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    Sonntag, 12. Juni 2016, 18:00

    Stahlnetz

    Diese im engeren Sinn erste deutsche Krimiserie der deutschen Fernsehgeschichte genießt in Fankreisen oft einen ausgesprochen hohen Kultstatus, den ich aus folgenden Gründen nur begrenzt nachvollziehen kann:
    - die Idee und das Konzept zur Reihe stammte nicht originär aus Deutschland, sondern kam mit "Dragnet / Polizeibericht" aus Amerika zu uns,
    - es wurden über einen Zeitraum von immerhin 10 Jahren nur relativ wenige Episoden ausgestrahlt, und diese auch in unterschiedlicher Länge, Qualität und, abgesehen von Heinz Engelmann, mit ständig wechselnden Protagonisten, die der Serie kein "Markenimage" verliehen.
    Dennoch war "Stahlnetz" unter Berücksichtigung dieser kleinen, von den meisten Zuschauern eher am Rande wahrgenommenen Schwächen der Serie von den späten 50ern bis in die späten 60er fast immer ein Straßenfeger.
    Der Grund lag einerseits in der realistischen Gestaltung der Kriminalfälle, die sich an wahren Begebenheiten orientierten. Darüber hinaus "stimmte" die Qualität der meisten Drehbücher, der Kameraführung und vor allem der Schauspielerbesetzung. Erst durch die Kombination aller Faktoren wurde die typische "Stahlnetz- Spannung" erzeugt. Gesagt werden muß allerdings auch, daß das Medium Fernsehen damals noch sehr jung war und dem damaligen Publikum in seiner Freizeit relativ wenige Alternativen zur Verfügung standen.
    Wie dem auch sei: "Stahlnetz" wurde zwischen März 1958 und März 1968 als NDR- Produktion mit 22 Episoden im Abendprogramm der ARD in sehr unregelmäßigen Zeitabständen ausgestrahlt. Vorbild der deutschen Produktion war die erfolgreiche amerikanische Polizeireihe "Dragnet", die mit ihrer ersten Serie zwischen 1952 und 1959 in den USA ausgestrahlt wurde. Die Macher von "Stahlnetz" übertrugen das Konzept auf deutsche Verhältnisse und schufen so die erste deutsche Polizeiserie für ein Millionenpublikum.
    Die Mehrzahl der Drehbücher stammte von Wolfgang Menge, Regie führte Jürgen Roland, der 1956 im Auftrag des NDR eigens für diesen Zweck eine "Bildungreise" in die USA unternommen hatte. Die Titelmusik wurde direkt aus "Dragnet" übernommen. Ende der 60er beendete Menge die Zusammenarbeit mit Jürgen Roland, da ihm die Serie in einem zu "polizeifreundlichen" Licht dargestellt erschien.
    Die Rechtsabteilung des NDR mußte sich im Verlauf der Reihe mit über 30 einstweiligen Verfügungen wegen der Verletzung von Persönlichkeitsrechten herumschlagen, da sich vermeintliche oder tatsächliche Delinquenten durch die in "Stahlnetz" aufgerollten Fälle in einem schiefen Licht präsentiert sahen.
    Die sich an der Realität orientierenden Plots beruhten auf Polizeiprotokollen und wurden anfangs halbdokumentarisch aufbereitet, während in späteren Episoden der Phantasie des Drehbuchautors mehr Raum gegeben wurde. Das Publikum wurde in jeden Fall mit den Worten eingeführt:
    "Dieser Fall ist wahr, er wurde aufgezeichnet nach Unterlagen der Kriminalpolizei. Nur die Namen von Personen, Plätzen und Daten wurden geändert, um Unschuldige und Zeugen zu schützen".
    Die Protagonisten und Nebendarsteller der Serie wurden von wechselnden deutschen Schauspielern dargestellt. Orte der Handlung waren verschiedene, meist nicht näher benannte Städte. Aufgeklärt werden mußten Morde, Raubüberfälle, Autodiebstähle, Brandstiftungen und Sittlichkeitsdelikte. In der ersten Episode war Hellmut Lange als Kommissar Mattern dem Verbrechen auf der Spur. Weitere Ermittler waren vor allem Heinz Engelmann in sieben Episoden, daneben auch Karl- Georg Saebisch und Rudolf Platte.
    In Nebenrollen trat geradezu das "Who is Who" der damaligen ersten Schauspielergarnitur auf, darunter Hannelore Elsner, Grit Böttcher, Jan Hendriks, Wolfgang Völz, Paul- Edwin Roth, Achim Strietzel, Eddi Arent, Edgar Bessen, Alexander Kerst u.v.a.
    Im Jahre 1970 wurde "Stahlnetz" durch den ersten "Tatort" abgelöst.
    Zwischen 1999 und 2003 gab es den Versuch eines "Remake" der Serie mit sechs neuen Episoden, die jedoch bedingt durch den Generationenwechsel beim Publikum keinen großen Anklang mehr fanden.
    In der DDR schuf man 1959 als Gegenentwurf zu "Stahlnetz" die Polizeiserie "Blaulicht", die ebenfalls auf Polizeiunterlagen basierte, oft live übertragen wurde und über 29 Episoden bis 1968 lief.
    Alle 22 digital restaurierten Folgen von "Stahlnetz" sind 2013 in einer Box mit 9 DVD´s erschienen, so daß für Fans der Serie keine Wünsche offen bleiben sollten. Auch auf www.youtube.com finden sich einige Clips zur Reihe, darunter auch der aktuelle Werbetrailer zur DVD- Edition, jedoch z.Zt. keine kompletten Folgen.
    1960 veröffentlichte Wolfgang Menge vier Fernsehbücher nach einzelnen Episoden dieser Reihe, die von Sammlern heute insbesondere in sehr guter Erhaltung gesucht werden, da es sich um die ersten begleitenden Bücher zu einer deutschen Fernsehserie handelt.
    Auch existiert eine Reihe von Hörspielen zur Serie auf CD, die als NDR- Edition angeboten wird und die sich an den Dialogen in den entsprechenden Fernsehepisoden orientiert.
    "Stahlnetz" war die Mutter aller realistisch angelegten deutschen Kriminalserien und ist von daher ein wichtiges und unverzichtbares Stück deutscher Fernsehgeschichte. Für alle fernsehhistorisch Interessierten, Fernsehnostalgiker und Krimifans ist sie eine auch heute immer noch sehenswerte Reihe :thumbsup: .
    Auch wenn ich persönlich der Meinung bin, daß das Team Menge/ Roland in damaligen Zeiten aus diesem interessanten Format noch ein wenig mehr hätte herausholen können :| .