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    Donnerstag, 14. September 2023, 08:29

    RE: The American Corner - Über Tradition und Faszination des Clog Dancing

    Vor 6 oder 7 Jahren waren wir auf einer Hochzeit von einer der Nichten meines Mannes eingeladen.
    Wie immer gab es nur einen einzigen langsameren Tanz zu Beginn der Hochzeitsfeier, den Rest des Abends gab es nur noch Line Dancing. Und wenn man das nicht gelernt hat, dann kann man den ganzen Abend auf so einer Hochzeit mit unterhalten (geht aber sehr schlecht bei der hoffnungslos zu lauten Musik) oder zusehen verbringen, was auf Dauer sehr eintoenig ist.
    Leider gibt es auf US Hochzeiten nie Musikpausen, die einem mal die Chance bieten, sich mit anderen zu unterhalten. Man wird 6 oder 7 Stunden lang mit zu lauter Musik zugedroehnt. :cursing: :cursing: :cursing:
    Seine Wurzeln liegen tief vorwiegend in der irisch- schottischen Musiktradition, aus der sich das "Clogging" im 19./20. Jahrhundert durch die zahllosen Einwanderer aus diesen Regionen in den USA zu einem nordamerikanischen Stepptanz entwickelt hat.
    Diese Tanzart wurde ursprünglich auch als "Flat- Footing", "Foot- Stomping", "Buck Dancing", "Jigging" und mit zahlreichen anderen lokalen Begriffen bezeichnet. Allen Varianten gemeinsam ist die Betonung des durch Musik und Gesang hervorgerufenen Takts (Downbeat) durch eine sehr ausgeprägte Fußarbeit.
    "Clog Dancing" unterscheidet sich vom regulären Stepptanz durch spezielle Platten an den Schuhen, den sogenannten "Jingle Taps". Diese Clogging- Taps besitzen neben zwei festen Metallplatten an Ferse und Fußspitze noch zwei weitere, locker damit verbundene Platten. Dadurch entstehen bereits Geräusche, wenn man die Füße in der Luft bewegt, ohne damit den Boden zu berühren.
    Aus seinem traditionellen Verständnis heraus gilt Clog Dancing weniger als Show- denn als Volkstanz, der vorwiegend von irisch- schottischen Siedlern mit in die Neue Welt gebracht wurde. Allerdings haben mittlerweile eine Reihe moderner Tänze das Clog- Dancing beeinflußt, so daß neben der traditionellen Country- und Bluegrass- Musik gelegentlich auch zu moderner Popmusik getanzt wird und in heutigen Tänzen vereinzelt sogar Elemente des Jazz und Hip- Hop zu finden sind. Sehr beliebt ist auch eine stärkere Hinwendung zum Irish Dance in Bezug auf Musikauswahl und Tanzstil.
    Bei uns in Europa sind eine Reihe von Clog Dance- Formationen traditionell den Square Dance- Vereinen angegliedert, doch sind sie gelegentlich auch in Sportvereinen und in Tanzschulen anzutreffen.
    Einige sehr empfehlenswerte Aufnahmen aus den 60er Jahren, in denen in "Appalachia" diese Tänze durchaus noch in traditioneller Form gepflegt wurden:

    www.youtube.com/watch?v=cs2j8f7H2WY
    www.youtube.com/watch?v=vJB_HGdGfic
    www.youtube.com/watch?v=s2WywwxWbvY

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    Donnerstag, 14. September 2023, 15:12

    RE: RE: The American Corner - Comics als erstes originäres US- Kulturprodukt (II) ?

    "Maus" habe ich erst hier in den USA entdeckt (und aich das wurde garantiert nicht ins Deutsche uebersetzt wegen des heiklen Themas Nazi Vergangenheit) und waere einen eigenen thread wert.
    Dann kamen im Jahre 1986 innerhalb kurzer Zeit die Sammelbände von Art Spiegelmans "Maus", "Frank Millers "Die Rückkehr des Dunklen Ritters" sowie die Heftserie "Watchmen- Die Wächter" von Alan Moore und Dave Gibbons auf den Markt, die dem amerikanischen Comicmarkt wieder neue Impulse verliehen. "Maus" erhielt als erster Comic überhaupt den Pulitzer- Preis und trug wesentlich zur Anerkennung von Comics als eigenständige Kunstform außerhalb der eigentlichen Comic- Gemeinde bei. Frank Miller dagegen lieferte mit seiner dystopischen "Batman"- Variante zugleich die Vorlage für Tim Burton´s Kinofilm, der 1988 zum bis dahin erfolgreichsten Film aller Zeiten wurde und somit den bis heute andauernden Comic- Filmboom auslöste.


    "Maus" habe ich bereits in den 90er Jahren in deutscher Übersetzung bei Schmorl & Seefeld in Hannover entdeckt und fand den Comic nicht uninteressant, jedoch nicht interessant genug, um ihn mir zuzulegen.
    Im Comic- Bereich sammle ich i.W. nur die Serien, die ich als Kind hatte oder gern gehabt hätte. :thumbup:

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    Donnerstag, 14. September 2023, 16:04

    The American Corner - Über die frühe Geschichte der American Folk Music

    American Folk Music ist ein Sammelbegriff für zahlreiche Stilrichtungen originär amerikanischer Musik, die z.B. Bluegrass, Gospel, Old Time Music, Jug Bands, Appalachian Folk, Blues, Cajun und auch die Musik der Native Americans umfaßt. Als "amerikanisch" bezeichnet man diese Stilrichtungen, weil sie entweder aus den USA stammen oder weil sie sich dort aus der Musik der Einwanderer zu etwas Neuem entwickelt haben. American Folk Music wird gelegentlich auch als "Roots Music" bezeichnet, weil sie als Grundlage für moderne musikalische Stilrichtungen diente, so z.B. für den Rock and Roll, den Rhythm and Blues sowie für den Jazz.
    Viele Lieder der Kolonial- und Revolutionszeit stammten aus England, Schottland, Irland, Holland und Deutschland und wurden von den Siedlern des 17./18. Jahrhunderts in die Neue Welt mitgebracht. Als ältestes erhaltenes Volkslied anglo- amerikanischen Ursprungs gilt gemeinhin die Ballade "Springfield Mountain" aus dem Jahre 1761 in Connecticut.
    Die typischen Instrumente, die in der frühen amerikanischen Folk Music der Siedler Verwendung fanden, waren die Fiedel, die Gitarre, die Mandoline, die Querflöte und das Hackbrett, wobei die Gitarre einen bedeutenden Wandel durchmachte, als die zuvor weitverbreitete "englische Gitarre" in den 1830er Jahren weitgehend durch die "spanische Gitarre" ersetzt wurde. Neben einer Reihe von Balladen importierten die europäischen Siedler auch zahlreiche Country- Tanzmelodien wie Jig, Reels und Hornpipes, die bei Gemeinschaftstänzen oder bei Contra Dances zur Verwendung kamen. Die Musiksammlungen "Howe´s 1000 Jigs and Reels", "Ryan´s Mammoth Collection" oder "Thousand Fiddle Tunes" enthielten zahlreiche Tanzmelodien, zu denen viele der amerikanischen Siedler fast zwei Jahrhunderte lang getanzt haben. Weitere in Amerika populäre Tänze waren Quadrillen, Mazurkas, Barn Dances, Redowas, Märsche und Polkas.
    In Neuengland, einem der Gebiete mit der frühesten amerikanischen Siedlungsgeschichte, haben zahlreiche Balladen in der amerikanischen Volksmusik bis weit in das zwanzigste Jahrhundert überlebt. Dazu gehören ältere Balladen wie "Lord Randall", "The Golden Vanity", "The Elfin Knight", "The Gypsy Davy", "Lady Isabel and the Elf- Knight", "Barbara Allen", "Lord Bateman" u.v.a.
    Die Volksmusik des übrigen Nordostens der USA, insbesondere in Pennsylvania, New York und New Jersey, ähnelte zwar derjenigen Neuenglands, wies darüber hinaus jedoch auch starke Einflüsse der zahlreichen nicht- britischen Einwanderer wie Deutsche, Holländer und Schweizer auf.
    Im Gegensatz zum Nordosten der Vereinigten Staaten war der Südosten stärker von der afroamerikanischen Musik beeinfluß, was dazu führte, das dort Musikinstrumente wie das Banjo stärker verbreitet waren. Dennoch war auch im Südosten traditionell englische Musik stark vertreten, wo insbesondere eine Reihe von älteren Kinderballaden wie "Lord Thomas and Fair Eleanor" überlebten. Anders als im Nordosten neigten Balladen im Südosten stark dazu, ihre Texte zu verändern, indem sie gekürzt und geglättet wurden und die Zahl der Betonungen pro Strophe reduziert wurde.
    Die Volkslieder des Mittleren Westen lehnten sich zwar weitgehend an den Geschmack der Atlantikstaaten an, doch gab es daneben auch einige Stücke, die nur dort populär wurden, so z.B. "Mary of the Wild Moor" oder "Paul Jones". Daneben entstanden auch viele Volkslieder, die typisch für die Region der Großen Seen waren und an die nautische Kultur dieser Region erinnerten. so z.B. ""It´s me for the Inland Lankes" oder "The Buffalo Whore". Noch weiter westlich in Staaten wie Iowa, Kansas, den beiden Dakotas oder Nebraska entstanden regional gebundene Lieder wie "The Lane County Bachelor" oder "Dakota Land". Die berühmte "Ballad of Jesse James", die das Leben des Bankräubers besang, erschien erstmals in Springfield/ Missouri.
    Einige der Lieder gelangten auch durch die sich im 20. Jahrhundert rasch entwickelnde Musikindustrie in die Folk- Tradition, so z.B. das von Dan Emmett verfaßte Lied "Old Dan Tucker".

    www.youtube.com/watch?v=wYkzkzjKv90

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    Freitag, 15. September 2023, 16:02

    The American Corner - Über amerikanische Country Music

    Country, gelegentlich auch Country & Western Music genannt, gilt gemeinhin als die "Popmusik" der ländlichen Regionen Amerikas. Sie wird auch als der "Blues der einfachen weißen Amerikaner" bezeichnet und besingt nicht nur ländliche traditionelle Lebensweisen, sondern bezieht sich gelegentlich auch auf aktuelle Ereignisse.
    Ihren Ursprung nahm die Country Music im Süden der USA, wo sich eine ganze Reihe regionaler Musikrichtungen zur Country Music weiterentwickelten. Es überrascht keineswegs, daß dieser amerikanische Musikstil zumindest teilweise auch vom Blues der dort ansässigen afroamerikanischen Bevölkerung geprägt wurde, jedoch sind Musiker dieser Ethnie eher selten in der Country Musicszene vertreten.
    Amerikanische Country Music hatte es in seinen Anfängen im frühen 20. Jahrhundert nicht leicht, da ihr Stil zu dieser Zeit als eher altmodisch, ja teilweise sogar als hinterwäldlerisch galt. Erst als die ersten Radiosender in den 1920er Jahren Musik dieser Art ausstrahlten, wurde Country Musik auch amerikaweit bekannt. Bereits im Jahre 1922 erschienen die ersten Einspielungen auf Schellackplatten mit Country- Interpreten, denen ein Jahr später die ersten regelmäßigen Radioprogramme mit Country- Sängern folgten, so z.B. die "Barn Dance Show", die insbesondere in Texas rasch eine wachsende Fangemeinde fand. In den Folgejahren sprangen immer mehr Radiosender auf den Country- Zug auf und boten entsprechende Spezialprogramme an.
    Obwohl Country seine Wurzeln in zahlreichen Regionen des Südens hatte, gilt Nashville / Tennessee bis heute als das unumstrittene Zentrum der Country- Szene. Dort befindet sich auch der Sender WSM, der im Jahre 1925 erstmals auf Sendung ging und bis heute ausschließlich Country Music sendet. Anfangs war dieser Sender nur regional zu empfangen, jedoch konnte bereits in den 30er Jahren durch technische Fortschritte des Sendernetzes der gesamte nordamerikanische Kontinent mit Musik dieser Art versorgt werden. In dieser Zeit etablierten sich auch die ersten überregional bekannten Interpreten und Formationen, zu denen u.a. die bereits 1927 entdeckte "Carter Family" gehörte.
    Trotz der zunehmenden Beliebtheit dieses Musikgenres galt es insbesondere vor dem Hintergrund einer rasch verstädternden amerikanischen Bevölkerung in den urbanenen Ballungszentren immer noch als provinziell und hinterwäldlerisch, so daß viele Musiker Country weiterentwickelten und sich von neuen Strömungen beeinflussen ließen, woraus sich ab Mitte der dreißiger Jahre Honky Tonk Music oder auch Bluegrass entwickelte. Selbst Rockabilly hatte seine ursprünglichen Wurzeln in der Country Music. Durch die Weiterentwicklung dieses Genres ging teilweise jedoch sein ursprünglicher Sound verloren, so daß einige Musiker zurück zu den Wurzeln gingen und den Nashville- Sound entwickelten.
    Country- Megastars wie Kenny Rogers, John Denver oder Dolly Parton gehören zu den Ikonen dieser Branche, an denen sich viele nachfolgende Interpreten messen lassen müssen. Künstler der letzten Jahren wie Blake Shelton oder Casey Musgraves treten in entprechend große Fußstapfen einer Branche, in der der Konkurrenzkampf als besonders hart gilt. Wie wichtig Country Music immer noch in den USA ist, zeigt auch der Umstand auf, daß die großen amerikanischen Musikpreisverleihungen nicht nur speziell diese Branche auszeichnen, sondern daß auch eine spezielle Country- Award- Show existiert. Die Academy of Country Music Awards präsentiert jedes Jahr die besten Interpreten der Country- Szene und viele Stars, die auf Publicity wert legen, sind dort gern gesehene Gäste. Im Jahre 2020 wurde dieser Award in unterschiedlichen Kategorien bereits zum 55. Mal verliehen.

