Das waren noch Zeiten!

Ich kann mich noch lebhaft daran erinnern, Ende der 60er einige Folgen dieser "Unterhaltungsserie für junge Leute" gesehen zu haben. Die von mir angeschauten Episoden fand ich "ganz nett", aber großenteils auch reichlich albern. Wahrscheinlich paßte ich als damals 10- bis 12jähriger noch nicht ganz in die von den Produzenten angepeilte Zielgruppe . Erst einige Jahre später erfuhr ich, daß die vier Jungs der Gruppe eigens für diese Serie von den Produzenten angeworben worden waren .
Tatsächlich gebührt den "Monkees" der Verdienst, die erste Retorten- oder Castingband gewesen zu sein. Sie wurden von ihren Machern gezielt als amerikanisches Gegenstück zu den "Beatles" konzipiert, standen im Mittelpunkt der gleichnamigen TV- Serie und hatten zahlreiche Erfolge in den Charts. Das TV - Format wurde weltweit in über 40 Länder exportiert.
Im Frühherbst 1965 suchte der Sender NBC über Annoncen in verschiedenen Fachzeitschriften vier junge Musiker im Alter zwischen 17 und 21 Jahren für eine neue Unterhaltungsshow, die in erster Linie musikalisch interessierte Teenager ansprechen sollte. Auf die Anzeigen meldeten sich über 400 Interessenten, aus denen man sich schließlich für die Musiker Mike Nesmith und Peter Tork sowie für die ehemaligen Kinderstars Micky Dolenz ("Circus Boy") und Davy Jones entschied. Letzteren haftetete jedoch der Nachteil an, daß sie praktisch über keinerlei Musikerfahrung verfügten.
Der Plot zur Serie war so simpel wie genial: die Gruppe sollte sich selbst spielen, wobei jedem der vier Protagonisten gewisse Eigenschaften zugeschrieben wurden. Die vier leben in einem Strandhaus, erleben die banalsten "Abenteuer" und helfen sich immer wieder gegenseitig aus der Patsche. Untermalt wurde die Serie durch zahlreiche Songs der Gruppe, die den eigentlichen Reiz der "Monkees" ausmachten.
Die Reihe startete auf NBC Network als Halbstundenformat im September 1966 und lief in den USA über 58 Episoden bis September 1968. Die "Monkees" waren nicht zuletzt aufgrund der umfangreichen Werbemaßnahmen von Beginn an sehr erfolgreich und erzielten hohe Einschaltquoten vor allem bei den weiblichen Teenagern dieser Zeit. Anfangs sangen die vier nur ihre Songs und wurden instrumental durch die Band "The Candy Store Prophets" unterstützt, da nur Peter Tork und Mike Nesmith halbwegs ein Instrument beherrschten. In jeder Episode wurden zwei neue Songs vorgestellt, von denen es einige in die Charts schafften, so "Last Train to Clarksville" (1966), "I´m a Believer" (1966), "Daydream Believer" (1967), "Pleasant Valley Sunday" (1967) und "Valerie" (1968 ). Auch der Titelsong "We´re the Monkees" wurde zum Hit.
Die Band wurde kommerziell durch zahlreiche Plattenpressungen extremst vermarktet und soll in den 60ern letztendlich mehr Alben als die "Beatles" und "Stones" zusammen herausgebracht haben.Vor allem von den weiblichen Fans wurde die Gruppe bei ihren gelegentlichen Live- Auftritten geradezu enthusiastisch verehrt.
Die TV- Reihe erhielt aufgrund ihres durchschlagenden Erfolges 1967 einen "Emmy" und in Deutschland einen bronzenen "Otto". Dennoch war der Gipfel des Erfolgs damit auch schon überschritten. Die Mitglieder der Band haderten zunehmend damit, sich in der TV- Serie überwiegend durch Albernheiten darstellen zu müssen und wollten auch eigene Ideen sowie musikalische Kompositionen einbringen. 1968 verließ Peter Tork die Gruppe, um eine Solokarriere zu starten, der Rest der Band trennte sich vorläufig in den Jahren 1970/ 71.
Eine Wiederbelebung der "Monkees" erfolgte seit den frühen 80ern über den Musiksender MTV, der alle Episoden nochmals ausstrahlte und damit überwiegend die ehemaligen Fans der Gruppe ansprach. Mike Nesmith war in dieser Zeit an der Gründung von MTV mitbeteiligt.
Bei uns in Deutschland sendete das ZDF zwischen September 1967 und Juli 1968 zunächst 13 Episoden, zwölf weitere folgten zwischen September 1969 und Mai 1970. Die kompletten Staffeln mit allen 58 Episoden wurden zwischen September und Dezember 1997 von ARTE neu synchronisiert ausgestrahlt und tauchen heute noch gelegentlich auf VHS- Kassetten auf.
Bis 2010 mußten Fans der Serie auf amerikanische Import- DVD´s mit ausschließlich englischer Tonspur zurückgreifen. 2011 erschien die erste deutsch synchronisierte Edition, die allerdings aufgrund ihrer scheinbar miserablen Bildverarbeitungsqualität in den einschlägigen Foren harsch kritisiert wurde.
Auf www.youtube.com finden sich dagegen zahlreiche Clips mit kompletten Episoden, davon z.Zt. jedoch nur zwei mit deutscher Synchro. Für sehr sehenswert halte ich dort die brandaktuelle Kurzdoku: "The Monkees at 50" von 2016. Neben interessanten Infos zeigt sie vor allem, daß wir alle in den letzten Jahrzehnten nicht jünger geworden sind ... .
Bei "The Monkees" scheiden sich in der heutigen Zeit die Geister. Für die einen sind Gruppe und Serie eine herrliche Erinnerung an ihre Jugendzeit mit schönen Songs, für die anderen stellt die Gruppe ein negatives Paradebeispiel für die hemmungslose Kommerzialisierung des Popgeschäfts durch die Schaffung der ersten Retortenband dar. Für marktwirtschaftlich interessierte, zu denen ich auch gehöre, sind die "Monkees" dagegen ein Paradebeispiel für eine äußerst gut gelungene mediale Produktplazierung in den späten 60er Jahren. Darüber hinaus können sich einige der damaligen Hits auch heute noch durchaus hören lassen .

