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    Dienstag, 10. Mai 2022, 21:28

    Apollo 15 und der Mondbriefskandal

    Im späten Frühjahr 1971 begann ich mit dem "ernsthaften" Sammeln von Briefmarken, indem ich einige Länderabos bei der Firma H.E. Sieger abschloß. Im gleichen Jahr begann Sieger, in seiner Hauszeitschrift "Siegerpost" Briefe zu bewerben, die mit Apollo 15 zum Mond geflogen waren und von den Astronauten David Scott, James Irwin und Alfred Worden eigenhändig unterzeichnet worden waren. Soweit ich mich erinnere, bot Sieger diese Belege mit entsprechendem Echtheitszertifikat für DM 4850,- DM an, für mich als sammelnder Schüler im wahrsten Sinne ein unerreichbarer "Mondbetrag". Was ich damals nicht wußte, war, daß sich der Verkauf dieser Mondbriefe zu einem handfesten Skandal entwickeln sollte, der u.a. das weitgehende Karriereende der daran beteiligten Astronauten zumindest bei der NASA bedeutete und zu schärferen Regeln für die Mitnahme von persönlichen Gegenständen bei den darauffolgenden Mondflügen führte.
    Aber fangen wir beim Beginn dieser "Briefmarkenaffäre" an. Die Idee, spezielle Briefumschläge zum Mond zu befördern und anschließend lukrativ zu veräußern, stammte von dem Briefmarkenhändler Hermann Walter Sieger aus Lorch/ Württ., einem der damals Großen der Branche. Dieser lernte im Jahre 1970 einen gewissen Horst Walter Eiermann kennen, seines Zeichens Vice President des Dyna-Therm Konzerns, der u.a. Zulieferer für das Kennedy Space Center war. Eiermann war durch seinen Job mit vielen amerikanischen Astronauten der damaligen Jahre eng befreundet. Im Frühjahr schlug Eiermann den drei Astronauten von Apollo 15 vor, für ihn hundert Briefumschläge zum Mond mitzunehmen. Im Gegenzug bot der Manager den Astronauten David Scott, James Irvin und Alfred Worden drei Sparbücher mit jeweils 7000 Dollar an. Die drei stimmten zu und beschlossen, noch weitere dreihundert Umschläge mit zum Mond zu nehmen.
    Zwar war es den Astronauten der NASA grundsätzlich erlaubt, einige persönliche Gegenstände mit auf ihre Raumflüge zu nehmen, nicht gestattet war es jedoch, diese später als kommerzielle Souvenirs zur persönlichen Bereicherung zu verkaufen. Als Apollo 15 am 26. Juli 1971 startete, führten die Astronauten 243 genehmigte Briefumschläge bei sich, darunter auch einer, der auf der Mondoberfläche von Scott abgestempelt wurde. Darüber hinaus befanden sich noch zahlreiche ungenehmigte Umschläge an Bord.
    Apollo 15 landete am 7. August 1971 wohlbehalten wieder im Pazifik und die Astronauten wurden an Bord der USS Okinawa gebracht. Dort klebten sie auf insgesamt 542 Umschläge zwei 8- Cent Sondermarken, die vom Postamt des Schiffes noch am gleichen Tag abgestempelt wurden. Damit trugen die Gedenkumschläge Stempel vom Start- und vom Landetag von Apollo 15. Scott, Worden und Irvin signierten all diese Belege auf dem Flug von Hawaii nach Houston.
    Am 2. September 1971 schickte Scott die einhundert vereinbarten und zertifizierten Umschläge an Eiermann, der sich zu dieser Zeit in Stuttgart befand und der die Gedenkbelege an Hermann Walter Sieger weiterreichte. Sieger bezahlte dafür eine heute nicht mehr bekannte Summe und bot die Briefe, die damals als "Mondbriefe" eine Sensation für viele Sammler darstellten, öffentlich zum Kauf an. Im November 1971 waren bereits 99 Mondbriefe zum Preis von jeweils 4850,- DM verkauft.
    Als die NASA im Juni 1972 von der gesamten Affäre erfuhr (ursprünglich sollten die Briefe erst nach Beendigung des Apollo- Raumfahrtprogramms angeboten werden), beschlagnahmte sie insgesamt 358 "inoffizielle" Umschläge und leitete eine förmliche Untersuchung ein. Die "schuldigen" drei Astronauten wurden förmlich abgemahnt , und ihre aktive Karriere als Raumfahrer war damit ebenfalls beendet.
    Von nun an durften nur noch maximal zwölf Gegenstände mit einem Gesamtgewicht von weniger als 230 Gramm von jedem Astronauten mit ins All genommen werden. Mit dem Skandal der Mondbriefe von Apollo 15 befaßte sich ebenfalls der US- Senat. Da aber keine Gesetze übertreten worden waren, sondern lediglich NASA- interne Anweisungen, sah man keinen Handlungsbedarf. Auch stellte sich bei dem Verfahren heraus, daß bereits früher ungenehmigte Gegenstände von einzelnen Astronauten mitgeführt worden waren.
    James Irwin schied am 31. Juli 1972 aus der NASA aus. Alfred Worden wechselte an das Ames Forschungszentrum in Kalifornien und verließ die NASA im September 1975. David Scott wurde Leiter des Dryden Flight Research Center an der Edwards Air Force Base. Er verließ die NASA im Oktober 1977.
    Im Januar 2019 wurde auf der Messe "Antik & Kunst" in Sindelfingen einer der Mondbriefe von 1971 ausgestellt, der mit einem Startpreis von 22.000,- Euro versteigert werden sollte. Zu diesem Startpreis wurde jedoch kein Gebot abgegeben, so daß der Brief unverkauft blieb. Im gleichen Jahr wurde auf einer Hamburger Auktion einer dieser Belege für 11.000,- Euro versteigert. Der glückliche Erwerber soll aus Asien stammen.
    In der ZDF Unterhaltungssendung "Bares für Rares" vom 9. Mai 2022 wurde einer der Mondbriefe von Apollo 15 für 2.000,- Euro verkauft. Was wieder einmal beweist, daß hochwertige Exponate dort eher fehl am Platz sind ;) .