    www.youtube.com/watch?v=fvhmqdWXusE
    www.youtube.com/watch?v=YDDEqgmGIVg

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    Samstag, 16. September 2023, 16:17

    The American Corner - Über amerikanische Bluegrass Music

    Vordergründig sollte man meinen, daß Bluegrass zur alten amerikanischen Folklore gehört, was allerdings keinesweg der Fall ist, da dieses Genre erst im fortgeschrittenen zwanzigsten Jahrhundert entstand. Dennoch gehört Bluegrass heute zu den wichtigsten Sparten amerikanischer Volksmusik innerhalb der Country Music. Typisches Merkmal des Bluegrass ist das rein akustische Klangbild, das heutzutage weitgehend aus Banjo, Fiddle, Mandoline, Gitarre, Dobro, Kontrabaß und unter Umständen Gesang besteht. Mandoline und Gitarre ersetzen dabei meist das Schlagzeug und erzeugen perkussive "Chop"- Schläge auf dem Offbeat. Spielt die Mandoline ein Solo, dann übernimmt stattdessen die Fiddle oder das Banjo die Aufgabe der Chop- Schläge.
    Bluegrass entstand erst in den Jahren zwischen 1937 und 1945 in den Bergen von Kentucky und Tennessee. Zu dieser Zeit experimentierte der Mandolinenspieler Bill Monroe mit Old Time-, Fiddle- und Hillbilly- Stücken, amerikanischen Balladen, afroamerikanischer Tanzmusik sowie mit traditionellem Gospel- Harmoniegesang. Er formte daraus eine von Swing- und Blueselementen angereicherte Form der Country Music. Gegen Ende dieser "Findungsphase" heuerte Monroe den jungen begabten Banjo- Spieler Earl Scruggs an, der den Dreifinger- Stil seiner Heimat North Carolina zu hoher Geschwindigkeit und Präzision perfektioniert hatte und damit den Sound der Band erheblich dynamisierte. Diese Band trug den Namen "Bill Monroe and his Blue Grass Boys" als Reminiszenz an den "Bluegrass- State" Kentucky, wobei dieser Begriff die aufgrund des nährstoffreichen Bodens blaugrünen Blätter der verbreiteten Grasart Poa pratensis bezeichnet. Aus diesem Grund bürgerte sich dieser neue Musikstil bei den Medien schnell als "Bluegrass" ein. Der Bekanntheitsgrad der "Blue Grass Boys" wurde durch ihre Auftritte in der wöchentlichen Radiosendung "Grand Old Opry" aus Nashville/ Tennessee rasch gesteigert, bei der Gründer Bill Monroe zwischen 1939 bis zu seinem Tod im Jahre 1996 ständiges Mitglied blieb. Zu ihrem frühen Repertoire gehörten der "Muleskinner- Blues"und der später auch von Elvis Presley gecoverte "Blue Moon of Kentucky". Mit Bill Monroes Gitarristen Lester Flatt gründete Earl Scruggs im Jahre 1948 die "Foggy Mountain Boys", die außer mit den damals unerreichten Banjoinnovationen auch mit originellen Texten breite Zuhörerkreise und auch das Fernsehpublikum erreichten.
    Gegen Ende der 50er und Anfang der 60er Jahre kam es vermehrt zu Auftritten von Bluegrass- Bands an Universitäten und bei Folkfestivals wie dem in Newport/ Rhode Island. Durch die Kontakte zu den eher kommerziell und südstaatlich geprägten Hillbillies erwuchs dem Genre nicht nur eine solide Marktbasis innerhalb großer Teile der USA, sondern es kam darüber hinaus auch zum Zustrom zahlreicher innovativer jüngerer Musiker. Seit den späten 60er Jahren griffen auch andere Musiker wie z.B. die Formation "Grateful Dead" den Bluegrass verstärkt auf, wodurch neue Stilrichtungen wie "Newgrass" oder "Jazzgrass" entstanden. Anfang der 80er Jahre hielt Bluegrass in einer etwas poppigeren Version und teils auch mit Schlagzeugbegleitung wieder stärker Einzug in die kommerzielle Country Music, als der sogenannte "Neo- Traditionalismus" verstärkt an Einfluß gewann. Seit der Jahrtausendwende kamen weitere, neue Bluegrass- Bands auf, so z.B. die "Infamous Stringdusters", die "Old Medicine Crow Show" oder die "Watson Twins", die in ihrer Musik auch Old Time- und Americana- Stile verewigen.
    Seit den 90er Jahren erfreut sich Bluegrass amerikaweit und auch international wachsender Beliebtheit. Der Soundtrack zum Film der Cohen Bros. "O Brother, Where Art You ?" aus dem Jahre 2000 dürfte stark zur Popularität dieses Genres beigetragen haben. Darüber hinaus läßt sich über Internet- Radiostationen wie Bluegrasscountry.org diese Musik heute weltweit hören. Seit 1991 existiert die "International Bluegrass Music Hall of Fame", die von der International Bluegrass Music Association betrieben wird und jährlich stilprägende Künstler mit der Aufnahme in diese Institution ehrt.

    www.youtube.com/watch?v=XLnxjrAAKks
    www.youtube.com/watch?v=4VBahAjuSYI

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    Sonntag, 17. September 2023, 17:14

    The American Corner - O Brother, Where Art Thou ? - Eine Mississippi- Odyssee (2000)

    Diese teilweise an Homers "Odyssee" angelehnte satirische Komödie aus dem Hause Cohen Bros. ist nicht zuletzt durch seine musikalischen Einlagen überaus sehenswert, denn die gespielten Stücke dienen nicht nur der Untermalung des im Jahre 1937 handelnden Films, sondern "tragen" die Handlung in wesentlichen Teilen und vermitteln gleichzeitig einen Eindruck der wichtigsten Musikstile des ländlichen Südens der USA in den 30er Jahren wie Blues, Old- Time Music oder auch dem beginnenden Bluegrass. So steuerte Alison Krauss "Down to the River to Pray" bei, und selbst Hauptdarsteller George Clooney singt "Man of Constant Sorrow", dies allerdings mit der Gesangsstimme von Dan Tyminski. Gastauftritte hatten auch die Old- Time Musiker David Holt und Ed Snodderly in der Rolle der "Village Idiots", die die FBI- Agenten zum Gefängnis begleiten und die mit Fiddle und Banjo den Song "Indian War Whoop" einspielten. Der Produzent des Soundtracks, T- Bone Burnett, wurde zu einem der großen Gewinner des Films, da sich dieser Titel über fünf Millionen mal verkaufte und mit drei Grammys ausgezeichnet wurde.
    Die zeitgenössische Filmkritik beurteilte die Produktion überwiegend positiv als minimalistischen Film, der seine Wurzeln in der Bibel, der antiken Poetik sowie in der amerikanischen Kulturgeschichte suchte. "O Brother, Where Art Thou ?" war 2001 für den Golden Globe Award in der Kategorie "Bester Film" nominiert, George Clooney erhielt für seine Rolle einen Golden Globe als bester Hauptdarsteller. Außerdem waren Kameramann Roger Deakins für die "Beste Kamera" und die Coen- Brüder für das "Beste adaptierte Drehbuch" für die Oscarverleihung 2001 nominiert.
    Worum ging es ? Im Vorspann des Films wird die Odyssee von Homer als wesentliche Inspirationsquelle der Produktion genannt und zitiert im Verlauf der Handlung immer wieder Motive aus diesem frühen Werk. Der eloquente und geschwätzige Kleinkriminelle Everett "Ulysses" McGill (George Clooney), verurteilt zu Zwangsarbeit auf einer Gefängnisfarm im Mississippi der 30 Jahre, kann sich nicht mit seinem harten Schicksal abfinden. Er überredet seine trotteligen Mithäftlinge Delmar (Tim Blake Nelson) und Pete (John Turturro) zur Flucht und verspricht ihnen einen Anteil an einem geheimnisvollen Goldschatz. Auf ihrer Odyssee begegnen die entlaufenen Sträflinge einer ganzen Reihe skurriler Gestalten, darunter u.a. dem Blues- Gitarristen Tommy Johnson (Chris Thomas King), der seine Seele an den Teufel verkauft hat. Bei der Radiostation des Mr. Lund (Stephen Root) stellen sich das Trio und Tommy als die "Soggy Bottom Boys" vor und spielen für zehn Dollar pro Kopf einen Song ein, der sich in Windeseile ohne ihr Wissen zum Hit in Missisisippi entwickelt. Am nächsten Tag treffen die Sträflinge den bipolaren Bankräuber George "Babyface" Nelson (Michael Badalucco), der eine Bank überfällt und die Jungs in der Nacht wieder verläßt. Am darauffolgenden Tag wird das Trio von drei bildhübschen, singenden "Sirenen" verführt. Auf ihrer weiteren Reise treffen sie den einäugigen Bibelverkäufer Big Dan (John Goodman), der an einen altgriechischen Zyklopen erinnert.
    Schließlich gelangt Everett in seinen Heimatort, und es stellt sich heraus, daß der versprochene Schatz gar nicht existiert, sondern daß der Kleinkriminelle nur wegen seiner "Ex" Penny (Holly Hunter) aus dem Strafvollzug entwichen ist. Nachdem sich das Trio wieder zusammengefunden hat, stößt es auf eine Versammlung des Ku- Klux Clan, die Tommy aufknüpfen will, und kann diesen befreien, wobei Bibelverkäufer Big Dan von einem brennenden Kreuz erschlagen wird.
    Mittlerweile stehen in Mississippi Gouverneurswahlen an, bei denen der vorgeblich progressive Kandidat Homer Stokes (Wayne Duvall) gute Aussichten hat; dieser ist jedoch insgeheim der Großmeister des Ku- Klux- Clan. Bei einer Wahlkampfveranstaltung für Stokes verkleiden sich die drei Ausbrecher und auch Tommy als Musiker, damit Everett seine "Ex" Penny zurückerobern kann. Stokes erkennt das Quartett jedoch wieder und läßt bösartige Bemerkungen gegen die vier fallen, womit seine Wahlchancen gleich Null sind und er aus dem Saal geworfen wird. Penny will Everett nun tatsächlich heiraten, sofern dieser den Ring ihrer ersten Hochzeit wiederfände. Auf der Suche danach taucht Sheriff Cooley (Daniel van Bargen) mit seinen Leuten auf und will die vier auf der Stelle hängen, obwohl diese bereits begnadigt wurden. In diesem Augenblick wird das Tal für ein Staudammprojekt geflutet, und dem Quartett gelingt schwimmend erneut die Flucht. Da Everett einen falschen Ring aus den Fluten gerettet hat, besteht Penny weiter auf der Suche nach dem Original, auch wenn dieser nun auf dem Grund eines Sees liegen würde. Als sie streitend mit ihren Töchtern die Eisenbahnschienen überqueren, entfernt sich im Hintergrund der blinde Seher auf einer Draisine...

    www.youtube.com/watch?v=n9UlbxlM5nE
    www.youtube.com/watch?v=J8G50n5sKfo
    www.youtube.com/watch?v=YDDEqgmGIVg
    www.youtube.com/watch?v=i9_Ssdn4KEw

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    Montag, 18. September 2023, 16:15

