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    Mittwoch, 1. August 2018, 16:57

    Artur Brauner wird 100 Jahre alt

    Er ist eine der schillerndsten Persönlichkeiten der deutschen Nachkriegsfilmindustrie insbesondere der 50er und 60er Jahre. Der Filmproduzent Artur "Atze" Brauner feiert heute seinen hundertsten Geburtstag.
    Im Sommer 1946 kommt der 1918 in Lodz/ Polen geborene Jude Abraham Brauner, damals kaum der deutschen Sprache mächtig, ins kriegszerstörte Berlin, um dort ein Filmstudio zu gründen. Laut Eigenbekundung wollte er nach den Erfahrungen der Kriegsjahre übersprünglich nach Hollywood, seine Familie sollte nach Palästina auswandern.
    Letztlich hat Brauner sich anders entschieden und gründet sein Filmimperium in Berlin mit "einem Koffer voller Geld" (die Rede ist von 15.000,- RM, zu dieser Zeit kein allzu großes Vermögen), das aus dem Verkauf des Nerzmantels seiner Schwiegermutter gekommen sein soll. Seine Schwägerin tut dies 1957 in einem Spiegel- Interview allerdings als Gründungslegende ab, da sie mit der damaligen Berliner Schwarzmarktgröße Joseph Einstein verheiratet war, der einiges ermöglichen konnte und der im Gegenzug kurzlebiger Gründungspartner der "Central Cinema Compagnie (CCC)" wird, die sich im September 1946 etabliert.
    Mit seinen Filmen will der frischgebackene Produzent Brauner dem geschlagenen Deutschland auch einen Spiegel vorhalten. Zunächst jedoch produziert er mit "Herzkönig" den ersten von vielen nachfolgenden anspruchslosen Unterhaltungsfilmen. "Morituri" von 1947 ist dagegen der erste deutsche Film über NS- Opfer und erzählt von geflohenen KZ- Insassen, die sich in einem Waldgebiet versteckt halten. Zwar loben große Teile der Filmkritik das Werk, der ganz überwiegende Teil des deutschen Kinopublikums hat zu dieser Zeit jedoch andere Sorgen als die selbstkritische Reflexion eines Teils der jüngsten Vergangenheit und lehnt den Film rundweg ab. Aus filmhistorischer Sicht interessant ist das Debüt von Klaus Kinski, der in einer kleinen Nebenrolle auftritt.
    Brauner schließt folgerichtig daraus, daß die Bevölkerung in erster Linie unterhalten werden will, um von den drückenden Alltagssorgen Abstand zu gewinnen. Infolge wird er in den nächsten Jahrzehnten überwiegend mehr oder weniger seichte Unterhaltungskost produzieren, in die er immer wieder einmal den einen oder anderen anspruchsvolleren Film einfügen wird.
    Brauner bleibt in Berlin und erwirbt ein 40.000 Quadratmeter großes, ehemaliges Industriegelände in Haselhorst für seine Eigenproduktionen. Auf dem Gelände wurde während des Krieges u.a. Munition produziert und Giftgas getestet, es ist chemisch verseucht, so daß sich einzelne Mitarbeiter in der Anfangszeit immer wieder über Übelkeit und Kopfschmerzen beklagen. Dennoch findet am 18. Februar 1950 die feierliche Eröffnung statt. Die erste Produktion des neuen Studios ist, kennzeichnend für viele weitere Produktionen von CCC, die Komödie "Maharadscha wider Willen".
    Die 50er Jahre stellen die Blütezeit des deutschen Nachkriegskinos dar, daher sind auch die Produktionen der CCC- Filmstudios gefragt und die "Location" wird in den Folgejahren zur ersten Filmadresse in Berlin. Brauner gibt in seinen Memoiren selbst zu, in dieser Zeit sehr viel sehr flache Durchschnittsware produziert zu haben: "...kommerzielle Sachen eben, die man gemacht hat um des Kommerzes willen".
    Berühmt- berüchtigt sind Brauners Vertragsverhandlungen mit den von ihm engagierten Schauspielern und sonstigen Filmschaffenden. So verpflichtet er Mitte der 60er Jahre Lex Barker für "Durch´s wilde Kurdistan", dreht mit diesem gleich auch noch zwei weitere Filme, bezahlt aber nur Gage für die erstgenannte Karl May Umsetzung. Lex Barker zieht vor Gericht und gewinnt den Prozeß, so daß Brauner über 100.000,- DM nachzuzahlen hat.
    Artur Brauner wird durch seine beruflichen Erfolge in den 50er/ 60er Jahren zum Star des Wirtschaftswunders und trotz seiner polnisch- jüdischen Herkunft zum Vorzeigeberliner, der von diesen liebevoll "Atze" genannt wird.
    Seitdem entstanden in den CCC- Studios über siebenhundert (nach anderen Quellen fünfhundert) Filme, darunter neben unendlich viel Kommerzware auch einige heute noch sehenswerte Produktionen, so z.B.:
    - "Die Spur führt nach Berlin" (1952)
    - "Der 20. Juli" (1955)
    - "Die Ratten" (1955)
    - "Es geschah am hellichten Tag" (1958 )
    - "Mädchen in Uniform" (1958 )
    - "Der brave Soldat Schwejk" (1960)
    - "Via Mala" (1961)
    - "Es muß nicht immer Kaviar sein" (1962)
    - "Old Shatterhand" (1964)
    - "Der Schut" (1964)
    - "Durchs wilde Kurdistan" (1965)
    - "Die Nibelungen" (1966/ 67).
    Bedingt durch die Krise des deutschen Kinos, schließt Brauner seine CCC- Filmstudios Anfang der 70er Jahre und entläßt die noch verbliebenen 85 Angestellten. Die Räumlichkeiten werden als "Filmatelier Haselhorst" jedoch projektbezogen weiterhin betrieben.