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    Freitag, 7. Januar 2022, 14:32

    Warum mußte Vergißmeinnicht sterben ? Über Aufstieg und Absturz des erfolgreichsten Quizformats der 60er Jahre

    Um es gleich vorwegzunehmen: DEN alleinigen Grund für die kurzfristige Absetzung von Vergißmeinnicht im Jahre 1970 gab es nicht. Nach jetzigem Kenntnisstand handelte es sich dagegen um ein ganzes Bündel von Ursachen.
    DIE SACHEBENE. Die 50er und 60er Jahre des öffentlich-rechtlichen Fernsehens waren geradezu notorisch bekannt dafür , in relativ kurzen Zeitabständen immer wieder einmal neue Unterhaltungsformate zu installieren und "auszuprobieren". Im Vergleich zu heute bildeten dabei die Einschaltquoten noch nicht zwingend das ausschließliche Kriterium für die Einstellung oder Beibehaltung von Unterhaltungssendungen. Persönliche Beziehungen spielten eine nicht zu unterschätzende Rolle, man versuchte immer wieder einmal etwas Neues, und "Vergißmeinnicht" war trotz immer noch hoher Einschaltquoten schon ein wenig in die Jahre gekommen, zumal der ursprüngliche Zweck der Sendung, die Propagierung der 1962 eingeführten Postleitzahlen ("Vergißmeinnicht die Postleitzahl"), weitgehend erreicht war und die Spendeneinnahmen zugunsten der "Aktion Sorgenkind" eher rückläufig waren.
    DIE PERSÖNLICHE EBENE. Peter Frankenfeld verlangte in den späten 60ern (einen genaueren Zeitpunkt nennen die Quellen nicht) eine moderate Gagenerhöhung durch das ZDF. Seine nachvollziehbare Argumentation lautete, daß er das jeweilige Konzept der "Vergißmeinnicht"- Sendungen praktisch im Alleingang erstellen würde, was nicht von der Hand zu weisen war. Im gleichen Zeitrahmen begann eine Riege von neueingestellten Jungredakteuren ihre Arbeit beim ZDF, die stark durch die 68er- Bewegung geprägt war und die der Meinung waren, daß zeitgemäße Unterhaltungshows auch "gesellschaftliche Themen" beinhalten sollten, so wie dies in den Folgejahren in Ansätzen bei "Wünsch Dir was" geschah. Gleichzeitig kristallisierte sich heraus, daß nicht zuletzt aufgrund der gescheiterten Honorarverhandlungen das Verhältnis zwischen ZDF- Programmdirektor Joseph Viehöver und Peter Frankenfeld nicht das Allerbeste war, so daß sich allmählich eine "Fronde" gegen den Altshowmaster zu bilden begann, die letztendlich zu seinem Rausschmiß führte.
    Erst als sich in den Folgejahren herauskristallisierte, daß die Politisierung von Unterhaltungsformaten bei der absoluten Mehrheit der Fernsehzuschauer nicht ankam und im Gegenteil zu zahllosen Protestschreiben führte, begann man allmählich umzudenken. Als Peter Gerlach, der bekennender Frankenfeld- Fan war, zum Hauptabteilungsleiter des ZDF ernannt wurde und dann auch noch Joseph Viehöver 1973 überraschend verstarb, wendete sich das Blatt. In diesem Zeitrahmen (1970-1974/75) mußte sich die Showgröße Peter Frankenfeld mit kleineren Formaten und Gastauftritten bescheiden, bis es mit dem Erfolgsformat "Musik ist Trumpf" weiterging.

