Das waren noch Zeiten!

Neben dem Kinderstar Heintje gehörte der "Schmusesänger" Roy Black in den späten 60er und frühen 70er Jahren zu den absoluten Lieblingsinterpreten meiner Mutter, während ich als heranwachsender Bengel nicht allzuviel mit den beiden anzufangen wußte. Was natürlich auch daran lag, daß beide Sänger ihre Songs mehr auf ein weibliches Publikum zugeschnitten hatten. Als tragisch empfunden habe ich dann im Jahre 1991 den Tod von Roy Black im Alter von nur 48 Jahren, dem es wohl nicht vergönnt war, die Früchte seiner künstlerischen Arbeit zu genießen.
Geboren wurde er im Januar 1943 unter dem bürgerlichen Namen Gerhard Höllerich als ältester Sohn des Kaufmanns Georg Höllerich und seiner Frau Elisabeth. 1958 siedelte die Familie nach Augsburg um, wo Gerhard am Holbein- Gymnasium sein Abitur machte. Am 14. September 1963 gründete er mit Freunden die Rock´n Roll- Band "Roy Black and his Cannons". Sein selbst gewählter Künstlername verwies zum einen auf sein schwarzes Haar und zum anderen auf sein persönliches Vorbild, den amerikanischen Sänger Roy Orbison. Die Band spielte ab Dezember 1963 vor allem gecoverte Titel z.B. von Elvis Presley bis hin zu aktuellen Beatles- Titeln. Mit diesem Repertoire traten sie nicht nur in Augsburger Clubs, sondern auch oft in den drei dort befindlichen großen US- Kasernen auf. Am 16. Juni 1964 gewannen "Roy Black and his Cannons" einen Talentwettbewerb bei einem Schülerball im Augsburger Moritzsaal.
Mittlerweile war auch die Plattenindustrie auf den talentierten jungen Mann aufmerksam geworden, und Polydor- Produzent Hans Bertram lud Roy zu ersten Probeaufnahmen ins Studio ein. Man legte ihm den fertigen Titel "Du bist nicht allein" vor, einen Schlager, der die deutsche Antwort auf Elvis Presleys "Are You Lonely Tonight" sein sollte. Bertram mußte Roy Black regelrecht zu einer Einspielung überreden, da dieser von dem Titel nicht gerade begeistert war. Schließlich wirkten die versprochenen dreihundert Mark Honorar, und Roy knickte ein. "Du bist nicht allein" wurde zum veritablen Hit und landete über Wochen in den Top Ten der deutschen Singlecharts. Roy Black erhielt daraufhin von Polydor einen Scheck über beachtliche 20.000,- DM und wurde für eine weitere Aufnahme ins Studio eingeladen. Der Folgetitel "Ganz in Weiß" von 1966 entwickelte sich zum absoluten Verkaufsschlager und wurde über eine Million mal verkauft, worauf Roy sein Studium der Betriebswirtschaftslehre endgültig an den Nagel hängte und stattdessen Schauspielunterricht nahm. Seine Entscheidung erwies sich zumindest in finanzieller Hinsicht als goldrichtig, denn Folgetitel wie "Leg dein Herz in meine Hände", "Frag nur dein Herz", "Bleib bei mir" oder "Dein schönstes Geschenk" erreichten jeweils die Top 5 der deutschen Charts. Nach weiteren Hits wie z.B. seinem Duett mit Anita Hegerland aus dem Jahre 1971 "Schön ist es auf der Welt zu sein", trennte sich der Erfolgssänger im Jahre 1974 von seinem Produzenten Bertram und entschied sich für eine zweijährige kreative Pause. Bis dahin hatte Roy Black bereits rund zehn Millionen Singles und ca. 1,5 Millionen Alben an seine Fangemeinde verkauft. Infolge erhielt er fünf Goldene Schallplatten und zahllose Auszeichnungen diverser Radiosender. Seine Karriere als Darsteller in Unterhaltungsfilmen der frühen 70er Jahre war nicht minder erfolgreich. Bis 1974 spielte er in zwölf Komödien und Musikfilmen mit, so unter anderem neben Uschi Glas in "Immer Ärger mit den Paukern", "Unser Doktor ist der Beste", "Hilfe, ich liebe Zwillinge" oder "Wenn mein Schätzchen auf die Pauke haut". Anspruchslose Unterhaltungsfilme dieser Art wurden stets mit musikalischen Einlagen des Schmusesängers untermalt, die ihm zu weiterer Popularität verhalfen.
