, sich aber nahezu ausschließlich gegen die eigenen Bürger richtete, kostete die DDR allein zwischen 1961 und 1964 1,8 Milliarden Mark der DDR, und die laufenden Unterhaltskosten wurden auf jährlich rund 500 Millionen Mark geschätzt.
    Gesichert wurde die Grenze auch an der Ostsee, hier vor allem durch scharfe Kontrollen auf hoher See und stark eingeschränkte Nutzungsverbote im Küstenbereich, z.B. bei der Nutzung von Booten und ähnlichen Hilfsmitteln, mit denen man hätte fliehen können.
    Grundlage der Schüsse auf Grenzverletzer war der sog. "Schießbefehl", der im Grenzgesetz der DDR ausdrücklich vorgesehen war und sich wiederholt in diversen Protokollen politischer und militärischer Führungsgremien wiederspiegelte. So hieß es z.B. im Protokoll der 45. Sitzung des Nationalen Verteidigungsrates von 1974: "Nach wie vor muß bei Grenzdurchbruchsversuchen von der Schußwaffe rücksichtslos Gebrauch gemacht werden, und es sind die Genossen (Grenzsoldaten, d.A.), die die Schußwaffe erfolgreich angrwandt haben, zu belobigen". So gab es "Erfolgsprämien" bei an- oder abgeschossenen Grenzverletzern in Form einer Armbanduhr, drei Tagen Sonderurlaub und 150 Mark der DDR. Zwar machte man sich Sorgen um das internationale Prestige der Republik bei wiederholten Meldungen von "Abschüssen" an der innerdeutschen Grenze, aber laut MfS- Chef Erich Mielke sollte die Konsequenz keinesfalls die Aufhebung des Schießbefehls sein: " Ich will überhaupt mal was sagen, Genossen. Wenn man schon schießt, dann muß man es eben so machen, daß nicht noch der Betreffende wegkommt, sondern dann muß er eben da bleiben bei uns. Was ist das denn für eine Sache, siebzig Schuß loszuballern, und der rennt nach drüben, und die machen eine Riesenkampagne ?! Da haben sie recht. Mensch, wenn einer so mies schießt, sollen sie eine Kampagne machen," (Erich Mielke während einer Zentralen Dienstbesprechung vom 28. April 1989).

    www.youtube.com/watch?v=SIg2G40sGl8

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    Donnerstag, 24. August 2023, 16:15