    Das zwischen 1964 und 1970 im Programm des ZDF ausgestrahlte Erfolgsformat "Vergißmeinnicht" hat eine lange Vorgeschichte. Bereits im Jahre 1961 entwickelte Peter Frankenfeld einen ersten grundlegenden Entwurf zu einer Fernsehshow mit dem Arbeitstitel "Postkarte genügt", bei der eine Lotterie im Mittelpunkt stehen sollte, in die durch die Zusendung von auf Postkarten aufgeklebten Wohlfahrtsbriefmarken eingezahlt werden sollte. Gleichzeitig sollten die ab 1962 neu eingeführten Postleitzahlen propagiert werden, da insbesondere ältere Postkunden in den Folgejahren noch auf die Angabe der PLZ verzichteten.
    Während sich die Deutsche Bundespost sehr kooperationsbereit zeigte, lehnte der WDR das ihm von Frankenfeld zunächst angebotene Konzept durchweg ab. Das neugegründete ZDF sah dagegen die Chance, die vor allem die Bindung des beliebten Moderators an den Sender bot, und vereinbarte mit Frankenfeld vorerst die Ausstrahlung von lediglich vier Folgen.
    Am 9. Oktober 1964 wurde dann die erste Sendung unter dem Namen "Vergißmeinnicht" ausgestrahlt. Hans Mohl steuerte die Idee bei, die eingegangenen Spenden zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder im Rahmen der neugegründeten "Aktion Sorgenkind" zu verwenden. Gegenüber Frankenfelds bisherigen Unterhaltungssendungen war "Vergißmeinnicht" noch deutlich aufwendiger, größer und nahezu perfekt inszeniert, so daß sich die Quizshow zum Höhepunkt der bisherigen Karriere Frankenfelds entwickelte. Und dies, obwohl die Sendung nicht zur "Prime Time" am Wochenende ausgestrahlt wurde, sondern "lediglich" im Hauptabendprogramm an Donnerstagen ab 20.00/20.15 Uhr.
    Viele der Quizfragen drehten sich um das Erraten von vier Ziffern und der dazugehörigen Stadt, um, wie bereits erwähnt, die neueingeführten Postleitzahlen weiter zu popularisieren. Jede "Vergißmeinnicht"- Folge besaß ein Hauptthema, z.B. den Großstadtbahnhof, und speziell zu diesem Zweck aufwendig angefertigte Dekorationsaufbauten. Es gab drei Spielrunden, die z.B. aus Rollen- oder Geschicklichkeitsspielen bestanden. Die Mitspieler wurden nicht gecastet, sondern aus dem Saalpublikum ausgewählt, ein nicht ganz risikoloses Unterfangen, das für Peter Frankenfeld typisch war und das er bereits in seinen Quizshows der 50er Jahre praktiziert hatte.
    Untrennbar zur Sendung gehörte Max Greger mit seiner Bigband sowie das ZDF- Fernsehballett. Darüber hinaus wurden überwiegend deutschsprachige Gesangsstars eingeladen, z.B. Peter Alexander, Curd Jürgens, Rudolf Schock oder Caterina Valente. Daneben gab es Darstellungen von Artisten oder Komödianten, darunter auch die Darbietungen eines Gerd Fröbe. Nach dem "Goldenen Schuß" strahlte das ZDF am 31. August 1967 "Vergißmeinnicht" als zweite große Fernsehshow in Farbe aus. Das Thema dieser ersten Farbausgabe war der "Berliner Lunapark" um 1912.
    Zur Einführung der fünfstelligen Postleitzahlen im Juli 1993 griff RTL das Konzept von Vergißmeinnicht nach fast dreißig Jahren noch einmal auf und sendete die von Rudi Carrell konzipierte und moderierte Show "Die Post geht ab !".
    Laut ZDF- Archiv gelten heute die meisten der MAZ- Bänder von "Vergißmeinnicht" als gelöscht. Dies soll seinerzeit auf ausdrückliche Anweisung von ZDF-Intendant Karl Holzamer und/oder Programmdirektor Viehöver erfolgt sein, nachdem Frankenfeld letztendlich "im Unfrieden" den Sender verlassen mußte. Einige Fragmente der einst sehr aufwendig inszenierten und äußerst erfolgreichen Shows sollen aber auch heute noch existieren, so daß Nostalgiker und Fans des Formats vielleicht auf eine Pidax- Edition in nicht allzu ferner Zukunft hoffen dürfen.

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    Freitag, 7. Januar 2022, 15:27

