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    Samstag, 1. Januar 2022, 13:19

    Lou van Burg - Das gescheiterte Multitalent

    Am 25. August 1967 hatte eine neue Ära der Fernsehunterhaltung begonnen, als der damalige Vizekanzler Willy Brandt während der Funkausstellung in Berlin auf einen großen roten Knopf drückte und damit das Startsignal für das Farbfernsehen in Deutschland gab. Lediglich sechstausend Haushalte besaßen damals eines der teuren Geräte für den Farbempfang.
    Zeitgleich ging für eines der Aushängeschilder des ZDF eine langjährige Erfolgsgeschichte zu Ende. Lou van Burg sollte am Abend seines fünfzigsten Geburtags die 25. Folge des Erfolgsformats "Der Goldene Schuß" moderieren. Was jedoch nie geschah, denn der Sender oder besser sein damaliger Intendant Karl Holzamer hatte den beliebten Entertainer kurz zuvor gefeuert und durch Vico Torriani ersetzt.
    Wie kam es zu dieser Entwicklung ? Louis van Weerdenburg wurde im August 1917 im niederländischen Den Haag geboren. Seine Karriere als Entertainer begann bereits Anfang der 50er Jahre in Paris, wo er als Chansonnier und Tänzer in Nachtclubs auftrat und auch erste Achtungserfolge mit Schallplattenaufnahmen aufweisen konnte.
    Im Jahre 1954 erschien mit "Nicolo Nicolo Nicolino" Lou van Burgs erste Plattenaufnahme in Deutschland. Zwei Jahre später später erschien er erstmals mit der Sendung "Heut geh´n wir ins Maxim" im deutschen Fernsehen und ab 1958 war er im Nachbarland Österreich mit der Show "Jede Sekunde ein Schilling" sehr erfolgreich. Das deutsche Fernsehen übernahm das Erfolgsformat, und ab 1962 ließ der WDR aus Wien mit "Sing mit mir, spiel mit mir" , in der Musikstücke geraten werden mußten, ein neues Lou van Burg- Format ausstrahlen. Nach nur vierzehn Sendungen wurde die Show dann plötzlich abgesetzt, weil es bei einer der Kandidatinnen angeblich zu "Schiebereien" gekommen sein sollte.
    Zunächst blieb der talentierte Entertainer daher für einige Zeit von der Mattscheibe verbannt, war jedoch weiterhin ein beliebtes Thema der einschlägigen Klatschpresse, die sich intensiv mit dem Privatleben von "Onkel Lou" beschäftigte. Eine große deutsche Zeitung hatte in Brüssel van Burgs Ehefrau Juliane aufgespürt, die der Niederländer 1961 zugunsten der belgischen Schlagersängerin Angèle Durand verlassen hatte und kolportierte daraus einen Selbstmordversuch der betrogenen Gattin. Trotz dieser für damalige Zeiten einseitig negativen Presseberichterstattung holte das ZDF den Entertainer zurück auf den Bildschirm. Ab 1964 moderierte "Onkel Lou" mit großem Erfolg die Samstagabend- Show "Der Goldene Schuß", ein Quizformat, an dem sich zum ersten Mal in der deutschen Fernsehgeschichte Zuschauer aktiv beteiligen konnten, sofern sie über einen Telefonanschluß verfügten, was Mitte der 60er Jahre noch nicht selbstverständlich war. Mit Hilfe einer Tele- Armbrust, die an eine Fernsehkamera montiert war, schossen jeweils vier Saalkandidaten und vier Fernsehzuschauer, die per Telefon zugeschaltet wurden, ins Ziel oder auch daneben. Bei einem erfolgreichen Abschuß winkte dem Sieger der für damalige Verhältnisse hohe Preis von 8.000,- DM in Gold.
    Der Ausruf der Assistentinnen "Der Kandidat hat 99 Punkte" entwickelte sich zum geflügelten Wort, auch Lou van Burgs oft ausgerufenes "Wunnebar !" war damals vielen Landsleuten geläufig, ebenso wie sein Kommando "Kimme-Korn-Ran !" : Wenn der Niederländer sein Publikum mit "Hallo Freunde !" begrüßte, schallte es tausendfach "Hallo Lou !" vom Saalpublikum zurück.