    Luxus auf vier Rädern - Über die Kraftfahrzeuge in der DDR

    In vielen DDR- Familien war der Tag, als der nagelneue Trabi vom IFA-Vertrieb abgeholt werden konnte, ein Freudenfest. Denn die Frist zwischen Bestellung und Abholung lag in der Regel für Neuwagen zwischen zehn und fünfzehn Jahren, so daß viele Familienväter diese Vehikel bereits im Kindesalter für den Nachwuchs orderten. Kein Wunder, daß der Trabi nicht nur ein simples Auto war, sondern auch zum gehegten und gepflegten Familienmitglied wurde, auch wenn er oft aufgrund seiner speziellen Werkstoffe als "Rennpappe" verspottet wurde. Wer mehr Geld auf die hohe Kante legen konnte und ein paar Jährchen mehr Geduld hatte, der konnte sich auch den verhältnismäßigen Luxus eines Wartburgs leisten. Wenn sogar eines der noch gesuchteren Importautos in der Garage oder vor dem Haus stand, zählte der Besitzer mit einiger Wahrscheinlichkeit zur autofahrenden Oberschicht und wurde um seinen Polski Fiat oder Lada heftig beneidet.
    Wie auch immer: ob Trabi, Wartburg oder Importfahrzeug, sie hatten in der DDR alle den Charakter einer profitablen Geldanlage, denn selbst als Gebrauchtwagen brachten sie häufig mehr, als sie als Neufahrzeuge gekostet hatten.
    Besonders im Raum Sachsen/ Thüringen hatte der Automobilbau eine lange Tradition. Bis zum Zweiten Weltkrieg waren dort DKW, Adler, Audi, Horch oder BMW mit Produktionsstätten präsent. Auch innerhalb der Volkswirtschaft der DDR genoß der Fahrzeugbau durchaus einen hohen Stellenwert. Allein im Jahre 1972 wurden dort über 200.000 LKW, 50.000 Spezialfahrzeuge, 203.000 Zugmaschinen, 18.000 Busse, 1,4 Millionen PKW und 1,3 Millionen Krafträder gebaut.
    Bereits in den 50er Jahren forderten SED- Führung und Regierung den Bau neuer PKW- Typen, so daß im früheren BMW- Werk in Eisenach für gehobenere Ansprüche der "Wartburg" produziert wurde, in Zwickau dagegen der zur Autolegende gewordene "Trabant". Beide Fahrzeuge waren mit einem Zweitaktmotor ausgestattet, der jedoch nach Meinung vieler Experten bereits für PKW am Ende seiner Entwicklung angelangt war. So setzte auch die DDR verstärkt auf eine private Motorisierung, ohne allerdings jemals die wirkliche Nachfrage stillen zu können. Während der Wendezeit im Herbst 1989 waren in den vierzehn Bezirken der DDR insgesamt 3,9 Millionen PKW angemeldet, von denen sich 95 % in Privatbesitz befanden. Ähnlich wie beim westdeutschen Klassenfeind dieser Jahrzehnte war auch in der DDR der Wagen des Bürgers liebstes Kind, was allerdings mit erheblichen Bestellzeiten verbunden war. So lag die Wartezeit für die einfachste Ausführung eines "Trabant" bei rund zwölf Jahren, während man auf einen sowjetischen "Lada 2107" durchschnittlich sogar siebzehn Jahre warten mußte.
    Doch in den meisten DDR- Familien wußte man sich zu helfen. Vater, Mutter, Oma und Opa ließen sich in genau ausgerechneten zeitlichen Abständen in die Wartelisten einschreiben, was ohne Probleme möglich war, denn jeder Achtzehnjährige (und älter) durfte beim IFA- Autohandel den Kauf eines PKW beantragen, unabhängig davon, ob er liquide war oder nicht. Die lange Wartezeit hatte weitere ungewollte Auswirkungen, denn unter den Augen der Staatsmacht bildete sich bald ein blühender Schwarzmarkt für gebrauchte PKW. Kurios und vielleicht einmalig in der Geschichte des Automobilbaus war dabei, daß die meisten Gebrauchtwagen kostspieliger waren als fabrikneue Fahrzeuge. Unter Kennern galt die Faustregel: doppelter Neupreis minus tausend Mark pro Nutzungsjahr ! Wer sein Altfahrzeug an den Mann bringen wollte, brauchte nur ein entsprechendes Inserat in der Zeitung aufzugeben oder sein Vehikel auf einen der in der Endzeit der DDR aufkommenden Gebrauchtwagenmärkte zu plazieren. Im Politbüro der SED, wo anfangs überlegt wurde, dieser ungewollten Entwicklung gesetzgeberisch entgegenzutreten, resignierten die führenden Genossen jedoch bald.
    Wer endlich sein Fahrzeug hatte, war damit allerdings noch lange nicht aller Sorgen ledig, denn jede kleinste Reparatur konnte zum großen Problem werden. Oftmals war es nur im Rahmen von Kompensationsgeschäften oder mit "Valuta" (Westgeld) möglich, seine Schäden in einer der wenigen KfZ- Werkstätten rasch beheben zu lassen, so daß sich viele Autobesitzer ein Vorratslager an Ersatzteilen zulegten: Rückspiegel, Zylinderkopfdichtungen, Karosserieteile, Ersatzscheiben, Reifen, Auspuffanlagen ...
    Etwas Abwechslung auf die Straßen der DDR brachte der "Dacia 1300", eine rumänische Lizenzvariante des französischen Renault 12, der es mit einem Viertaktmotor auf eine Geschwindigkeit von über 140 km/h brachte und der über eine selbsttragende Stahlkarosserie verfügte.
    Was für die Erwachsenen der "Wartburg" oder "Trabi" war, bildeten für die Heranwachsenden die MZ- Motorräder aus Zschopau. Diese Maschinen bestimmten über lange Jahre das Geschehen auf den internationalen Rennpisten mit. Eine "Schwalbe" oder ein anderes Moped aus der Produktion der Suhler Fahrzeugwerke bildete häufig den ersten motorisierten Untersatz der DDR- Jugend. Mopeds oder Kleinkrafträder aus Thüringen waren deshalb ein beliebtes Geschenk zur Jugendweihe oder Konfirmation und bildeten oft einen erheblichen Anreiz zum Sparen. Vorher mußte allerdings der Mopedschein erworben werden.

    www.youtube.com/watch?v=e6IeUQtJQT4

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    Freitag, 25. August 2023, 10:52

    RE: Luxus auf vier Rädern - Über die Kraftfahrzeuge in der DDR

    Du meine Guete!
    Das einzige Geschenk zu meiner Konfirmation war eine Armbanduhr, das war 1969.
    Was für die Erwachsenen der "Wartburg" oder "Trabi" war, bildeten für die Heranwachsenden die MZ- Motorräder aus Zschopau. Diese Maschinen bestimmten über lange Jahre das Geschehen auf den internationalen Rennpisten mit. Eine "Schwalbe" oder ein anderes Moped aus der Produktion der Suhler Fahrzeugwerke bildete häufig den ersten motorisierten Untersatz der DDR- Jugend. Mopeds oder Kleinkrafträder aus Thüringen waren deshalb ein beliebtes Geschenk zur Jugendweihe oder Konfirmation und bildeten oft einen erheblichen Anreiz zum Sparen. Vorher mußte allerdings der Mopedschein erworben werden.