    The American Corner - Johann Augustus Sutter und die kalifornischen Goldfunde

    Am 15. März 1848 erschien in einer Lokalzeitung des soeben von den Vereinigten Staaten erworbenen Territoriums Kalifornien eine elfzeilige Notiz: "Goldmine gefunden. In dem frisch ausgehobenen Wasserlauf für die kürzlich von Kapitän Sutter an der Gabelung des American River gebaute Sägemühle wurde eine beträchtliche Menge Gold gefunden. Ein einzelner Mann brachte Gold im Wert von dreißig Dollar nach New Helvetia, das er dort in kurzer Zeit gesammelt hatte. Kalifornien ist ohne Zweifel reich an Mineralien. Große Chancen für Investoren in diesem Bereich. Gold ist fast in jedem Teil dieses Landes gefunden worden."
    Diese Nachricht war zumindest am 18. März 1848 noch hemmungslos übertrieben. Zum damaligen Zeitpunkt gestaltete sich Kalifornien noch als recht verschlafene Grenzprovinz der Vereinigten Staaten, auf deren riesigem Gebiet lediglich um die vierzehntausend Bewohner überwiegend von Ackerbau und Viehzucht lebten. Hier lag auch die Farm von Kapitän Johann Augustus Sutter. Dieser im badischen Kandern geborene Sohn Schweizer Eltern kam im Jahre 1839 völlig mittellos in die USA. Dennoch lesen sich die ersten Jahre seiner Biographie wie der personifizierte amerikanische Traum. Zwar arbeitete Sutter nicht als Tellerwäscher, aber den Grundstock seines Vermögens bildeten fünfhundert Dollar, die er als Preisboxer gewonnen hatte. Durch harte Arbeit und seinen Geschäftssinn kam er nach wenigen Jahren so weit, daß er im damals fast menschenleeren Kalifornien von den Mexikanern ein Gebiet kaufen konnte, das etwa halb so groß war wie die Schweiz. Niemand stand ihm dabei im Weg, da es sich vorwiegend um aride Landschaften handelte, die vordergründig für Landwirtschaft und Viehzucht wenig geeignet erschienen. Doch durch ein geschicktes Aufstauen der vielen Bäche, die dieses Gebiet durchzogen, schuf Sutter aus einer Einöde ein landwirtschaftliches Paradies, in das er Siedler aus Deutschland und der Schweiz holen ließ.
    Und in dieses Paradies platzte am 24. Januar 1848 die Nachricht, daß James Wilson Marshall bei seiner Inspektion des Wasserlaufes der neuen Sägemühle im Flußbett zwei kleine Goldklumpen gefunden hatte. Sutter versuchte sofort, den "Schaden" zu begrenzen, in dem er alle Beteiligten um Stillschweigen bat. Doch wer hätte eine derartige Sensationsnachricht verheimlichen können, und prompt verbreitete sich das Gerücht wie ein Lauffeuer. Sechs Wochen nach dem ersten Fund hatten praktisch alle Arbeiter von Sutters Farm ihren Posten verlassen, um auf seinem Land nach Gold zu suchen. Vier Monate darauf war die damals noch überschaubare Bevölkerung von San Francisco von einigen Hundert auf etwa ein Dutzend zurückgegangen. Die bereits oben erwähnte Lokalzeitung stellte mit der Schlagzeile ihr Erscheinen ein: "Das ganze Land hallt wider vom schmutzigen Ruf Gold ! Gold !!!, während das Feld halb besät verwaist, das Haus halb gebaut und alles verlassen steht".
    Natürlich erregten diese Vorkommnisse auch das Interesse der Regierung. Der Gouverneur von Kalifornien, Colonel George Mason, brach im Juni 1848 selbst zu einer Inspektionsreise auf, um zu ergründen, ob an den Gerüchten etwas dran war. Er besuchte die Goldfelder und fand dort ca. viertausend Goldgräber vor, die täglich Gold im Wert zwischen dreißigtausend und fünfzigtausend Dollar auswuschen. Der ausführliche Bericht des Gouverneurs an die Regierung in Washington war am 17. August fertig, und um dessen Glaubwürdigkeit zu erhöhen, legte er der Sendung eine Teedose bei, die Gold im Wert von knapp viertausend Dollar enthielt. Dieser Bericht kam den Politikern in Washington, allen voran dem damaligen Präsidenten James Knox Polk, höchst gelegen, denn Kalifornien befand sich erst seit einem Jahr im Besitz der Vereinigten Staaten. Ein Krieg und die Kaufsumme von fünfzehn Millionen Dollar waren nötig gewesen, um dieses Gebiet von Mexiko zu erlangen. Und die amerikanische Öffentlichkeit war anfangs von diesem Vorgehen nicht allzu begeistert, denn insbesondere in den Nordstaaten monierte man die hohen Kosten und befürchtete zudem, daß Kalifornien sich auf die Seite der sklavenhaltenden Südstaaten schlagen könnte. Dagegen bot der Bericht von Governor Mason Argumente, die Politik der Regierung zu rechtfertigen. So nahm es kaum Wunder, daß plötzlich viele Zeitungen Artikel veröffentlichten, die die kalifornischen Goldfunde begeistert feierten und dabei auch ein wenig übertrieben. So war die Rede von tausend Dollar Tagesverdienst eines einzelnen "Diggers" und von gefundenen Goldklumpen, die über sieben Pfund wogen. Daß die Aussicht auf derartige Gewinne viele unternehmungslustige Männer nach Kalifornien zog, ist mehr als nachvollziehbar, so daß sich die Bevölkerungszahl des Staates 1849 bereits verdoppelt hatte und gegen Ende der 50er Jahre 380.000 Menschen dort lebten. Vor allem kamen junge Männer, oft nicht die ärmsten der Armen, denn die Reise von der Ostküste in das gelobte Land war mit erheblichen Kosten verbunden und konnten sich in erster Linie nur erfolgreiche Farmerssöhne, reiche Erben, Händler oder Angehörige der freien Berufe wie Rechtsanwälte und Ärzte leisten.
    Drei Wege standen den Reisewilligen zur Verfügung. Da war zum einen die Route quer durch den amerikanischen Kontinent entlang der Trails, ein Weg, den auch die Siedler benutzten, die neues Land im Westen urbar machen wollten. Dieser Weg hatte jedoch zwei gravierende Nachteile: er galt zwar als die billigste Reisemöglichkeit, gleichzeitig jedoch auch als strapaziös und gefährlich. Die zweite Möglichkeit bot der Seeweg rund um Kap Horn, bei dem rund 13.000 Seemeilen zurückgelegt werden mußten und auf dem die Reisenden nach rund sechs Monaten ihr Ziel erreichten. Zwar war dies schneller als die kostengünstigere Reise auf dem Landweg, jedoch setzte dies mindestens dreihundert Dollar Reisegeld voraus, eine für damalige Zeiten stattliche Summe. Besonders Clevere versuchten sich daher an einer Mischung aus Land- und Seeweg. Sie fuhren per Schiff zur Landenge von Panama und überquerten diese entweder zu Fuß oder mit Hilfe von Einbäumen, die von Indios gerudert wurden. Diese Passage galt als nicht ungefährlich, da Cholera und Malaria in diesen Gebieten grassierten. Doch blieb man gesund, konnte man von dort aus innerhalb von fünf Tagen am Pazifik sein und mußte sich anschließend bemühen, weiter per Schiff nach Kalifornien zu gelangen.
    Der riesige Besitz von Sutter, auf dem das erste Gold gefunden worden war, stellte natürlich einen besonderen Anziehungspunkt für die Goldgräber dar. Sutter versuchte, sich gegen diese menschliche Überflutung zu schützen, indem er beim Gouverneur um Schutz seines Besitzes nachsuchte und den Beamten bewies, daß er sein Territorium von den mexikanischen Vorbesitzern ordnungsgemäß erworben hatte. Sein Pech war, daß der neue amerikanische Gouverneur diesen Anspruch nicht anerkennen wollte, da dieser sich dessen bewußt war, daß die amerikanische Regierung Sutter aufgrund des Mangels an Exekutivkräften nicht schützen konnte. Das Recht der Besitzenden auf ihr Eigentum, ansonsten ein geheiligtes Dogma in den Staaten, wurde zumindest während dieser ersten "heißen" Phase des Goldrausches außer Kraft gesetzt. Den "Diggern" kam dieser anfänglich rechtlose Zustand natürlich entgegen, so daß sie sich zunächst ihre eigene Rechtsprechung und "Verwaltung" schufen. Besonders in den ersten beiden Jahren etablierte sich ein erstaunlich gut funktionierendes System einer Basisdemokratie. Wenn so viele Goldgräber in einem Bezirk versammelt waren, daß Probleme nicht mehr mittels mündlicher Absprachen geregelt werden konnten, kam man zu Versammlungen zusammen. Dort legte man zunächst die Grenzen des Bezirks fest, für den die Beschlüsse gelten sollten. Dann bestimmte man die Größe der einzelnen Claims, wie viele Claims ein Goldgräber besitzen durfte und andere Modalitäten. Gleichzeitig wurde ein "Beamter" für exekutive Aufgaben gewählt und die Strafen festgelegt, die bei Zuwiderhandlungen gelten sollten. Nicht immer gingen Konflikte friedlich aus, da praktisch jeder "Digger" bewaffnet und durchaus bereit war, seinem Recht mit der Waffe in der Hand Nachdruck zu verleihen. Als Strafen standen lediglich Prügel, die Ausweisung aus dem Gebiet oder der Tod zur Verfügung, da die Camps nicht über Gefängnisse verfügten. Diese rechtliche Situation dauerte nur bis ca. 1850, als Kalifornien die entprechende Bevölkerungszahl aufwies, um als neuer Staat in die amerikanische Konföderation aufgenommen zu werden.

    www.youtube.com/watch?v=lX-IHwJay3Q

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    Dienstag, 26. September 2023, 16:14

    The American Corner - Trumps Amtszeit als Präsident - eine wirtschaftliche Erfolgsbilanz ?

    Als die Präsidialadministration von Barack Obama bereits in ihren letzten Zügen lag, prophezeiten die meisten renommierten Wirtschaftsexperten für die darauffolgenden Jahre ein Wirtschaftswachstum in den USA von lediglich einem Prozent p.a. Die Ankündigung des großsprecherischen Donald Trump dagegen, ein neues amerikanisches Wirtschaftswunder zu schaffen, taten sie als pure Prahlerei ab. Viele Wirtschaftsexperten hatten sich in ihrer Vorstellung eingerichtet, daß mittel- bis langfristig kein stärkeres Wirtschaftswachstum mehr in den USA denkbar sei, bedingt durch eine alternde Bevölkerung, schrumpfende Produktionszuwächse und einen Mangel an technischen Innovationen.
    Die Realität belehrte sie eines besseren. Kurz vor dem Ausbruch von Covid lag das Wirtschaftswachstum in den USA bei über drei Prozent und damit deutlich höher, als es die "Fachleute" für möglich gehalten hatten. Auch die Arbeitslosenquote sank auf neue Tiefststände wie seit fünfzig Jahren nicht mehr, und die Inflation hielt sich gleichzeitig in sehr engen Grenzen. Im Jahre 2019, dem letzten vollen Wirtschaftsjahr vor der "Bekanntgabe" der Pandemie, waren die Beschäftigteneinkommen durch die Bank deutlich gestiegen, und hier besonders für die unteren Lohngruppen. Die zweifelsohne in den Vereinigten Staaten vorhandene Armut ging so stark zurück wie lange nicht. Die Vermutung, daß Donald Trump angesichts dieser erfreulichen Entwicklung ohne "den Fall Covid" seine Wiederwahl gewonnen hätte, ist also nicht allzu weit hergeholt.
    Was den Ausschlag für den Wirtschaftsboom unter der Präsidentschaft von Donald Trump gegeben hat, ist naturgemäß umstritten, denn Konjunkturzyklen in kapitalistischen Systemen halten sich in der Regel nicht an Legislaturperioden. So erntete mancher Präsident die Früchte, die sein Vorgänger den Amerikanern ins Nest gelegt hatte, oder wird im umgekehrten Fall für Einbrüche verantwortlich gemacht, die als Spätfolgen einer verfehlten Politik des oder der Amtsvorgänger anzusehen sind. Zwar hatte z.B. Barack Obama die "Zutaten" für eine Rezession übernommen, jedoch blieb diesmal die kraftvolle Erholung, die nach Wirtschaftskrisen sonst eingetreten war, aus. Ökonomen sahen das schwache Wachstum als unausweichlich an, wollte man an altgedienten Weisheiten festhalten. Eine dieser Weisheiten lautete, daß eine Erhöhung der Staatsdefizite und eine gleichzeitige Steuersenkung zwangsläufig die Anleihezinsen nach oben treiben würde. Diese Zinserhöhungen würden wiederum die wirtschaftliche Aufwärtsdynamik abwürgen, die eigentlich durch die Steuersenkungen entfacht werden sollte. In der Realität stiegen die Zinsen diesmal allerdings nicht, sondern fielen sogar.
    Die andere Vorstellung war, daß die amerikanische Wirtschaft bereits nahe an ihrer Kapazitätsgrenze produziere, weshalb ein Konjunkturprogramm aus Steuersenkungen und zusätzlichen Staatsausgaben letztlich in Inflation münden würde. Konsequenterweise wurde Trumps expansive Wirtschaftspolitik von der FED durch acht Leitzinzerhöhungen gebremst, die den Leitzins schließlich gegen Ende des Jahres 2018 auf 2,5 Prozent brachte. Mit ihren Inflationsbefürchtungen lagen die Zentralbanker der FED jedoch völlig falsch, denn diese zeigte sich stets niedriger als prophezeit. Auch zeigte sich der von Trump angezettelte Handelskrieg nicht in steigenden Inflationsraten und bremste auch die amerikanische Konjunktur nicht wesentlich. Letztendlich könnte die von den Ökomomen weitgehend ignorierte kraftvolle Deregulierung durch Trump wesentlich zum Wirtschaftswachstum während seiner Amtszeit geführt haben.
    Die Lehren für die darauffolgende Biden- Administration sind allerdings weniger eindeutig als gewünscht. Offenbar können sich die Vereinigten Staaten durchaus mehr Staatsschulden erlauben, als Ökonomen über lange Zeit vermutet haben. Doch irgendwann ist dennoch ein Limit erreicht, dessen Überschreiten gefährlich bleibt. Die FED sollte als Lehre aus der Amtszeit Trumps nicht eine derartige Furcht vor inflationären Tendenzen haben, sollte allerdings kommende Konjunkturprogramme sorgfältig analysierend begleiten. Und die Rückführung der deregulierenden Maßnahmen unter Trump, die die Biden- Administration eingeleitet hat, könnte sich unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten schneller als gedacht als Eigentor erweisen.

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    Mittwoch, 27. September 2023, 16:38

    The American Corner - Soziale Vorsorge in Amerika - anders als in Europa ?

