•         *[Home] *[Fernsehen] *[Bücher] * [Comics] *[Musik] *[Alltag] * [Zeitgeschichte] *[Über mich]

    Sie sind nicht angemeldet.

    1

    Dienstag, 6. September 2022, 13:20

    München ´72

    Die Olympischen Spiele in München vom Sommer 1972 waren in doppelter Hinsicht für mich ein tragisches Ereignis. Zum einen wegen der Geiselnahme vom 5. September, die in einer Katastrophe endete, und zum anderen wegen des Todes meiner Mutter, die ebenfalls während der Olympiade 1972 verstarb.
    Nicht verstanden habe ich damals wie heute den Aufruf des IOC- Präsidenten Avery Brundage, "The Games must go on !". Sinnvoller wäre meines Erachtens ein kompletter Abbruch der Veranstaltung gewesen; dem standen aber wohl nicht zuletzt handfeste kommerzielle Interessen gegenüber. Immerhin stieß die damalige Entscheidung des IOC auf zahlreiche internationale Kritik; auch verließen einige wenige Athleten die Veranstaltung, darunter auch fast alle überlebenden Mitglieder der israelischen Olympiamannschaft.
    Noch weniger verständlich ist für mich die heutige devote, ja kriecherische Haltung der Bundesregierung in Form eines Frank- Walter Steinmeier in Bezug auf die Entschädigungszahlungen an die Nachkommen der israelischen Opfer dieser Tage. Von einer "Schuld", ja von einem "Versagen" der Veranstalter im Jahre 1972 kann meines Erachtens in keinem Fall gesprochen werden, wohl aber von schweren operativen Fehlern. München ´72 war der eigentliche Auftakt zu einem Jahrzehnt des internationalen Terrortourismus insbesondere palästinensisch- arabischer Provenienz, und praktisch kein Staat der westlichen Hemisphäre war damals auf Ereignisse dieser Art auch nur annähernd vorbereitet.
    Was geschah Anfang September 1972 in München und wie kam es zu diesen Ereignissen ? Das Olympia- Attentat war ein Anschlag der palästinensischen Terrororganisation "Schwarzer September" auf die Mannschaft der Israelis. Die Aktion begann zunächst als Geiselnahme und endete mit der tragischen Ermordung aller elf israelischen Geiseln sowie mit dem Tod von fünf Arabern und einem Polizisten.
    Im allgemeinen wurden die Sicherheitsvorkehrungen während der XX. Olympischen Spiele in München und Kiel bewußt locker gehalten, um der internationalen Öffentlichkeit ein Image der "heiteren Spiele" zu vermitteln und damit einen bewußten Kontrapunkt zu den Spielen in Berlin von 1936 zu setzen. So sorgten rund viertausend eigens dafür abgestellte Polizeibeamte unbewaffnet und in modischer Zivilbekleidung in und um München für Ordnung. Die Designs der Werbeplakate und des Zeltdaches galten als äußerst modern und gelungen, und nur wenige der Veranstalter ahnten, was im Verlauf dieser Olympiade noch auf sie zukommen würde.
    Die am 5. September über den Sperrzaun des Olympischen Dorfes kletternden acht Palästinenser wurden zwar von Monteuren der Deutschen Bundespost beobachtet, diese hielten sie aber für heimkehrende Sportler, die es mit den Abgrenzungen nicht allzu genau nahmen.
    Die mit AK-47 Sturmgewehren bewaffneten Palästinenser hatten kaum Mühe, die israelischen Sportler zu überwältigen, da diese ihre Zimmertüren nicht abgeschlossen hatten. Dennoch entkamen einige Israelis aus den Fenstern im Parterre, während die Sportler Weinberg und Romano gleich zu Beginn der Aktion erschossen wurden. Nach ersten Verhandlungen von Walther Tröger, dem Bürgermeister des Olympischen Dorfes, und NOK- Präsident Willi Daume wurde schnell klar, daß die Israelis als Geiseln dienen sollten. Gefordert wurde die Freilassung von 328 Gesinnungsgenossen, darunter auch die deutschen RAF- Terroristen Andreas Baader, Ulrike Meinhof und Gudrun Ensslin. Bis heute hoch umstritten und entscheidend für die weitere Entwicklung der Geiselnahme war die Weigerung der israelischen Regierungschefin Golda Meir, auch nur ansatzweise mit den Palästinensern Verhandlungen über die Freilassung arabischer Gefangener aufzunehmen.