    www.youtube.com/watch?v=e6IeUQtJQT4

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    Freitag, 25. August 2023, 15:29

    Konfirmationserlöse

    Insgesamt bekam ich zu meiner Konfirmation im Frühjahr 1971 Zuwendungen von um die 500,- DM, von denen ich mir im wesentlichen ein Grundig- Tonbandgerät zulegte, da die damaligen Kassettenrekorder teilweise noch sehr unzuverlässig funktionierten (Bandsalat). Soweit ich mich erinnere, kam das Geld von meinen Eltern und einigen Verwandten, während meine beiden Paten ein Totalausfall waren. Patenonkel Horst M. galt in den Augen meines Vaters als Nichtsnutz und Versager, während Patentante Lydia A. wegen vorangegangener Erbschaftsstreitigkeiten nicht zugegen war.
    Das Tonbandgerät habe ich heute noch, es müßte jedoch gereinigt und neu geölt werden. ;)

    35

    Samstag, 26. August 2023, 16:43

    Über die Entchristlichung der DDR- Bürger

    Konfessionslosigkeit ist bei den heutigen Bewohnern der neuen Bundesländer der Normalfall, Religion spielt bei den meisten ehemaligen DDR- Bürgern eine allenfalls untergeordnete Rolle. Dabei waren nach dem Zweiten Weltkrieg auch östlich der Elbe noch 96 Prozent der Menschen zumindest formell Mitglieder einer christlichen Konfession. Wie konnte es zu diesem radikalen Wandel kommen ?
    Die Ausgangssituation war während der Wendezeit im Jahre 1989 für beide deutsche Staaten höchst unterschiedlich. Auf dem Gebiet der Bundesrepublik gab es immer noch eine weit verbreitete Kultur der Konfessionszugehörigkeit, obwohl auch hier seit den frühen 70er Jahren vermehrt Kirchenaustritte und eine abnehmende kirchliche Verbundenheit festzustellen waren. Dagegen hatte der Sozialismus ostdeutscher Prägung allmählich eine "forcierte Säkularität" und eine "Kultur der Konfessionslosigkeit" entstehen lassen. Die teils sehr agressive, gegen Religion und Kirchen gerichtete Politik der SED- Regierung erwies sich dabei im ehemaligen protestantisch- deutschen Kernland als so erfolgreich wie in keinem anderen sozialistischen Staat, von der CSSR und dem baltischen Estland einmal abgesehen.
    Noch 1949 gehörten 81 Prozent der Gesamtbevölkerung der DDR der evangelischen Amtskirche an, während der Anteil der Katholiken lediglich vierzehn Prozent betrug. Die Ungleichverteilung zwischen den Konfessionen in Mitteldeutschland war im wesentlichen auf dessen historischer Entwicklung als Ausgangsgebiet der Reformation und eine dementsprechend tief verankerte protestantische Zugehörigkeitskultur zurückzuführen. Diese Kultur wandelte sich nach der Oktroyierung des Sozialismus markant bis hin zu der bereits angesprochenen "Kultur der Konfessionslosigkeit". Während im Jahre 1989 noch beinahe 85 % der bundesdeutschen Bevölkerung Mitglied in einer der beiden Großkirchen war, hatte sich in der DDR bis dahin der Anteil der Konfessionslosen auf fast 70 % erhöht. Auch nach 1989 blieben diese Zahlenverhältnisse weitgehend gewahrt und bilden heute eines der schärfsten Unterscheidungsmerkmale der Bevölkerung in West- und Ostdeutschland.
    Als zentraler Grund für die Entkirchlichung und den Traditionsabbruch des Christentums in Ostdeutschland ist ohne Zweifel die aggressive anti- kirchliche Politik der DDR- Führung zu sehen. Sie durchlief mehrere Phasen, wobei jedem gelernten DDR- Bürger bewußt war, daß eine konfessionelle Zugehörigkeit Nachteile beruflicher und gesellschaftlicher Art nach sich ziehen konnte. Dieser Kampf der SED- Führung gegen die Kirchen brachte besonders in seiner agressiven Anfangsphase beachtliche Erfolge, so daß insbesondere die 50er Jahre durch hohe Austrittszahlen aus den christlichen Kirchen sowie dementsprechend abstürzende Tauf- und Konfirmationszahlen geprägt war. Die meisten Christen der DDR entschieden sich in der Abwägung zwischen Glaubensausübung und dem Erhalt sozialer Zugangsmöglichkeiten zu Bildung und Beruf für Letzteres. Aber auch spätere Entspannungsphasen im Verhältnis von Kirche und Staat, so geschehen in den 70er und 80er Jahren, führten keineswegs zu einer Regeneration der Kirchenmitgliedschaften, sondern die Masse der bereits Ausgetretenen verblieb stattdessen außerhalb der Religionsgemeinschaften und zog ihren Nachwuchs dementsprechend ohne jegliche religiöse Sozialisation und kirchliche Bindung auf.
    Die Rahmenbedingungen für eine repressive Kirchenpolitik galten in Mitteldeutschland als Mitglied des sozialistischen Lagers als besonders günstig. Dies belegen entsprechende Vergleiche zu anderen osteuropäischen Ländern, wo allein Estland und die Tschechoslowakei ähnliche Einbrüche aufwiesen. Insbesondere die geringeren Widerstandsmöglichkeiten der evangelischen Amtskirche öffneten den Weg für einen Erfolg der rigiden Antikirchenpolitik der DDR. Anders als die katholische Kirche, die in politischen Fragen auf die Weisungen des Heiligen Stuhls in Rom verweisen konnte, waren die evangelischen Landeskirchen in der DDR unmittelber dem politischen Zwang der SED- Parteiführung ausgesetzt. Staatliche Repression, die gesellschaftliche Modernisierung der Nachkriegsjahrzehnte und eine geringere Bindungskraft des stärker auf individualisierte Religiösität zielenden Protestantismus bildeten also im "Fall Mitteldeutschland" eine für das Weiterbestehen der konfessionellen Bindung ungünstige Kombination. Sie machten die DDR dieser Zeit, wenn schon nicht zu einem Sonderfall, so doch zu einem besonders schwierigen Terrain für eine vitale Religiosität, so daß wir es in Mitteldeutschland auch über dreißig Jahre nach der Wende bereits mit einer weit verbreiteten Konfessionslosigkeit in dritter Generation zu tun haben. Heute besteht bei der überwiegenden Zahl der Bewohner der neuen Bundesländer nicht nur etwa eine eher distanzierte Hlaltung zur Kirche, sondern eine weitgehende Areligiosität und durch die mittlerweile verlorengegangenen Überlieferungen ein meist fehlendes Verständnis für religiöse und spirituelle Angelegenheiten.

