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    Sonntag, 12. März 2023, 15:38

    Heino - Der singende Bäckergeselle aus Oberbilk

    Witzigerweise hatte ich in den 70er Jahren eher indirekt zweimal mit ihm zu tun. Zum einen zwischen 1977 und 1979 durch meinen Berufsfachschulbesuch in Düsseldorf- Oberbilk, einem Arbeiterviertel, in dem eine ehemalige Grundschule zur Berufsschule umgewandelt worden war. Hier lernte ich zum ersten Mal kennen, was mit dem "demographischen Wandel" (den Begriff gab es m.E. damals noch nicht) langfristig auf uns zukommen würde. Auch Heino stammte aus diesem "Veedel". Zum Zweiten durch eine Dokumentation über einen Heino- Klub in Deutschland, der ausgerechnet in Haßlinghausen, meinem damaligen Wohnsitz, angesiedelt war. Das kleine Städtchen östlich von Wuppertal war eine der Keimzellen des Ruhrbergbaus im 19. Jahrhundert und verfügte eine entsprechend "rustikale" Bewohnerschaft. Mein alter Herr, der im Ort sein Unternehmen hatte und die Verhältnisse vor Ort einigermaßen kannte, fand diese Doku unsagbar peinlich, während ich eher belustigt war. Leider ist es mir bis heute nicht gelungen, diese Dokumentation noch einmal zu sehen.
    Geboren wurde er am 13. Dezember 1938 unter seinem bürgerlichen Namen Heinz- Georg Kramm in Düsseldorf. Kriegsbedingt siedelten Mutter Kramm und ihre beiden Kinder nach Sachsen um, wo die beiden Kinder dann auch aufwuchsen. Nach Kriegsende kehrte die Familie ins stark kriegszerstörte Düsseldorf zurück, wo sich herausstellte, daß Vater Kramm im Krieg gefallen war. Ab 1952 erlernte Heinz- Georg den Beruf eines Bäckers und Konditors und engagierte sich nebenbei für den in Oberbilk ansässigen Fußballverein SC Schwarz- Weiß. Privat lief nicht immer alles nach Plan; so scheiterte Heinos erste Ehe bereits nach drei Jahren, und auch die darauffolgende nichteheliche Verbindung brachte nicht die erhoffte Stabilität in sein Privatleben. Immerhin hielt Heinos zweite Ehe dreizehn Jahre, dennoch stand er bereits vor seiner Scheidung im Jahre 1978 in engem Kontakt mit seiner späteren dritten Frau, Hannelore Auersperg. Beide hatten sich im Jahre 1972 bei einer Miss- Wahl im österreichischen Kitzbühel kennengelernt. Das Paar installierte eine dauerhafte Beziehung, lebt bis heute zusammen, und Hannelore Auersperg stellte ihre eigene Karriere als Sängerin und Schauspielerin dauerhaft zurück, um ihren Mann fördern und unterstützen zu können.
    Mitte der 60er Jahre erfolgte Heino´s musikalischer Durchbruch aus dem Kreis des damaligen dreiköpfigen "Comedian Terzetts", von dem er sich schließlich lossagte und eine äußerst erfolgreiche Solokarriere startete. Als Karrierhelfer erwies sich dabei in erster Linie Heinos Kollege Ralf Bendix, der den damaligen Endzwanziger am Rande einer Modenschau entdeckte. Daraus entstand nicht nur eine berufliche, sondern auch eine zwanzigjährige freundschaftliche Bindung zwischen den beiden Persönlichkeiten. Allerdings sah Bendix seinen Protegé in erster Linie als Solokünstler und nicht als Sänger im Rahmen einer Formation. Entsprechend bat man Heino ins Aufnahmestudio, um eine erste Single einzuspielen. "Jenseits des Tales (1966) entpuppte sich als ausgesprochener Erfolg, der mit über 100.000 verkauften Singles aufwarten konnte und der nur der Anfang einer ganzen Reihe von Hits war, die Heino überwiegend in den 70er Jahren zu weiteren großen Erfolgen verhalfen.
