Während sich in der "Generation der Nachgeborenen" die tschechische Produktion von 1973 "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" durch ihre alljährlichen Wiederholungen über die Folgejahrzehnte zum weihnachtlichen Kultformat herausgebildet hat, gilt dies bei der Generation der Babyboomer meines Erachtens vor allem für zwei Sendungen. Zum einen handelt es sich um "Wir warten aufs Christkind", ein ARD- Magazin mit sehr wechselnden Inhalten und Moderatoren, das über viele Jahre mehrstündig am Nachmittag des 24. Dezember ausgestrahlt wurde.
Zum anderen gilt dies für die filmische Umsetzung von "Peterchens Mondfahrt" aus dem Jahre 1959 nach dem Buch von Gerdt von Bassewitz, der übrigens eine verblüffende Ähnlichkeit mit dem späten Karl May hatte.
Der Fernsehfilm wurde nach meiner Erinnerung in den 60ern fast jedes Jahr zur Weihnachtszeit wiederholt und hat sich dadurch unauslöschlich in mein Gedächtnis "eingebrannt", obwohl ich einen der damaligen Protagonisten, Herrn Sumsemann, überhaupt nicht mochte. Aus meiner kindlichen Perspektive erschien er mir als "Käferdarsteller" unglaubwürdig, da zu groß und zu ungelenk. Da konnte es auch die von ihm gepielte Fidel nicht herausreißen. So jedenfalls lautete meine damalige "Filmkritik"

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Aber fangen wir von vorne an. Im Dezember 1912 wurde "Peterchens Mondfahrt" erstmals als Märchenspiel im Alten Theater Leipzig uraufgeführt. Drei Jahre später wurde dann die Theateraufführung erstmals in Buchform mit den Illustrationen von Hans Baluschek umgesetzt. "Peterchens Mondfahrt" wurde als Kinderbuch recht erfolgreich mehrfach verlegt und gilt heute als ein Klassiker der deutschen Kinder- und Jugendliteratur, obwohl es inhaltlich auf die heutigen Kids vielleicht etwas altbacken wirken dürfte.
Als Vorbild für die beiden Geschwister Peter und Anneliese sollen die beiden Kinder des Ärzteehepaars Kohnstamm gedient haben, in deren Sanatorium sich v. Bassewitz im Jahre 1911 zur Kur aufhielt.
Worum ging es ? Die Geschichte handelt von den Abenteuern des Maikäfers Herrn Sumsemann, der zusammen mit den Geschwistern Peter und Anneliese zum Mond fliegt, um von dort sein verlorengegangenes sechstes Bein zurückzuholen. Dieses wurde ihm von einem Holzdieb (damals wie heute ein Vergehen) abgeschlagen. Daraufhin verbannt die Fee der Nacht den Holzdieb mitsamt des Holzbündels auf den Mond, jedoch hängt an einem der Holzscheite noch das Beinchen des Maikäfers. Dies tut der Fee leid, daher erlaubt sie Herrn Sumsemann, mit zwei Kindern, die vorher noch nie ein Tier gequält haben dürfen, zum Mond zu fliegen, um das verlorengegangene Beinchen zurückzuholen.
Nun ist es so, daß die fünf Beinchen des geschädigten Maikäfers über tausend Jahre weitervererbt werden, da es keinem von ihnen gelungen ist, Kinder zu finden, die noch nie ein Tier gequält haben. Der Herr Sumsemann unserer Geschichte ist der letzte seiner Sippe und spielt des Abends traurig auf einer kleinen, silbernen Geige, da er gerade seine Frau verloren hat. Später entdeckt er Peter und Anneliese und erzählt den beiden von seinem traurigen Schicksal. Sie erklären sich, Sumsemann zu helfen, lernen einen Zaubertanz, um fliegen zu können, und begeben sich mit Herrn Sumsemann zum Mond, der während des Fluges unaufhörlich geigt.
Auf ihrem Flug durch die Nacht lernen die drei Reisenden den Sandmann auf einer Sternenwiese kennen, der zunächst versucht, die Eindringlinge mit seiner Trommel zu verjagen, ihnen dann aber letztendlich doch weiterhilft. Bei ihrer weiteren Fahrt über die Milchstraße im Mondschlitten des Sandmännchens lernen die Kinder einige Himmelserscheinungen wie Irrlichter und Sternschnuppen kennen.
Währenddessen empfängt die Nachtfee in ihrem Schloß die zahlreichen Naturgeister zum Mitternachts- Kaffeklatsch. Dort erscheint kurz darauf der Sandmann mit Herrn Sumsemann und den beiden Kindern, denen Hilfe bei ihrer schwierigen Mission zugesichert wird. Mit Hilfe der Mondkanone beginnt der schnelle Ritt über den nächtlichen Himmel bis zum Mond. Auf dem Mondberg angekommen, beginnt die Suche nach dem fehlenden Maikäferbeinchen, als plötzlich der häßliche "Mann im Mond" auftaucht, der nach "harten Kämpfen" mit Hilfe einiger Freunde der Kinder bezwungen werden kann.
Das fehlende Beinchen wird Herrn Sumsemann mit Spucke wieder angeklebt, dieser spricht eine Beschwörungsformel, durch die sich der Mondboden öffnet und Peter und Anneliese wieder zur Erde fallen läßt. Als beide Kinder wieder die Augen öffnen, sitzen sie auf dem Tisch ihres Kinderzimmers. Mit Freude entlassen Peterchen und Anneliese durch das Fenster den wieder hergestellten Herrn Sumsemann in die Freiheit der Natur.
Verfilmt wurde die Geschichte erstmalig 1959 unter dem Titel "Peterchens Mondfahrt" im Auftrag des Nordwestdeutschen Rundfunks. Regie führte Gerhard F. Hering. Der Schwarzweißfilm hat eine Länge von beachtlichen 103 Minuten, für die musikalische Untermalung sorgte Clemens Schmalstich.
Auffallend ist die sehr umfangreiche schauspielerische Besetzung des Films, so spielte u.a. Frank Freiherr von Bottlenberg den Peter, Cora von Bottlenberg die Anneliese, Horst Butschke den Sumsemann, Lola Müthel die Nachtfee, Dirk Dautzenberg (mit hörbar rheinischem Akzent) das Sandmännchen, Else Knott die Erzählerin, Margot Trooger die Sonne, Rudolf Therkatz den Mann im Mond, Edith Teichmann die Blitzhexe und Hans Müller- Westernhagen den Milchstraßenmann.
Wie bereits erwähnt, wurde "Peterchens Mondfahrt" in den 60er Jahren fast jedes Jahr zu Weihnachten im Programm der ARD ausgestrahlt. Genauere Daten liegen mir derzeit noch nicht vor.
1990 gelangte eine Zeichentrickversion des Sujets in die Kinos, auch gab es in den Jahren 1926, 1951, 1964, 1999 und 2009 entsprechende Hörspielumsetzungen.
Auch erschien die Mondfahrt 1967 bei dem Nürnberger Spieleverlag J.W. Spear & Söhne unter dem gleichen Titel als Brettspiel für vier Mitspieler.
www.youtube.com/watch?v=NKvnVXeYXy8