    www.youtube.com/watch?v=aL862u7i9Ns

    36

    Montag, 28. August 2023, 10:57

    RE: Konfirmationserlöse

    Mein Tonband musste ich mir viele Jahre lang ansparen. Ich war etwa 14 oder 15, als ich es mir endlich kaufen konnte.
    Habe es dann mit Ende 20 auf einem Flohmarkt mitsamt den Baendern verkauft.
    Insgesamt bekam ich zu meiner Konfirmation im Frühjahr 1971 Zuwendungen von um die 500,- DM, von denen ich mir im wesentlichen ein Grundig- Tonbandgerät zulegte, da die damaligen Kassettenrekorder teilweise noch sehr unzuverlässig funktionierten (Bandsalat). Soweit ich mich erinnere, kam das Geld von meinen Eltern und einigen Verwandten, während meine beiden Paten ein Totalausfall waren. Patenonkel Horst M. galt in den Augen meines Vaters als Nichtsnutz und Versager, während Patentante Lydia A. wegen vorangegangener Erbschaftsstreitigkeiten nicht zugegen war.
    Das Tonbandgerät habe ich heute noch, es müßte jedoch gereinigt und neu geölt werden. ;)

    37

    Montag, 28. August 2023, 11:24

    RE: Über die Entchristlichung der DDR- Bürger

    Obwohl ich glaeubig bin, blieb mir im April 1975 mit Beginn meiner Ausbildung bei der Stadt Braunschweig nichts anderes uebrig, als aus der Kirche auszutreten.
    Von meinen Eltern wurde ich finanziell nicht unterstuetzt, ich muste von den 300 DM Ausbildungsbeihilfe, die die Beamtenanwaerter im mittleren Dienst erhielten, 100 DM fuer Miete an die Mutter meines Freundes bezahlen, da waren 30 DM Kirchensteuer einfach nicht fuer mich drin.
    Also trat ich aus der evangelischen Kirche aus und hatte fortan 360 DM mehr pro Jahr zur Verfuegung - das war damals eine Menge Geld.
    Konfessionslosigkeit ist bei den heutigen Bewohnern der neuen Bundesländer der Normalfall, Religion spielt bei den meisten ehemaligen DDR- Bürgern eine allenfalls untergeordnete Rolle. Dabei waren nach dem Zweiten Weltkrieg auch östlich der Elbe noch 96 Prozent der Menschen zumindest formell Mitglieder einer christlichen Konfession. Wie konnte es zu diesem radikalen Wandel kommen ?
    Die Ausgangssituation war während der Wendezeit im Jahre 1989 für beide deutsche Staaten höchst unterschiedlich. Auf dem Gebiet der Bundesrepublik gab es immer noch eine weit verbreitete Kultur der Konfessionszugehörigkeit, obwohl auch hier seit den frühen 70er Jahren vermehrt Kirchenaustritte und eine abnehmende kirchliche Verbundenheit festzustellen waren. Dagegen hatte der Sozialismus ostdeutscher Prägung allmählich eine "forcierte Säkularität" und eine "Kultur der Konfessionslosigkeit" entstehen lassen. Die teils sehr agressive, gegen Religion und Kirchen gerichtete Politik der SED- Regierung erwies sich dabei im ehemaligen protestantisch- deutschen Kernland als so erfolgreich wie in keinem anderen sozialistischen Staat, von der CSSR und dem baltischen Estland einmal abgesehen.
    Noch 1949 gehörten 81 Prozent der Gesamtbevölkerung der DDR der evangelischen Amtskirche an, während der Anteil der Katholiken lediglich vierzehn Prozent betrug. Die Ungleichverteilung zwischen den Konfessionen in Mitteldeutschland war im wesentlichen auf dessen historischer Entwicklung als Ausgangsgebiet der Reformation und eine dementsprechend tief verankerte protestantische Zugehörigkeitskultur zurückzuführen. Diese Kultur wandelte sich nach der Oktroyierung des Sozialismus markant bis hin zu der bereits angesprochenen "Kultur der Konfessionslosigkeit". Während im Jahre 1989 noch beinahe 85 % der bundesdeutschen Bevölkerung Mitglied in einer der beiden Großkirchen war, hatte sich in der DDR bis dahin der Anteil der Konfessionslosen auf fast 70 % erhöht. Auch nach 1989 blieben diese Zahlenverhältnisse weitgehend gewahrt und bilden heute eines der schärfsten Unterscheidungsmerkmale der Bevölkerung in West- und Ostdeutschland.
