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    Samstag, 19. Februar 2022, 15:02

    Über den Wohnungsmangel in Deutschland während der frühen Nachkriegsjahrzehnte

    Eine direkte, für fast alle Bevölkerungsschichten spürbare Folge der Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs bestand in der umfangreichen Zerstörung zahlreicher Industrieanlagen, von Teilen der Infrastruktur und vor allem von Wohnraum. Insbesondere durch die massiven Luftangriffe auf deutsche Städte ab 1942/43 wurde es notwendig, etwa neun Millionen Obdachlose in ländliche Ausweichgebiete zu evakuieren. Die völkerrechtswidrige Annexion der Ostprovinzen des Deutschen Reiches wie Ostpommern, Ostpreußen, Westpreußen und Schlesien durch die Sowjetunion und durch Polen führte zu weiteren zwölf Millionen deutschen Flüchtlingen und Ostvertriebenen,die aus ihren Siedlungsgebieten in das spätere Staatsgebiet der Bundesrepublik kamen. Insgesamt suchten in den Jahren nach dem Kriegsende 1945 also über zwanzig Millionen Deutsche eine neue Bleibe. Der Zensus in den drei Westzonen von 1946 wies dagegen die Zahl von 13,7 Millionen Haushalten und 8,2 Millionen Wohnungseinheiten nach. In deutlichen Worten: kriegs- und wanderungsbedingt fehlte in den alliierten Besatzungszonen die gewaltige Zahl ca. 5,5 Millionen Wohnungen.
    Angesichts dieses gravierenden Wohnungmangels ergriff die 1949 gebildete erste Bundesregierung entsprechende Maßnahmen und führte die Wohnungszwangsbewirtschaftung ein. Diese bestand im Wesentlichen aus einem faktischen Verbot der Kündigung von Bestandsmietern, staatlich festgelegten Mietniveaus und der staatlichen Vergabe von Wohnraum, der sich in Privatbesitz befand, an Wohnungssuchende. Mit diesen Maßnahmen stoppte die Bundesregierung zwar den befürchteten schnellen Anstieg der Mieten, doch wurde das Kernproblem der 5,5 Millionen fehlenden Wohnungen dadurch nicht behoben. Deshalb entschloß sich die Bundesregierung mit der Verabschiedung des "Ersten Wohnungsbaugesetzes" im Jahre 1950 zu massiven Eingriffen in den Wohnungsmarkt. Im Rahmen dieses Gesetzes finanzierte der Bund innerhalb eines Jahrzehnts den Bau von insgesamt 3,3 Millionen Wohnungen, die die größte Not lindern sollten. Zusätzliche 2,7 Millionen wurden durch private Investoren gebaut. Die größte Wohnungsnot der späten 40er und frühen 50er Jahre war damit zunächst gebannt.
    Auch wurde das bisher geltende Mietrecht von 1917 resp. von 1923 dahingehend ausgestaltet, daß man ein erhöhtes Schutzrecht von Mietern gegenüber Haus- und Wohnungseigentümern anerkannte und förderte.
    Dazu kam die seit den 1950er Jahren bestehende Wohneigentumsförderung, die auf den breiten Mittelbau der Gesellschaft abzielte, der sich mit staatlicher Förderung ein Eigenheim errichten bzw. kaufen sollte. Hiervon erhoffte man sich vor allem einen "Umzugsketteneffekt" auf dem Mietwohnungsmarkt, d.h. den Nachzug von finanziell schlechter gestellten Mietern in die durch die ausziehenden, frisch gebackenen Eigenheimbesitzer freigegebenen Mietwohnungen. Dieser Effekt trat aber nur teilweise ein, auch wurde kritisiert, daß die Eigenheimförderung die unteren sozialen Schichten kaum erreiche.
    Das zweite Standbein der Wohnungsbauförderung bidete der sog. "Soziale Wohnungsbau" . Ziel dieses Instruments war es, Menschen mit Wohnraum zu versorgen, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen Lage insbesondere in den Ballungsgebieten nur schlechte Chancen auf die Erlangung von Wohnraum hatten. Hierbei zahlte der Staat entweder Investitionshilfen an private Bauträger oder ermöglichte ihnen zinsgünstige Kredite. Auch hier wurde kritisiert, daß zwar die Vermittlung von Sozialwohnungen an Bedürftige sehr begrüßenswert wäre, es aber nicht sichergestellt sei, daß diese nach einem sozialen Aufstieg die öffentlich geförderten Wohnungen auch wieder verließen. Tatsächlich stieg der Anteil der "fehlbelegten" Wohnungen insbesondere in den 60er/70er Jahren rasch, sodaß einige Großstädte dazu übergingen, entsprechende Strafabgaben einzuführen. Letztlich förderte der soziale Wohnungsbau mit seinen Konzepten ungewollt auch eine gewisse städtische Segregation und schuf im Lauf der Folgejahrzehnte neue "soziale Brennpunkte".
    Als direkte Unterstützung von Mietern zur Bestreitung der Wohnkosten war das 1965 eingeführte "Wohngeld" über Jahrzehnte ein zentrales Instrument der Förderung des Sozialausgleichs. Nach einer festen Formel, die das Einkommen eines Haushalts, die Anzahl seiner Mitgleider, die tatsächliche Miethöhe und das lokale Mietniveau berücksichtigte, zahlten die kommunalen Wohnungsämter das Wohngeld direkt an die Bedürftigen aus.
    In den 60er Jahren begann die Phase der sozialen Marktwirtschaft auch in der Wohnungspolitik. Die Idee, daß der Staat der Bevölkerung Zugang zu finanzierbarem Wohnraum zu verschaffen habe, ging zunehmend zugunsten marktwirtschaftlicher Ideen zurück. Mit einer allmählichen Entspannung am Wohnungsmarkt und dem gleichzeitigen wirtschaftlichen Aufschwung in den 60er Jahren ging allerdings auch ein stetiges Bevölkerungswachstum einher. Zwischen 1960 und 1969 wuchs die Bevölkerung der Bundesrepublik um 9,4 Prozent, während der Wohnungsmarkt zunehmend dereguliert wurde. Durch die demographische Entwicklung verschärfte sich die Situation am Wohnungsmarkt in diesem Jahrzehnt erneut, da die zunehmende Kaufkraft der Bevölkerung zu einem nicht unerheblichen Teil durch Mietsteigerungen aufgesaugt wurde. Um diese Steigerungen abzubremsen, wurde 1971 das "Wohnraumkündigungsschutzgesetz" eingeführt, das das Kündigungsrecht des Vermieter leicht einschränkte und bereits 1975 verschärft wurde, da es zunächst nicht den gewünschten Effekt gezeigt hatte.