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    Dienstag, 1. März 2022, 15:09

    Hansrudi Wäschers Tibor - Held des Dschungels

    Die seltsame Entstehung der Dschungelserie "Tibor" im September 1959 war ausschließlich dem Umstand zu verdanken, daß Walter Lehning juristisch zur Einstellung seines Erfolgsformats gezwungen wurde, nachdem er vor Gericht gegen den italienischen Lizenzgeber unterlag und "Akim" nicht mehr weiterführen durfte. Nun mußte schnellstmöglich eine neue Dschungelserie her, und sein Hauszeichner Hansrudi Wäscher stampfte "Tibor" innerhalb einer Woche aus dem Boden. Allerdings bemühte sich der Zeichner, seinen neuen Helden gegen Pedrazzas Akim insofern abzugrenzen, indem Tibor nicht etwa bereits als Baby nach Afrika gelangt, sondern als bereits erwachsener Millionenerbe, der über die entprechende Zivilisationserfahrung verfügt und sich bewußt für ein "Leben in der Natur" entscheidet. Ein weiterer Unterschied liegt in der genaueren geographischen Verortung des neuen Lehning- Helden, da sein Boot zwischen Malindi und Mombasa stoppt und das Wasserflugzeug direkt nach Nairobi fliegen soll. So läßt sich die weitere Handlung durchaus im Vierländereck Sudan, Äthiopien, Kenia und Uganda ansiedeln.
    Unsere Geschichte beginnt mit der Reise des jungen Millionenerben Gary Swanson, der sich mit seiner Yacht "Stella Maris" auf seiner Reise um den schwarzen Kontinent befindet. Gary will die Fauna Afrikas beobachten und filmen, doch wird er unversehens zum Opfer seines von Eifersüchteleien geplagten Cousins, der sich ebenfalls an Bod befindet. Dieser unterschlägt kurz vor dem Start des Flugzeugs glattweg eine Unwetterwarnung, so daß Gary bald in ein Tropengewitter gerät und abstürzt. Der Pilot übersteht den Absturz nicht, Gary dagegen überlebt, leidet unter Amnesie und befreit umgehend einen großen Affen, der von einem umgestürzten Baum am Boden eingeklemmt ist. Prompt erhält er von diesem seinen neuen Dschungelnamen: Ti-Bor, der Hilfsbereite. Der Gorilla Kerak bringt Gary/ Tibor zu seinem Volk, wo der Zweibeiner jedoch rundweg auf Ablehnung stößt, so daß sich die beiden auf den Weg in eine unbekannte Zukunft machen.
    Tibor, der bereits in seinem früheren Leben ein ausgezeichneter Sportsmann war, paßt sich leicht den harten Bedingungen des Dschungellebens an und lernt nun ebenfalls, die Sprache der großen Affen zu verstehen und die Gefahren des Dschungels stets rechtzeitig zu erkennen. Bald ist seine alte Kleidung zerfetzt, und er tauscht diese gegen einen Lendenschurz aus dem Fell eines getöteten schwarzen Leoparden ein. Bald darauf spüren die Freunde einen ausgewachsenen Tyrannosaurus Rex auf, dem nur beizukommen ist, indem Tibor ihn über eine Klippe in die Tiefe stürzen läßt und Kerak dem Ungeheuer mit einem Felsbrocken den Rest gibt. Was folgt, ist der Showdown des Dschungelhelden mit dem Leittier der Gorillas, Bulgo, durch den Tibor zum Stammesführer der großen Affen aufsteigt.
    Gleichzeitig ist Tibors Erinnerung an sein Vorleben wieder zurückgekehrt, und der Dschungelheld begibt sich zum nächsten Posten der englischen Kolonialverwaltung. Doch, wieder in der Zivilisation angelangt, erwartet ihn eine böse Überraschung. Sein mißgünstiger Vetter hat Gary Swansons gesamtes Vermögen mittlerweile verschleudert, und auch seine schnöde Freundin Judy hat am Vortag einen anderen geehelicht. Frustriert beschließt Tibor daher, in den Dschungel zurückzukehren, wo er sich zu "seinen" Gorillas begibt und gemeinsam mit Kerak in das "Tal der glitzernden Steine" geht, damit er den Major der Dschungelpolizei für das Überseeferngespräch mit seinen New Yorker Anwälten entschädigen kann.