    Als zentraler Grund für die Entkirchlichung und den Traditionsabbruch des Christentums in Ostdeutschland ist ohne Zweifel die aggressive anti- kirchliche Politik der DDR- Führung zu sehen. Sie durchlief mehrere Phasen, wobei jedem gelernten DDR- Bürger bewußt war, daß eine konfessionelle Zugehörigkeit Nachteile beruflicher und gesellschaftlicher Art nach sich ziehen konnte. Dieser Kampf der SED- Führung gegen die Kirchen brachte besonders in seiner agressiven Anfangsphase beachtliche Erfolge, so daß insbesondere die 50er Jahre durch hohe Austrittszahlen aus den christlichen Kirchen sowie dementsprechend abstürzende Tauf- und Konfirmationszahlen geprägt war. Die meisten Christen der DDR entschieden sich in der Abwägung zwischen Glaubensausübung und dem Erhalt sozialer Zugangsmöglichkeiten zu Bildung und Beruf für Letzteres. Aber auch spätere Entspannungsphasen im Verhältnis von Kirche und Staat, so geschehen in den 70er und 80er Jahren, führten keineswegs zu einer Regeneration der Kirchenmitgliedschaften, sondern die Masse der bereits Ausgetretenen verblieb stattdessen außerhalb der Religionsgemeinschaften und zog ihren Nachwuchs dementsprechend ohne jegliche religiöse Sozialisation und kirchliche Bindung auf.
    Die Rahmenbedingungen für eine repressive Kirchenpolitik galten in Mitteldeutschland als Mitglied des sozialistischen Lagers als besonders günstig. Dies belegen entsprechende Vergleiche zu anderen osteuropäischen Ländern, wo allein Estland und die Tschechoslowakei ähnliche Einbrüche aufwiesen. Insbesondere die geringeren Widerstandsmöglichkeiten der evangelischen Amtskirche öffneten den Weg für einen Erfolg der rigiden Antikirchenpolitik der DDR. Anders als die katholische Kirche, die in politischen Fragen auf die Weisungen des Heiligen Stuhls in Rom verweisen konnte, waren die evangelischen Landeskirchen in der DDR unmittelber dem politischen Zwang der SED- Parteiführung ausgesetzt. Staatliche Repression, die gesellschaftliche Modernisierung der Nachkriegsjahrzehnte und eine geringere Bindungskraft des stärker auf individualisierte Religiösität zielenden Protestantismus bildeten also im "Fall Mitteldeutschland" eine für das Weiterbestehen der konfessionellen Bindung ungünstige Kombination. Sie machten die DDR dieser Zeit, wenn schon nicht zu einem Sonderfall, so doch zu einem besonders schwierigen Terrain für eine vitale Religiosität, so daß wir es in Mitteldeutschland auch über dreißig Jahre nach der Wende bereits mit einer weit verbreiteten Konfessionslosigkeit in dritter Generation zu tun haben. Heute besteht bei der überwiegenden Zahl der Bewohner der neuen Bundesländer nicht nur etwa eine eher distanzierte Hlaltung zur Kirche, sondern eine weitgehende Areligiosität und durch die mittlerweile verlorengegangenen Überlieferungen ein meist fehlendes Verständnis für religiöse und spirituelle Angelegenheiten.

