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    Dienstag, 9. Februar 2016, 18:18

    Die Augsburger Puppenkiste

    Als Kind der 60er Jahre habe ich stets mit Begeisterung Puppenfilme aller Art, allen voran natürlich die Serien der "Augsburger Puppenkiste", gesehen. Leider ging die knappe halbe Stunde, in der sich die Kiste öffnete, immer viel zu schnell vorbei, so daß sich manches Mal leichter Frust bei mir breitmachte. Denn Sender wie KiKa oder SRTL gab es für uns damals noch nicht.
    Die "Puppenkiste" wurde am 26. Februar 1948 durch den Schauspieler und Spielleiter der Augsburger Bühne, Walter Oehmichen, als Marionettentheater in der Spitalgasse gegründet. Schon damals war der Andrang zu den Vorstellungen im damals noch arg zerbombten Augsburg so groß, daß sich bald die gesamte Familie Oehmichen dem Puppenspiel widmen konnte. Zu dieser Zeit wurden die Puppen, Dekorationen, Requisiten und sogar die Beleuchtungstechnik fast ausschließlich im Familien- und Freundeskreis gefertigt. Auch eine Wanderbühne gehörte bald zu dem Unternehmen, mit der Tourneen durch Süddeutschland, Österreich und Italien unternommen wurden.
    Der große Durchbruch gelang 1951 mit dem Stück "Der kleine Prinz" von Antoine de Saint- Exupery. Danach dauerte es nicht mehr lange, bis sich auch das Fernsehen für das Marionettentheater interessierte.
    Im Januar 1953 spielte die "Augsburger Puppenkiste", wie sie sich nun nannte, live vor den Kameras des NWDR "Peter und der Wolf". Im gleichen Jahr holte der Regisseur Fritz Umgelter die Puppenkiste zum Hessischen Rundfunk. Am 5. März 1954 erschien erstmals das Markenzeichen der "Kiste" auf dem Bildschirm:
    im Abendprogramm lief "Der kleine Prinz".
    Von nun an arbeiteten die Augsburger zweigleisig. Etwa 9 Monate im Jahr wurden 350 Vorstellungen gegeben; in den Theaterferien drehte dann der Hessische Rundfunk für das Fernsehen im Foyer des Augsburger Puppentheaters. Das führte den Familienbetrieb, dessen Leitung inzwischen Hannelore Oehmichen und ihr Mann H.-J. Marschall übernommen hatten, oft genug an die Grenze seiner Leistungsfähigkeit.
    Einer Fernsehpremiere gingen jedesmal zahlreiche Arbeiten wie Puppenbau, Proben, Kulissenbau, Malerarbeiten, Sprach- und Musikaufnahmen u.v.m. voraus. Alle damaligen Puppen schnitzte Hannelore Oehmichen bei einer durchschnittlichen Anfertigungsdauer von 50 bis 60 Stunden pro Exemplar noch selbst.
    Die Theateraufführungen in der Augsburger Spitalgasse liefen stets unabhängig von den Fernsehproduktionen, da eine Aufführung des "Jim Knopf" oder "Urmel" im Theater rund zwei Tage in Anspruch genommen hätte. Das Fernsehen bot im Vergleich dazu die Möglichkeit weit aufwendigerer Produktionen mit zahlreichen Handlungsorten.
    Der Reiz der TV- Umsetzungen erklärte sich nicht nur aus dem ansprechenden Charme der Puppen und den meist sehr guten Drehbuchvorlagen, sondern auch durch die sehr sorgfältig ausgewählte Musik. Zudem wurden die Lieder der "Puppenkiste" nie in einem großen Tonstudio mit entsprechendem technischen Aufwand, sondern live eingespielt. Gerade die dabei entstandenen winzigen Unzulänglichkeiten machten dabei den Reiz dieses Liedgutes aus, das viele der ehemaligen kleinen Zuschauer auch heute noch nachsingen können.
    1991 gab das Paar Oehmichen- Marschall die Leitung des Puppentheaters an ihren Sohn Klaus weiter. Er hatte die schwierige Aufgabe, das Unternehmen im Zeitalter von Computer und Internet mit einem Team von 12 Puppenspielern und 4 weiteren Mitarbeitern weiter erfolgreich in die Zukunft zu führen.

    Aufstellung der klassischen TV -Umsetzungen der Augsburger Puppenkiste in chronologischer Reihenfolge (bis 1970):

    1958 Cenoduxus, 1 Folge
    1959 Gullivers Reise nach Lilliput, 1 Folge
    1959 Die Schöne und das Biest, 1 Folge
    1959 Familie Löffelohr, 1 Folge
    1959 Die Muminfamilie (Teil 1), 6 Folgen
    1959 Frau Holle, 1 Folge
    1959 Wie das Eselchen das Christkind suchte, 1 Folge
    1960 Aladin und die Wunderlampe, 1 Folge
    1960 Die Muminfamilie (Teil 2), 6 Folgen
    1961 Dr. Johannes Faustus, 1 Folge
    1961 Jim Knopf und Lukas, der Lokomotivführer , 5 Folgen
    1962 Der kleine Prinz, 1 Folge
    1962 So- Hi und das weiße Pferd, 1 Folge
    1962 Jim Knopf und die Wilde 13, 5 Folgen
    1963 Der kleine dicke Ritter, 6 Folgen
    1963 Klecksi, der Tintenfisch, 1 Folge
    1964 Kater Mikesch, 6 Folgen
    1965 Die Museumsratten (Teil 1)
    1965 Der Löwe ist los, 6 Folgen
    1966 Die Museumsratten (Teil 2)
    1966 Kommt ein Löwe geflogen, 4 Folgen
    1967 Die Museumsratten (Teil 3), 6 Folgen
    1967 Der Räuber Hotzenplotz (Teil 1), 1 Folge
    1967 Gut gebrüllt, Löwe, 4 Folgen
    1968 Bill Bo und seine Kumpane, 4 Folgen
    1969 Urmel aus dem Eis, 4 Folgen
    1969 Der Räuber Hotzenplotz (Teil 2), 1 Folge
    1969 Ich wünsch mir was (mit Hilde Nocker)
    1970 Kleiner König Kalle Wirsch, 4 Folgen