    Traditionell war es in Amerika die Angelegenheit von privaten Wohlfahrtsorganisationen sowie den Kommunen, sozial Bedürftigen zu helfen. Neu angekommene Einwanderer mußten dagegen bis in die frühen 1930er Jahre in erster Linie darauf vertrauen, daß sie genügend eigene Ersparnisse zur Verfügung hatten oder daß ihnen Landsleute aus der alten Heimat mit Rat und Tat zur Seite standen. Bereits im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert hatten einige europäische Staaten erste Sozialprogramme eingeführt, so z.B. das Deutsche Reich. Derartige Ansätze galten in den USA dagegen als "unamerikanisch", da im Verlauf der Industrialisierung der Vereinigten Staaten und durch das im großen Umfang vorhandene Ackerland die Überzeugung verbreitet war, daß jeder, der arbeiten wollte, auch Arbeit bekäme und sich so selbst materiell über Wasser halten könne.
    Die Weltwirtschaftkrise von 1929 zerstörte dieses amerikanische Grundvertrauen nachhaltig. Erstmalig in der amerikanischen Geschichte waren zahlreiche Bürger dieses Landes arbeitslos, und dies über Jahre. Nur wenige Tage nach seinem Amtsantritt schlug Präsident Roosevelt dem Kongreß ein Programm zur Neubelebung der Wirtschaft und eine Gesetzesreform vor. Bei der Mehrzahl dieser Programme handelte es sich um zeitlich begrenzte Hilfsmaßnahmen, doch eines dieser Programme, die Sozialversicherung (Social Security) wurde zu einer bleibenden amerikanischen Institution. Hierbei erfolgten Lohnabzüge, mit denen (meist kleine) Renten sowie die Arbeitslosenversicherung und die Erwerbsunfähigkeitsversicherung finanziert wurden.
    Seit einigen Jahren wird nun befürchtet, daß die amerikanische Sozialversicherung im fortschreitenden 21. Jahrhundert nicht mehr genügend Zuflüsse haben wird, um ihre Aufgaben im vollen Umfang wahrzunehmen, denn auch die Gesellschaft der USA überaltert zunehmend, so daß sich immer größere Defizite aufbauen.
    In den Jahren nach Roosevelts Amtszeit haben weitere US- Präsidenten, vor allem Lyndon B. Johnson, Sozialhilfeprogramme eingeführt. Dazu gehören auch "Medicaid" und "Medicare", aber auch das Ernährungsprogramm in der Form von Lebensmittelmarken (Food Stamp Program), um eine ausreichende und annähernd gesunde Ernährung einkommensschwacher Familien zu gewährleisten. Hinzu kommt der mit staatlichen Mitteln geförderte soziale Wohnungsbau (Public Housing).
    Im Jahre 2009 lag die Armutsgrenze in den USA für eine vierköpfige Familie bei einem Jahreseinkommen unterhalb von 21.954,- Dollar, was auf 11,1 % aller Familien zutraf. Im gleichen Jahr lebten 43,6 Millionen Amerikaner unterhalb der offiziellen Armutsgrenze, was einer Armutsquote von 14,3 % entspricht.
    Zusätzlich zu den bereits erwähnten sozialen Leistungen erhalten viele Familien, die unterhalb der Armutsgrenze leben, Sozialhilfe (Welfare Payments), um die Kosten für ihre Ernährung sowie Kleidung und Miete begleichen zu können. Die häufigste Form der Sozialhilfe war die Leistung im Rahmen der Familienbeihilfe (Aid to Families with Dependent Children- AFDC). Ursprünglich war AFDC lediglich als Unterstützung für minderjährige Halbwaisen gedacht, entwickelte sich jedoch in der Folgezeit zur Haupteinnahmequelle für Millionen von einkommenschwachen amerikanischen Familien. Der Vorwurf, daß Sozialhilfeprogramme dieser Art die Armen in einer Art Abhängigkeit mit Gewöhnungseffekten führe, führte im Jahre 1996 dazu, daß bestimmte Regierungsprogramme neu konzipiert wurden. So ersetzte ein neues Sozialhilfeprogramm die Bundeshilfe AFDC durch Hilfsprogramme der Einzelstaaten, die aus Zuschüssen des Bundes finanziert werden. Dieses TANF (Temporary Assistance for Needy Families) beschränkt zudem Sozialhilfezahlungen auf fünf Jahre und fordert, daß alle gesundenen Erwachsenen nach spätestens zwei Jahren Sozialhilfebezug eine Arbeit antreten. Darüber hinaus streicht TANF die Sozialhilfe für legale Einwanderer, die sich nicht einbürgern lassen wollen, und beschränkt die Ernährungsbeihilfe auf drei Monate, wenn die Antragssteller sich nicht um eine Arbeit bemühen. Im Jahre 2008 haben über fünfzig Millionen Amerikaner über 614 Milliarden Dollar an Sozialleistungen bezogen. Die Kosten für sämtliche Hilfsprogramme der Bundesregierung, einschließlich Sozialversicherung, Medicare, Medicaid und weiterer Sozialhilfeprogramme, belaufen sich in diesem Zeitrahmen auf fast die Hälfte der Gesamtausgaben der Regierung; das ist doppelt soviel wie noch in den 60er Jahren.
    Hilfsbedürftige Amerikaner können sich aber nicht nur bei staatlichen Einrichtungen, sondern auch bei anderen Stellen um Unterstützung bemühen. Es gibt ein breites Spektrum an privaten Wohlfahrtsverbänden und ehrenamtlichen Hilfsorganisationen. Darüber hinaus nimmt das ehrenamtliche Engagement in den USA insbesondere unter Pensionären immer weiter zu. Geschätzt wird, daß fast fünfzig Prozent (!) aller Amerikaner eine ehrenamtliche Tätigkeit ausüben und fast 75 Prozent aller Haushalte mehr oder weniger regelmäßig Geld für wohltätige Zwecke spenden.

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    Donnerstag, 28. September 2023, 16:26

    The American Corner - Wie Amerikaner in Deutschland ihren Urlaub verleben

    Kommen Urlauber aus den USA nach Deutschland, haben sie oft den in den Staaten sehr populären Reiseführer von Rick Steves im Gepäck. Amerikas bekanntester Reiseautor kennt den "Kulturschock" den manche seiner Landsleute in der Bundesrepublik erleben, und benennt unverblümt typisch deutsche Eigenheiten. Der Wegfall der Corona- Restriktionen und die relative Schwäche des Euro machten Deutschland für reisende Amerikaner wieder attraktiver, sofern die Kasse stimmt und ein entsprechendes Zeitbudget vorhanden ist. Auch Rick Steves, der populärste Reiseautor der USA, war wieder u.a. in Deutschland, drehte hier Reisefilme, recherchiert laufend für seinen mehr als tausendseitigen (!) Deutschland- Reiseführer und freut sich nach all den Beschränkungen wieder, durch Europa reisen zu können. Nachstehend wird daher ein gekürztes Interview wiedergegeben, das Steves kürzlich in Deutschland gab.
    I: Amerikaner kommen in letzter Zeit wieder verstärkt nach Deutschland. Was suchen amerikanische Touristen hier ?
    S: Eine Mischung aus Bestätigung und Überraschung. Bestätigung, daß es genauso ist, wie man es sich vorstellt, die Biergärten, Vater Rhein, die Schwarzwälder Kirschtorte. Dann die Überraschung, die in keinem Reiseführer steht: ein Straßenmusikfestival in einer Kleinstadt, die Sitten in einem Weinlokal, der Besuch eines Wellnessbereichs in einem deutschen Hotel. Alles neu, alles spannend ! Am besten ist es, wenn man beide Welten vereint: erst fährt man nach Neuschwanstein, aber dann geht man 10 km vom Schloß entfernt in ein Wirtshaus, in dem keine Amerikaner oder Japaner sitzen.
    I: Auch wenn die Zahl amerikanischer Europabesucher derzeit wieder steigt: Ihre Landsleute sind generell zurückhaltend, wenn es um Reisen außerhalb der USA geht. Wieso ?
    S: Viele sind überzeugt, daß wir ohnehin alles bei uns haben: tropische Strände, arktische Eiswüsten, tolle Millionenstädte, einsame Seen und Wälder. Warum also wegfahren ? Aber ich denke, es spielt auch eine große Furcht vor dem Unbekannten mit. Eine andere Sprache, andere Sitten und Gebräuche, anderes Geld. Das ist eben anstrengender als ein Urlaub in einem Vergnügungspark in Orlando. Und gefährlicher. Die Nachrichtensendungen in den USA haben sich in den letzten Jahrzehnten immer mehr zu "Unterhaltungsprogrammen" entwickelt, die davon leben, Angst zu erzeugen: Angst vor möglichen Terroranschlägen, Kriminalität, Katastrophen aller Art. Für manche ist das ein Grund, lieber nicht nach Übersee zu reisen.
    I: Reisen Amerikaner anders ?
    S: Wir in den Vereinigten Staaten haben den kürzesten Urlaub in der westlichen Welt. Wenn wir dann "Europa machen", gibt es diese Bucket List, die wir mehr oder weniger hektisch abarbeiten: am Dienstag Bayern, am Mittwoch Berlin, am Donnerstag dann schon nach Paris. Es gibt einen Grund, warum wir kein Wort für den deutschen Begriff "Gemütlichkeit" besitzen. Wir Amerikaner sind nicht gemütlich. Dieses "Sichnichteinlassen" führt oft dazu, daß wir Amerikaner Außenstehenden gegenüber oft irgendwie fremd bleiben.
    I: Was ist ein typisch amerikanischer Fauxpas in Deutschland ?
    S: Zu Hause recken wir einen Zeigefinger, wenn wir ein Bier bestellen wollen. In Deutschland, wo das Zählen mit dem Daumen beginnt, wird das nicht selten anders gesehen, und schon stehen zwei Biergläser vor einem. Zum Glück ein lösbares Problem !
    I: An was kann man sich nicht gewöhnen, wenn man als amerikanischer Tourist hier unterwegs ist ?
    S: Was wir komisch finden, ist, daß die Leute in Deutschland weißen Spargel gerne essen, während das in den USA eher als Kuriosität gilt.Verwirrend ist die Etagenzählung: was wir in den USA als First Floor kennen, ist in Deutschland oft das Erdgeschoß. Ich glaube, es gibt keinen Amerikaner, der hier nicht irgendwann mal im falschen Stockwerk stand. Sehr schnell gewöhnen sich meine Landsleute dagegen daran, daß es auf deutschen Autobahnen oft kein Tempolimit gibt. Wenn sie dann in die USA zurückkommen, neigen sie zum Rasen.
    I: Was überrascht US- Touristen in Deutschland am meisten ?
    S: Sie staunen über die starke Verwurzelung der Europäer. Über dieses Gefühl, das das deutsche Wort "Heimat" beinhaltet. Da spielen Stolz, ein gewisses Aufgehobensein und auch Bewußtsein mit, daß man für den Ort, an dem man geboren oder aufgewachsen ist, eine Verantwortung und Verbundenheit fühlt. Das alles führt zu einer Art Kulturschock. Den finde ich aber sehr wichtig, sehr heilsam und bereichernd. Das Reisen kann ein Spielplatz sein, eine Schule oder eine Kirche. Meiner Meinung nach sollte es eine Mischung all dieser Komponenten sein.
    I: Welche Veränderungen nehmen Sie über die vergangenen 40 Jahre in Deutschland wahr ?
    S: Das klingt etwas abstrakt, aber es sind die Skaleneffekte: Große Ketten verdrängen kleine Familienbetriebe. Das ist so bei Handwerksbetrieben, Cafés, in den Innenstädten. Ich fürchte sehr, das Corona eher das kleine Wirtshaus in den Ruin getrieben hat als eine Fast Food- Kette. Die Einstellung gerät ins Hintertreffen, daß eine Gemeinschaft viel mehr ist als ein Umfeld, in dem große Firmen Geld machen können. Die regionalen Eigenheiten, die lokalen Dialekte, die skurrilen Unterschiede, all das ist leider sehr auf dem Rückzug. Ich bin ein Kapitalist, aber Kapitalismus braucht einen Schiedsrichter, um ihn zu einem guten System zu machen.
    I: Klingt nicht wie der typische Amerikaner.
    S: Wie klingt ein typischer Amerikaner ? So vielleicht: "Ich liebe Amerika, und der schönste Moment meiner Reise ist, wenn ich wieder zuhause bin ?!" Viele meiner Landsleute glauben, unser Land sei das beste, das bedeutendste, das einzig wahre. Das Interessante daran ist, daß Menschen in Thailand oder Wales oder Thüringen ihr Land genauso sehen. Ich möchte erreichen, daß Amerikaner erfahren, daß man Dinge auch anders machen kann. Ob das der Umgang miteinander ist, der Blick auf Nacktheit, auf die Geschichte, auf Drogen, auf Waffenbesitz oder Religion. Das beste Souvenir ist immer der Erkenntnisgewinn.
    I: Was ist ihre größte Herausforderung dabei, Amerikanern Europa zu vermitteln ?
    S: Die Geschichte. Alles in Europa hat einen Grund und einen Hintergrund. Sich nicht mit der Geschichte des Landes zu befassen, das man besucht, ist in etwa so, wie wenn man in einen 3 D- Film geht, aber ohne die entsprechende Brille. Leute, die immer nur dem Guide hinterherlaufen und keine Ahnung haben, was sie da sehen, verpassen alles. Sie sind die Schafe des Tourismus. Sie sind wie Kinder, die in der schönsten Bibliothek der Welt stehen, aber nicht lesen können.
    I: Welche Erfahrungen in Deutschland haben Sie beeindruckt ?
    S: Ich könnte hier Hunderte erwähnen, aber erzähle nur von einigen: Da ist die Klavierfabrik Sauter im Schwarzwald, für mich ein Symbol für das, was ich an Deutschland so liebe, diese Leidenschaft für hervorragendes Handwerk. Ich habe sogar ein Klavier dort gekauft ! Dann ein Besuch auf Burg Eltz am Rhein. Die ist seit ihrem Bau ununterbrochen im Besitz derselben Familie. Man spürt dort den Stolz auf die eigene Geschichte.
    I: Sie sehen sich eher als Erzieher denn als Beschreiber, oder ?
    S: Reisen ist ein politischer Akt. Das Kennenlernen anderer Länder, Kulturen und Menschen ist der wichtigste Schritt zum Verständnis, daß es Milliarden unterschiedliche Ansätze gibt, sein Leben zu leben. So macht Deutschland vieles besser als Amerika, und Amerika macht anderes besser als Deutschland. Das Wichtigste ist, daß wir offen füreinander bleiben.

