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    Samstag, 13. April 2019, 11:48

    Die Amerikaner und ihre verwoehnten Kinder Teil 1

    Uwe schlug vor, dass ich etwas zum Thema Amerikaner und ihre Einstellung zu Kindern schreibe.

    Gutes Thema - dazu habe ich viel zu sagen (obwohl ich aufgrund meiner
    eigenen, aeusserst unerfreulichen Kindheit und Jugend gewollt kinderlos
    blieb).

    Mir fiel schon in den 80er Jahren auf, dass sich ein Wandel vollzog in
    den deutschen Familien. Wenn Freunde zu meinem ersten Ex-Mann und mir
    nach HH zu Besuch kamen, und wir vorschlugen, doch mal ein gemuetliches
    Wochenende nur zu viert und diesmal ohne Kinder zu verbringen, lehnten
    sie ganz entruestet ab. Sie wollten die Kinder mit dabei haben (was fuer
    meinen Ex-Mann und mich bedeutete, dass wir uns praktisch gar nicht
    unterhalten konnten, weil kleine Kinder nunmal 100% Aufmerksamkeit
    wollen und wissen, wie sie das durchsetzen ^^).


    Mir fiel auch auf, dass sich ploetzlich alles mehr und mehr um die
    Kleinen drehte als noch in den 60er oder fruehen 70er Jahren als meine Generation Kind und Teenager war.

    Die Kinder durften ploetzlich eine eigene Meinung haben (und sie sogar aeussern!),
    sie mussten nicht mehr am Kindertisch sitzen, sie bekamen viel mehr
    Taschengeld als wir in unserer Kindheit.
    Zu Weihnachten gab es ploetzlich viele Geschenke (ich war ausgesprochen
    froh, wenn ich 1965 insgesamt 5 oder 6 Weihnachtsgeschenke bekam von Oma
    und Eltern bekam und den traditionellen Baumkuchen von den
    DDR-Grosseltern, wovon meist zwei oder drei Geschenke LEIDER nuetzlicher
    Mist wie Pyjamas oder Socken war, und mit sehr viel Glueck vielleicht
    ein Enid Blyton Fuenf Freunde Buch und zwei andere, eher langweilige,
    dafuer aber leerreiche Buecher).

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    Montag, 6. Dezember 2021, 16:00

    Verwöhnt ist gar kein Ausdruck :D

    Ich (Jahrgang 1955) habe mit 12 oder 13 zum ersten mal das zu Weihnachten bekommen, was ich mir tatsächlich gewünscht hatte. Die Jahre davor bliebe die Wünsche unerfüllt, zum Teil zu Recht, weil es in unseren Breiten eher kein Winter gab, der für Skier geeignet gewesen wäre, oder ich einfach zu jung war für das Objekt der Begierde, oder aber, weil die Sache einfach unerschwinglich war. Eine Funkfernsteuerung für ein Modellflugzeug hätte ein Monatsgehalt meines Vaters gekostet (heute lächerlich preiswert zu haben)

    Ich wurde als Kind auch immer mehr oder weniger deutlich darauf hingewiesen, dass ich die Klappe zu halten habe, wenn sich Erwachsene unterhalten. Mein Onkel hat mir mit der Gabel auf die Finger gekloppt, weil ich mir ein Stück Fleisch vom Braten nehmen wollte, ungefragt, und vor den Erwachsenen. Natürlich bekam ich auch ein Stück zugewiesen, aber erst nach den Erwachsenen und ich durfte mir nichts aussuchen, dennoch habe ich die Kindheit ohne Mangelerscheinungen hinter mich gebracht.

    In der Schule haben sich die Lehrer Respekt verschafft, zur Not allerdings auch mal mit Gewalt (Schlüsselbund werfen, Ohr lang ziehen oder Ohrfeige waren nicht selten). Wurde man ungerecht behandelt, oder war zumindes der Meinung, hatten die Eltern meist den Standpunkt der Lehrer eingenommen ("da wird schon was dran sein, so ganz unschuldig bist du sicher nicht ...".)

    Wer in der Schule nicht "mitkam" blieb auf der Volksschule, die Besseren gingen auf die Real, wer wohlhabende Eltern hatte und dazu noch gute Leistungen bracht wurde auf das Gym geschickt. Hier wurde auch ganz klar bereits in der Grundschule der Weg gestellt: Arbeiterkind mit gutem Zeugnis Empfehlung Real, schlechtes Zeugnis Volksschule. Bauunternehmerkind/Großbauer/Metzgermeisterkind, gehobene Angestellte etc: Gymnasium
    Hier sei noch angemerkt: ein guter Volksschüler konnte damals durchaus eine Lehrstelle bekommen und durch Weiterbildung etc. auch einen Meistertitel erlangen, sogar Bankangestellter war drin. Mit einem Hauptschulabschluss geht heute nur noch Lieferwagenfahrer oder Harz4.