    Lonny Kellner erzählt aus ihrem Tagebuch

    Der Direktor läßt bitten..."Wir kehrten aus den Sommerferien zurück, 1969, als uns der Brief des Programmdirektors des ZDF ins Haus flatterte. Joseph Viehöver bat, wir möchten zu einer Besprechung nach Mainz kommen. Das Thema konnte eigentlich nur die neuerliche Verlängerung des "Vergißmeinnicht" - Vertrages bedeuten. Zum Programmdirektor nach Mainz wird man gebeten, wenn es um Verträge geht.
    "Vergißmeinnicht" war über vierzigmal gesendet worden, also zehnmal mehr als ursprünglich vorgesehen; wir waren überzeugt, mehr als fünfzig Sendungen zu schaffen. Daß in Wien die Vorproben für die neue Unterhaltungsserie "Wünsch Dir was" anliefen, nahmen wir zur Kenntnis- ja und ?
    Wir waren guter Dinge, als wir nach Mainz aufbrachen, im Büro des Programmdirektors jedoch verflog unser Optimismus. Das Büro wurde enger und enger, so viele Herren erschienen. Die meisten kannte ich gar nicht. Sie setzten sich um den Clubtisch und rahmten so den Direktor ein; Joseph Viehöver saß uns gegenüber, wir hatten die Couch zugewiesen bekommen. Kaffee wurde verteilt, Peter lehnte sich entspannt nach hinten, dann rieb sich Viehöver verlegen die Hände und sagte: "Ja, Herr Frankenfeld, wir haben uns hier das nun doch mal überlegt, daß wir jetzt also mal was anderes machen wollen...". "Ja- und was ?!" "Also nicht mehr Vergißmeinnicht".
    "Aha", reagierte Peter nur, ohne den Inhalt des Satzes zu begreifen. Der Satz hatte uns beide verblüfft. Eine Pause entstand. Alle Herren klapperten mit ihren Kaffeetassen. Viehöfer holte Luft. Es sei am besten, führte er weiter aus, mit der 47. Sendung aufzuhören... Mit der 47. ?! Peter war aufgewacht. Er erwähnte, wie überrascht er sei, und sagte, er hänge an der Serie, vielleicht könnte man wenigstens mit der 50. ein Jubiläum feiern. Viehöver drehte sich zu den Herren hin, die an seinen Lippen hingen. 50- ach Gott, nein, dann müßten die letzten drei noch über die Sommerpause gezogen werden, das sei nicht sinnvoll und ehrlich.
    Nein, das ZDF vertrete die Auffassung, 47 "Vergißmeinnicht"- Sendungen seien genug. Die Zusammenarbeit sei gut gewesen, dafür Dank. Und ja, man habe sich nicht ohne Bedauern zu dieser Entscheidung durchgerungen, doch nun sei sie gefallen, er, Viehöfer, müsse bitten, sie auch zu akzeptieren.
    Ich hätte am liebsten geschrien, so erregt war ich. Und so wütend. Wie sollte es weitergehen ? War dies das Ende der Arbeit für das ZDF ? Warum ? Was steckte dahinter ? Ich wollte es wissen, wollte fragen, doch Peter blieb still. So hatte er sich von jeher verhalten, wenn er an die Wand gedrückt worden war. Er ergriff meine Hand. Laß sein, sollte diese Geste bedeuten. Und zu den Herren gewandt sagte er: "Ich glaube, wir können uns jetzt verabschieden, der Zweck ist erreicht".
    Im Flugzeug bestellte ich zwei doppelte Whisky, zu Hause am Abend, kauerten wir uns zusammen, und Peter meinte, das Schimpfen brächte nichts...Er erhob sich. Er durchquerte ein paarmal den Raum, dann stoppte er. "Aber", sagte er, "wir werden weitermachen. Diese Herren haben ihre Anstalt, wir haben die Ideen". Von der Idee des ZDF, unsere "Vergißmeinnicht"- Serie mit der von Wim Thoelkes "3 x 9" fortzusetzen, ahnten wir nichts".

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    Samstag, 8. Januar 2022, 14:51

    Wer war Joseph Viehöver ?