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    Samstag, 30. September 2023, 15:45

    The American Corner - Über aktuelle Reisen in die USA

    Die gute Nachricht vorweg: Corona- Restriktionen sind bei einer Einreise in die USA bereits seit 12. Mai nicht mehr zu befürchten. Die bislang geltenden Vorschriften wurden vollständig aufgehoben. Auch haben alle großen Fluglinien wie American Airlines, United Airlines und Delta Air Lines sowie die nationale Bahngesellschaft Amtrak die Maskenpflicht komplett aufgehoben.
    Deutsche Staatsangehörige können nach dem sogenannten "Visa Waiver Program" in die USA einreisen und benötigen für einen Aufenthalt von bis zu 90 Tagen kein Visum. Erforderlich ist dagegen ein elektronischer Reisepaß, eine Regelung, die auch für Kinder gilt. Dieses Dokument muß für die gesamte Aufenthaltsdauer gültig sein. Personen, die noch keinen elektronischen Reisepaß besitzen, z.B. einen vorläufigen Reisepaß oder einen Kinderreisepaß, benötigen dagegen für die Einreise in die USA ein Visum. Reisende, die das "Visa Waiver Program" nutzen, müssen die elektronische Reisegenehmigung ESTA beantragen. Die entsprechende Registrierung kostet aktuell 21,- Dollar und muß für jede einreisende Person, also auch für Kinder, einzeln durchgeführt werden. Die Bezahlung ist per Kreditkarte oder mit Paypal möglich. Seit Juni 2023 ist die Beantragung der Einreiseerlaubnis vereinfacht worden, so daß ein Antrag auch über das Smartphone mit der ESTA Mobile App gestellt werden kann.
    Besonders zu beachten ist, daß Reisende, die sich nach dem 11. Januar 2021 in Kuba aufgehalten haben, nicht über das ESTA- Verfahren in die USA einreisen können und stattdessen stets ein Visum beantragen müssen. Außerdem sollten sie in der Lage sein, auf Verlangen der amerikanischen Behörden Belege zu ihrem Kuba- Aufenthalt vorweisen zu können. In Frage kommen z.B. Buchungsbestätigungen, Hotelrechnungen oder Mietwagenverträge.
    Für Minderjährige, die allein, mit nur einem Elternteil oder mit einer dritten Person in die USA einreisen, sollten Nachweise über das Sorgerecht bzw. eine schriftliche Einverständniserklärung der Erziehungsberechtigeten in englischer Sprache bereitgehalten werden.

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    Sonntag, 1. Oktober 2023, 16:30

    The American Corner - Anbaggern auf vier Rädern. Über Cruise Nights in den 50er bis 70er Jahren

    Nach dem Zweiten Weltkrieg hatten die Vereinigten Staaten einen enormen wirtschaftlichen Wachstumsschub und obendrein den sogenannten "Babyboom" erlebt, so daß in den frühen 60er Jahren Millionen amerikanischer Teenager zwar offiziell noch keinen Alkohol konsumieren, dafür aber bereits ein Auto fahren durften. Gerade einmal sechzehn Jahre alt mußte man sein, um einen PKW fahren zu dürfen. Nach einer recht überschaubaren Prüfung durfte man dann fahren, was die meist elterliche Geldbörse hergab. Auf diese Weise wurde die "Driving License" zum begleitenden Dokument beim Übergang von der Kindheit in die Welt der Erwachsenen, und weil viele amerikanische Familienväter in diesem Zeitrahmen ihre alten Karossen gegen neue Limousinen tauschten, war der Gebrauchtwagenmarkt randvoll mit relativ preisgünstigen Hubraum- Riesen, auf die sich nun die amerikanischen Teenager stürzten. Schon bald wimmelte es auf der Straße von jungen Fahrern, die sich mit acht Zylindern unter der Haube der elterlichen Kontrolle entzogen.
    Nahezu jeder Teenager in den USA durchlebte zwischen den 50er und späten 70er Jahren seine persönliche "Cruise Night"- Phase. Wobei das eigentliche Phänomen deutlich älter ist, denn bereits 1909 galt z.B. die Woodward Avenue in Detroit als beliebter Versammlungsort der "Petrolheads", doch erst nach dem Zweiten Weltkrieg sprang der Funke dann auch auf die amerikanische Jugend über. Und dies ursprünglich in Südkalifornien, wo Jugendliche oft mexikanischer Herkunft ihre umgebauten Fahrzeuge benutzten, um bei den Mädchen Punkte zu sammeln. Das machte schnell Schule, und so entwickelte sich die hubraumstarke "Balz" schnell zu einer Konstante der amerikanischen Jugendkultur. Die "Cruise Night" entwickelte sich zu einem regelrechten Ritual mit hohen Teilnehmerzahlen, für die dem Nachwuchs nicht selten die "Main Street" zur Verfügung stand. Und so rollten an den Wochenenden in nahezu fast jeder größeren amerikanischen Stadt ganze Wagenladungen von Teenagern von Ampel zu Ampel, steuerten die angesagtesten Treffpunkte an, hörten im Radio die interessantesten Programme und rauchten ihre ersten Zigaretten.
    Schließlich registrierten auch die Autohersteller, daß dieser Zeitvertreib mehr war als nur ein vorübergehendes Phänomen. Mit frisierten Autos über die Straßen zu fahren, hatte sich längst zu einer nationalen Leidenschaft entwickelt, was für die Arbeiterkinder mit ihren "Muscle Cars" ebenso galt wie für die Upperclass- Kids mit ihren schicken Coupés und Sportwagen. Die Hersteller griffen diesen Megatrend auf und stellten die dazu passenden Fahrzeuge auf die Räder, so anfänglich im Jahre 1964 den Ford Mustang, gefolgt von weiteren Modellen wie GTO, Camaro und vielen anderen. Der größere Teil der Zielgruppe blieb vor allem aus Kostengründen zunächst jedoch noch bei Gebrauchtfahrzeugen, die auch deshalb recht beliebt waren, weil dort mehr Leute hineinpaßten als in die enggeschnittenen Sportwagen. Außerdem boten die geräumigen Sitzlandschaften dieser "Street Cruiser" auch für Petting und ähnliche Aktionen deutlich mehr Raum: "Heaven´s in the backseat of my Cadillac, let me take you there, yeah, yeah...". Wer allerdings noch auf der Suche nach einer Partnerin war, mußte die Straße halt weiterhin als potentielle Kontaktbörse nutzen. Dann reichte manchmal nur ein kurzer Wink, und man fuhr gemeinsam auf den Parkplatz des nächsten Diners, um sich bei Coke und Cheeseburger näherzukommen. Dort kurvten nicht selten Bedienungen auf Roller Skates zwischen den geparkten Karossen hin und her, um ihre Tabletts von außen in die heruntergekurbelten Seitenfenster zu hängen. Oft war der Platz erfüllt von dem Geplärre der Autoradios, Bierdosen machten heimlich die Runde, und auf manchem Parkplatz entwickelte sich eine kleine Spontan- Party.
    Mit der Zeit kristallisierten sich Hot- Spots heraus, vor allem in Kalifornien wie der Colorado Boulevard in Pasadena, der Van Nuy Boulevard in Van Nuys oder die McHenry Avenue in Modesto, auf der z.B. George Lucas in den frühen 60ern einen Teil seiner Jugend verbrachte. Diese Erlebnisse setzte er dann im Jahre 1973 als blutjunger Nachwuchs- Regisseur mit dem Film "American Graffiti" grandios in Szene. Die Low Budget- Komödie spielte über 120 Millionen Dollar ein und erzählt die Geschichte einer Teenager- Clique, die zum Ende ihrer Schulzeit im Sommer 1962 ihre letzte gemeinsame "Cruise Night" verbringt. Erfolgreich wurde "American Graffiti" damals vor allem deshalb, weil sich halb Amerika in dem Film wiedererkannte. Nachwuchsschauspieler wie Richard Dreyfuss, Harrison Ford, Ron Howard, Charles Martin Smith oder Kathleen Quinlan begründeten mit diesem Film ihren späteren Ruhm.
    Heutzutage sind in den meisten amerikanischen Bundesstaaten nicht zuletzt aufgrund vieler Beschwerden von Anwohnern "Cruise Nights" kein Thema mehr, da vielerorts das Führerscheinmindestalter auf achtzehn Jahre angehoben wurde und auch die goldenen Jahre historisch niedriger Benzinpreise in den USA schon lange Geschichte sind. Darüber hinaus ist das generelle Interesse der Jugendlichen an derartigen "Freizeitaktivitäten" merklich zurückgegangen. Wo es früher hieß: Chevrolet oder Ford, heißt es heute: Apple oder Android.

    www.youtube.com/watch?v=OZ9Gp6Qc8LQ

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    Montag, 2. Oktober 2023, 16:38

    The American Corner - 1967: The Summer of Love - lediglich ein Mythos ?

    Spätestens im Jahre 1967 zerbrach in den Vereinigten Staaten der liberale Nachkriegskonsens. Dieser beruhte u.a. auf einem robusten außenpolitischen Antikommunismus und vor allem auf einer unglaublichen Prosperität des Landes im Zuge des wirtschaftlichen Booms nach dem Zweiten Weltkrieg. Damit verbunden waren vor allem die Ausweitung von Sozialprogrammen, aber auch die wachsende politische Partizipation vor allem der "People of Color". Denn die staatlich verordnete Rassentrennung sowie der weitgehend legale Ausschluß vieler Schwarzer vom Wahlrecht in den Südstaaten wurden mit den Bürgerrechtsgesetzen von 1964/65 weitgehend aufgehoben. Dieser gesellschaftliche Fortschritt zersplitterte im Jahre 1967, vor allem nachdem sich zeigte, daß die rechtliche Gleichstellung der Schwarzen nicht gleichzeitig einen Abbau der wirtschaftlichen Ungleichheiten nach sich zog. So kam es im Juli 1967 in vielen innerstädtischen überwiegend von Schwarzen bewohnten "hoods" , so z.B. in Newark und Detroit, zu massiven Krawallen, die nur zum Teil auf vorausgeganene Polizeigewalt zurückzuführen waren.
    Auch der Krieg der USA in Vietnam wurde von Teilen der amerikanischen Gesellschaft zunehmend angeprangert und wurde spätestens im Herbst 1967 zum dominierenden innenpolitischen Thema. Einen ersten symbolträchtigen Höhepunkt erreichten die Proteste im Oktober 1967, als Demonstranten mit dem sog. "March on the Pentagon" das Verteidigungsministerium in Washington belagerten. Daraufhin rief Präsident Lyndon B. Johnson Anfang November Staatsmänner und Berater zu einem Geheimtreffen zusammen, um Strategien zu entwickeln, die zu einer stärkeren Akzeptanz des Kriegs in Vietnam seitens der amerikanischen Bevölkerung führen könnten. Obwohl OB General William Westmoreland von militärischen Fortschritten berichtete, trennte sich Johnson Ende November von Verteidigungsminister Robert McNamara, der zwar zu den politischen "Architekten" des Vietnamkriegs gehört hatte, aber nun ein Ende der Flächenbombardierungen forderte.
    Zusammengenommen offenbarten sich 1967 tiefe Risse im politischen und sozialen Gefüge der USA, indem zahlreiche bisher übermäntelte Konflikte zum Ausbruch kamen, so über die Rassenfrage, Forderungen nach mehr sozialer Gerechtigkeit, Frauenrechte, die Infragestellung der überkommenen amerikanischen Werte und ganz besonders über Vietnam. Programmatisch dafür war die Rede eines der prominentesten Vertreter der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, Martin Luther King, in der Riverside Church in New York im April 1967. In dieser Rede brach er endgültig sein langes Schweigen über Vietnam und redete Nation und Politik nachdrücklich ins Gewissen. Irgendwann werde aus Schweigen Verrat ("A time comes when silence is betrayal"), und dieser Punkt sei im Hinblick auf Vietnam nun erreicht. Der Vietnam- Krieg sei deshalb so verhängnisvoll, weil er "Amerikas Seele vergifte". Bei seinem Publikum traf King zwar auf begeisterte Zustimmung, doch die breite amerikanische Öffentlichkeit reagierte eher ablehnend. Zwar nahm die liberale "New York Times" bereits seit einiger Zeit eine kritische Haltung zum Vietnamkrieg ein, kritisierte jedoch Kings rhetorische Verknüpfung des Konflikts in Indochina mit dem Kampf gegen Armut. Eine Vermengung der komplexen Problematik schade nur allen Seiten. Lyndon B. Johnson drückte sich noch deutlicher aus: King sei "ein naiver schwarzer Prediger, der von den Kommunisten reingelegt worden ist". Selbst einige afroamerikanische Zeitungen wie der "Pittsburg Courier" hielten die Rede Kings für einen schweren taktischen Fehler, weil sie das Bündnis mit Johnson untergrabe. Denn schließlich gab es auch Fortschritte in der Rassenemanzipation zu verzeichnen, indem immer mehr Schwarze den sozialen Aufstieg schafften und im Jahre 1966 mir Robert Weaver zum ersten Mal ein Schwarzer in das Kabinett Johnson berufen worden war. Doch während eine Reihe von Afroamerikanern tatsächlich den sozialen Aufstieg schafften, änderte dies wenig an der teils extremen Armut der überwiegenden Mehrheit der Schwarzen, die oft in den verwahrlosten Innenstädten ihr Dasein fristeten. Selbst in direkter Nachbarschaft des Capitols dehnten sich zu dieser Zeit schwarze Slums aus, eine für die Supermacht USA äußerst peinliche Situation. Dennoch beharte Martin Luther King darauf, daß eine Verbindung zwischen dem Vietnamkrieg, in dem überproportional viele afroamerikanische Soldaten starben, und dem kaum lösbaren Problem der Armut bestand. Diese Mahnungen fanden Bestätigung, als es im Sommer 1967 in zahlreichen Städten der USA zu blutigen Aufständen kam. Während King behaupete, daß diese "riots" Folge der sozialen Untätigkeit der Regierung seien, war Johnson empört über den "undankbaren Neger". In seiner Weihnachtspredigt von 1967, die, nachdem sich King zwischen alle Stühle gesetzt hatte, nur noch über den kanadischen Rundfunk ausgestrahlt wurde, sah er seine Visionen von 1963 ("I have a Dream") enttäuscht: "Ich sah, wie mein Traum sich in einen Alptraum verwandelt hatte".
    Das Jahr 1967 war ein Wendepunkt in der Geschichte der Vereinigten Staaten, obwohl ihm die ganz große ereignisgeschichtliche Dramatik und die Dichte der Erzählungen fehlte. Dazu trug nicht zuletzt bei, daß 1967 in Amerika kein Wahljahr war. Doch die Kette der Ereignisse, die dann zur "konservativen Wende" und zur Wahl Richard Nixons führte, begann bereits im Frühjahr 1967, als Martin Luther King seine "Riverside Church Speech" verfaßte und im Herbst dieses Jahres George Wallace zum konservativen Gegenschlag ausholte. Gleichzeitig fanden im Sommer 1967 mit der hemmungslosen Kommerzialisierung der "counter culture", der Epidemie sexueller Gewalt in San Francisco sowie mit den Konfrontationen in brennenden Armenvierteln gleich mehrere amerikanische Traume ein jähes Ende. Zwar kollabierte das konsensliberale Haus erst im Jahre 1968, doch deutliche Risse in der Fassade dieses Gebäudes waren bereits 1967 überdeutlich sichtbar. geworden.