    Kurz: neben Peter Frankenfelds "Vergißmeinnicht" (1964- 1970) war der sympathisch- jovial und schlagfertig daherkommende "Onkel Lou" und sein "Goldener Schuß" der unerreichte Renner der damaligen Fernsehunterhaltung Mitte der 60er Jahre. Lou van Burg moderierte die Sendung bis 1967 und wurde dann von Vico Torriani abgelöst, der jedoch bis 1970 nicht mehr an den Riesenerfolg seines Vorgängers anknüpfen konnte. Entscheidend für die Ablösung von "Onkel Lou" war wohl der neuerliche Skandal, den dieser durch seine Beziehung mit Marianne Krems, seiner Assistentin aus dem "Goldenen Schuß", ausgelöst hatte. Der immer noch offiziell verheiratete Entertainer lebte nun zwar schon seit geraumer Zeit ohne Trauschein mit Angèle Durand zusammen, doch vor allem für den konservativ- katholisch geprägten ZDF- Intendanten Karl Holzamer war dann diese erneute Liaison doch zu viel, so daß es zu einer Abfindung in Höhe von 120.000,- DM und endgültigen Trennung von van Burg kam.
    1968 gebar Marianne Krems Tochter Yasmine, im Folgejahr kam es zur Heirat mit Lou van Burg, doch gelang es diesem trotz nunmehr "geregelter Verhältnisse" nicht mehr, auf den Bildschirm zurückzukehren. In den Folgejahren tingelte er gezwungenermaßen durch die Provinz, trat in Festzelten, Freizeitparks und Einkaufszentren auf und schipperte mit Tagesausflüglern über die Nordsee unter dem Motto "Mit Onkel Lou nach Helgoland".
    Im Jahre 1976, fast zehn Jahre nach dem Rausschmiß, holte das ZDF den legendären Entertainer mit der Evergreen- Sendung "Wir machen Musik" dann noch einmal zurück auf den Bildschirm. Mit "So wird´s nie wieder sein" erzielte der Niederländer noch einmal beachtliche Einschaltquoten, und 1983 gab man ihm sogar sein altes Erfolgsformat "Der Goldene Schuß" noch einmal zurück. Doch die Zeiten und das Publikum hatten sich geändert; der mittlerweile übergewichtige und in die Jahre gekommene Lou van Burg kam insbesondere bei der nachgewachsenen Fernsehgeneration nicht mehr an. Der ehemalige Superstar sah sich fortan gezwungen, sich mit kleineren Auftritten über Wasser zu halten. Ab 1981 moderierte er unter anderem für Radio Luxemburg drei Jahre lang live die Hörfunksendung "Casino- Parade" in Düsseldorf.
    Auch privat lief nicht alles zum besten für den inzwischen schwergewichtig gewordenen "Mister Wunnebar". Seine Ehe mit Marianne Krems war gescheitert, und seine Schulden beliefen sich in seinen letzten Lebensjahren auf über eine dreiviertelmillion DM. Zuletzt trat Lou van Burg in der "Kleinen Komödie München" vor einem recht kleinen Publikum auf.
    Der ehemalige Conférencier, Showmaster und Entertainer starb am 25. April 1986 im Alter von 68 Jahren an den Folgen einer Leukämie- Erkrankung in München; seine letzte Ruhe fand er auf dem dortigen Neuen Südfriedhof. Im Jahre 2012 wurde sein Grab aufgelassen, der Grabstein wurde anschließend von seiner Tochter Yasemine in den Garten ihres Hauses in Düsseldorf- Holthausen überführt.
    Einen Teil seiner Lebenserinnerungen hatte der Entertainer bereits im Jahre 1961 unter dem Titel "Lou van Burg erzählt- Aus dem Leben eines Fernsehstars" veröffentlicht. Die 1968 geborene Tochter Yasemine hat das Show- Talent ihres berühmten Vaters geerbt und begeistert vor allem in den Niederlanden das Publikum mit Musical- Klassikern, Popsongs und Disco- Einspielungen.