    Der 1925 in Köln geborene Journalist wurde zwischen 1965 und 1973 als Programmdirektor des ZDF zu einem der mächtigsten Entscheidungsträger des öffentlich- rechtlichen Fernsehens und war darüber hinaus für seine damals nicht unumstrittene, sehr "machtbewußte" Amtsführung bekannt.
    Nach seinem Kriegseinsatz bei der Wehrmacht betätigte er sich ab 1945 u.a. journalistisch für "Die Welt", war zwischen 1949 und 1953 für den Deutschen Gewerkschaftsbund tätig und wechselte danach in das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung. 1958 ging er zum Saarländischen Rundfunk, 1961 wechselte er zum Deutschlandfunk und übernahm schließlich 1965 das Amt des Programmdirektors beim ZDF.
    1972 heiratete Viehöver die Schauspielerin und Sängerin Rut Rex. Nach seinem überraschend frühen Tod im August 1973 sah Frau Rex ihren verstorbenen Ehemann als "Opfer von Diffamierungen". Viehöver war Mitglied der SPD.
    Kurz vor seinem Tod veröffentlichte das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" in seiner Ausgabe vom 29.4.1973 einen kritischen Artikel über den ZDF- Programmdirektor, der hier gekürzt wiedergegeben werden soll und vielleicht einiges über die damaligen "Hintergründe" verrät:
    "ZDF- Programmdirektor Viehöver, wegen seiner Amtsführung seit Jahren umstritten, soll bis 1980 wiedergewählt werden- im Handstreich.
    Die Deutschen verdanken ihm viel: Joseph Viehöver, Programmdirektor des ZDF, hat ihren Feierabend verschönt. Seit es nach ihm geht, präsentiert sich Mainz im Fernsehen vorwiegend heiter- wie es schießt, singt und lacht. Die Ballerei auf der "Shiloh- Ranch", die Schmalz- Tenöre von Peter Alexander und Rudolf Schock, Viehöver, 47, hat das alles im Zweiten Programm groß herausgebracht. Er ist ein erfolgreicher Mann.
    Schon einmal hat das ZDF- Verwaltungsgremium den früheren DGB- Pressechef und stellvertretenden Intendanten des Deutschlandfunks zwei Jahre vor Ablauf seiner Dienstzeit wiedergewählt. Nun soll er seinem Publikum bis 1980 erhalten bleiben. Am Montag dieser Woche wollen ZDF- Verwaltungsräte den SPD- Mann Viehöver für die Zeit nach 1975 im Amt bestätigen.
    Dem Programmdirektor, nach Proporz- Absprache zwischen den Parteien Stellvertreter des CDU- Intendanten Karl Holzamer, wird von Genossen vorgeworfen, er habe sich eher zugunsten der CDU verdientgemacht. Nach der Devise: "Die Grundbasis unserer Arbeit ist konservativ" hat Viehöver sich progressiven Programmvorhaben nicht selten entgegengestellt. Schelte bekamen immer die Linken. Denn Viehöver ist nicht von dem Gedanken abzubringen, daß "in der Jugend zur Disziplin und Strenge angehalten werden muß" (so in einem Interview mit der Zeitschrift "Fernsehen und Film").
    Das Gefühl für Demokratie ist beim Programmdirektor, der kaum einmal für einen Mitarbeiter zu sprechen ist, wohl nicht sehr stark ausgeprägt. Seine Stärke ist die Show. "Meine Stars", sagt Viehöver, "sind meine Freunde". Vico Torriani und Peter Alexander beispielsweise waren ihm auch im Urlaub liebe Kumpane; mit Herbert von Karajan fliegt er gern im Privat- Jet zum Dinner.
    Wen Viehöver protegiert, die Branche weiß es, der hat im deutschen Schaugeschäft ausgesorgt. Die Kleinkünstlerin Rut Rex etwa hat in ihm einen mächtigen Mäzen gefunden: seit sie der Direktor im Januar 1972 ehelichte, zeigt sie ihre Attraktionen nicht mehr überwiegend im Vorprogramm- Tingeltangel, sondern zur allerbesten Abendsendezeit.
    Die Fürsorge, mit der er über das Wohlergehen seiner Lieben wacht, hatte Viehöver schon vor drei Jahren ins Gerede gebracht. Mitarbeiter kritisierten, der Direktor lasse seine Star- Freunde bei der Produktion über die Köpfe von Redakteuren hinweg schalten, er schanze einzelnen Produzentenpartnern unangemessen lukrative Aufträge zu, und er habe dem Münchner Kaufmann Leo Kirch nahezu ein Monopol auf Spielfilm- und Serienkäufe des ZDF eingeräumt. Die Tatsache, daß sich Viehövers Freund Leo Kirch das Entgegenkommen von ZDF- Redakteuren mit Geld zu erkaufen versuchte, hat der SPIEGEL damals unwidersprochen veröffentlicht."

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    Donnerstag, 13. Januar 2022, 14:43

    Wer war Walter Spahrbier ?

