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    Mittwoch, 5. Januar 2022, 13:35

    Hans- Joachim Kulenkampff - Der Improvisierende

    Man merkte ihm schon anhand seines geschliffenen jovialen Ungangstons an, daß er aus nicht gerade kleinen Verhältnissen stammte. Unvergessen sind auch die kleinen Kostproben seines schauspielerischen Könnens , die er während der 60er Jahre in "EWG" zum Besten gab. Während "Kuli", abgesehen von einigen verbalen Entgleisungen seiner späten Jahre, auch heute noch als Lichtgestalt des damaligen deutschen Unterhaltungsfernsehens schlechthin gilt, hat es seinen EWG- Sidekick Martin Jente leider böse erwischt, der quasi posthum von "Widerstandskämpfern" decouvriert wurde. Johannes Groß hat derartige Vorgänge irgendwann in den 90ern einmal folgendermaßen umschrieben: "Je weiter die unselige NS- Zeit von uns abrückt, desto mehr scheinen die selbsternannten kleinen Widerstandskäpfer aus ihren Löchern zu kommen." Recht hatte er ;) .
    Hans- Joachim Kulenkampff wurde am 27. April 1921 als Sohn eines Kaufmanns aus einer bekannten großbürgerlichen Bremer Familie ebendort geboren. Nach dem Besuch des Realgymnasiums besuchte er ab 1939 die Schauspielschule des "Deutschen Schauspielhauses" in Berlin, wurde aber noch vor seinem eigentlichen Bühnendebüt zur Wehrmacht eingezogen. Ab 1941 kämpfte er als Kradmelder einer Flakeinheit an der Ostfront und zog sich dort u.a. Erfrierungen an den Zehen zu. Gegen Kriegsende geriet der Obergefreite Kulenkampff für ein Jahr in britische Gefangenschaft. Nach seiner Entlassung nahm er seine unterbrochene schauspielerische Karriere wieder auf und erhielt im Jahre 1946 sein erstes Engagement am Bremer Stadttheater.
    Über Stationen in München und Zürich gelangte er auch nach Frankfurt und knüpfte dort erste Kontakte zu "Radio Frankfurt", aus dem später der Hessische Rundfunk hervorging. Bereits Anfang der 50er Jahre trat Kulenkampff auch als Moderator und Conférencier im Rundfunk auf und wurde durch Sendungen wie den damals äußerst populären "Frankfurter Wecker" oder mit "Heiß und Kalt" schnell bekannt.
    Zum eigentlichen Durchbruch kam es 1953, als er in den frühen Tagen des deutschen Fernsehens die Quiz- Show "Wer gegen wen ?" moderierte. Daraus sollte sich eine Entwicklung ergeben, die "Kuli", wie ihn sein Publikum bald nannte, neben Peter Frankenfeld zum beliebtesten Showmaster der deutschen Fernsehgeschichte machen sollte.
    Anders als Frankenfeld, der als ehemaliger Varietékünstler in seinen Sendungen gern mit ausgefallenen Spielen experimentierte, herrschten in "Kulis" Sendungen vorher ausgiebig erprobte und bewährte Konzepte vor.
    Seinen mit Abstand größten Erfolg verzeichnete Kulenkampff mit der Quiz- Show "Einer wird gewinnen" (EWG), die zwischen 1964 und 1987 mit insgesamt 82 Sendungen zu einem der beliebtesten Formate der "Großen Samstagabend- Unterhaltung" wurde und in der junge Kandidaten aus verschiedenen europäischen Ländern einem Millionenpublikum vorgestellt wurden. Zeitzeugen erinnern sich noch gern an den charmanten und bisweilen auch etwas spöttischen Umgang Kuli´s mit seinen Kandidaten, an seine ausgesprochen reizvolle Assistentin Uschi Siebert, an die scheinbar spontanen Abschlußdispute mit Butler Martin alias Martin Jente (1909-1996) und natürlich an die oft nicht ganz einfachen Fragestellungen.