    www.youtube.com/watch?v=xH-x7uGSDZM

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    Dienstag, 3. Oktober 2023, 01:05

    RE: The American Corner - Soziale Vorsorge in Amerika - anders als in Europa ?

    Ich verdiente zwischen April 2007 und April 2008 ein Jahresgesamtnetto von $ 17.400 bei einer Warmmiete von annaehernd $ 900.

    Wie sich eine vierkoepfige Familie mit Auto von $ 21.954 ernaehren will, ist mir ein absolutes Raetsel!










    2006 gab es 10 Monate lang Ueberstunden im Call Center und ich arbeitete 6 Tage pro Woche, dadurch verdiente ich $ 1.950 netto pro Monat statt wie vorher und nachher $ 1.450. Und mit $ 1.950 netto monatlich kann man auskommen, trotz Auto.

    Viele KollegInnen im Call Center lebten deshalb noch bei ihren Eltern, denn fuer Miete reichte das Einkommen nicht.
    Im Jahre 2009 lag die Armutsgrenze in den USA für eine vierköpfige Familie bei einem Jahreseinkommen unterhalb von 21.954,- Dollar, was auf 11,1 % aller Familien zutraf. Im gleichen Jahr lebten 43,6 Millionen Amerikaner unterhalb der offiziellen Armutsgrenze, was einer Armutsquote von 14,3 % entspricht.
    Zusätzlich zu den bereits erwähnten sozialen Leistungen erhalten viele Familien, die unterhalb der Armutsgrenze leben, Sozialhilfe (Welfare Payments), um die Kosten für ihre Ernährung sowie Kleidung und Miete begleichen zu können. Die häufigste Form der Sozialhilfe war die Leistung im Rahmen der Familienbeihilfe (Aid to Families with Dependent Children- AFDC). Ursprünglich war AFDC lediglich als Unterstützung für minderjährige Halbwaisen gedacht, entwickelte sich jedoch in der Folgezeit zur Haupteinnahmequelle für Millionen von einkommenschwachen amerikanischen Familien. Der Vorwurf, daß Sozialhilfeprogramme dieser Art die Armen in einer Art Abhängigkeit mit Gewöhnungseffekten führe, führte im Jahre 1996 dazu, daß bestimmte Regierungsprogramme neu konzipiert wurden. So ersetzte ein neues Sozialhilfeprogramm die Bundeshilfe AFDC durch Hilfsprogramme der Einzelstaaten, die aus Zuschüssen des Bundes finanziert werden. Dieses TANF (Temporary Assistance for Needy Families) beschränkt zudem Sozialhilfezahlungen auf fünf Jahre und fordert, daß alle gesundenen Erwachsenen nach spätestens zwei Jahren Sozialhilfebezug eine Arbeit antreten. Darüber hinaus streicht TANF die Sozialhilfe für legale Einwanderer, die sich nicht einbürgern lassen wollen, und beschränkt die Ernährungsbeihilfe auf drei Monate, wenn die Antragssteller sich nicht um eine Arbeit bemühen. Im Jahre 2008 haben über fünfzig Millionen Amerikaner über 614 Milliarden Dollar an Sozialleistungen bezogen. Die Kosten für sämtliche Hilfsprogramme der Bundesregierung, einschließlich Sozialversicherung, Medicare, Medicaid und weiterer Sozialhilfeprogramme, belaufen sich in diesem Zeitrahmen auf fast die Hälfte der Gesamtausgaben der Regierung; das ist doppelt soviel wie noch in den 60er Jahren.
    Hilfsbedürftige Amerikaner können sich aber nicht nur bei staatlichen Einrichtungen, sondern auch bei anderen Stellen um Unterstützung bemühen. Es gibt ein breites Spektrum an privaten Wohlfahrtsverbänden und ehrenamtlichen Hilfsorganisationen. Darüber hinaus nimmt das ehrenamtliche Engagement in den USA insbesondere unter Pensionären immer weiter zu. Geschätzt wird, daß fast fünfzig Prozent (!) aller Amerikaner eine ehrenamtliche Tätigkeit ausüben und fast 75 Prozent aller Haushalte mehr oder weniger regelmäßig Geld für wohltätige Zwecke spenden.

    515

    Dienstag, 3. Oktober 2023, 15:33

    RE: RE: The American Corner - Soziale Vorsorge in Amerika - anders als in Europa ?

    Ich verdiente zwischen April 2007 und April 2008 ein Jahresgesamtnetto von $ 17.400 bei einer Warmmiete von annaehernd $ 900.

    Wie sich eine vierkoepfige Familie mit Auto von $ 21.954 ernaehren will, ist mir ein absolutes Raetsel!










    2006 gab es 10 Monate lang Ueberstunden im Call Center und ich arbeitete 6 Tage pro Woche, dadurch verdiente ich $ 1.950 netto pro Monat statt wie vorher und nachher $ 1.450. Und mit $ 1.950 netto monatlich kann man auskommen, trotz Auto.

    Viele KollegInnen im Call Center lebten deshalb noch bei ihren Eltern, denn fuer Miete reichte das Einkommen nicht.
    Im Jahre 2009 lag die Armutsgrenze in den USA für eine vierköpfige Familie bei einem Jahreseinkommen unterhalb von 21.954,- Dollar, was auf 11,1 % aller Familien zutraf. Im gleichen Jahr lebten 43,6 Millionen Amerikaner unterhalb der offiziellen Armutsgrenze, was einer Armutsquote von 14,3 % entspricht.
    Zusätzlich zu den bereits erwähnten sozialen Leistungen erhalten viele Familien, die unterhalb der Armutsgrenze leben, Sozialhilfe (Welfare Payments), um die Kosten für ihre Ernährung sowie Kleidung und Miete begleichen zu können. Die häufigste Form der Sozialhilfe war die Leistung im Rahmen der Familienbeihilfe (Aid to Families with Dependent Children- AFDC). Ursprünglich war AFDC lediglich als Unterstützung für minderjährige Halbwaisen gedacht, entwickelte sich jedoch in der Folgezeit zur Haupteinnahmequelle für Millionen von einkommenschwachen amerikanischen Familien. Der Vorwurf, daß Sozialhilfeprogramme dieser Art die Armen in einer Art Abhängigkeit mit Gewöhnungseffekten führe, führte im Jahre 1996 dazu, daß bestimmte Regierungsprogramme neu konzipiert wurden. So ersetzte ein neues Sozialhilfeprogramm die Bundeshilfe AFDC durch Hilfsprogramme der Einzelstaaten, die aus Zuschüssen des Bundes finanziert werden. Dieses TANF (Temporary Assistance for Needy Families) beschränkt zudem Sozialhilfezahlungen auf fünf Jahre und fordert, daß alle gesundenen Erwachsenen nach spätestens zwei Jahren Sozialhilfebezug eine Arbeit antreten. Darüber hinaus streicht TANF die Sozialhilfe für legale Einwanderer, die sich nicht einbürgern lassen wollen, und beschränkt die Ernährungsbeihilfe auf drei Monate, wenn die Antragssteller sich nicht um eine Arbeit bemühen. Im Jahre 2008 haben über fünfzig Millionen Amerikaner über 614 Milliarden Dollar an Sozialleistungen bezogen. Die Kosten für sämtliche Hilfsprogramme der Bundesregierung, einschließlich Sozialversicherung, Medicare, Medicaid und weiterer Sozialhilfeprogramme, belaufen sich in diesem Zeitrahmen auf fast die Hälfte der Gesamtausgaben der Regierung; das ist doppelt soviel wie noch in den 60er Jahren.
    Hilfsbedürftige Amerikaner können sich aber nicht nur bei staatlichen Einrichtungen, sondern auch bei anderen Stellen um Unterstützung bemühen. Es gibt ein breites Spektrum an privaten Wohlfahrtsverbänden und ehrenamtlichen Hilfsorganisationen. Darüber hinaus nimmt das ehrenamtliche Engagement in den USA insbesondere unter Pensionären immer weiter zu. Geschätzt wird, daß fast fünfzig Prozent (!) aller Amerikaner eine ehrenamtliche Tätigkeit ausüben und fast 75 Prozent aller Haushalte mehr oder weniger regelmäßig Geld für wohltätige Zwecke spenden.


    Was wir seit Jahrzehnten erleben, ist eine sukzessive Verarmung breiter Schichten der amerikanischen Gesellschaft. Hinzu kommt, daß das soziale Netz wesentlich weniger dicht genüpft ist als bei uns und eine "Eviction" bei nichtgezahlter Miete stets in Reichweite ist. Soweit mir bekannt ist, geht der Landlord mit seinem Titel einfach zum nächsten Sheriff´s Office, wo dann die weiteren Schritte eingeleitet werden (Festsetzung des Räumungstermins, Überwachung des Auszugs, evtl. Zwangsräumung). Derartige Verfahren laufen in den USA wohl wesentlich schneller als bei uns ab, woraus sich auch die verhältnismäßig hohe Zahl an Obdachlosen (Homeless People) erklärt, die dann meist in ihren fahrbaren Untersätzen nächtigen oder sogar dort wohnen.

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    Dienstag, 3. Oktober 2023, 16:17

    The American Corner - Über die Folgen der Atomtests in den USA

    Es mag makaber klingen, aber neben seinen Casinos hatte Nevada in den 50er Jahren noch eine weitere "Attraktion" zu bieten: Atombomben, die in der Wüste zur Explosion gebracht wurden, und dies mit gravierenden Folgen für die dortige Bevölkerung. Heute erscheint dies unvorstellbar, gehörte aber in den 50er/60er Jahren für viele Anwohner durchaus zur Lebensrealität. Nur ca. hundert Kilometer entfernt von dem legendären "Las Vegas Strip" fanden in der Wüste Nevadas zu dieser Zeit Atomwaffentests der US- Army statt, wobei die radioaktive Strahlung je nach Windlage oft hunderte oder sogar tausende Kilometer weit getragen wurde. Wie gefährlich diese für Anwohner und die zahlreichen Touristen sein konnte, erfuhren diese meist erst, als es bereits zu spät war.
    Denn das US- Militär wollte in der Zeit des Kalten Krieges die Auswirkungen der Atombomben auf zivile Einrichtungen näher erforschen und begann im Jahre 1951 mit dem Test von Atomwaffen in der Wüste von Nevada. Bis zum Jahre 1962 wurden dort oberirdische Tests durchgeführt, gefolgt von unterirdischen Versuchen. Ein stiller Zeitzeuge dieser Jahre ist heute die sogenannte "Doom Town", die mitten in der Wüste als Mahnmal erhalten geblieben ist.
    In jenen Jahren waren zwar die langfristigen Folgen radioaktiver Strahlung längst noch nicht so gut erforscht wie heute. Doch der amerikanischen Regierung war die Gefährlichkeit dieser Waffe durchaus bekannt und ließ die amerikanische Bevölkerung darüber dennoch weitgehend im Unklaren. Im Gegenteil veranstalteten Touristen als auch Einheimische damals sogenannte "Bomb Parties" und fuhren in die Wüste oder auf umliegende Anhöhen, um die Tests besser beobachten zu können. Dabei ging radioaktiver Niederschlag auf sie nieder, ebenso wie auf die Pflanzen der Region und auf das dort weidende Vieh. Heute haben viele der damaligen Teilnehmer an diesen Versuchen multiple Krebserkrankungen. So brachte die US- Army sogar Soldaten bis auf wenige Kilometer an die Explosionen heran, ohne daß diese über Schutzkleidung verfügt hätten oder entsprechend gewarnt worden wären. Gail Andress, ein Einwohner von Las Vegas, gab damals an, daß ihm versichert wurde, daß die Experimente völlig ungefährlich seien und er frühmorgens in die Wüste gefahren sei, um sich das Ereignis aus der Nähe anzuschauen.
    Auch Gem County in Idaho ist eine der nachweislich am stärksten verstrahlten Regionen der USA. Betroffene wie Jeff Reynolds haben allerdings bis heute keine Entschädigungen seitens der amerikanischen Regierung erhalten. Reynolds: "Ich bin ein Opfer meiner eigenen Regierung. Wir hatten, als ich Kind war, im Kalten Krieg so große Sorge, daß die Russen uns mit Atomwaffen auslöschen könnten. Dabei waren es am Ende unsere eigenen Leute, die uns getötet haben ". "Downwinders" werden die davon Betroffenen auch oft genannt, denn nicht selten wurden die radioaktiven Partikel der Atomtests durch den Wind in die umliegenden Regionen von Arizona, Nevada, New Mexico, Utah, Oregon, Washington und Idaho getragen. Um eine adäquate Entschädigung zu bekommen, lebt der Downwinder Reynolds aber derzeit im falschen Bundesstaat. Zwar haben in Nevada, Arizona und Utah Betroffene Zahlungen der Regierung erhalten, jedoch gingen in Idaho und weiteren Bundesstaaten die Klagenden bisher leer aus.
    Einige Schauspieler wie z.B. Steve McQueen oder John Wayne haben in den betroffenen Regionen einige ihrer Filme gedreht und starben an Krebs. Insesondere Steve McQueen, der viele Stunts selbst machte und zugleich starker Raucher war, inhalierte wohl nicht nur Nikotin, sondern auch den kontaminierten Wüstenstaub. Das Ergebnis war sowohl Lungenkrebs als auch der Befall diverser innerer Organe mit Tumoren.