    Um es gleich vorwegzunehmen: Walter Spahrbier war niemand Geringerer als der bekannteste Statist des deutschen Unterhaltungsfernsehens der 60er und 70er Jahre. Und dies mit großem Erfolg, verkörperte er doch in diesem Zeitrahmen den Inbegriff deutscher Solidität in der Gestalt eines Postbeamten, wie es ihn heute leider nicht mehr gibt.
    Der im Jahre 1905 geborene Spahrbier arbeitete in den frühen Nachkriegsjahren als Geldbriefträger in Hamburg- Lokstedt. Dort entdeckte ihn Peter Frankenfeld 1954 für seine Show "1:0 für Sie" und engagierte ihn kurzerhand bei einer Gage von 60 DM je Auftritt. Da der Geldbote "ein wünschenswertes Bild des deutschen Beamten im Inland vermittele", wurde er ab 1964 für seine allmonatlichen Auftritte in "Vergißmeinnicht" vom Postministerium für jeweils vier Tage freigestellt.
    Spahrbier begleitete Frankenfeld wie ein guter Geist durch seine verschiedenen Shows: "Bitte recht freundlich" (ab 1956), "Guten Abend" (ab 1960) sowie durch die große Abendshow "Vergißmeinnicht" (1964-1970), jene Sendung also, mit der die "Aktion Sorgenkind" ins Leben gerufen wurde.
    Als Peter Frankenfeld 1970 durch das ZDF "freigesetzt" und durch Wim Thoelke ersetzt wurde, blieb Walter Spahrbier immer noch den Fernsehzuschauern erhalten. Thoelke setzte ihn in bekannter Manier bei "Drei Mal Neun" (1970-1974) und ab 1974 bei "Der große Preis" ein, wo Spahrbier durchaus noch weiter an Popularität gewann, als er in historischen Postuniformen und mit künstlich angesetzter zeitgenössischer Barttracht auftrat.
    Neben seinen Auftritten in den o.g. Quizformaten hatte der Postbeamte 1970 einen weiteren Statistenauftritt in dem Fernsehfilm "Inspektor Perrak greift ein" mit Horst Tappert in der Hauptrolle.
    Walter Spahrbier hat i.W. für seine Arbeit und Volkstümlichkeit nie mehr als sein Gehalt als Beamter erhalten. Vielmehr sammelte er 1980 für die "Aktion Sorgenkind" mit Autogrammstunden und anderen Veranstaltungen über 100.000 DM an Spenden ein. Für seine Verdienste erhielt er an seinem 75. Geburtstag das große Bundesverdienstkreuz am Bande.
    Kurz vor der 100. Jubiläumssendung des "Großen Preis" starb der hochdekorierte Postzusteller am 31. Juli 1982 im Alter von 77 Jahren in Hamburg.
    Spahrbiers Popularität hielt selbst nach seinem Tode noch an. 1998 erschien der tragikomische Roman "Pfeiffer bricht aus", der sein Fernsehleben zum Thema hatte und es um eine rein fiktive Biographie ergänzte.
    Auch nahm die Punkband "B-Test" aus Hannover anläßlich des Todes von Walter Spahrbier das Lied "Walter Spahrbier is innocent" auf.

    www.youtube.com/watch?v=D2JRH2_Vt2o

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    Donnerstag, 13. Januar 2022, 14:50

    RE: Wer war Joseph Viehöver ?