    Vergleicht man das heute mit diesen sog. Helikoptereltern, die kreisen ja wirklich permanent um ihren Nachwuchs. Schlechte Zensuren werden hartnäckig mit dem zuständigen (völlig unfähigen und das Kind verkennenden ... :D ) Lehrer diskutiert. Das geht bis hin zur Beschwerdeandrohung beim Schulrat. Pippilotta und Torben werden aus Zeitgründen direkt von der Schule mit dem SUV (demnächst in E) abgeholt, denn Pippi hat noch Ballett und Reitunterricht, Torben hat eine Trainerstunde auf dem Tennisplatz .

    Wer sich wirklich guten Unterricht leisten kann, der schickt seine Plagen auf eine Privatschule wie z.B. die "Europäische Schule" in ... (gibt mehrere). Die kosten richtig Geld, sind aber fast schon Garantien für ein sehr gutes Abi-Zeugnis. Ich fuhr jahrelang an einer vorbei. Die hatten Hausmeister, die morgens den Verkehr regelten, wenn die ganz dicken Maserati/Mercedes/BMW/Porsche SUVs die Kinder in die Schule brachten oder aber die Kleinbusse mit der Aufschrift "VIP-Service" eintrafen. Mir hat es immer wieder mal die Sprache verschlagen. Es waren durchaus Kinder unterschiedlicher Hautfarben, ich wage aber zu bezweifeln, dass man sich dort mit den Problemen auf städtischen Schulen herumschlagen muss, wenn 35 Kinder aus 10 Ländern nur unzureichend Deutsch sprechen und dort irgendetwas lernen sollen.

    Meine Generation der Babyboomer war -noch- nicht verwöhnt. Wir bekamen auch noch zu hören, dass die Großeltern an heilig Abend glücklich waren über "genääälde Schou" (also über handwerklich gefertigte Schuhe mit genagelten Sohlen, die wohl etwas besonders waren, oder aber weil man überhaupt etwas "Gutes" bekommen hat)

    Meine Nachkommen waren da schon deutlich konsumfreudiger. Ich erinnere mich an eine "Bescherung" bei der mein Sohn schon verschwitzt auf einem Haufen Geschenkpapier saß und immer noch auspacken wollte, obwohl er schon alles hatte, was er sich gewünscht hatte. Der Grund, seine Cousine hatte noch längst nicht alles ausgepackt, was sie bekommen hatte, weil sie nicht nur von Eltern und Großeltern, sondern auch noch von Onkeln, Tanten, Paten etc. reichlich beschenkt wurde.

    Ein Teil von diesem Zeug hat kaum eine Woche überlebt, ein weiterer Teil war Ratzfatz uninteressant. Von dem Geld, was da im Laufe der Jahre für Überflüssiges verbrannt wurde, hätte man ein Reihenhaus anzahlen können :D

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    Mittwoch, 8. Dezember 2021, 12:09

    RE: Verwöhnt ist gar kein Ausdruck :D

    Meine Rollschuhe gewann ich im Rundfunk, als ich an einem Maerchen Preisausschreiben teilnahm. Ich erriet alle Maerchen, und die Rollschuhe sind bis heute das einzige, das ich je gewonnen habe.
    Schlittschuhlaufen fiel mir zu schwer. Eine Freundin liess mich ihre Schlittschuhe auf dem Kreuzteich in Braunschweig-Riddagshausen ausprobieren, aber waehrend man auf 4 Rollen eine recht gute Balance hat, ist das auf einer Kufe wesentlich schwerer.
    Meine Weihnachts- und Geburtstagswuensche waren weiss Gott nicht teuer, ich wollte lediglich die Fuenf Freunde Buecher von Enid Blyton haben. Es gibt 21 Baende, aber da ich ab meinem 10. Geburtstag immer nur einen Band pro Geburtstag und pro Weihnachten bekam (obwohl ich mir auf meinem Wunschzettel immer mehrere Fuenf Freunde Baende wuenschte), bekam ich sie nie komplett. Daran machte ich mich Mitte der 70er Jahre auf zig Flohmaerkten, denn zu dem Zeitpunkt hatte Bertelsmann leider die hervorragenden Illustrationen von Eileen A. Soper gegen die von Wolfgang hennecke ausgetauscht. ;(


    Skier wollte ich nie haben, da unser Gymnasium ein Schullandheim hatte (wo wir jedes Jahr im Winter eine Woche im Harz (in Altenau) verbrachten) und die Ski fuer alle Klassenkameradinnen bereit stellte.
    Wir machten sehr lange cross country Ski Touren (sorry, ich habe den deutschen Ausdruck vergessen) entlang des Dammgrabens bei Altenau.