Ebenfalls im Jahre 1974 heiratete Roy Black das Model Silke Vagts. Vielleicht nahmen ihm das seine mehrheitlich weiblichen Fans deutlich übel, denn danach brach seine Karriere merklich ein; seine Plattenumsätze gingen deutlich zurück, und seine Theatertournee "Warum lügst Du, Cherie ?" wurde gleichfalls zum Kassenflop. Mit seinem neuen Produzenten Ralph Siegel startete Roy dann im Jahre 1976 ein erfolgreiches Comeback und schaffte mit neuen Songs wieder den Sprung in die oberen Plätze der Charts. Im gleichen Zeitrahmen übernahm Wolfgang Kaminsky Roy Blacks Management und initiierte 1978 eine Tournee durch die DDR, womit er zum ersten Sänger der Bundesrepublik avancierte, dem eine derartige Tournee von den staatlichen Stellen der DDR genehmigt wurde. Es folgten weitere Plazierungen in den Charts und im April 1979 eine Nordamerika- Tournee, die ihn durch Toronto, Vancouver, San Francisco, Los Angeles, Seattle und Chicago führte.
Im November 1985 wurde Roy Black von seiner Frau Silke Vagts geschieden, worauf er neben bereits früher auftretenden Problemen dieser Art erneut verstärkt dem Alkohol zuprach. Hinzu kam, daß seine neue LP "Herzblut" nicht an seine alten Erfolge anschließen konnte. Im Mai 1986 kam es während eines Fernsehauftritts schließlich zum Eklat, als Roy Black einen Zusammenbruch erlitt und in eine Klinik eingeliefert werden mußte. Einen Monat später wurden ihm in München zwei neue Herzklappen eingesetzt, er mußte gesundheitlich deutlich kürzertreten und erschien erst im Dezember dieses Jahres wieder auf der Bühne.
Im Wendejahr 1989 startete Roy Black in der TV- Serie "Ein Schloß am Wörthersee" noch einmal ein grandioses Comeback als Hoteldirektor Lenni Berger an der Seite von Pierre Brice und Uschi Glas. Auch als Sänger trat er mit diversen Songs wieder ins Rampenlicht und tauchte erneut in den Charts auf. Auch privat schien er wieder Halt gefunden zu haben und lernte Carmen Bönning kennen, die im Jahre 1991 die gemeinsame Tochter Natalie zur Welt brachte. Im Mai 1990 nahm sich sein Vater Georg Höllerich im Alter von 72 Jahren das Leben; im gleichen Jahr übernahm Roy Black die Schirmherrschaft über die Kinderherzhilfe.
Plötzlich und völlig unerwartet starb der bekannte Sänger und Schauspieler Roy Black am 9. Oktober 1991 in seiner Fischerhütte in Heldenstein, wo er sich allein befand, an Herzversagen. Die genauen Umstände seines frühen Todes bleiben bis heute umstritten und gaben Anlaß zu zahlreichen Spekulationen. So soll bei der Obduktion des Leichnams ein hoher Blutalkoholwert von über drei Promille festgestellt worden sein. Auch ein Suizid wurde nicht ausgeschlossen, da Roy Black auf die regelmäßige Einnahme von Herzmedikamenten angewiesen war. Sein Grab in Straßberg bei Augsburg ist in den folgenden Jahrzehnten zu einer Pilgerstätte für Roy Black -Fans geworden. Zeit seines Lebens soll der beliebte Schlagersänger Probleme damit gehabt haben, die Gratwanderung zwischen seiner Rolle der "Kunstfigur Roy Black" und seinem eigentlichen Ich des Gerhard Höllerich angemessen zu bewältigen. Insbesondere sein temporärer Niedergang als Sänger im Verlauf der 70er Jahre hätte ihn zu erheblichen Depressionen veranlaßt.
Im Oktober 1996 wurde der Fernsehfilm "Du bist nicht allein" mit Christoph Waltz in der Rolle des Roy Black erstmals ausgestrahlt. Die öffentliche Meinung über diesen Film war geteilt; während einige ihn als inhaltlich weitgehend authentisch ansahen, hielten andere ihn für überzogen und als Schwarzweißmalerei.

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