    Bald darauf stellten die Terroristen ein Ultimatum und forderten die Freigabe von 200 in Israel inhaftierten Palästinensern sowie freies Geleit für sich und ihre Geiseln in eine arabische Hauptstadt mit einem Flugzeug.
    Wiederholt wurde der Ablauf des Ultimatums verlängert, nachdem das Haus unterdessen von Scharfschützen umstellt worden war. Tragisch für den weiteren Verlauf der Geiselnahme war, daß die Palästinenser mittlerweile aus Funk und Fernsehen vom Aufmarsch der Polizei erfahren hatten, die eine Befreiungsaktion geplant hatte. Man hatte schlichtweg versäumt, den Terroristen den Strom abzustellen und die Presse aus dem Olympischen Dorf zu entfernen.
    Schließlich verlangten die Palästinenser freies Geleit mit ihren Geiseln in die ägyptische Hauptstadt Kairo sowie den sofortigen Abzug aller Scharfschützen. Per Helikopter flogen Geiseln und Geiselnehmer zum nahe gelegenen Fliegerhorst Fürstenfeldbruck, wo eine Boeing 727 auf sie wartete. Diese verfügte jedoch über praktisch kein Kerosin, da die bayerische Polizei geplant hatte, dort "die Sache zu einem Ende zu bringen". Die dort befindlichen fünf Scharfschützen (man ging ursprünglich von lediglich fünf an der Geiselnahme beteiligten Terroristen aus) bestanden jedoch nur aus Streifenbeamten, die nicht an Präzisionsgewehren ausgebildet waren, zumal sie auch nur mit G 3- Sturmgewehren aus Bundeswehrbeständen ausgerüstet waren. Auch das als Flugzeugbesatzung getarnte Kommando der Polizei bestand nur aus freiwilligen Streifenbeamten, die lediglich mit ihren regulären Dienstpistolen ausgerüstet waren. Erschwerend kam hinzu, daß die Scharfschützen angesichts der einbrechenden Dunkelheit keine Nachtsichtgeräte besaßen. Was folgte, war eine zweistündige Schießerei, die mit einem Fiasko endete. Alle Geiseln starben durch eine von den Geiselnehmern in den Helikopter geworfene Handgranate, der Münchener Polizeiobemeister Anton Fliegerbauer wurde durch einen Kopfschuß getötet. Drei Palästinenser konnten überwältigt werden, fünf von ihnen wurden durch die Scharfschützen erschossen.
    Am 12. Tag der Olympiade 1972 fand im Münchner Olympiastadion eine Trauerfeier statt, an der rund 80.000 Besucher teilnahmen. Fatal erscheint, daß bei ausnahmlos allen darauffolgenden Olympiaden seitens des IOC ein offizielles Gedenken an die Tat vom September ´72 verweigert wurde, da "dies andere Mitglieder der Olympischen Gemeinschaft vor den Kopf stoßen könnte". Die drei überlebenden Palästinenser sollten vor Gericht gestellt werden, wozu es jedoch nie kam. Am 29 Oktober 1972 entführte ein palästinensisches Terrorkommando die Lufthansa- Maschine "Kiel", so daß sich die Bundesregierung genötigt sah, die gefangenen zwölf Passagiere gegen die drei Geiselnehmer auszutauschen. Einer der Geiselnehmer lebt heute zurückgezogen an einem unbekannten Ort, während ein zweiter von einem Spezialkommando des Mossad getötet wurde. Auch weitere Mitglieder palästinensischer Terrorgruppen wurden von israelischen Einsatzkommandos in den Folgejahren beseitigt, darunter auch einige Unbeteiligte.
    Als Konsequenz auf die Vorgänge in München wurde in der Bundesrepublik bereits am 26. September 1972 die GSG 9 aufgestellt, die im April 1973 ihre Einsatzbereitschaft melden konnte. Darüber hinaus erfolgte eine bis dahin noch nicht dagewesene Ausweisungswelle von Arabern und speziell von Palästinensern aus Deutschland.
    Zwischen 1972 und 2002 wurden den Hinterbliebenen der Attentatsopfer insgesamt 4,6 Millionen Euro als humanitäre Hilfsleistung ausgezahlt. Im Jahre 2022 wird nach langjährigen Verhandlungen eine weitere Entschädigungssumme in Höhe von ca. 28 Millionen Euro gezahlt werden.