    Abfahrtlauf machte mir Freude, aber cross country fand ich einfach nur anstrengend und oede.
    Gewalt in der Volksschule habe ich um 1965 auch noch miterlebt, da wurde mir vom Klassenlehrer mit einem Rohrstock auf den Handruecken geschlagen, nur weil ich die Hausaufgaben vergessen hatte (!).
    Meine Eltern waren natuerlich auf Seiten des Lehrers, und ich fragte mich oft, wie es zu dem Wandel gekommen ist, dass sich die Eltern ploetzlich auf die Seite ihrer Kinder GEGEN die Lehrer gestellt haben?
    Ich kam auf dem Gymnasium weder in Mathematik noch in Physik noch in Chemie mit, wurde aber leider trotzdem von meinen Eltern (die beide studiert hatten, also musste doch aus mir ein Wunderkind zu machen sein, oder?) dazu gezwungen, immer weiter auf dem Gymnasium zu bleiben.
    Zweimal pro Woche hatte ich Mathe-Nachhilfe bis zur 11. Klasse, es half trotzdem nicht, ich kam immer mit ach und krach auf eine 5 in Mathe (nie auf eine 4).

    Als ich die 10. Klasse wiederholt hatte und im Zeugnis am Ende der 11. Klasse eine 6 in Mathe hatte, da musste ich vom Gymnasium bzw Internat abgehen.
    Statt mich auf eine Montessori Schule zu stecken, hielten meine Eltern komme was wolle an diesem Gymnasium fest. ich werde das nie begreifen...nicht einer ihrer Verwandten, Freunde oder einer meiner Lehrer wagte ihnen zu sagen, dass ich auf dem voellig falschen Schultyp war.
    Meine Kindheit hatte viele Mangelerscheinungen. Es ging immer nur um Schulleistungen, nie war genug Zeit zum Spielen und einfach mal Kind/Jugendliche sein. Nochmal moechte ich nicht durch so eine Kindheit und Jugend gehen! X(
    Ich wuesste nicht, was fuer eine Lehre ich damals haette machen sollen, denn ich interessierte mich nur fuer Buecher (um Bibliothekarin zu werden, war Abitur notwendig) und Filme.
    Ich (Jahrgang 1955) habe mit 12 oder 13 zum ersten mal das zu Weihnachten bekommen, was ich mir tatsächlich gewünscht hatte. Die Jahre davor bliebe die Wünsche unerfüllt, zum Teil zu Recht, weil es in unseren Breiten eher kein Winter gab, der für Skier geeignet gewesen wäre, oder ich einfach zu jung war für das Objekt der Begierde, oder aber, weil die Sache einfach unerschwinglich war. Eine Funkfernsteuerung für ein Modellflugzeug hätte ein Monatsgehalt meines Vaters gekostet (heute lächerlich preiswert zu haben)

    Ich wurde als Kind auch immer mehr oder weniger deutlich darauf hingewiesen, dass ich die Klappe zu halten habe, wenn sich Erwachsene unterhalten. Mein Onkel hat mir mit der Gabel auf die Finger gekloppt, weil ich mir ein Stück Fleisch vom Braten nehmen wollte, ungefragt, und vor den Erwachsenen. Natürlich bekam ich auch ein Stück zugewiesen, aber erst nach den Erwachsenen und ich durfte mir nichts aussuchen, dennoch habe ich die Kindheit ohne Mangelerscheinungen hinter mich gebracht.

    In der Schule haben sich die Lehrer Respekt verschafft, zur Not allerdings auch mal mit Gewalt (Schlüsselbund werfen, Ohr lang ziehen oder Ohrfeige waren nicht selten). Wurde man ungerecht behandelt, oder war zumindes der Meinung, hatten die Eltern meist den Standpunkt der Lehrer eingenommen ("da wird schon was dran sein, so ganz unschuldig bist du sicher nicht ...".)

    Wer in der Schule nicht "mitkam" blieb auf der Volksschule, die Besseren gingen auf die Real, wer wohlhabende Eltern hatte und dazu noch gute Leistungen bracht wurde auf das Gym geschickt. Hier wurde auch ganz klar bereits in der Grundschule der Weg gestellt: Arbeiterkind mit gutem Zeugnis Empfehlung Real, schlechtes Zeugnis Volksschule. Bauunternehmerkind/Großbauer/Metzgermeisterkind, gehobene Angestellte etc: Gymnasium
    Hier sei noch angemerkt: ein guter Volksschüler konnte damals durchaus eine Lehrstelle bekommen und durch Weiterbildung etc. auch einen Meistertitel erlangen, sogar Bankangestellter war drin. Mit einem Hauptschulabschluss geht heute nur noch Lieferwagenfahrer oder Harz4.