    Nicht ganz einfach gestaltete sich, so erinnerte sich Hansrudi Wäscher später, die Suche nach einem passenden neuen Namen für seinen Dschungelhelden. Wäscher: "Das ist eine groteske Geschichte. Mir fiel zunächst kein Name ein. Meiner Frau auch nicht. Wir überlegten stundenlang, krochen schließlich über die Landkarte und versuchten, einen zugkräftigen Namen zusammenzubasteln. Wir hatten schließlich eine Liste von ungefähr achtzig Vorschlägen und kamen so auf den Namen Tibor. Einige Tage, nachdem ich das erste Heft abgeliefert hatte, sah ich an einer Litfaßsäule ein Plakat mit einer Konzertankündigung. Der Name des Dirigenten war Tibor...Bis dahin wußte ich nicht, daß Tibor ein osteuropäischer Vorname ist !...Um ein Haar hätte ich die Serie allerdings nicht Tibor, sondern Tabor genannt. Ich war heilfroh, daß ich den Namen wegen des dunklen Klangs nicht nahm, denn später erfuhr ich,, daß es bei dem italienischen Akim- Verlag bereits eine Serie dieses Namens gab ! Das wäre fatal gewesen, die Italiener hätten bestimmt gesagt: Was denn, jetzt lassen sie endlich den Akim verschwinden und nehmen dafür den Tabor ?"
    Zweifelsfei identifizierte sich Wäscher stärker mit seiner neuen Kreation "Tibor" als mit der Fortführung des Pedrazza- Akim, ersichtlich vor allem an den Settings und den sehr dichten Bildkompositionen, bestehend aus einem dichten Geflecht dicker Stämme, knorrigen Wurzeln, verwachsenen Ästen, borstigem Gestrüpp, Farnen, Lianen und Palmbüscheln. Verbirgt sich Tibor in seiner Dschungelflora, dann scheint er oft regelrecht mit ihr zu verschmelzen.
    In seinem nächsten Abenteuer legt Tibor Diamantenräubern das Handwerk und legt dabei im Kontrast zu seiner Dschungelwelt jetzt weite Strecken über Steppe und Savanne zurück. Ganz verzichten auf die Errungenschaften der Zivilsation mag er letztendlich doch nicht, denn nach der Ablieferung der Diamantengangster auf der Polizeistation bringt er einen soliden Dolch mit zurück in den Dschungel, der ihm fortan treue Dienste leisten wird. Kurz darauf kommt das Messer bereits zum Einsatz, als Tibor einen an Pfählen aufgehängten Eingeborenen losschneidet, dessen Sohn einem riesigen Büffel geopfert soll, damit dieser "Tödliche Schatten" die Dorfbewohner in Zukunft verschont. Auch dieses Anforderung bewältigt unser Dschungelheld und stößt in seinem nächsten Abenteuer auf ein Filmteam, dessen überdrehter Jungstar Teddy wild im Dschungel herumknallt. Tibor setzt dem Filmteam daraufhin eine Frist, sein Gebiet zeitnah wieder zu verlassen, was dieses jedoch ignoriert und seine Dreharbeiten munter weiter fortsetzt. Doch dann wird die Angelegenheit plötzlich brisant, als Starlet Teddy verschwindet, eine Lösegeldforderung eintrifft und Tibor den Jungen befreien muß, nachdem er zwischenzeitlich in Verdacht geraten ist, selbst hinter der Entführung zu stecken. Das Abenteuer hat den bis dahin hochnäsigen, überdrehten Teddy in einen völlig normalen, netten Jungen verwandelt, der zukünftig nur noch mit dem abgerichteten Hund der Entführer filmen will.
    Erstmalig treten in diesem Abenteuer auch zwei kleine Affen auf, die in den Folgeheften noch eine bedeutende Rolle spielen werden...

