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    Samstag, 13. Mai 2023, 16:22

    Alles oder nichts (1956- 1988) oder: TV- Skandal in den USA

    In Anbetracht der langen Laufzeit dieses Quizformats und seiner relativen Beliebtheit ist es eher verwunderlich, daß "Alles oder nichts" verhältnismäßig schwach dokumentiert ist.
    Das Vorbild zur Sendung kam, wie so oft in dieser Zeit, aus den USA, als CBS im Jahre 1955 das Format "The $ 64.000 Question" startete. Dort verfügten am Ende der 50er Jahre bereits 86 Prozent der amerikanischen Haushalte über ein Fernsehgerät, während es 1950 nur 9 % waren, während die Bundesrepublik in diesem Zeitrahmen der Entwicklung nicht zuletzt kriegsbedingt noch etwas hinterherhinkte. "The $ 64.000 Question" war eine Art TV- Version des Gesellschaftspiels "Trivial Pursuit" , die Wissen nicht nur mit Anerkennung, sondern auch mit finanziellem Reichtum honorierte. Um die Einschaltquoten zu steigern, ging man recht bald dazu über, besonders sympathieerweckende Kandidaten zu bevorzugen. Da telegene Wirkung und Intelligenz jedoch nicht immer zusammenliefen, begannen die amerikanischen Programmverantwortlichen bald mit handfesten Manipulationen, die in einem Betrugsskandal mündeten. Obwohl es schon früh Gerüchte über betrügerische Praktiken bei den US- Quizshows gab, dauerte es relativ lange, bis erste amerikanische Zeitungen über die Manipulationen berichteten. Im wesentlichen ging es um Vorwürfe, daß zahlreiche "sympathische" Kandidaten die Antworten auf die kniffligsten Fragen vorab bekommen hätten. Die juristischen Ermittlungen hierzu gestalteten sich schwierig, da die meisten Ex- Kandidaten um ihren Ruf bangten und nicht aussagen wollten. TTD- Producer Howard Felsher gab schließlich die Manipulationen zu und gestand, daß in rund 75 % der US- Rateshows geschummelt worden wäre. Ein weiteres Problem bestand darin, daß die Mogeleien nach damaligem amerikanischen Recht zwar ehrenrührig, aber nicht strafbar waren, da die Amerikaner damals keine Fernsehgebühren bezahlten und somit auch kein finanzieller Schaden entstanden war. Letztendlich wurde lediglich eine kleine Gruppe von Kandidaten und einige wenige Producer wegen Behinderung der Justiz und Falschaussage schuldig gesprochen. Direkte Folge dieser Untersuchungen war jedoch, daß es zu zahlreichen Einstellungen dieser Quizformate kam und eine ganze Reihe von Programmverantlichen und Moderatoren von den Sendern entlassen wurden. Der nun nachhaltig in den USA diskreditierte Name "Quiz Show" wurde durch das Wort "Game Show" ersetzt und Formate dieser Art fortan einer strengen staatlichen Kontrolle unterstellt.
    Bei uns in Deutschland blieb die Entwicklung der Quiz- und Rateshows von diesem Skandal unberührt, da Sendungen wie "Alles oder nichts" oder "Hätten Sie´s gewußt" im quotenunabhängigen öffentlich- rechtlichen Fernsehen der Bundesrepublik damals noch nicht manipulationsanfällig waren.
    "Alles oder nichts" war, wie bereits erwähnt, eine äußerst langlebige Quizsendung der ARD, die zwischen 1956 und 1988 ausgestrahlt wurde. Die zwischen 1956 und 1958 ausgestrahlten Folgen gelten dabei als Vorläufer, da sie lediglich im Vorabendprogramm des Bayerischen Rundfunks gesendet wurden; erst ab 1958 wurde dann auch im Hauptabendprogramm der ARD ausgestrahlt. Die bekanntesten Moderatoren von "Alles oder nichts" waren Erich Helmensdorfer (1967-1972), Günther Schramm (1973-1981) und Max Schautzer (1983-1988 ); daneben moderierten ebenfalls Heinrich Fischer, Wolf Schmidt, Georg Böse und Andreas Grasmüller zeitweise das Format.
    Worum ging es ? Mehrere Kandidaten traten pro Sendung auf, um sich nacheinander vom Quizmaster zu einem selbstgewählten Spezialgebiet befragen zu lassen. Die Themen entstammten fast allen Wissenbereichen, so gab es Themenbereiche wie "Mozart" oder "Schiller", "Fußball", "Olympische Spiele" oder auch Spezialgebiete wie besondere Insekten- oder Edelsteinarten. Gespielt wurde um maximal 8.000,- DM in mehreren Runden, eine zumindest in den Anfangsjahren der Sendung stattliche Summe. In der ersten Runde ging es um ein oder zwei leichte Fragen aus dem Spezialgebiet des Kandidaten mit einer Gewinnsumme von nur 50,- DM. War die erste Runde erfolgreich bewältigt, oblag es dem Kandidaten, ob er sich mit diesem Betrag abfinden oder weiterspielen wollte. Die nächsten Schritte lagen bei 125,-/ 250,- / 500,- / 1000,- / 2000,- / 4000,- und zuletzt bei 8000,- DM. Mit jeder Runde steigerte sich naturgemäß der Schwierigkeitsgrad der Fragen, um eine Runde weiterkommen zu können.
    Seit den 70er Jahren wurde in der Endrunde der jeweilige Kandidat in eine schalldichte Kabine gesetzt, mußte über dreißig Fragen zu seinem Spezialgebiet beantworten und füllte damit fast die gesamte Sendezeit aus, so daß meist nur noch zeitlicher Spielraum für einen Neueinsteiger blieb. Viele Kandidaten kamen aber nicht bis in die Endrunde, sondern stiegen aufgrund ihres hohen Schwierigkeitsgrades bereits vorher aus. Daß ein Kandidat wegen nicht ausreichenden Wissens eine Runde nicht bestand, kam dagegen eher selten vor.
    Bis zur Einführung des Farbfernsehens im August 1967 wurde "Alles oder nichts" als Aufzeichnung gesendet, danach wurde auf Farbe umgestellt und live ausgestrahlt. In seinen besten Jahren erzielte das Quiz in Deutschland zeitentsprechend hohe Einschaltquoten und hatte eine hohen Beliebtheitsgrad. Ein Nachfolgeformat produzierte das ZDF zwischen 1998 und 2002 mit der Quizschow "Risiko!", die auf dem gleichen Grundkonzept wie "Alles oder nichts" basierte.

    www.youtube.com/watch?v=dwqhTCmLSCA