    www.youtube.com/watch?v=aL862u7i9Ns

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    Montag, 28. August 2023, 11:28

    RE: Über die Entchristlichung der DDR- Bürger

    Uwe, dazu interessiert mich eins noch ganz besonders: die Oeffnung der Grenze im November 1989 ging ja unter anderem auch auf die Aktivitaeten in einer ganz bestimmten Kirche in Leipzig zurueck.
    Konfessionslosigkeit ist bei den heutigen Bewohnern der neuen Bundesländer der Normalfall, Religion spielt bei den meisten ehemaligen DDR- Bürgern eine allenfalls untergeordnete Rolle. Dabei waren nach dem Zweiten Weltkrieg auch östlich der Elbe noch 96 Prozent der Menschen zumindest formell Mitglieder einer christlichen Konfession. Wie konnte es zu diesem radikalen Wandel kommen ?
    Die Ausgangssituation war während der Wendezeit im Jahre 1989 für beide deutsche Staaten höchst unterschiedlich. Auf dem Gebiet der Bundesrepublik gab es immer noch eine weit verbreitete Kultur der Konfessionszugehörigkeit, obwohl auch hier seit den frühen 70er Jahren vermehrt Kirchenaustritte und eine abnehmende kirchliche Verbundenheit festzustellen waren. Dagegen hatte der Sozialismus ostdeutscher Prägung allmählich eine "forcierte Säkularität" und eine "Kultur der Konfessionslosigkeit" entstehen lassen. Die teils sehr agressive, gegen Religion und Kirchen gerichtete Politik der SED- Regierung erwies sich dabei im ehemaligen protestantisch- deutschen Kernland als so erfolgreich wie in keinem anderen sozialistischen Staat, von der CSSR und dem baltischen Estland einmal abgesehen.
    Noch 1949 gehörten 81 Prozent der Gesamtbevölkerung der DDR der evangelischen Amtskirche an, während der Anteil der Katholiken lediglich vierzehn Prozent betrug. Die Ungleichverteilung zwischen den Konfessionen in Mitteldeutschland war im wesentlichen auf dessen historischer Entwicklung als Ausgangsgebiet der Reformation und eine dementsprechend tief verankerte protestantische Zugehörigkeitskultur zurückzuführen. Diese Kultur wandelte sich nach der Oktroyierung des Sozialismus markant bis hin zu der bereits angesprochenen "Kultur der Konfessionslosigkeit". Während im Jahre 1989 noch beinahe 85 % der bundesdeutschen Bevölkerung Mitglied in einer der beiden Großkirchen war, hatte sich in der DDR bis dahin der Anteil der Konfessionslosen auf fast 70 % erhöht. Auch nach 1989 blieben diese Zahlenverhältnisse weitgehend gewahrt und bilden heute eines der schärfsten Unterscheidungsmerkmale der Bevölkerung in West- und Ostdeutschland.
    Als zentraler Grund für die Entkirchlichung und den Traditionsabbruch des Christentums in Ostdeutschland ist ohne Zweifel die aggressive anti- kirchliche Politik der DDR- Führung zu sehen. Sie durchlief mehrere Phasen, wobei jedem gelernten DDR- Bürger bewußt war, daß eine konfessionelle Zugehörigkeit Nachteile beruflicher und gesellschaftlicher Art nach sich ziehen konnte. Dieser Kampf der SED- Führung gegen die Kirchen brachte besonders in seiner agressiven Anfangsphase beachtliche Erfolge, so daß insbesondere die 50er Jahre durch hohe Austrittszahlen aus den christlichen Kirchen sowie dementsprechend abstürzende Tauf- und Konfirmationszahlen geprägt war. Die meisten Christen der DDR entschieden sich in der Abwägung zwischen Glaubensausübung und dem Erhalt sozialer Zugangsmöglichkeiten zu Bildung und Beruf für Letzteres. Aber auch spätere Entspannungsphasen im Verhältnis von Kirche und Staat, so geschehen in den 70er und 80er Jahren, führten keineswegs zu einer Regeneration der Kirchenmitgliedschaften, sondern die Masse der bereits Ausgetretenen verblieb stattdessen außerhalb der Religionsgemeinschaften und zog ihren Nachwuchs dementsprechend ohne jegliche religiöse Sozialisation und kirchliche Bindung auf.
    Die Rahmenbedingungen für eine repressive Kirchenpolitik galten in Mitteldeutschland als Mitglied des sozialistischen Lagers als besonders günstig. Dies belegen entsprechende Vergleiche zu anderen osteuropäischen Ländern, wo allein Estland und die Tschechoslowakei ähnliche Einbrüche aufwiesen. Insbesondere die geringeren Widerstandsmöglichkeiten der evangelischen Amtskirche öffneten den Weg für einen Erfolg der rigiden Antikirchenpolitik der DDR. Anders als die katholische Kirche, die in politischen Fragen auf die Weisungen des Heiligen Stuhls in Rom verweisen konnte, waren die evangelischen Landeskirchen in der DDR unmittelber dem politischen Zwang der SED- Parteiführung ausgesetzt. Staatliche Repression, die gesellschaftliche Modernisierung der Nachkriegsjahrzehnte und eine geringere Bindungskraft des stärker auf individualisierte Religiösität zielenden Protestantismus bildeten also im "Fall Mitteldeutschland" eine für das Weiterbestehen der konfessionellen Bindung ungünstige Kombination. Sie machten die DDR dieser Zeit, wenn schon nicht zu einem Sonderfall, so doch zu einem besonders schwierigen Terrain für eine vitale Religiosität, so daß wir es in Mitteldeutschland auch über dreißig Jahre nach der Wende bereits mit einer weit verbreiteten Konfessionslosigkeit in dritter Generation zu tun haben. Heute besteht bei der überwiegenden Zahl der Bewohner der neuen Bundesländer nicht nur etwa eine eher distanzierte Hlaltung zur Kirche, sondern eine weitgehende Areligiosität und durch die mittlerweile verlorengegangenen Überlieferungen ein meist fehlendes Verständnis für religiöse und spirituelle Angelegenheiten.