    Diese Erfolgskombination ermöglichte auch ein bis daher nicht bekanntes Novum in der deutschen Fernsehlandschaft, nämlich das maßlose zeitliche Überziehen der Sendung; ein Privileg, das sich zu dieser Zeit nur ein Hans- Joachim Kulenkampff leisten konnte.
    Zwischen 1985 und 1986 war der erfolgreiche Moderator mit der Sendereihe "Nachtgedanken", in der er Lesungen zum Programmausklang der ARD vortrug und die insgesamt 92-mal ausgestrahlt wurde, noch einmal sehr erfolgreich. Danach konnte er zumindest im Fernsehen nicht mehr so recht an seine alten Erfolge anknüpfen. Aus diesem Grund wechselte der nunmehr gelegentlich schon als "Dinosaurier der Fernsehunterhaltung" bezeichnete Kulenkampff zu RTLplus, um dort den "Buchclub" zu moderieren, der mangels Einschaltquote jedoch nur bis Mitte 1991 ausgestrahlt wurde. Ein Jahr später wechselte er zum ZDF und moderierte die Sendung "Wer weiß warum ?". Auch übernahm er im September 1992 als Nachfolger von Wim Thoelke die Nachfolge des Dauerbrenners "Der große Preis", an dem er jedoch mittlerweile altersbedingt scheiterte und dieses Format nach teilweise harscher öffentlicher Kritik Mitte 1993 bereits wieder abgab.
    Die Zeiten und das Publikum hatten sich gewandelt, und der einst als charmant und leutselig geltende Plauderer wurde nun von Teilen der nachgewachsenen Fernsehkritik als "alternder Schwätzer" abgetan. Sicherlich zu Unrecht, doch "Kuli" zog daraus die Konsequenzen und widmete sich nun verstärkt seiner Theaterarbeit, der er auch während seiner EWG- Zeit nie ganz den Rücken gekehrt hatte.
    Auch auf der Leinwand war Kulenkampff vor allem in den 50er und 60er Jahren in leichten Unterhaltungskomödien zu sehen gewesen. So spielte er 1958 neben Heinz Erhardt in "Immer die Radfahrer", ein Jahr später in "Kein Mann zum Heiraten", 1960 in "Soo nicht, meine Herren" und 1961 in der gelungenen Komödie "Drei Mann in einem Boot".
    Als Schauspieler präsentierte sich der leidenschaftliche Segler Kulenkampff auf dem Bildschirm u.a. in der ganz auf ihn zugeschnittenen Miniserie "Käpt´n Senkstakes Abenteuer" von 1974 oder als Protagonist in der zehnteiligen Serie "Ein Mann macht klar Schiff" von 1985.
    Noch im Jahre 1997 versuchte Kulenkampff mit der anspruchsvollen Generationen- Quizshow "Zwischen Gestern und Morgen" ein letztes Comeback im deutschen Fernsehen. Die in einigen dritten Regionalprogrammen plazierte Samstagabend- Sendung mußte allerdings im März 1998 wegen zu schwacher Einschaltquoten bereits wieder eigestellt werden. Danach zog sich der bekannte Künstler wegen seiner festgestellten Krebserkrankung weitgehend aus der Öffentlichkeit zurück.
    Der erfolgreichste "Showmaster der Nation", der seit 1948 mit der Kinderbuchautorin Gertraud Schwarz verheiratet war, erlag am 14. August 1998 im Alter von 77 Jahren seinem schweren Krebsleiden.