    Ab 1966 wurde in Farbe gedreht. Eine Neuverfilmung von "Jim Knopf" erfolgte 1976 ebenfalls in Farbe.
    In den letzten Jahren wurden fast alle der noch vorhandenen TV- Produktionen als DVD- Editionen verlegt, so daß in dieser Hinsicht keine Wünsche offenbleiben. Daneben gab es passende Fan- Editionen in Blechbüchsen- oder Kistenform, die von Sammlern heute bereits gesucht sind.
    Auch auf www. youtube.com finden sich zahlreiche Clips, wobei die derzeitigen Rechteinhaber wohl z.Zt. ein wachsames Auge auf unbefugte Kompletteinstellungen haben.
    Sehr sehenswerte Doku von 2013 zum Thema mit deutlichen Worten von Klaus Marschall zur Entwicklung der "Kiste" seit den 90er Jahren: Planet Wissen- Die Augsburger Puppenkiste. Aktuell bei youtube eingestellt.
    Die frühen Serien der "Kiste" bieten m.E. einige der schönsten Reminiszenzen an unsere Kindheit und werden von mir auch heute immer noch gerne gesehen :thumbup: :thumbup: .

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    Freitag, 12. Februar 2016, 19:02

    Ich kopiere mal einen Beitrag hier herein, den ich vor viereinhalb Jahren in einem anderen Thread gepostet habe. Ich ändere nur die Altersangabe :) (und füge an einer Stelle zwecks besserer Verständlichkeit zwei Worte ein).

    *

    Als ich 18 war, saß ich einmal, ganz Aufmerksamkeit, vor "Urmel aus dem Eis". Mein Vater kam herein und war auf der einen Seite sozusagen etwas enttäuscht (von mir), auf der anderen Seite fand er es wohl irgendwie sympathisch im Sinne von niedlich o.ä. ...

    Heute bin ich 60, und zwischen damals und heute hat sich für mich in Sachen Augsburger Pupenkiste nichts verändert, gar nichts. Nun gut, ich sitze mit einem anderen Bewußtsein davor, aber nicht minder begeistert ...

    :)

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    Samstag, 13. Februar 2016, 16:03

    Ich war in meiner Kindheit auch ein großer Fan der Augsburger Puppenkiste.
    Wie einfach und toll wurde z.B. das Wasser dargestellt... oh Mann, sooo schön.

    Mit meinen Kindern habe ich es dann auch noch ab und zu angesehen und wir haben in der Familie noch einige Videokassetten von Jim Knopf.

    Nur bei mir ist es so, dass ich jetzt gar keine Lust mehr habe, mir so etwas anzusehen. Mir fehlt vielleicht die Ruhe oder die Fantasie oder mir ist es die Zeit nicht wert, die ich davor sitze. Keine Ahnung, aber jetzt mit den Enkeln hat es sich ausgepuppenkistet ! :(

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    Samstag, 13. Februar 2016, 18:01

    Puppenkiste gestern und heute

    Yap, als in die Jahre gekommener Erwachsener schaut man sich in der Regel solche Filme "analytischer" an.
    Als Kinder haben wir selbst vor unserem s/w - Fernseher schnell erkannt, daß das Wasser in Wirklichkeit Plastikfolie war. Hat uns aber nicht weiter gestört.
    Nichtsdestotrotz finde ich auch heute noch die klassischen Filme der Kiste sehr reizvoll und handwerklich außerordentlich gut gemacht. DVD´s habe ich nur von "Jim Knopf", den ich vor ein paar Jahren zusammen mit meinen Kindern geschaut habe.
    Klaus Marschall hat, soweit ich mich erinnere, seine Zusammenarbeit mit dem Fernsehen 1993 auslaufen lassen, da die vom Sender geforderten Inhalte nicht mehr mit seinen Ansprüchen zusammenpassen wollten.
    1997 gab es dann noch einmal einen Achtungserfolg im Kino mit dem Film "Monty Spinneratz", den ich mir in Teilen mal angeschaut habe.
    Vor wenigen Jahren gab es dann die Aussage von KiKa- Redakteuren, daß mögliche Neuproduktionen der "Puppenkiste" zu "langsam" seien und nicht mehr den heutigen Sehgewohnheiten der Kids entsprechen würden. Mittlerweile ist man aber wohl zumindest wieder im Gespräch über eine eventuelle Zusammenarbeit.
    Das Stammhaus in Augsburg schreibt übrigens seit Jahren rote Zahlen, da der reine Puppenspielbetrieb vor Ort nicht mehr kostendeckend ist. Insofern wäre eine erneute Hinwendung zum Fernsehen auch aus wirtschaftlichen Gründen nicht die schlechteste Lösung.