    www.youtube.com/watch?v=FXcOt8ZY3D8

    2

    Samstag, 10. September 2022, 13:29

    RE: München ´72

    Vielen Dank fuer den faszinierenden Artikel.
    Meine Oma muetterlicherseits wohnte bis ca. 1971 in Muenchen (Schwabing) an der Schleissheimer Strasse in der Naehe der beiden Schuttberge (das waren Truemmer aus dem WW II), wo spaeter das Olympische Dorf erbaut wurde. Vor ihrem Umzug nach Bad Harzburg sahen wir uns das neuerbaute olympische Dorf noch an.
    Die Olympischen Spiele in München vom Sommer 1972 waren in doppelter Hinsicht für mich ein tragisches Ereignis. Zum einen wegen der Geiselnahme vom 5. September, die in einer Katastrophe endete, und zum anderen wegen des Todes meiner Mutter, die ebenfalls während der Olympiade 1972 verstarb.
    Nicht verstanden habe ich damals wie heute den Aufruf des IOC- Präsidenten Avery Brundage, "The Games must go on !". Sinnvoller wäre meines Erachtens ein kompletter Abbruch der Veranstaltung gewesen; dem standen aber wohl nicht zuletzt handfeste kommerzielle Interessen gegenüber. Immerhin stieß die damalige Entscheidung des IOC auf zahlreiche internationale Kritik; auch verließen einige wenige Athleten die Veranstaltung, darunter auch fast alle überlebenden Mitglieder der israelischen Olympiamannschaft.
    Noch weniger verständlich ist für mich die heutige devote, ja kriecherische Haltung der Bundesregierung in Form eines Frank- Walter Steinmeier in Bezug auf die Entschädigungszahlungen an die Nachkommen der israelischen Opfer dieser Tage. Von einer "Schuld", ja von einem "Versagen" der Veranstalter im Jahre 1972 kann meines Erachtens in keinem Fall gesprochen werden, wohl aber von schweren operativen Fehlern. München ´72 war der eigentliche Auftakt zu einem Jahrzehnt des internationalen Terrortourismus insbesondere palästinensisch- arabischer Provenienz, und praktisch kein Staat der westlichen Hemisphäre war damals auf Ereignisse dieser Art auch nur annähernd vorbereitet.
    Was geschah Anfang September 1972 in München und wie kam es zu diesen Ereignissen ? Das Olympia- Attentat war ein Anschlag der palästinensischen Terrororganisation "Schwarzer September" auf die Mannschaft der Israelis. Die Aktion begann zunächst als Geiselnahme und endete mit der tragischen Ermordung aller elf israelischen Geiseln sowie mit dem Tod von fünf Arabern und einem Polizisten.
    Im allgemeinen wurden die Sicherheitsvorkehrungen während der XX. Olympischen Spiele in München und Kiel bewußt locker gehalten, um der internationalen Öffentlichkeit ein Image der "heiteren Spiele" zu vermitteln und damit einen bewußten Kontrapunkt zu den Spielen in Berlin von 1936 zu setzen. So sorgten rund viertausend eigens dafür abgestellte Polizeibeamte unbewaffnet und in modischer Zivilbekleidung in und um München für Ordnung. Die Designs der Werbeplakate und des Zeltdaches galten als äußerst modern und gelungen, und nur wenige der Veranstalter ahnten, was im Verlauf dieser Olympiade noch auf sie zukommen würde.
    Die am 5. September über den Sperrzaun des Olympischen Dorfes kletternden acht Palästinenser wurden zwar von Monteuren der Deutschen Bundespost beobachtet, diese hielten sie aber für heimkehrende Sportler, die es mit den Abgrenzungen nicht allzu genau nahmen.
    Die mit AK-47 Sturmgewehren bewaffneten Palästinenser hatten kaum Mühe, die israelischen Sportler zu überwältigen, da diese ihre Zimmertüren nicht abgeschlossen hatten. Dennoch entkamen einige Israelis aus den Fenstern im Parterre, während die Sportler Weinberg und Romano gleich zu Beginn der Aktion erschossen wurden. Nach ersten Verhandlungen von Walther Tröger, dem Bürgermeister des Olympischen Dorfes, und NOK- Präsident Willi Daume wurde schnell klar, daß die Israelis als Geiseln dienen sollten. Gefordert wurde die Freilassung von 328 Gesinnungsgenossen, darunter auch die deutschen RAF- Terroristen Andreas Baader, Ulrike Meinhof und Gudrun Ensslin. Bis heute hoch umstritten und entscheidend für die weitere Entwicklung der Geiselnahme war die Weigerung der israelischen Regierungschefin Golda Meir, auch nur ansatzweise mit den Palästinensern Verhandlungen über die Freilassung arabischer Gefangener aufzunehmen.