    www.youtube.com/watch?v=iGwsHXiczYQ
    www.youtube.com/watch?v=LSgLa6JeS2A
    www.youtube.com/watch?v=tHIdreQzix8

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    Sonntag, 9. Januar 2022, 15:38

    EWG

    Im Vergleich zu den weitgehend nicht mehr existierenden Folgen von "Vergißmeinnicht" sind uns zahlreiche Ausstrahlungen von "Einer wird gewinnen" erhalten geblieben und z.B. über youtube abrufbar, wie die oben verlinkten Beispiele belegen. Das Format ist daher auch heute noch weitgehend für fernsehhistorisch Interessierte oder einfach auch nur für TV- Nostalgiker zugänglich.
    Produziert wurden von "Einer wird gewinnen" zwischen 1964 und 1987 beachtliche 89 Folgen, und zwar mit einigen Unterbrechungen in den Jahren 1964-1966, 1968-1969 und 1979-1987. In den Jahren 1998 und 2014 folgten noch einmal Neuaufgüsse des Formats unter der Moderation von Jörg Kachelmann (!) mit drei Folgen sowie mit Jörg Pilawa mit nur einer Folge, die nicht einmal ansatzweise die in sie gesetzten Erwartungen erfüllen konnten und daher sehr schnell wieder von der Bildfläche verschwanden.
    Mit "EWG" verbindet man bis heute die große Samstagabendunterhaltung insbesondere der 60er Jahre. Das Kürzel stand damals auch als Abkürzung für die damalige "Europäische Wirtschaftsgemeinschaft", den Vorläufer der heutigen EU, und die Sendung sollte insbesondere den europäischen Gedanken dadurch fördern, indem die Quizkandidaten aus verschiedenen europäischen Ländern eingeladen wurden. Dies verlieh dem Format einen gewissen internationalen Charme, führte aber auch bisweilen zu sprachlichen Schwierigkeiten und gelegentlichen Mißverständnissen, die Kulenkampff in der Regel jedoch charmant überspielen konnte. Pro Sendung traten acht Kandidaten jweils paarweise gegeneinander an. Der jeweils unterlegene Kandidat einer Runde schied mit einem Trostpreis aus, bei dem es sich zeitweise um einen kleinen Goldbarren handelte. Bei einem Punktegleichstand entschieden die noch heute vielen Zuschauern in der Erinnerung verbliebenen legendären großen Schaumstoffwürfel.
    Die Spielteilnehmer kamen aus verschiedenenen europäischen Ländern, die nicht zwingend Mitglieder der damaligen EWG sein mußten, so waren z.B. häufig Kandidaten aus der Schweiz dabei. Bei sprachlichen Verständnisproblemen standen Dolmetscher zur Verfügung, die aber kaum in Erscheinung traten, da Kulenkampff derartige Situationen meist geschickt zu überspielen wußte.
    Zwischen den einzelnen Spieletappen traten zahlreiche bekannte Interpreten aus den Bereichen Musical, Operette, Schlager und Chanson auf, während zeitgenössische internationale Popmusik in den Ausstrahlungen der 60er Jahre noch nicht vertreten war. Auch ein Liveorchester war zugegen, in den 60ern unter Leitung von Johannes Pütz, Willy Berking oder Heinz Schönberger.
    Assistiert wurde Kulenkampff zwischen 1964 und 1969 von der attraktiven Uschi Siebert und zwischen 1979 und 1987 von Gabi Kimpfel.
    Äußerst populär wurden in den 60er Jahren die sogenannten "Kulinaden", in denen Kulenkampff sein schauspielerisches Talent in verschiedenen, meist aufwendig produzierten Kurzfilmen unter Beweis stellen konnte. Am bekanntesten wurde sein Auftritt als "August der Starke" sowie seine "Beatles- Parodie" vom Februar 1966, die auch dokumentierte, daß er mit Musik dieser Art damals nicht viel anzufangen wußte.
    "Einer wird gewinnen" wurde notorisch bekannt für das Überziehen der Sendezeit. Wir haben das damals schon fast als immer wiederkehrendes Ritual empfunden. Nicht alle Fernsehzuschauer waren jedoch dafür zu begeistern, da nach "EWG" und dem "Wort zum Sonntag" oft noch ein abendfüllender Spielfilm folgte. In seiner unnachahmlichen Art kokettierte "Kuli" beinahe schon mit diesem Ritual, das vom ausstrahlenden Hessischen Rundfunk und vom Norddeutschen Rundfunk auch weitgehend toleriert wurde.
    Bis 1969 endete jede Sendung mit einem kurzen verbalen Schlagabtausch zwischen Kulenkampff und "Butler Martin", der dem Showmaster Mantel, Schal und Hut reichte und dabei die soeben beendete Veranstaltung sarkastisch kommentierte. Nur wenige Zuschauer wußten damals, daß es sich um niemand geringeren als Martin Jente handelte, den Produzenten dieser Sendung. Die Dialoge dazu wurden von Kulenkampff selbst erdacht und verfaßt.
    Hans- Joachim Kulenkampff verstand sich in erster Linie als Theater- und Filmschauspieler und legte die Moderation von "Einer wird gewinnen" ein erstes Mal im August 1966 nach 26 Folgen nieder. Aufgrund des gigantischen Publikumserfolgs kam es bereits nach nur eineinhalb Jahren zu einer Neuauflage des Formats mit 17 Folgen zwischen Januar 1968 und August 1969, die bereits in Farbe ausgestrahlt wurden. Kulenkampff war nicht generell dagegen, auch als Quizmaster zu fungieren, wollte jedoch analog zum Zeitgeist der frühen 70er Jahre auch einmal etwas Neues beginnen. Beide Quizsendungen, "Guten Abend, Nachbarn" (1971/72) sowie "Acht nach 8" (1973) kamen jedoch beim Publikum nicht an, so daß es zwischen September 1979 und dem endgültigen Ende von "EWG" im November 1987 noch einmal zu einer dritten Neuauflage des Erfolgsformats kam.
    "EWG" gilt heute neben "Vergißmeinnicht" als das erfolgreichste deutsche TV- Quizformat der 60er Jahre. Die in den Folgejahrzehnten entwickelten Spielshows konnten an diese ganz großen Erfolge nicht mehr anknüpfen, da sich in den Folgejahrzehnten insbesondere die gesellschaftlichen Strukturen in der Bundesrepublik allmählich dahingehend veränderten, daß "Shows für die ganze Familie" zunehmend weniger nachgefragt wurden. Dies mag man bedauern, ist aber eine unabänderliche Tatsache.

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    Montag, 10. Januar 2022, 18:05

    Ich fand Kulenkampff immer sehr unterhaltsam und vor allem nicht so spiessig/bieder wie Frankenfeld und Lour van Burg. Kuli's Show hatte Niveau.