    www.youtube.com/watch?v=aL862u7i9Ns

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    Montag, 28. August 2023, 16:04

    Kirchenaustritt und die Kirchen als Widerstandsplattformen in der DDR

    Aus der evangelischen Amtskirche bin ich 1993 ausgetreten, nachdem ich wiederholt mitbekam, wie mit deutschen Flüchtlingen, Ostvertriebenen und Spätaussiedlern (den echten, nicht denen mit getürkten Papieren) seitens der Kirchenverwaltung umgegegangen wurde. Das fing schon Anfang der 60er Jahre mit meinen Großeltern an, die aus der DDR zu ihren Söhnen in den Westen gezogen sind, sich lediglich bei der ev. Kirchengemeinde Ennepetal- Milspe vorstellen wollten und dort sofort mit dem Satz "Wenn Sie Geld wollen, wir geben nichts" abgefertigt wurden. Mein Großvater war ein stolzer Mann und hat sich daraufhin in den ersten Monaten nicht beim Gottesdienst sehen lassen.
    Ähnliches passierte einer Freundin der Familie, die Mitte der 70er Jahre aus Ostpreußen in die Bundesrepublik umsiedelte und mit fast identischen Sprüchen abgefertigt wurde. Anfang der 90er Jahre hatte ich dann erhebliche Steuernachzahlungen zu leisten, sah zum ersten Mal, was da über die Jahre an Kirchensteuer zusammenkommen konnte, und zog die Reißleine.
    Viele Kirchen in der DDR stellten sich in den 80er Jahren für Anhänger der Friedensbewegung ("Schwerter zu Pflugscharen") als quasi Refugien zur Verfügung, wohl wissend, daß die Staatsorgane nur in Ausnahmefällen Sakralräume stürmen würden. Meines Erachtens hatten viele der Widerständler dieser Jahre mit dem christlichen Glauben eher weniger am Hut. Man wußte, daß Kirchenräume relativ geschützte Einrichtungen waren, und nutzte dies dementsprechend. Was natürlich nicht ausschließt, daß zumindest ein Teil der damaligen Aktivisten auch einen hieb- und stichfesten Glaubenshintergrund hatte.

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    Montag, 4. September 2023, 16:36