    Vergleicht man das heute mit diesen sog. Helikoptereltern, die kreisen ja wirklich permanent um ihren Nachwuchs. Schlechte Zensuren werden hartnäckig mit dem zuständigen (völlig unfähigen und das Kind verkennenden ... :D ) Lehrer diskutiert. Das geht bis hin zur Beschwerdeandrohung beim Schulrat. Pippilotta und Torben werden aus Zeitgründen direkt von der Schule mit dem SUV (demnächst in E) abgeholt, denn Pippi hat noch Ballett und Reitunterricht, Torben hat eine Trainerstunde auf dem Tennisplatz .

    Wer sich wirklich guten Unterricht leisten kann, der schickt seine Plagen auf eine Privatschule wie z.B. die "Europäische Schule" in ... (gibt mehrere). Die kosten richtig Geld, sind aber fast schon Garantien für ein sehr gutes Abi-Zeugnis. Ich fuhr jahrelang an einer vorbei. Die hatten Hausmeister, die morgens den Verkehr regelten, wenn die ganz dicken Maserati/Mercedes/BMW/Porsche SUVs die Kinder in die Schule brachten oder aber die Kleinbusse mit der Aufschrift "VIP-Service" eintrafen. Mir hat es immer wieder mal die Sprache verschlagen. Es waren durchaus Kinder unterschiedlicher Hautfarben, ich wage aber zu bezweifeln, dass man sich dort mit den Problemen auf städtischen Schulen herumschlagen muss, wenn 35 Kinder aus 10 Ländern nur unzureichend Deutsch sprechen und dort irgendetwas lernen sollen.

    Meine Generation der Babyboomer war -noch- nicht verwöhnt. Wir bekamen auch noch zu hören, dass die Großeltern an heilig Abend glücklich waren über "genääälde Schou" (also über handwerklich gefertigte Schuhe mit genagelten Sohlen, die wohl etwas besonders waren, oder aber weil man überhaupt etwas "Gutes" bekommen hat)

    Meine Nachkommen waren da schon deutlich konsumfreudiger. Ich erinnere mich an eine "Bescherung" bei der mein Sohn schon verschwitzt auf einem Haufen Geschenkpapier saß und immer noch auspacken wollte, obwohl er schon alles hatte, was er sich gewünscht hatte. Der Grund, seine Cousine hatte noch längst nicht alles ausgepackt, was sie bekommen hatte, weil sie nicht nur von Eltern und Großeltern, sondern auch noch von Onkeln, Tanten, Paten etc. reichlich beschenkt wurde.

    Ein Teil von diesem Zeug hat kaum eine Woche überlebt, ein weiterer Teil war Ratzfatz uninteressant. Von dem Geld, was da im Laufe der Jahre für Überflüssiges verbrannt wurde, hätte man ein Reihenhaus anzahlen können :D

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    Mittwoch, 8. Dezember 2021, 16:43

    Zitat:"Meine Eltern waren natuerlich auf Seiten des Lehrers, und ich fragte mich oft, wie es zu dem Wandel gekommen ist, dass sich die Eltern ploetzlich auf die Seite ihrer Kinder GEGEN die Lehrer gestellt haben?"

    Ich wollte nicht, dass meine Kinder der Willkür eines frustrierten sogenannten Pädagogen ausgesetzt sind. Deshalb war ich auf der Seite meines Kindes, so lange mir niemand das Gegenteil beweisen konnte, waren meine Blagen unschuldig! Ich habe das ja selbst mitgemacht, wurde als Kind nicht für voll genommen in manchen Dingen. Trotzdem war ich durchaus aufmerksam, so hat mein Sohn zunächst nur die mittlere Reife gemacht, das Abi aber später nachgeholt (mit links sozusagen). Meine Töchter hatten nie den Eindruck gemacht, dass sie Wert auf höhere Schuldbildung legen. Zu meiner Freude haben die sich das dann anders überlegt und sind auf das Gymnasium gewechselt. Da musste ich niemanden überreden oder gar Druck ausüben. er weiß, hätte ich das mit Nachdruck versucht (wie bei Dir) , vermutlich wäre das anders gekommen (Thema Druck erzeugt Gegendruck).

    Heute mag meine "Frau Studienrätin" gar nicht so gerne an die Lotterzeit erinnert werden :D