Straßenfeger
bezeichneten Fernsehproduktionen, die soviele Zuschauer vor den Bildschirm lockten, dass die
Straßen praktisch menschenleer gefegt wurden (etwas, das heute noch nicht einmal annähernd ein
Blockbuster schafft). Der Begriff entstand Anfang der 60er mit den für das
Fernsehen produzierten Durbridge-Mehrteilern. Zu den Sendeterminen dieser Kriminalfilme wirkten
die Straßen jedesmal wie leergefegt. Die Einschaltquoten lagen bei 90% (es gab ja auch noch keine
Konkurrenz durch andere Fernsehprogramme). Ein Grund für die leergefegten Straßen lag auch an der
Einmaligkeit damaliger Fernsehsendungen. Da es zu dieser Zeit keine Aufnahmegeräte wie Video- oder
DVD-Rekorder gab und man auch noch nicht auf eine baldige Wiederholung hoffen durfte, hatte man,
wenn man zur Sendezeit nicht vor dem Fernseher saß, die Sendung schlichtweg verpasst, war auf
Erzählungen von Fernsehzuschauern angewiesen und vom Gesprächsthema Nr. 1 der nächsten Tage
ausgeschlossen.
Leidtragende waren zu den Sendezeiten der Straßenfeger Restaurants, Theater oder Kinos. Ihre Gäste saßen
zu Hause vor dem Fernseher. Für einen Skandal sorgte, der Kabarettist Wolfgang Neuss, der während der Ausstrahlung
des Mehrteilers "Das Halstuch", die Leute lieber zu seinem neuen Film im Kino sehen wollte und deshalb
vor Ausstrahlung der letzten Folge in einer Zeitungsannonce den Täter bekannt gab. Zwar hatte er nur
geraten, dummerweise aber richtig, so dass er sich nicht nur den Zorn der Fernsehzuschauer zuzog, sondern
von der Bild-Zeitung als Vaterlandsverräter betitelt wurde und sogar einige Morddrohungen erhielt.
Entstand der Begriff Straßenfeger aufgrund der Wirkung der Durbridge-Filme wurde er bald allgemein für Filme mit
sehr hohen Einschaltquoten angewandt, etwa die Folgen von "Raumpatrouille", andere Mehrteiler wie
"Die Gentlemen bitten zur Kasse" oder die Adventsvierteiler, Samstagabendshows wie "Einer wird
gewinnen" oder "Am laufenden Band" und natürlich auf entscheidende Fußballspiele
während einer WM oder EM.
Durbridge-Filme entstanden nach Drehbüchern des englischen Schriftstellers Francis Durbridge (1912 - 1998),
die später auch als Romane veröffentlicht wurden. Die Filme der 60er wurden noch in schwarz-weiß
gedreht, "Wie ein Blitz" und "Das Messer" sind Farbfilme. Bekannt wurde die
Titelmelodie
zu "Das Messer" von der Kölner Rockgruppe CAN.
Die Durbridge Krimis blieben in ihrer Popularität
bis Heute unerreicht und werden es wohl aufgrund der vollkommen veränderten Fernsehlandschaft auf immer
bleiben. Mittlerweile gibt es eine Straßenfeger-Reihe auf DVD, die auch sämtliche Durbridge-Mehrteiler
enthält.
Durbridge-Filme:
- 1959: Der Andere, Regie: Joachim Hoene, Hauptdarsteller: Albert Lieven, 6 Teile, 200 Min.
- 1960: Es ist soweit, Regie: Hans Quest, Hauptdarsteller: Jürgen Goslar, Siegfried Lowitz ,6 Teile 235 Min.
- 1962: Das Halstuch, Regie: Hans Quest, Hauptdarsteller: Heinz Drache, Albert Lieven, 6 Teile, 220 Min.
- 1963: Tim Frazer , Regie: Hans Quest, Hauptdarsteller: Max Eckard, Marianne Koch, 6 Teile, 220 Min.
- 1964: Tim Frazer - Der Fall Salinger, Regie: Hans Quest, Hauptdarsteller: Max Eckard, 6 Teile, 190 Min.
- 1965: Die Schlüssel, Regie: Joach, Hauptdarsteller: Harald Leipnitz, Albert Lieven, 3 Teile, 230 Min.
- 1966: Melissa, Regie: Paul May, Hauptdarsteller: Günther Stoll, Ruth Maria Kubitschek, 3 Teile, 190 Min.
- 1968: Ein Mann namens Harry Brent, Regie: Peter Beauvais, Hauptdarsteller: Albert Lieven, 3 Teile, 180 Min.
- 1970: Wie ein Blitz, Regie: Rolf von Sydow, Hauptdarsteller: Albert Lieven, Paul Hubschmid, 3 Teile, 220 Min.
- 1971: Das Messer, Regie: Rolf von Sydow, Hauptdarsteller: Hardy Krüger, Eva Renzi, 3 Teile, 200 Min.
Abbildung:
1: Tim Frazer - Der Fall Salinger, HÖRZU Ausgabe 1/1964, Axel-Springer-Verlag2: Harry Brent, HÖRZU Ausgabe 2/1968, Axel-Springer-Verlag
3: Berühmt durch Durbridge, HÖRZU Ausgabe 2/1968, Axel-Springer-Verlag