    Über die Geschichte des staatlichen Fernsehens der DDR

    Unter dem Rundfunk- Generalintendanten Hans Mahle, dem eigentlichen Wegbereiter des Fernsehens der DDR, erfolgte bereits am 11. Juni 1950 der erste Spatenstich für das Fernsehzentrum Berlin- Adlershof. Im Dezember 1951 starteten daraufhin die ersten Sende- und Empfangsversuche, jedoch vorerst nur für Techniker und versierte Fachleute, da die ersten öffentlichen Fernsehgeräte erst ab Juli 1952 verfügbar waren und ab November 1952 in den Handel kamen. Das im Sachsenwerk Radeberg hergestellte Gerät "Leningrad" kostete so 3.500,- DM der DDR bei damaligen Durchschschnittsverdiensten von um die 300,- DM der DDR. Bis zur Produktionseinstellung im Jahre 1954 wurden nur ca. 3.000 Geräte in der DDR verkauft, während die Hauptproduktion von ca. 130.000 Geräten als Reparationsleistung an den großen Bruder Sowjetunion geliefert werden mußten. Aus diesem Grund war die Flächenabdeckung mit Fernsehgeräten daher in den Anfangsjahren der DDR zunächst äußerst gering.
    Im Dezember 1952 startete das öffentliche Versuchsprogramm mit zwei Stunden Sendezeit täglich und dem Brandenburger Tor als Logo. Zu diesem Zeitpunkt waren lediglich 60 Geräte in der gesamten DDR empfangsbereit, die sich sämtlich in Berlin befanden. Bemerkenswert ist, daß bereits zu diesem Zeitpunkt die "Aktuelle Kamera" (AK) mit Sprecher Herbert Köfer ihren Anfang nahm.
    Um mehr Zuschauer erreichen zu können, wurde das Sendernetz rasch ausgebaut. So folgten auf Berlin- Grünau im Jahre 1953 die Sender Dresden (1953), Berlin- Mitte, Brocken, Inselsberg, Helpterberg, Marlow, Chemnitz (alle 1955) und 1956 Berlin- Köpenick, wobei die Sender Brocken und Inselsberg auch weit in die Bundesrepublik senden konnten. Technik und Fernsehstudios wurden gleichfalls zügig erweitert. Im Sommer 1953 wurde bereits das "Studio I" auf dem Gelände von Berlin- Adlershof eröffnet.
    Am 3. Januar 1956 begann dann der Deutsche Fernsehfunk (DFF) mit seinem Programm. Zunächst hieß der Sender ganz bewußt nicht "Fernsehen der DDR", da sich der DFF in dieser Zeit noch als Sender für ganz Deutschland verstand. Trotz grenznaher Sendeanlagen war es dem DFF technisch aber nicht möglich, die ganze Bundesrepublik zu erreichen, wie der Autor dieses Blogs, der im Raum Köln/ Düsseldorf aufwuchs, aus eigener Anschauung weiß.
    Gegen Ende 1958 waren bereits über 300.000 Fernsegeräte in der DDR angemeldet. Im Oktober 1958 wurde das Vormittagsprogramm als Wiederholungsangebot für Schichtarbeiter eingeführt. Kurz darauf wurde der "Abendgruß" für die jüngsten Fernsehzuschauer erstmals gesendet, dem im November 1959 die Premiere des DDR- Exportschlagers "Sandmännchen" folgte.
    Am 3. Oktober 1969 ging das Zweite Programm des Deutschen Fernsehfunks (DFF 2) als Farbprogramm erstmals auf Sendung, womit generell beim DFF das Farbfernsehzeitalter begann. Durch dieses Programm nahm schlagartig auch die Zahl der produzierten Sendestunden zu. Gesendet wurde in Farbe mit SECAM III b, das technisch vom westdeutschen PAL- System abwich und vor allem auch in Frankreich Verwendung fand. Übertragen wurden die Farbsendungen zunächst nur auf DFF 2, erst einige Jahre darauf wurde auch das Hauptprogramm auf Farbsendungen umgestellt.
    Am 11. Februar 1972 wurde der DFF umbenannt und hieß fortan "Fernsehen der DDR". Der bisher verwendete Name überdauerte lediglich in Abspännen, bei Zitaten sowie beim Sandmännchen im "Abendgruß vom Fernsehfunk".
    Im Zuge der politischen Wende in der DDR des Jahres 1989 wurde insbesondere in den politischen Sendungen zunehmend freier berichtet, und zahlreiche neue Programme gingen auf Sendung, so im September 1989 die Sendung "Elf 99", die sich insbesondere an Jugendliche und junge Erwachsene richetete und durchaus kritisch über die politische Entwicklung in dieser Phase des Umbruchs berichtete.
    Am 30. Oktober 1989 wurde die langjährige Propagandasendung "Der schwarze Kanal" unter Karl- Eduard von Schnitzler abgesetzt und durch das Magazin "Klartext" ersetzt.
    Im Februar 1990 erklärte ein Medienbeschluß der Volkskammer das Fernsehen der DDR zu einer politisch unabhängigen, öffentlich rechtlichen Sendeanstalt. Das DDR- Mediengesetz vom September 1990 bestätigte den neuen Status. Mit der deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 verlor der DFF allerdings seine öffentlich- rechtliche Selbständigkeit schnell wieder und wurde quasi von der ARD übernommen. Endgültig eingestellt wurde der Sendebetrieb des Deutschen Fernsehfunks am 31. Dezember 1991 um Mitternacht. Bereits am 31. Mai 1991 wurde stattdessen der Mtteldeutsche Rundfunk (MDR) mit Sitz in Leipzig gegründet. Ein Teil der ehemaligen rund zehntausend Mitarbeiter des DFF konnte bei den neuen, bei westdeutschen Anstalten oder auch bei Privatsendern einen neuen Arbeitsplatz finden.

    www.youtube.com/watch?v=MbML4x9Rzfw