    www.youtube.com/watch?v=z6YGDyUsUeI
    www.youtube.com/watch?v=nSNjbFzVm7E

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    Freitag, 4. März 2022, 15:21

    Hansrudi Wäschers Tibor - Om-El und Professor Dobbs

    Nachdem die Filmcrew ihr Abenteuer glücklich überstanden und den "Set" wieder verlassen hat, erreichen Tibor und sein Freund Kerak ein von Weißen bisher noch nie betretenes Dschungelgebiet. Damit sie nicht nur zu zweit bleiben (im Gegensatz zu Tarzan und Akim hat Tibor keine Freundin), treten jetzt Pip und Pop auf, zwei Affenbrüder, die von nun an zur ständigen Ausstattung der Tibor- Hefte gehören und als Sidekicks agieren. Doch die Idylle mit spaßigen Einlagen bleibt nicht lange ungetrübt, denn während des Baus von Tibors Baumhaus erscheint plötzlich ein schwarzer Krieger aus dem "Land jenseits der Toten Sümpfe", bei dem es sich um den Häuptlingssohn aus dem Stamme der Ma- Angas handelt. Om-El verlor den Zweikampf um die Häuptlingswürde gegen seinen Mitwerber Om-Tul, da seine Streitaxt mutwillig vor dem Kampf beschädigt wurde. Tibor verspricht, Om-El zu seinem Recht zu verhelfen, sofern sein Stamm niemals das Gebiet von "Tibors Dschungel" betritt, und dieser willigt freudig ein. Und so macht sich Tibor mit dem Häuptlingssohn auf in das "Tal der Ungeheuer", in dem es von Dinosaurieren und steinzeitlichen Ogk- Kriegern nur so wimmelt, und gelangt schließlich in das von Vulkanen umgebene Ma-Anga Dorf, in dem ein finsterer Zauberer sein Unwesen treibt. Tibor gelingt es nach zehn Heften, dem Finsterling das Handwerk zu legen, und er verbannt den Zauberer zur Strafe auf Lebenszeit in das "Tal der Ungeheuer".
    Kaum ist Tibor zu seiner Baumhütte zurückgekeht, findet er den Dschungel mit Ausnahme von Pip, Pop und Kerak völlig von den Tieren verlassen vor. Grund dafür ist ein "großer Vogel", nämlich ein Flugzeug, das Gegenstände fallen läßt, aus denen roter Rauch aufsteigt. Alsbald findet Tibor eine der Rauchbomben mit einer Nachricht des Majors der Dschungelpolizei, in der um dringende Vorsprache des Dschungelhelden bei der Polizeistation gebeten wird. Auf seinem Weg dorthin stößt Tibor auf Zerstörungen und verbrannte Dörfer, und bei der Dschungelpolizei erfährt er von der Entführung mehrerer weißer Kinder, hinter denen der fanatische Tumbuku steht, der alle Weißen haßt. Zum Schluß dieses Ende 1960 von Tibor erfolgreich bewältigten Abenteuers wird in der weißen Siedlung ein großes Fest gegeben, auf dem er einen gewissen Professor Dobbs und seine Assistentin, Miss Hudson kennelernt. Beide wollen am nächsten Tag zu einer Expedition in ein unerforschtes Gebiet, in dem noch Dinosaurier vermutet werden, aufbrechen. Tibor ahnt, daß es sich dabei um "das vergessene Tal hinter den Großen Sümpfen" handeln muß, und wird gleichzeitig von Major Bradstone gebeten, eine über seinem Dschungelbiotop abgestürzte Venus- Forschungsrakete zu suchen. Schweren Herzens erklärt sich unser Held bereit, die beiden Wissenschaftler in die Region zu führen, und er entdeckt zunächst den "schleichenden Tod", nämlich ein alles tierische Leben verschlingendes pflanzliches Ungeheuer, das mit der Venussonde auf die Erde gelangt ist. Das riesige Gewächs wuchert mit großer Geschwindigkeit und verfolgt seine Opfer mit seinen mit Saugnäpfen gespickten Trieben. Aus dieser Ausgangssituation entwickelt sich ein langanhaltendes, packendes Abenteuer, in dem Tibor die Monsterpflanze am Ende vernichtet, indem er ihr das Wasser abgräbt. Was bleibt, ist die Expedition von Professor Dobbs, der sich partout nicht von seinem Weg in das vermeintliche