    www.youtube.com/watch?v=9b-jLDnLSaw
    www.youtube.com/watch?v=VgpJOwtuGbY

    Nostalgiefans der alten Folgen des "Goldenen Schuß" mit Lou van Burg aus 1964 bis 1967 muß ich leider enttäuschen. Laut ZDF- Archiv wurden bis auf Mitschnitte der 16. Sendung, in der u.a. Grace Bumbry, Grace Kelly und Petula Clark auftraten, alle weiteren Bänder dieses Formats gelöscht. Selbst von den Sendungen mit Vico Torriani existieren nur noch Mitschnitte der Folge 30 sowie der Schlußfolgen 49 und 50. Nachfolgend der private Tonbandmitschnitt des Intros einer Folge von 1967, der heute bereits als seltenes fernsehgeschichtliches Dokument gelten kann:

    www.youtube.com/watch?v=7ry2PJqkieo

    Gleichfalls nicht zuletzt wegen der Darstellung des Zielverfahrens per telefonischer Anweisung zu empfehlen:

    www.retro-tv.de/folge-80:3

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    Montag, 10. Januar 2022, 15:14

    Der Goldene Schuß - Die Fakten

    Am 4. Dezember 1964 feierte die 90- minütige Spielshow mit dem als "Mr. Wunnebar" bekannten niederländischen Entertainer Lou van Burg Premiere. Schnell wurde sie neben "Vergißmeinnicht" zur beliebtesten großen Abendunterhaltung des damals noch jungen ZDF, so daß Folge 16 sogar aus dem Spielcasino von Monte Carlo gesendet wurde. Nach drei Jahren folgte auf Lou van Burg der Schweizer Schlagersänger Vico Torriani als Moderator, der dem Format nur bedingt gerecht werden konnte. Kolportiert wird, daß Torriani damals zu den engen "Spezis" von ZDF- Programmdirektor Joseph Viehöver gehörte und deshalb von diesem in die lukrative Position gehievt wurde.
    Für die musikalische Untermalung sorgte stets Max Greger mit seiner Bigband, der einen längerfristigen Vertrag mit dem ZDF abgeschlossen hatte und dementsprechend auch in andereren Unterhaltungsformaten des Senders auftrat.
    Das Spiel selbst beruhte auf der berühmten Apfelschuß- Saga des Wilhelm Tell. Mit einer Tele- Armbrust, die an einer Fernsehkamera befestigt war, schossen vier Saalkandidaten und vier Fernsehzuschauer, die per Telefon zugeschaltet waren und sich zuvor per Postkarte beworben hatten, auf einen Apfel und später auf eine Zielscheibe. Durch diese Aktion darf "Der Goldene Schuß" als erste interaktive Unterhaltungssendung des deutschen Fernsehens angesehen werden. Der beste Schütze gewann den Titel "Tele- Tell" sowie einen Geldbetrag.
    Die Gründe für den vorzeitigen Ausstieg Lou van Burgs im Jahre 1967 wurden im obigen Blog bereits erwähnt. Der Entertainer hatte eine Affäre mit seiner damals 29- jährigen, verheirateten Assistentin Marianne Krems, die dadurch schwanger wurde. Die bisherige Lebensgefährtin Lou van Burgs, die damals 41- jährige Angèle Durand, wollte sich "revanchieren" und lancierte sehr geschickt Interviews in die Bild- Zeitung und verschiedene andere Illustrierte, woraus sich allmählich ein regelrechter Fernsehskandal entwickelte. Daraufhin trennte sich das ZDF am 11. Juli 1967 von van Burg. Der damalige ZDF- Intendant Karl Holzamer sagte hierzu, daß "nicht das Privatleben, sondern die Publikation in allen Boulevardmedien" für den Rausschmiß des Holländers entscheidend gewesen sei.
    Die 25. Jubiläumsausgabe wurde am 25. August 1967 live von der Berliner Funkausstellung gesendet. Es handelte sich um die erste nach Einführung des PAL- Formats offiziell in Farbe ausgestrahlte Show des deutschen Fernsehens. Ursprünglich war sie noch mit Lou van Burg geplant, aus den o.a. Gründen sprang jedoch Vico Torriani sehr kurzfristig als Ersatz ein. Torriani moderierte die Show von August 1967 bis Juli 1970, danach wurde das Format eingestellt.
    Bei den Vorbereitungen zum "Goldenen Schuß" mußte von einem Mitarbeiter namens Peter stets ein Einzelbolzen in die Armbrust eingelgt werden. Vico Torriani gab vorher jedesmal den Befehl: "Bitte, Peter, den Bolzen." Jahrzehnte später griff Thomas Gottschalk in einer seiner Shows den Begriff noch einmal auf und schloß den Vorgang mit dem Scherz: "Seit dem Goldenen Schuß wissen wir: Bolzen heißen immer Peter !".