Das waren noch Zeiten!

Im Vergleich zu den hier bereits vorgestellten Schlagergrößen, die ganz überwiegend den 1940er Geburtenjahrgängen angehören, war die Branchengröße Gerhard Wendland Angehöriger einer älteren Generation. Zwar kannte ich einige seiner Titel vorwiegend aus den 60er Jahren, jedoch hatte ich mich bisher mit der Persönlichkeit des von Vertretern meiner Generation gelegentlich als "Schnulzensänger" verteufelten Interpreten bisher nicht näher beschäftigt. Zeit also, dies zu ändern.
Geboren wurde er bereits am 19. April 1916 in Berlin. Ursprünglich wollte er die Laufbahn eines Strafverteidigers einschlagen und begann aus diesem Grund ein Jurastudium, ließ sich aber letztendlich doch an der Musikhochschule seiner Heimatstadt ausbilden, da er sich für eine spätere Karriere als Opernsänger entschieden hatte. Durch den Altmeister und Dirigenten Franz Grothe (1908- 1982) kam er schließlich zur Unterhaltungsmusik, nahm im Jahre 1938 seine erste Schallplatte mit dem Titel "Du warst für mich der schönste Traum" auf und blieb bis zum Kriegsausbruch erfolgreich im Geschäft. So sang er u.a. auch bei Bands mit, die in den Kinos zwischen Vor- und Hauptfilm für musikalische Unterhaltung sorgten.
Der Zweite Weltkrieg unterbrach dann Wendlands musikalische Karriere, er wurde zur Wehrmacht einberufen und geriet später in Gefangenschaft. Nach Kriegsende trat Wendland zunächst als Sänger in amerikanischen Offiziersclubs auf und begann, ab 1948 an seine Vorkriegserfolge anzuknüpfen. Unter anderem zusammen mit Gitta Lind (1925- 1974) wurde er vom Tanzorchester des Bayerischen Rundfunks engagiert und wirkte auch bei dem im November 1948 von Werner Müller gegründeten RIAS- Tanzorchester mit.
Seit den frühen 1950er Jahren gehörte Gerhard Wendland über lange Jahre zu den beliebtesten und meistgefragten Schlagerstars. Im Verlauf seiner Karriere sang er sich mit seinen meist romantischen Titeln nicht nur in die Herzen seiner weiblichen Fangemeinde. Im Jahre 1951 war er mit dem Titel "Das machen nur die Beine von Dolores" überaus erfolgreich, ein Jahr später folgte "Lebewohl du schwarze Rose", 1953 dann "Das Vagabundenlied". Ende 1955 belegte er mit "Bei uns in Laramie" den dritten Platz in den frischgegründeten deutschen Charts, und im Jahre 1960 nahm er in Wiesbaden mit seinem Titel "Alle Wunder dieser Welt" an der deutschen Vorentscheidung des "Grand Prix Eurovision de la Chanson" teil, belegte hier jedoch nur den dritten Platz. 1961 ersang er sich mit dem eleganten Tango "Tanze mit mir in den Morgen" eine Goldene Schallplatte. Der Titel wurde zu Wendlands größtem Hit, hielt sich unglaubliche 46 Wochen in den deutschen Charts und ist heute zu einem unvergessenen Evergreen geworden.
Im Jahre 1962 war Wendland mit seinen Titeln wie "Schau mir noch einmal in die Augen", "Schläfst du schon" sowie mit "Mary Rose" wieder einmal auf den vorderen Rängen der deutschen Charts vertreten. Im darauffolgenden Jahr nahm er mit "Lach doch, wenn´s zum Weinen nicht ganz reicht" an den Deutschen Schlagerfestspielen teil und konnte dort einen respektablen dritten Platz belegen. 1964 nahm er nochmals am deutschen Vorentscheid zum "Grand Prix" teil, blieb jedoch mit seinem Titel "Wohin ist der Sommer" erfolglos. Zum letzten Mal gelang ihm im Jahre 1966 eine Plazierung in den deutschen Charts mit dem Titel "Nein, nein, nein Valentina". Im Jahre 1968 erhielt Wendland, mittlerweile 52- jährig, die Goldene Schallplatte als Anerkennung für seine zwanzigjährige erfolgreiche Tätigkeit als Unterhaltungssänger. Noch im Jahre 1969 trat er in der ersten Ausgabe der "ZDF- Hitparade" mit dem Stück "Liebst Du mich ?" auf. Doch die Zeiten und damit der Musikgeschmack hatten sich geändert. Zwar veröffentlichte Wendland noch bis in die 70er Jahre weitere Einspielungen, wurde jedoch von den nachgewachsenen Generationen trotz seiner herausragenden Stimme weitgehend als angestaubter Schnulzensänger abgetan, so daß seine Auftritte in einigen musikalischen Unterhaltungssendungen, im Theater oder bei Galaveranstaltungen vorwiegend von einem mit ihm gealterten Publikum positiv wahrgenommen wurden.
Gerhard Wendland war begeisterter Fußballfan, bekannte sich seit der Gründung der Fußballbundesliga im Jahre 1963 zu seinem Lieblingsclub Borussia Dortmund und war dort gern gesehener Gast auf der Tribüne.
Gerhard Wendland, der mit seiner angenehm sanften Baritonstimme zu den renommiertesten Vertretern des Schlagers insbesondere in den 50er und frühen 60er Jahren zählte, starb zwei Monate nach seinem achtzigsten Geburtstag am 21. Juni 1996 in seinem Haus in München; seine letzte Ruhe fand er auf dem Friedhof München- Riem.

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