Saurierbiotop abbringen lassen will. Schließlich bereiten der Expedition allerdings Menschen weit größere Probleme als die Saurier, denn Professor Dobbs und Miss Hudson geraten in die Gewalt hellhaariger Krieger, die sich als Abkömmlinge von streifenden Wikingern entpuppen. Was sich daraus entwickelt, ist eine fast schon bizarr anmutende Erzählung um Riten und Mythen, Bräuche und alten Aberglauben, in deren Verlauf Tibor in dem Heftchen "Der große Knochenzauber" vom Sommer 1961 gebirgige Höhen und eine eisige Schneewüste durchquert, dort den weißen Gorilla Grof besiegt und auf dem Rücken eines Urwaldsauriers durch die Lüfte gleitet. Nach einem Dreivierteljahr voller Piccolo-Abenteuer befinden sich die Forscher in Sicherheit; allerdings bereitet Professor Dobbs weiterhin Probleme, da er unbedingt einen lebenden Saurier in die zivilisierte Welt transportieren will. Nach weiteren knapp zwei Monaten hat Tibor Dobbs endlich eingeholt und findet diesen, wie könnte es anders sein, am Marterpfahl der Tombos vor. Der Professor zeigt sich nun allerdings endgültig geläutert und verschwindet nach beachtlichen fünfundsiebzig Streifenheftchen endgültig aus Tibors Leben.
    Im April 1962 knüpft Hansrudi Wäscher wieder an realere Ereignisse an, denn Polizisten wollen Tibor verhaften, da er im Verdacht steht, mithilfe von Pip und Pop Diamanten zu schmuggeln, die zur Finanzierung von Waffenkäufen schwarzer Unabhängigkeitsgruppen dienen. Um sich von diesem Verdacht reinzuwaschen, recherchiert Tibor auf eigene Faust und gerät dabei in die Fänge des Zauberers Wukingali, der zur Gruppe der "Brüder der Schwarzen Mamba" gehört. Unser Held trifft auf ein Netz von Intrigen und Machenschaften, in die neben verschiedenen schwarzen Stämmen sogar die steinzeitlichen Ogk- Krieger aus dem "Gebiet jenseits der Toten Sümpfe" eingebunden sind. Schließlich outet Tibor als Verursacher dieses Schurkenstücks weiße Geschäftsleute, die die Schwarzen zur Durchsetzung ihrer Interessen instrumentalisiert haben, und nicht nur in deren Dörfern, sondern auch in einigen "vornehm eingerichteten Büros" der Weißen klicken daraufhin die Handschellen.
    Natürlich handelte es sich bei diesen Wäscher-Abenteuern unter Einbeziehung von Riesenspinnen, Voodoozaubern und Flugdrachen nicht um die Widerspiegelung der realen politischen Konflikte der 50er (Mau-Mau Aufstand) und frühen 60er Jahre in Kenia. Und dennoch war die aktuelle Bezugnahme dieser Thematik äußerst bemerkenswert und für ein deutsches Comicformat dieser Jahre beispiellos.
    Nach diesen überstandenen langwierigen Abenteuern findet Tibor seine Urwaldhütte nur noch reichlich verwahrlost vor, doch alle Dschungeltiere heißen ihn herzlichst willkommen, und er ist froh, wieder zu Hause zu sein. Allerdings stößt er bereits am Ende des Heftes "Wilde Flucht" auf seltsame Riesenspuren, hinter denen ein großes, fleischfressendes Kaninchen steckt. Kurz darauf wird der Stamm der Lotumbas von einem riesigen Panther vertrieben, und beide Ungetüme erweisen sich als Schöpfungen des irren Wissenschaftlers Timothy Peterson, der mit wachstumsfördernden Stoffen experimentierte, "um den Hunger in der Welt zu bekämpfen".
    Als Wäschers Geschichte erstmals Anfang 1963 in den Piccolos erscheint, will man den Wissenschaftler deswegen in eine Nervenheilanstalt einweisen, weshalb er seine Versuche in der Steppe fortsetzt, die an Tibors Dschungel grenzt, und wo er mittlerweile auch mit Menschen experimentiert. Tibor bereitet in dem Heft "Das Ende des Schrecken" im April 1963 dem ganzen gewalttätigen Spuk relativ schnell ein Ende.