    www.youtube.com/watch?v=wpp3SDCIq_A

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    Mittwoch, 4. Oktober 2023, 01:43

    RE: The American Corner - Wie Amerikaner in Deutschland ihren Urlaub verleben

    Bei uns in Worcester machte Barnes & Noble und unser einziges Multiplex Kino im ersten Pandemie Sommer dicht.
    Nun hat die zweitgroesste Stadt von Massachusetts (immerhin 206.000 Einwohner) keine Buchhandlung mehr. Mein Mann meinte gerade, Worcester sei nicht nur die zweitgroesste Stadt in Massachusetts, sondern auch in New England (das sind 6 Staaten).
    Ins Kino fahren wir nun jedesmal zur Blackstone Mall (das Multiplex lag 5 Minuten von uns entfernt), das sind 20 Minuten einfache Fahrt.


    An meinem Geburtstag im August gehen wir wegen der Hitze am liebsten zu Uno's, einem Italiener in downtown Worcester, der die Klimaanlage immer schoen kalt eingestellt hat. Es ist eine Restaurantkette, so wie der Olive Garden.
    Wie fast immer war es dort total leer, und wir witzelten herum, dass Uno wohl nur als Mafiafront dient, denn ohne Gaeste kann sich so ein grosses Lokal normalerweise nicht halten.
    In 17 Jahren gingen wir um die 30 Mal zu Uno's, manchmal mit Freunden, meist zu zweit, es war immer leer, egal auf welchen Wochentag mein Geburtstag fiel.
    Stimmt leider: Biergaerten und Cafés sucht man hier vergebens. Die wenigen privaten Café's, die sich hier ausser der Cheese Cake Factory (in der Natick Mall, 45 Minuten von uns entfernt) halten koennen, bieten nur sehr wenig Tortenauswahl an.
    Weihnachtsmaerkte gibt es auch nicht.
    Spargel mochte ich noch nie, weder weissen noch violetten.

    Vielen Dank fuer das Interview mit Rick Steves, er ist hier bekannt durch seine Reisefuehrer und seine DVD's.
    Kommen Urlauber aus den USA nach Deutschland, haben sie oft den in den Staaten sehr populären Reiseführer von Rick Steves im Gepäck. Amerikas bekanntester Reiseautor kennt den "Kulturschock" den manche seiner Landsleute in der Bundesrepublik erleben, und benennt unverblümt typisch deutsche Eigenheiten. Der Wegfall der Corona- Restriktionen und die relative Schwäche des Euro machten Deutschland für reisende Amerikaner wieder attraktiver, sofern die Kasse stimmt und ein entsprechendes Zeitbudget vorhanden ist. Auch Rick Steves, der populärste Reiseautor der USA, war wieder u.a. in Deutschland, drehte hier Reisefilme, recherchiert laufend für seinen mehr als tausendseitigen (!) Deutschland- Reiseführer und freut sich nach all den Beschränkungen wieder, durch Europa reisen zu können. Nachstehend wird daher ein gekürztes Interview wiedergegeben, das Steves kürzlich in Deutschland gab.
    I: Amerikaner kommen in letzter Zeit wieder verstärkt nach Deutschland. Was suchen amerikanische Touristen hier ?
    S: Eine Mischung aus Bestätigung und Überraschung. Bestätigung, daß es genauso ist, wie man es sich vorstellt, die Biergärten, Vater Rhein, die Schwarzwälder Kirschtorte. Dann die Überraschung, die in keinem Reiseführer steht: ein Straßenmusikfestival in einer Kleinstadt, die Sitten in einem Weinlokal, der Besuch eines Wellnessbereichs in einem deutschen Hotel. Alles neu, alles spannend ! Am besten ist es, wenn man beide Welten vereint: erst fährt man nach Neuschwanstein, aber dann geht man 10 km vom Schloß entfernt in ein Wirtshaus, in dem keine Amerikaner oder Japaner sitzen.
    I: Auch wenn die Zahl amerikanischer Europabesucher derzeit wieder steigt: Ihre Landsleute sind generell zurückhaltend, wenn es um Reisen außerhalb der USA geht. Wieso ?
    S: Viele sind überzeugt, daß wir ohnehin alles bei uns haben: tropische Strände, arktische Eiswüsten, tolle Millionenstädte, einsame Seen und Wälder. Warum also wegfahren ? Aber ich denke, es spielt auch eine große Furcht vor dem Unbekannten mit. Eine andere Sprache, andere Sitten und Gebräuche, anderes Geld. Das ist eben anstrengender als ein Urlaub in einem Vergnügungspark in Orlando. Und gefährlicher. Die Nachrichtensendungen in den USA haben sich in den letzten Jahrzehnten immer mehr zu "Unterhaltungsprogrammen" entwickelt, die davon leben, Angst zu erzeugen: Angst vor möglichen Terroranschlägen, Kriminalität, Katastrophen aller Art. Für manche ist das ein Grund, lieber nicht nach Übersee zu reisen.
    I: Reisen Amerikaner anders ?
    S: Wir in den Vereinigten Staaten haben den kürzesten Urlaub in der westlichen Welt. Wenn wir dann "Europa machen", gibt es diese Bucket List, die wir mehr oder weniger hektisch abarbeiten: am Dienstag Bayern, am Mittwoch Berlin, am Donnerstag dann schon nach Paris. Es gibt einen Grund, warum wir kein Wort für den deutschen Begriff "Gemütlichkeit" besitzen. Wir Amerikaner sind nicht gemütlich. Dieses "Sichnichteinlassen" führt oft dazu, daß wir Amerikaner Außenstehenden gegenüber oft irgendwie fremd bleiben.
    I: Was ist ein typisch amerikanischer Fauxpas in Deutschland ?
    S: Zu Hause recken wir einen Zeigefinger, wenn wir ein Bier bestellen wollen. In Deutschland, wo das Zählen mit dem Daumen beginnt, wird das nicht selten anders gesehen, und schon stehen zwei Biergläser vor einem. Zum Glück ein lösbares Problem !
    I: An was kann man sich nicht gewöhnen, wenn man als amerikanischer Tourist hier unterwegs ist ?
    S: Was wir komisch finden, ist, daß die Leute in Deutschland weißen Spargel gerne essen, während das in den USA eher als Kuriosität gilt.Verwirrend ist die Etagenzählung: was wir in den USA als First Floor kennen, ist in Deutschland oft das Erdgeschoß. Ich glaube, es gibt keinen Amerikaner, der hier nicht irgendwann mal im falschen Stockwerk stand. Sehr schnell gewöhnen sich meine Landsleute dagegen daran, daß es auf deutschen Autobahnen oft kein Tempolimit gibt. Wenn sie dann in die USA zurückkommen, neigen sie zum Rasen.
    I: Was überrascht US- Touristen in Deutschland am meisten ?
    S: Sie staunen über die starke Verwurzelung der Europäer. Über dieses Gefühl, das das deutsche Wort "Heimat" beinhaltet. Da spielen Stolz, ein gewisses Aufgehobensein und auch Bewußtsein mit, daß man für den Ort, an dem man geboren oder aufgewachsen ist, eine Verantwortung und Verbundenheit fühlt. Das alles führt zu einer Art Kulturschock. Den finde ich aber sehr wichtig, sehr heilsam und bereichernd. Das Reisen kann ein Spielplatz sein, eine Schule oder eine Kirche. Meiner Meinung nach sollte es eine Mischung all dieser Komponenten sein.
    I: Welche Veränderungen nehmen Sie über die vergangenen 40 Jahre in Deutschland wahr ?
    S: Das klingt etwas abstrakt, aber es sind die Skaleneffekte: Große Ketten verdrängen kleine Familienbetriebe. Das ist so bei Handwerksbetrieben, Cafés, in den Innenstädten. Ich fürchte sehr, das Corona eher das kleine Wirtshaus in den Ruin getrieben hat als eine Fast Food- Kette. Die Einstellung gerät ins Hintertreffen, daß eine Gemeinschaft viel mehr ist als ein Umfeld, in dem große Firmen Geld machen können. Die regionalen Eigenheiten, die lokalen Dialekte, die skurrilen Unterschiede, all das ist leider sehr auf dem Rückzug. Ich bin ein Kapitalist, aber Kapitalismus braucht einen Schiedsrichter, um ihn zu einem guten System zu machen.
    I: Klingt nicht wie der typische Amerikaner.
    S: Wie klingt ein typischer Amerikaner ? So vielleicht: "Ich liebe Amerika, und der schönste Moment meiner Reise ist, wenn ich wieder zuhause bin ?!" Viele meiner Landsleute glauben, unser Land sei das beste, das bedeutendste, das einzig wahre. Das Interessante daran ist, daß Menschen in Thailand oder Wales oder Thüringen ihr Land genauso sehen. Ich möchte erreichen, daß Amerikaner erfahren, daß man Dinge auch anders machen kann. Ob das der Umgang miteinander ist, der Blick auf Nacktheit, auf die Geschichte, auf Drogen, auf Waffenbesitz oder Religion. Das beste Souvenir ist immer der Erkenntnisgewinn.
    I: Was ist ihre größte Herausforderung dabei, Amerikanern Europa zu vermitteln ?
    S: Die Geschichte. Alles in Europa hat einen Grund und einen Hintergrund. Sich nicht mit der Geschichte des Landes zu befassen, das man besucht, ist in etwa so, wie wenn man in einen 3 D- Film geht, aber ohne die entsprechende Brille. Leute, die immer nur dem Guide hinterherlaufen und keine Ahnung haben, was sie da sehen, verpassen alles. Sie sind die Schafe des Tourismus. Sie sind wie Kinder, die in der schönsten Bibliothek der Welt stehen, aber nicht lesen können.
    I: Welche Erfahrungen in Deutschland haben Sie beeindruckt ?
    S: Ich könnte hier Hunderte erwähnen, aber erzähle nur von einigen: Da ist die Klavierfabrik Sauter im Schwarzwald, für mich ein Symbol für das, was ich an Deutschland so liebe, diese Leidenschaft für hervorragendes Handwerk. Ich habe sogar ein Klavier dort gekauft ! Dann ein Besuch auf Burg Eltz am Rhein. Die ist seit ihrem Bau ununterbrochen im Besitz derselben Familie. Man spürt dort den Stolz auf die eigene Geschichte.
    I: Sie sehen sich eher als Erzieher denn als Beschreiber, oder ?
    S: Reisen ist ein politischer Akt. Das Kennenlernen anderer Länder, Kulturen und Menschen ist der wichtigste Schritt zum Verständnis, daß es Milliarden unterschiedliche Ansätze gibt, sein Leben zu leben. So macht Deutschland vieles besser als Amerika, und Amerika macht anderes besser als Deutschland. Das Wichtigste ist, daß wir offen füreinander bleiben.