    Viehoever wurde einmal in der HOER ZU interviewt und behauptete damals (das war in den spaeten 60er Jahren), dass ALLES, was im US Fernsehen erfolgreich sei, auch im deutschen Fernsehen ausgestrahlt wuerde.
    Trotz mehrmaliger Bitten weigerte sich dasselbe Fernsehen, "Peyton Place", "Surfside Six", "Combat" und etliche andere US Highlights in Deutschland auszustrahlen.
    Deshalb konnte ich diesen Mann nie ernstnehmen.
    Der 1925 in Köln geborene Journalist wurde zwischen 1965 und 1973 als Programmdirektor des ZDF zu einem der mächtigsten Entscheidungsträger des öffentlich- rechtlichen Fernsehens und war darüber hinaus für seine damals nicht unumstrittene, sehr "machtbewußte" Amtsführung bekannt.
    Nach seinem Kriegseinsatz bei der Wehrmacht betätigte er sich ab 1945 u.a. journalistisch für "Die Welt", war zwischen 1949 und 1953 für den Deutschen Gewerkschaftsbund tätig und wechselte danach in das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung. 1958 ging er zum Saarländischen Rundfunk, 1961 wechselte er zum Deutschlandfunk und übernahm schließlich 1965 das Amt des Programmdirektors beim ZDF.
    1972 heiratete Viehöver die Schauspielerin und Sängerin Rut Rex. Nach seinem überraschend frühen Tod im August 1973 sah Frau Rex ihren verstorbenen Ehemann als "Opfer von Diffamierungen". Viehöver war Mitglied der SPD.
    Kurz vor seinem Tod veröffentlichte das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" in seiner Ausgabe vom 29.4.1973 einen kritischen Artikel über den ZDF- Programmdirektor, der hier gekürzt wiedergegeben werden soll und vielleicht einiges über die damaligen "Hintergründe" verrät:
    "ZDF- Programmdirektor Viehöver, wegen seiner Amtsführung seit Jahren umstritten, soll bis 1980 wiedergewählt werden- im Handstreich.
    Die Deutschen verdanken ihm viel: Joseph Viehöver, Programmdirektor des ZDF, hat ihren Feierabend verschönt. Seit es nach ihm geht, präsentiert sich Mainz im Fernsehen vorwiegend heiter- wie es schießt, singt und lacht. Die Ballerei auf der "Shiloh- Ranch", die Schmalz- Tenöre von Peter Alexander und Rudolf Schock, Viehöver, 47, hat das alles im Zweiten Programm groß herausgebracht. Er ist ein erfolgreicher Mann.
    Schon einmal hat das ZDF- Verwaltungsgremium den früheren DGB- Pressechef und stellvertretenden Intendanten des Deutschlandfunks zwei Jahre vor Ablauf seiner Dienstzeit wiedergewählt. Nun soll er seinem Publikum bis 1980 erhalten bleiben. Am Montag dieser Woche wollen ZDF- Verwaltungsräte den SPD- Mann Viehöver für die Zeit nach 1975 im Amt bestätigen.
    Dem Programmdirektor, nach Proporz- Absprache zwischen den Parteien Stellvertreter des CDU- Intendanten Karl Holzamer, wird von Genossen vorgeworfen, er habe sich eher zugunsten der CDU verdientgemacht. Nach der Devise: "Die Grundbasis unserer Arbeit ist konservativ" hat Viehöver sich progressiven Programmvorhaben nicht selten entgegengestellt. Schelte bekamen immer die Linken. Denn Viehöver ist nicht von dem Gedanken abzubringen, daß "in der Jugend zur Disziplin und Strenge angehalten werden muß" (so in einem Interview mit der Zeitschrift "Fernsehen und Film").
    Das Gefühl für Demokratie ist beim Programmdirektor, der kaum einmal für einen Mitarbeiter zu sprechen ist, wohl nicht sehr stark ausgeprägt. Seine Stärke ist die Show. "Meine Stars", sagt Viehöver, "sind meine Freunde". Vico Torriani und Peter Alexander beispielsweise waren ihm auch im Urlaub liebe Kumpane; mit Herbert von Karajan fliegt er gern im Privat- Jet zum Dinner.
    Wen Viehöver protegiert, die Branche weiß es, der hat im deutschen Schaugeschäft ausgesorgt. Die Kleinkünstlerin Rut Rex etwa hat in ihm einen mächtigen Mäzen gefunden: seit sie der Direktor im Januar 1972 ehelichte, zeigt sie ihre Attraktionen nicht mehr überwiegend im Vorprogramm- Tingeltangel, sondern zur allerbesten Abendsendezeit.
    Die Fürsorge, mit der er über das Wohlergehen seiner Lieben wacht, hatte Viehöver schon vor drei Jahren ins Gerede gebracht. Mitarbeiter kritisierten, der Direktor lasse seine Star- Freunde bei der Produktion über die Köpfe von Redakteuren hinweg schalten, er schanze einzelnen Produzentenpartnern unangemessen lukrative Aufträge zu, und er habe dem Münchner Kaufmann Leo Kirch nahezu ein Monopol auf Spielfilm- und Serienkäufe des ZDF eingeräumt. Die Tatsache, daß sich Viehövers Freund Leo Kirch das Entgegenkommen von ZDF- Redakteuren mit Geld zu erkaufen versuchte, hat der SPIEGEL damals unwidersprochen veröffentlicht."