    Bald darauf stellten die Terroristen ein Ultimatum und forderten die Freigabe von 200 in Israel inhaftierten Palästinensern sowie freies Geleit für sich und ihre Geiseln in eine arabische Hauptstadt mit einem Flugzeug.
    Wiederholt wurde der Ablauf des Ultimatums verlängert, nachdem das Haus unterdessen von Scharfschützen umstellt worden war. Tragisch für den weiteren Verlauf der Geiselnahme war, daß die Palästinenser mittlerweile aus Funk und Fernsehen vom Aufmarsch der Polizei erfahren hatten, die eine Befreiungsaktion geplant hatte. Man hatte schlichtweg versäumt, den Terroristen den Strom abzustellen und die Presse aus dem Olympischen Dorf zu entfernen.
    Schließlich verlangten die Palästinenser freies Geleit mit ihren Geiseln in die ägyptische Hauptstadt Kairo sowie den sofortigen Abzug aller Scharfschützen. Per Helikopter flogen Geiseln und Geiselnehmer zum nahe gelegenen Fliegerhorst Fürstenfeldbruck, wo eine Boeing 727 auf sie wartete. Diese verfügte jedoch über praktisch kein Kerosin, da die bayerische Polizei geplant hatte, dort "die Sache zu einem Ende zu bringen". Die dort befindlichen fünf Scharfschützen (man ging ursprünglich von lediglich fünf an der Geiselnahme beteiligten Terroristen aus) bestanden jedoch nur aus Streifenbeamten, die nicht an Präzisionsgewehren ausgebildet waren, zumal sie auch nur mit G 3- Sturmgewehren aus Bundeswehrbeständen ausgerüstet waren. Auch das als Flugzeugbesatzung getarnte Kommando der Polizei bestand nur aus freiwilligen Streifenbeamten, die lediglich mit ihren regulären Dienstpistolen ausgerüstet waren. Erschwerend kam hinzu, daß die Scharfschützen angesichts der einbrechenden Dunkelheit keine Nachtsichtgeräte besaßen. Was folgte, war eine zweistündige Schießerei, die mit einem Fiasko endete. Alle Geiseln starben durch eine von den Geiselnehmern in den Helikopter geworfene Handgranate, der Münchener Polizeiobemeister Anton Fliegerbauer wurde durch einen Kopfschuß getötet. Drei Palästinenser konnten überwältigt werden, fünf von ihnen wurden durch die Scharfschützen erschossen.
    Am 12. Tag der Olympiade 1972 fand im Münchner Olympiastadion eine Trauerfeier statt, an der rund 80.000 Besucher teilnahmen. Fatal erscheint, daß bei ausnahmlos allen darauffolgenden Olympiaden seitens des IOC ein offizielles Gedenken an die Tat vom September ´72 verweigert wurde, da "dies andere Mitglieder der Olympischen Gemeinschaft vor den Kopf stoßen könnte". Die drei überlebenden Palästinenser sollten vor Gericht gestellt werden, wozu es jedoch nie kam. Am 29 Oktober 1972 entführte ein palästinensisches Terrorkommando die Lufthansa- Maschine "Kiel", so daß sich die Bundesregierung genötigt sah, die gefangenen zwölf Passagiere gegen die drei Geiselnehmer auszutauschen. Einer der Geiselnehmer lebt heute zurückgezogen an einem unbekannten Ort, während ein zweiter von einem Spezialkommando des Mossad getötet wurde. Auch weitere Mitglieder palästinensischer Terrorgruppen wurden von israelischen Einsatzkommandos in den Folgejahren beseitigt, darunter auch einige Unbeteiligte.
    Als Konsequenz auf die Vorgänge in München wurde in der Bundesrepublik bereits am 26. September 1972 die GSG 9 aufgestellt, die im April 1973 ihre Einsatzbereitschaft melden konnte. Darüber hinaus erfolgte eine bis dahin noch nicht dagewesene Ausweisungswelle von Arabern und speziell von Palästinensern aus Deutschland.
    Zwischen 1972 und 2002 wurden den Hinterbliebenen der Attentatsopfer insgesamt 4,6 Millionen Euro als humanitäre Hilfsleistung ausgezahlt. Im Jahre 2022 wird nach langjährigen Verhandlungen eine weitere Entschädigungssumme in Höhe von ca. 28 Millionen Euro gezahlt werden.

    www.youtube.com/watch?v=FXcOt8ZY3D8

    3

    Samstag, 10. September 2022, 16:21

    Olympia ´72

    Insbesondere die Zeltdacharchitektur hatte schon was, sie wurde unter anderem auch auf dem Briefmarkenblock von 1972 verewigt. Sehr gut sahen auch viele der Werbeplakate mit Anklängen an die damals sehr moderne Pop- Art aus. Das Maskottchen "Olympia- Waldi" scheint dagegen nicht der übermäßig große Renner gewesen zu sein. Olympia- Memorabilien von 1972 stellen heute ein eigenständiges Sammelgebiet dar und können durchaus ordentliche Preise erzielen.