Das waren noch Zeiten!

Bekannt geworden ist er vor allem durch die deutsche Coverversion von "Marina, Marina", dem Erfolgshit von Rocco Granata, zu dem ich noch 1985 im sonnigen Jugoslawien tanzen durfte. Ansonsten ist Will Brandes nicht zuletzt aufgrund seines relativ frühen Karriereendes als Schlagersänger heute weitgehend in Vergessenheit geraten, und dies durchaus zu Unrecht.
Geboren wurde er am 11. Januar 1928 in Münstedt / Landkreis Peine/ Niedersachsen. Zunächst schloß er eine kaufmännische Lehre ab und ließ sich daraufhin in Braunschweig als Operntenor ausbilden, ist wohl aber nie in dieser Funktion professionell in Erscheinung getreten. Ab 1958 versuchte sich Will Brandes stattdessen als Schlagerinterpret, schloß seinen ersten Plattenvertrag bei Electrola ab und spielte einige Coverversionen englischsprachiger Tophits ein, so z.B. "Wach auf little Susie" (Wake Up Little Susie) oder auch "King Creole", den Erfolgstitel von Elvis Presley. Von Anfang an produzierte der Kölner Plattenproduzent Electrola auch Duettaufnahmen von Will Brandes mit verschiedenen Sängerinnen, so z.B. 1958 gemeinsam mit Conny Froboess. Die Titel "Teenager Melodie" und "Ich möchte mit dir träumen" erreichten dabei durchaus respektable Plätze in den Charts der Fachzeitschrift "Musikmarkt". Weitere Gesangspartnerinnen von Will Brandes waren u.a. Ruth Fischer und Hanna Dölitsch. Wie bereits erwähnt, geriet die deutsche Adaption von "Marina, Marina" zu einem seiner größten Hits. Diese Version war zwischen Dezember 1959 und Mai 1960 neunzehn Wochen in den deutschen Charts vertreten, erreichte in der Spitze Platz sieben und wurde als Single bis Ende 1960 über eine halbe Million mal verkauft.
Bis in die frühen 70er Jahre war es durchaus branchenüblich, daß die Musikproduzenten dafür Sorge trugen, daß die von ihnen betreuten Künstler auch über musikalische Unterhaltungsfilme an Popularität und somit auch an Marktanteilen gewinnen konnten. So erhielt auch Will Brandes die Möglichkeit, an zwei Musikfilmen mitzuwirken. Im Jahre 1959 sang er gemeinsam mit Conny Froboess und Rex Gildo in "Hula- Hopp, Conny", und 1960 trat er zusammen mit Bill Ramsey und Dany Mann in dem Film "Das Rätsel der grünen Spinne" auf.
Was Will Brandes nun fehlte, waren zündende Folgehits nach "Marina, Marina", so daß er im Sommer 1961 zur damals größten deutschen Plattenfirma Polydor wechselte. Nach fünf weitgehend erfolglosen Einspielungen, darunter auch eine Duettaufnahme mit "Lolita", gelang Will Brandes im Herbst 1962 nochmals ein großer Erfolg mit dem Titel "Baby- Twist", der unter Plattennostalgikern als Nachfolger des "Babysitter- Boogie" von Ralf Bendix gilt. Pikant war, daß Bendix fast zur gleichen Zeit wie Brandes den "Babysitter- Twist" bei Electrola herausbrachte, so daß sich zwei durchaus ähnlich geartete Produkte fast zeitgleich Konkurrenz machten. Letztlich war Will Brandes mit seiner Einspielung erfolgreicher und konnte sich mit "Baby- Twist" bis auf Platz zwei der deutschen Charts emporarbeiten. Das Baby- Konzept erwies sich in musikalischer Hinsicht als so erfolgreich, so daß Brandes 1963 einen weiteren Song dieser Art unter dem Titel "Baby- Babbel- Bossa Nova" einspielte, der im Dezember 1963 Platz neun in der Zeitschrift "Musikmarkt" einnahm. Fatal war dabei jedoch, daß es sich hiermit gleichzeitig um seine letzte Aufnahme handeln sollte, der ein Sprung in die Hitparade gelang.
Eine Reihe von Fernsehauftritten führte Will Brandes 1963 auch in die DDR, durch die es zu einer Kooperation mit dem bekannten staatlichen Plattenlabel "Amiga" kam.
Im Jahre 1966 lief Will Brandes Plattenvertrag bei Polydor aus und wurde auch nicht verlängert. Im darauffolgenden Jahr nahm er quasi im Nachklang bei der kleinen Firma Alcora gemeinsam mit seiner Tochter Marina noch einmal eine Platte auf und zog sich, abgesehen von einigen späteren Nostalgieauftritten, 1967 weitgehend aus dem Showgeschäft zurück. In den Folgejahren arbeitete Will Brandes als Kaufmann und eröffnete seinen eigenen gastronomischen Betrieb.
Will Brandes, der "Operntenor als Schlagersänger", starb in verhältnismäßig frühen Jahren mit zweiundsechzig am 8. April 1990 in seinem Heimatort Münstedt.

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