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    Mittwoch, 4. Oktober 2023, 15:34

    "Italiener" in den USA und in Deutschland

    Nicht weit von meinem damaligen Wohnsitz im Studentenwohnheim Hannover- Herrenhausen / Dorotheenstraße befand sich in den 80er Jahren das Lokal "Herzog Ferdinand", dessen Biergarten wir gelegentlich aufsuchten und das um 1990 schloß und zum Lokal "Castello" wurde. Ich selbst bin dort nie eingekehrt, mir fiel aber beim gelegentlichen Vorbeigehen auf, daß der vormals gut besuchte Biergarten nun fast immer leer war. Wie auch immer: irgendwann in den 90er besuchte ein Bekannter dieses italienische Restaurant, monierte in höflicher Form irgendeine Kleinigkeit und wurde daraufhin aufgefordert, die Lokalität zu verlassen und nicht wiederzukommen. Auch hier drängte sich zunehmend der Eindruck einer "Geldwaschanlage" auf.
    Ein weiterer Eindruck aus der City von Hannover. Während Covid haben eine ganze Reihe von Geschäften und Lokalen dauerhaft dichtgemacht, so auch die Institution "Wurst- Basar" am Steintor mit vormals integrierter Fleischerei, einem Imbiß, einer Art Kantine und einem Lokal im Kellergeschoß, das nur an Samstagen geöffnet hatte. Hingegen hatte von den mir bekannten Dönerbuden in der Innenstadt keine einzige während der Epidemie dichtgemacht. Ein Schelm, der Böses dabei denkt... :D

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    Mittwoch, 4. Oktober 2023, 16:31

    The American Corner - Die große Finanzkrise von New York City 1975 und seine Folgen

    Im Mai 1975 traf der damalige Bürgermeister von New York City, Abraham Beame, im Weißen Haus ein. Mit von der Partie war der Gouverneur des Bundesstaats New York, Hugh Carey. Beide brachten schlechte Nachrichten zum damaligen US- Präsidenten Gerald Ford, denn New York ging das Geld aus, und ohne Bundeshilfen sah sich die Stadt nicht mehr in der Lage, ihre Rechnungen zu bezahlen. Carey erhob den warnenden Zeigefinger, daß Ausgabekürzungen den sozialen Frieden gefährden würden, worauf sich Gerald Ford 24 Stunden Bedenkzeit erbat und den beiden Politikern anschließend mitteilte, daß das Weiße Haus nichts tun könne. So schusterte New York für den Rest des Haushaltsjahres einen Plan nach dem anderen zusammen, um nicht Bankrott anmelden zu müssen.
    Die darauffolgende Wiederauferstehung New Yorks wird heute oft mit den 70er Jahren verglichen, die als "dunkle Zeit" galten, die die Stadt durchstehen mußte, um einigermaßen unbeschadet in der Gegenwart anzukommen. Richtig ist, daß die Finanzkrise der Stadt und die darauf folgenden Haushaltskürzungen das Gesicht der Stadt bis heute verändert haben. Bereits in den frühen 70er Jahren war New York zunehmend in Schwierigkeiten geraten, weil die Abwanderung von Unternehmen aus der Stadt in den Süden der USA sowie die Flucht des weißen Mittelstandes in die Vororte zunehmend zu stark sinkenden Steuereinnahmen führten. Hinzu kam, daß die Ausgaben der Stadt im Zuge der "Great Society"- Campaign unter Lyndon B. Johnson deutlich gestiegen waren. Zunächst halfen Zuschüsse aus Washington bei der Bewältigung der wachsenden finanziellen Verpflichtungen, aber nachdem die Steuereinnahmen einbrachen, versuchte die Stadt sie durch die Aufnahme von Schulden zu ersetzen. Als jedoch die einsetzende Rezession im Zuge der ersten Ölkrise im Jahre 1975 die gesamten USA umfaßte, wurden die emittierenden Banken zunehmend skeptischer, was die Zukunftsaussichten der Stadt anging. Einige Chefs großer Konzerne erklärten kurzerhand, daß Manager die Führung von NYC übernehmen sollte, falls der Administratration nicht die Sanierung des städtischen Haushalts gelänge.
    Im Frühling 1975 erklärten die Banken der Stadt kurzerhand, daß sie nicht mehr für die Aufnahme neuer städtischer Obligationen zur Verfügung stünden. Nach dieser Entscheidung konnte New York die Schulden und auch die Gehälter ihrer Beschäftigten nicht mehr bedienen, und erst Monate darauf erfolgte eine Einigung mit Banken und Gewerkschaften. Die Zahl der Polizeibeamten und Lehrer wurde um 6.000 reduziert, die der Feuerwehrleute um 2.500, und erstmals wurden an der City University Studiengebühren eingeführt.
    Die Haushaltskrise von New York City galt bald als Metapher für das generelle Versagen des Linksliberalismus in den USA. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte die Stadt eine überwiegend sozialdemokratische Politik verfolgt, die die Überzeugung beinhaltete, die städtische Verwaltung zu benutzen, um insbesondere den "Benachteiligten" zu helfen. 1975 verfügte NYC über neunzehn Krankenhäuser, einen ausgedehnten öffentlichen Nahverkehr, einen umfangreichen öffentlichen Wohnungsbau, Kindergärten und vorwiegend gut ausgestattete Schulen. Auch stellte das städtische Universitätssystem eine kostenlose Hochschulbildung zur Verfügung, und ein ausgeklügeltes System der Mietenkontrolle ermöglichte es auch Geringerverdienenden, in "Downtown New York" zu leben.
    Die Krise brachte eine Neuausrichtung der Konzeption von Politik mit sich. Demokraten wie Bürgermeister Beame hatten Politik als ein Spiel von Verhandlungen und Kompromissen zwischen den "Mächtigen" aufgefaßt und die Finanzierung sozialer Wohltaten als eher nachrangiges Problem betrachtet. Seine Generation wurde nun von einer jüngeren abgelöst, der es in erster Linie um eine solide Haushaltssanierung mittels einer deutlichen Verkleinerung des öffentlichen Sektors ging. Auch wenn sich die New Yorker Gewerkschaftsbosse schließlich den drastischen Ausgabekürzungen fügen mußten, gab es zunächst eine Reihe größerer Demonstrationen, und im Herbst 1975 drohten die Gewerkschaften sogar mit einem Generalstreik. Als jedoch die ersten Feuerwachen schlossen, die Größe der Schulklassen wuchs und die Verwaltung zunehmend unzuverlässiger arbeitete, änderte sich die Stimmung in der Bevölkerung, und die Administration erhielt zunehmend Briefe empörter Bürger, deren Verfasser wütend über die zunehmende Zahl von "Welfare People" waren, die die städtischen Leistungen ausnützen würden und die Metropole erst an diesen kritischen Punkt gebracht hätten.
    Heutzutage scheint die New Yorker Haushaltskrise von 1975 wenig mehr als die Erinnerung an eine weit entfernte Zeit zu sein. Aber die zwangsläufig kleiner gewordenen Ansprüche an den öffentlichen Sektor der Stadt und die gewachsenen Probleme, eine Mittelschichtsexistenz in dieser Stadt zu finanzieren, sind durchaus auch ein Vermächtnis der Krise von 1975. New York City gilt heute dagegen, abgesehen von der stark veränderten ethnischen Zusammensetzung, als Stadt der großen Ungleichheiten, die ökonomisch enorm gespalten ist.

    www.youtube.com/watch?v=jNrDnicIIZg

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    Freitag, 6. Oktober 2023, 16:42

    The American Corner - Über die Rassenunruhen in den USA

    "Ausschreitungen sind die Sprache der Ungehörten", sagte Martin Luther King einmal recht beschönigend. Geschehen im Jahre 1966, als sich die USA nicht nur in der beginnenden Spätphase einer ausgedehnten Hochkonjunktur befanden, sondern auch ausgedehnte Proteste mit zahllosen gewalttätigen Ausschreitungen von Afroamerikanern erleben mußten. Die "riots" fanden oft in den urbanen Zentren der Großstädte statt, in denen Schwarze in den Jahrzehnten zuvor oft die vormals weißen Bewohner abgelöst hatten, die zunehmend dem Trend in die grünen Vorstädte ("Suburbia") gefolgt waren. Die Proteste der Schwarzen richteten sich gegen eine Vielzahl von Faktoren, so gegen Benachteiligungen auf dem Wohnungs- und Arbeitsmarkt, gegen Polizeigewalt und oft auch sehr verallgemeinernd gegen "Rassismus". Im April 1968 wurde Martin Luther King ermordet, und wieder brannte es in vielen amerikanischen Innenstädten als Folge der Ausschreitungen eines gewalttätigen schwarzen Mobs. Nachfolgend eine beschreibende Chronologie der wichtigsten Rassenunruhen seit den 60er Jahren.

    - The Birmingham Riots (Mai 1963). In der Nacht auf den 11. Mai explodierten in Birmingham/ Alabama mehrere Bomben in Gebäuden, in denen sich damals prominente Anführer der schwarzen Bürgerrechtsbewegung aufhielten, unter ihnen auch Martin Luther King. Nach den Explosionen versammelten sich umgehend schwarze Demonstranten, intonierten Protestsongs und warfen Steine, auch ein weißer Polizist wurde von einem Schwarzen niedergestochen. Die Demonstranten unterstellten der Polizei, bei den Bombenanschlägen Komplizenschaft geleistet zu haben. Die Attentate wurden dem Ku Klux- Clan zugeschrieben, der angeblich bei der Vorbereitung mit einigen lokalen Polizisten zusammengearbeitet hatte.

    - The Watts Riots (August 1965). Am 11. August stoppten Polizisten in Watts, einem Schwarzenviertel von Los Angeles, einen Afroamerikaner, der durch seine rücksichtlose Fahrweise aufgefallen war. Die Situation geriet außer Kontrolle, so daß es zu Rangeleien und Schlägereien zwischen Polizisten und Anwohnern kam. Was folgte, waren sechstägige Ausschreitungen, die die größten in Los Angeles vor den "Rodney King Riots"von 1992 waren. Zehntausende von Schwarzen nahmen daran teil, die von einigen Tausend Polizisten und Nationalgardisten in Schach gehalten werden sollten. Die Bilanz dieser Ausschreitungen war verheerend: 34 Tote, über 1000 Verletzte, über 3000 Festnahmen und mehr als 40 Millionen Dollar Sachschäden. Bürgerrechtler behaupteten später, daß die "Watts Riots" die erste große Rebellion von Schwarzen gewesen sei, die sich nicht mehr bedingungslos dem Leben im Slum unterworfen hätten.

    - Der "heiße Sommer" von 1967. Atlanta, Boston, Cincinatti, Buffalo, Tampa, Birmingham, Chicago, New York, Milwaukee, Minneapolis, Rochester, Toledo: Im Juni und Juli 1967 standen Teile des urbanen Amerika in Flammen. Die schwersten Auseinandersetzungen zwischen Polizei, Nationalgarde und gewaltbereiten Schwarzen fanden in Newark und New York statt, wobei Dutzende von Hasardeuren ums Leben kamen, Derweil feierten Hippies ihren "Summer of Love", und in Vietnam verstrickten sich die Vereinigten Staaten immer tiefer in einen Krieg, der unter den gegebenen Bedingungen letztendlich nicht zu gewinnen war.
    Präsident Lyndon B. Johnson richtete als Reaktion auf die massiven Ausschreitungen die "Kerner Commission" ein, die sieben Monate später einen 426- seitigen Bericht veröffentlichte, der zum Bestseller wurde. Der bekannteste Satz daraus lautete: "Unsere Nation entwickelt sich hin zu zwei Gesellschaften, einer weißen und einer schwarzen- getrennt und ungleich."

    - Die Ermordung Martin Luther Kings im Frühjahr 1968. Nach dem Attentat brachen landesweite Proteste aus, so kamen in Städten wie Washington, Chicago oder Baltimore Zehntausende zu Protesten zusammen. In die Tauer um die Leitfigur der schwarzen Bürgerrechtsbewegung mischten sich schnell Wut und Frustration, und es kam in zahlreichen Städten zu Zusammenstößen von Afroamerikanern mit Polizei und Nationalgarde. Gebäude wurden regelrecht von den Schwarzen abgefackelt, Geschäfte geplündert und Andersdenkende zusammengeschlagen. Insbesondere in Washington und in Baltimore eskalierten die Auseinandersetzungen diesmal derart, daß sich Präsident Johnson dazu entschloß, die Streitkräfte zu mobilisieren.

    - Die Miami Riots (Mai 1980). Die größten Rassenunruhen seit Ende der 60er Jahre ereigneten sich 1980 in Miami, als eine Jury vier Polizeibeamte von dem Vorwurf freigesprochen hatte, den Afroamerikaner Arthur McDuffie erschlagen zu haben. Dahinter stand u.a. auch, daß die schwarze Bevölkerung in Miami sich gegenüber der wachsenden kubanischen Gemeinde "benachteiligt fühlte". Bei den darauffolgenden Ausschreitungen kam es zu 18 Toten, mehr als 400 Verletzten und hohen Sachschäden.

    - Die L.A. Riots (April Mai 1992). Im Frühjahr 1992 brannte Los Angeles, nachdem vor Gericht drei Polizeibeamte entlastet worden waren, die den Afroamerikaner Rodney King verprügelt hatten. Die Tat war gefilmt worden, und in der Folge kam es zu den blutigsten Ausschreitungen des 20. Jahrhunderts in den USA. Über 50 Menschen wurden getötet, und große Gebäudekomplexe in der Stadt standen in Flammen. Geprügelt und geplündert wurde vor allem im Stadtviertel South Central, wo sich neben Afroamerikanern eine umfangreiche koreanische Community etabliert hatte, die sich mit ihren kleinen Geschäften einen gewissen Wohlstand erarbeitet hatte und dementsprechen Neid und Mißgunst vieler Schwarzer ausgesetzt war.

    - Die Cincinatti Riots (April 2001). Die schwersten Ausschreitungen seit 1992 mit über 800 Verhaftungen, aber keinen Toten, verliefen vergleichsweise glimpflich. Anlaß war die Erschießung des 19- jährigen Timothy Thomas, dessen Tod Tausende in Cincinnatis vorwiegend afroamerikanisch geprägten Vierteln auf die Straße trieb. Rund 40 Prozent der Stadtbevölkerung Cincinnatis sind Schwarze, dies vor allem als Folge der zunehmenden Deindustrialisierung der Stadt und dem darauffolgenden Wegzug vieler Weißer in stärker prosperierende Regionen.

    - Ferguson (2014) . Im August 2014 erschoß ein Polizist den Afroamerikaner Michael Brown. Nach der Mahnwache für den 18- jährigen kippte die Trauer der versammelten Menge schnell in Wut, und über mehrere Wochen kam es zu gewaltsamen Zusammentößen mit der Polizei sowie zu massiven Plünderungen und Brandstiftungen.

    www.youtube.com/watch?v=2n0e3_vD-xE
    www.youtube.com/watch?v=xH-x7uGSDZM