    Damit endete im Frühjahr 1963 nach rund dreieinhalb Jahren und fast zweihundert Streifenheftchen auch vorläufig die Tibor- Saga, da Lehning zu dieser Zeit die Produktion sämtlicher Piccolo- Serien einstellen ließ. Eine nicht ganz unbedeutende Ära der deutschen Comic- Geschichte ging zu Ende.

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    Samstag, 5. März 2022, 15:49

    Hansrudi Wäschers Tibor - Die Piccolo- Großbände

    In den frühen sechziger Jahren hatte sich das bundesdeutsche "Wirtschaftswunder" des ersten Nachkriegsjahrzehnts in eine stetig andauernde Hochkonjunktur mit einer Arbeitslosenquote von weniger als einem Prozent verfestigt. Der damit allmählich wachsende Wohlstand breiter Bevölkerungsschichten führte auch zu veränderten Ansprüchen auf dem deutschen Comicmarkt. Die von Lehning über ein Jahrzehnt erfolgreich verlegten Streifenheftchen in s/w hatten sich mittlerweile überlebt, und praktisch alle Konkurrenzformate waren durchgehend farbig gedruckte "Großbände". Walter Lehning sah dagegen nicht den gesellschaftlichen Wandel als Ursache für die sinkenden Auflagen der Piccolos, sondern vor allem die Widerstände des Einzelhandels, dem durchaus nachvollziehbar die Gewinnspanne zu niedrig erschien und dem darüber hinaus das "Handling" und die Präsentation der kleinformatigen Verlagsprodukte Probleme bereitete.
    Walter Lehnings Anwort darauf war ab Februar 1964 der "Piccolo- Großband", ein Produkt mit drei untereinander gedruckten Piccolos im Großbandformat. In der Mitte fand man als deutsche Erstveröffentlichung die aus Italien stammende Reihe "Kit- der Ranger", darunter einen Nachdruck der bereits erschienenen Nick- Piccolos, und am Oberrand "Tibor- Sohn des Dschungels" mit völlig neuen Abenteuern. Im Prinzip eine pfiffige Idee des Verlegers, die durchaus ihre Abnehmer fand und durch die Tibor knapp ein Jahr nach der Einstellung aller Piccolos wieder zum Leben erweckt wurde. Dieser liegt nach einem Bad entspannt unter einem Sonnensegel und schaut sich die Streiche von Pip und Pop an, als Eingeborene vom Stamm der O´Gogos auf ihn zukommen und den Dschungelhelden um einige Diamanten bitten. Tibor beschließt, der Sache auf den Grund zu gehen, woraus sich ein über zehn Hefte erstreckendes Katz- und Maus- Spiel entwickelt. Erst danach wird die ganze Angelegenheit klarer, als aus einer Höhle eine riesige Spinne mit einer darauf sitzenden, maskierten weißen Frau auftaucht, die sich den Eingeborenen als "Spinnengöttin" verkauft und diese um zahlreiche Diamanten nötigt, um den Zorn der Göttin zu besänftigen. Die Riesenspinne entpuppt sich schließlich als mechanisches Überbleibsel aus einer Filmproduktion, und die Spinnengöttin demaskiert sich als Hilda, die zu einer Bande von Weißen gehört, in deren Gewalt Tibor schließlich gerät. Dennoch gelingt es ihm, dem ganzen Spuk ein Ende zu bereiten, die beiden männlichen Bandenmitglieder werden von den empörten O´Gogos niedergemacht, und Hilda soll geopfert werden. Tibor befreit heimlich die "Spinnengöttin", um den Frieden zwischen ihm und den O´Gogos nicht zu gefährden. Und da Hilda deutliche Anzeichen von Reue zeigt und Krankenpflegerin werden möchte, um ihr Unrecht wieder gutzumachen, kommt es sogar zu einer lauschigen Umarmung zwischen ihr und Tibor.
    Der Übergang zu einem neuen Abenteuer ist dann fließend. Als Tibor mit Hilda den Polizeiposten erreicht, von dem aus sie in die Zivilisation zurückkehren soll, findet er die Beamten erschossen vor, wonach er sich der Expedition des französischen Professors Lambertin anschließt, der sich auf den Spuren der legendären Nandi- Bären befindet und in dessen Team Tibor den Polizistenmörder vermutet.