    In den 80er Jahren wurde es etwas ruhiger um den blonden Barden, der seit den frühen 70ern stets eine dunkle Sonnenbrille trug. Dies nicht als künstlerische "Masche", sondern weil er an Morbus Basedow, dem sogenannten "Stielaugensyndrom" litt. In diesem Zeitrahmen trat er dennoch sehr regelmäßig im Fernsehen auf, sei es in seiner eigenen Show oder als Co- Moderator vergleichbarer Unterhaltungsformate. Ein kleines Comeback gelang Heino im Jahre 1989, als er zur Überraschung vieler Zeitgenossen Rap- Versionen der Titel "Schwarzbraun ist die Haselnuß" und "Enzian" veröffentlichte. Hintergrund war ein Marketing- Gag, mit dem das Heino- Management neue, jugendliche Zielgruppen erschließen wollte, die den Remix der alten Titel auch erstaunlich positiv aufnahmen. Nach einem weiteren darauffolgenden Karriereknick in den 90er Jahren entschloß sich Heino zu einer Abschlußtournee, die ihn im Jahre 2005 in insgesamt 25 Städte führte.
    Sein Rückzug aufs Altenteil war jedoch nicht von allzu langer Dauer. Bereits 2013 kehrte der blonde Barde, der oft genug von interessierten Kreisen in die "rechte Ecke" gestellt worden war, in das Bewußtsein der Öffentlichkeit zurück. Abermals zielte sein Vorhaben auf die Erschließung einer alternativen Fangruppe, die diesmal aus dem Rock- und Poplager stammte. Sein Album "Mit freundlichen Grüßen" katapultierte Heino völlig unerwartet noch einmal an die Spitze der deutschen Charts. Darauf waren zwölf Coverversionen deutscher Erfolgstitel zu hören, die Heino frei nach seinem Gusto interpretiert hatte. Die ungewöhnliche Titelmelange erzeugte sowohl einige Irritationen als auch Zustimmung, hauchte der ehemalige Bäckergeselle diesen Nummern doch frischen Wind ein. Während sich einige auf den Arm genommen fühlten, kam Heinos Erfolgsrezept z.B. bei der Metalband "Rammstein" so gut an, daß die Formation den Barden im gleichen Jahr zum "Wacken Open Air" einlud. Gemeinsam auf der Bühne stehend, intonierte man dort den Rammstein- Song "Sonne".
    Beflügelt von seinen Erfahrungen mit "Rammstein", sprang Heino bereitwillig auf den Metal- Zug auf und unterzog seine Lieder einer gründlichen Neubearbeitung. Was zuvor eingängiges Volkslied oder auch nur ein Schlager war, entpuppte sich nach der "Transformation" als Hardrock erster Prägung. Entsprechend richtete sich der Longplayer "Schwarz blüht der Enzian" an ein nachgewachsenes Publikum, jedoch blieb das Album hinter dem Erfolg seines Vorgängers zurück. Dennoch wurde RTL auf den erstaunlich junggebliebenen älteren Herrn aufmerksam und plazierte Heino im Jahre 2015 als Juror in dem Erfolgsformat "Deutschland sucht den Superstar", in dem er allerdings weniger durch kernige Beurteilungen als durch gelegentliche Nickerchen von sich reden machte.
    Es folgte im Jahre 2019 eine erneute Abschiedstour, die Heino erneut ein überwiegend jüngeres Publikum zuführte. Viele ausverkäufte Häuser und durchweg positive Rezensionen lassen darauf schließen, daß es noch nicht die letzte Live- Performance des mittlerweile über Achtzigjährigen gewesen sein könnte.
    Seit vielen Jahren lebt Heino mit seiner Ehefrau Hannelore in der Kleinstadt Bad Münstereifel, so daß der Ort sich allmählich zu einer Pilgerstätte für viele Heino- Fans entwickelte, die der Stadt zu einem höheren Bekanntheitsgrad verhalfen. Anlaufstelle der zahlreichen Fans war in erster Linie das Café am Rathausplatz, das zwischen 1996 und 2012 von Heino und Hannelore in Eigenregie betrieben wurden. Aufgrund seines vorgerückten Alters hat das Paar mittlerweile seine öffentlichen Auftritte auf ein Minimum reduziert und bewohnt das historische Kurhaus im Ort.
    Heino veröffentlichte im Laufe seiner Karriere mehr als dreißig Alben und 89 Singles, von denen durchaus nicht alle erfolgreich waren, jedoch gelangen ihm aufgrund seiner Wandlungsfähigkeit immer wieder einige Überraschungserfolge wie das Album "Mit freundlichen Grüßen", das zum erstem Nummer eins- Hit in Heinos langjähriger Karriere wurde.

    www.youtube.com/watch?v=mnVg0rGREp0
    www.youtube.com/watch?v=UAU4CAbgxlI