Aus: HÖR ZU, Heft 38/1968, Seite 8, Briefe an HÖR ZU, Originaltext

Die letzte Folge der "Monkees" lief am 13. Juli. Sofort erhob sich Protest. In ungezählten Briefen forderten die jugendlichen Monkee- Fans: Setzt die Serie fort ! Manches Schreiben war von 50, 100 oder gar 160 Anhängern unterzeichnet. Eine Weile haben wir gewartet, aber da der Protest bis heute nicht enden will, geben wir ihm hier noch einmal Raum.

- Hört zu, was wir euch zu sagen haben: unsere ganze Klasse (43) sah die Monkees furchtbar gern im Fernsehen. Viele von uns interessierten sich nur für die vier Beatkomiker. Darum fordern wir das 2. Deutsche Fernsehen auf, auch die anderen Folgen der Serie mit dieser Beatgruppe zu senden. Wenn das nicht der Fall sein sollte, ersticken Sie in unseren Briefen ! Legen Sie bitte ein gutes Wort für uns ein. (Margot M.,Goldbach)

- Meine Eltern, Großeltern, Tanten, Onkel, Cousinen und Klassenkameraden sind dafür, daß auch die restlichen Folgen gekauft werden. (Ute D., Hamburg)

- In Amerika wurden 52 Folgen gedreht. Warum wurden in Deutschland nur so wenige davon gezeigt ? (Thomas H., Esslingen-Hegenberg)

- Zuerst möchte ich Dir meinen herzlichen Dank dafür aussprechen, daß Du Dich als einzige Zeitschrift so eingehend mit dem Thema Monkees beschäftigst. Unsere ganze Familie ist empört und enttäuscht darüber, daß diese lustige Sendung abgesetzt wurde. (Gabriela E., Gladbeck)

- Wenn endlich eine Serie uns gefällt, wird sie gleich wieder abgesetzt. Wir protestieren gegen diese Absetzung. Vielleicht sagen ihnen diese 160 Unterschriften etwas ! (I.B., Groß- Gerau)

- Wir sind sehr enttäuscht, daß diese Serie abgelaufen ist. Warum gönnt man den Jugendlichen nicht auch mal eine Freude ?! Bei einer Umfrage stellte sich heraus, daß von 180 Schülern und Lehrern 153 dafür sind, daß die Serie fortgesetzt wird. (Cornelia B., Bietigheim)

- Wir protestieren !! Wir wollen unsere Monkees wiederhaben. (R.B., Wermelskirchen und 50 Unterschriften)

- Im Auftrag meiner vierzig Klassenkameradinnen. Jeden Monat haben wir uns auf diese fünfundzwanzig Minuten gefreut. Nun sind sie einfach abgesetzt worden. Das darf einfach nicht wahr sein ! Man kann uns Teenagern doch nicht die allerbeste Sendung wegnehmen ! Wieviel Sendungen gibt es für Erwachsene, die uns auch nicht im geringsten interessieren. Da gibt es nun mal eine Sendung für uns, und schon wird sie vom Programm gestrichen. Natürlich, wir haben den "Beat- Club" und "4-3-2-1 Hot and Sweet". Aber genügt denn das ? (Regina R., Büderich)

- Wir haben schon mit 180 Unterschriften an das Zweite Deutsche Fernsehen geschrieben, aber nur ein bedauerndes Antwortschreiben erhalten. Wir glauben aber, daß mehr erreicht werden könnte, wenn noch mehr so begeisterte Fans wie wir mit vielen Unterschriften an das zweite Programm schreiben würden. Wenn das auch nichts hilft, sitzen wohl in den Programmdirektionen der deutschen Fernsehsender laute verstaubte Omas und Opas. (Claudia F., Hannover)

Anmerkung des Autors: auffällig ist insbesondere die starke "Mädchenlastigkeit" der zugesandten Leserbriefe . Darüber hinaus hatte Schreiberin Regina natürlich recht, denn bis auf den "Beat- Club" und "Hot and Sweet" gab es im deutschen Fernsehen dieser Jahre keine weiteren Angebote für Jugendliche.