    Kaum ist das epische Abenteuer um Professor Lambertins Expedition überstanden, will bereits wieder einmal der Major der Dschungelpolizei Tibor in einer vertraulichen Angelegenheit sprechen. Es geht um die Unabhängigkeit des jungen afrikanischen Staates und um bürgerkriegsähnliche Aufstände, die oft Stammesrivalitäten als Ursache haben. Ein abgeschossenes Flugzeug hatte wichtiges Beweismaterial gegen einige Mitglieder der neuen Regierung an Bord, die im Verdacht stehen, die Aufständischen zu unterstützen. Tibor wird zur Aufgabe gemacht, dieses Beweismaterial zu bergen, und somit beginnt mitten im afrikanischen Dschungel ein James Bond- Abenteuer, in dem Helikopter aus der Luft Ausrüstung abwerfen und Tibor mit Sauerstofflaschen in den feuchten Tiefen unterwegs ist.
    Nach diesem überstandenen Abenteuer wird unser Dschungelheld von seinen Tieren freudig begrüßt, und er freut sich bereits auf einige ruhige Wochen in seinem Dschungelparadies. Lange hält die Ruhe allerdings nicht an, denn plötzlich hallt ein Schuß aus dem Dschungel, und Tibor bekommt es mit den Jägern Percy Miller und Dick Morgan zu tun, die die hohen Preise für Leopardenfelle auf dem Weltmarkt für sich gewinnbringend ausnutzen wollen. Da der Abschuß dieser Felle verboten ist, dringen sie in unerforschtes Gebiet vor, und es gelingt ihnen, Tibor unter Drogen zu setzen. In keinem anderen Abenteuer dieser Reihe ist Tibor derart zugesetzt worden, er agiert streckenweise wie ein Wahnsinniger oder wird in Fesseln gefangen gehalten. Als es ihm endlich gelingt, den "hypnotischen Bann" abzuschütteln, muß er seine ganze Überzeugungskraft aufwenden, um seinen Dschungeltieren sein abnormes Verhalten plausibel zu erklären. "So, Freunde, nun heißt es Abschied nehmen", sagt er schließlich. "Ich bringe die bösen weißen Zweibeiner fort, damit sie bestraft werden". Abschied nehmen von Tibor hieß es für seine zahlreichen jungen Leser nun tatsächlich, denn nach neunzig Piccolo- Großbänden ließ Lehning im Dezember 1965 die Reihe vermutlich aus wirtschaftlichen Erwägungen einstellen.
    Anders als bei "Sigurd" oder "Nick" hatte Wäscher mit Ausnahme von sieben Einzelabenteuern für die Reihe "Bild Abenteuer" keine Tibor- Großbände entwickelt und gezeichnet. Zwar startete die damals sehr populäre Tibor Großband- Reihe bereits im Mai 1961 parallel zu den Piccolos und erschien über 183 Nummern bis zum Verlagskonkurs im Frühjahr 1968, sie bestand jedoch ausschließlich aus Nachdrucken. Insbesondere die Tibor- Großbände gelten heute als Paradebeispiel für den rüden Umgang Walter Lehnings mit Hansrudi Wäschers Arbeiten und bezeugen einen gewissen Dilettantismus im Umgang mit diesem Format. Denn: in den Großbänden 1 bis 82 wurden statt "Tibor" schlichtweg "Akim"- Geschichten aus Wäschers Piccolo- Serie "Neue Abenteuer" nachgedruckt (wobei Akims Lendenschurz schwarz übermalt und die Namensgebungen in den Sprechblasen verändert wurden). Ohne jeden Übergang ging es dann unter Auslassung der ersten neun Hefte mitten hinein in die ersten Abenteuer der Tibor- Piccolos, an die, ebenfalls ohne Überleitung, ab Heft 169 die Abenteuer aus den Piccolo-Großbänden angehängt wurden. Insofern war der Titel des letzten Großbands 183 "Der Schreckensschrei" aus heutiger Sammlersicht nicht ganz ungerechtfertigt.