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    Dienstag, 9. November 2021, 13:32

    Über die Anfänge der Comics in Deutschland nach 1945

    Zweifelsohne gilt Wilhelm Busch als ein unerreichter Meister der Bildergeschichten und stand sogar bei der Geburt der Comic- Strips gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Amerika Pate. Dennoch läßt sich für den deutschsprachigen Raum kaum von einer kontinuierlichen Comic- Tradition seit Meister Busch sprechen.
    Denn als bei uns die ersten Ansätze sichtbar wurden, daß Zeichner auch hier diese moderne Form der Bilderzählung aufgreifen würden, schotteten die Nationalsozialisten das Land gerade auch kulturell weitgehend ab. Ihnen galten z.B. die amerikanischen Comics als "blühender Blödsinn, deren Inhalt auf der geistigen Entwicklungsstufe etwa zehnjähriger Kinder steht und deren Primitivität des Gebotenen und der Darstellung auch den einfachsten Menschen unseres Kontinents zu wenig bieten würde". So jedenfalls der im Deutschen Reich erschienene "Illustrierte Beobachter" im Jahre 1944.
    Es blieb daher in der Weimarer Zeit und der des Dritten Reiches bei einer Anzahl relativ überschaubarer Einzelphänome wie Emmerich Huber, Ferdinand Barlog oder E.O. Plauen ("Vater und Sohn").
    Zwei Jahre nach Kriegsende erschien dann plötzlich im Düsseldorfer Verlag Hartmann & Co. das Heft "Bumm macht das Rennen" aus der Feder von Klaus Pielert, eine Detektivgeschichte um einen Jungen vor der Kulisse der zerstörten Städte im Nachkriegsdeutschland. Im Jahr darauf brachte der gleiche Verlag zwei Hefte unter dem Titel "Jackel und Bastel" heraus, die von Hans Füsser gezeichnet wurden. Heft Nummer eins war ebenso im Trümmermilieu angesiedelt und ließ die beiden Jungs einem Gauner das Handwerk legen, der nach einer Bleikassette mit Radium suchte. Das zweite Heft schilderte dann die abenteuerliche Reise der beiden Protagonisten nach Amerika auf Einladung eines Onkel Harry.
    Auch in Zeitschriften fanden sich nun vereinzelte erste Comics, so z.B. ab 1946 "Fitz, der Pfiffikus" in der Jugendzeitschrift "Ins neue Leben", gezeichnet von Hans Georg Meyer. Als später Fitz´ Schwester hinzukommt, wird der Serientitel kurzerhand in "Fitz und Finchen" geändert.
    Mit "Peterle als Reporter" erscheint dann unregelmäßig im Schwarzwald- Verlag die erste Heftreihe mit einer aus Frankreich übernommenen Comic- Reihe.
    Für eine nachhaltige Comic- Produktion fehlte es im Deutschland der frühen Nachkriegsjahre jedoch noch sowohl an finanziellen Mitteln, an Infrastruktur und vor allem auch an Erfahrung mit der noch ungewohnten Erzählform. So waren es mit den beginnenden 50er Jahren vor allem Verlage aus dem benachbarten Ausland, die mit ersten Serienheften in die Marktlücke hineinstießen. Allen voran das dänische Gutenberghus mit der "Micky Maus" und aus Belgien Casterman mit "Tim, der pfiffige Reporter". Der ebenfalls in Dänemark ansässige Aller- Verlag veröffentlichte in seinen Heften "Phantom" und "Buntes Allerlei" amerikanische Zeitungsserien wie "Mandrake", "Prinz Eisenherz", "Flash Gordon" sowie "Popeye". Der Mondial- Verlag, ein Ableger der Éditions Mondiales in Paris, legte "Tarzan" und diverse Wildwest- Comics auf, und der schwedische Serieförlaget mit "Tom Mix" noch ein weiteres Westernformat. Im Jahre 1953 kam es zu einem regelrecht explosionsartigem Boom von verschiedensten Heftserien diverser Verlage.
    Erst allmählich kamen auch deutsche Verlage zum Zug. Daß die Situation unter den gegebenen Bedingungen immer noch nicht einfach war, zeigte vor allem der Gerstmayer- Verlag, der ab 1953 unter den verschiedensten Firmierungen Hefte wie "Texasreiter Hot Jerry" oder "Testpilot Speedy" an die Zeitungskioske brachte. Bemerkenswerte Produktionen Gerstmayers waren vor allem die Reihen "Die drei Musketiere", "Don Pedro" sowie "Robinson" aus der Feder des damals neunundzwanzigjährigen Kunststudenten Helmut Nickel, der der nachfolgenden Generation vor allem durch seine Comic- Umsetzung des "Winnetou" unvergeßlich blieb.
    Der Semrau- Verlag wartete dagegen mit Cowboyheften wie "Tom und Jerry" auf und veröffentlichte in seiner Reihe "Der heitere Fridolin" später erstmals die frankobelgischen Klassiker wie "Spirou" oder "Lucky Luke" in deutscher Übersetzung.
    Und unter der Obhut des Pabel- Verlags begann Rolf Kauka im Jahre 1953, den Grundstein für sein späteres "Fix und Foxi"- Imperium zu legen.
    In dieses zunehmend prosperierende Umfeld reihte sich im Sommer 1953 der Walter Lehning- Verlag mit seinen Piccolo- Streifenheftchen und und der insgesamt gesehen höchsten deutschen Eigenproduktion von über 4600 Titeln ein. Neben Hansrudi Wäscher arbeiteten für Lehning vor allem noch die Zeichner Bob Heinz, Walter Kellermann sowie der aus Schweden stammende Charlie Bood.
    Die wohl dauerhaftesten Klassiker des deutschen Comics wurden nicht etwa in Heftserien, sondern auf den Seiten der großen Wochenmagazine geboren. So etwa Manfred Schmidt´s "Nick Knatterton", der ab 1950 in der "Quick" erschien, dazu kam "Mecki" der ab 1951 zunächst von Reinhold Escher für die "Hör Zu" umgesetzt wurde, sowie ab 1953 "Jimmy, das Gummipferd" von Roland Kohlsaat im "Stern".

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    Donnerstag, 11. November 2021, 08:27

    RE: Über die Anfänge der Comics in Deutschland nach 1945

    Wilhelm Busch las ich auch. Mein Grossvater in der Ex-DDR hatte ein dickes Buch ueber Busch.
    Uwe, ich hab ein neues Thema fuer Dich (natuerlich nicht hier in "Comics", aber vielleicht in "Zeitgeschichte"?): woran lag diese Amerika Begeisterung auf dem deutschen Buchmarkt nach Kriegsende?
    Mir fiel auf, dass es in den 50er und 60er Jahren viele Kinder/Jugendbuecher in Germany gab, wo entweder ein deutsches Kind von einem amerikanischen Ehepaar adoptiert wurde (wie in "Susanne in Amerika" von Marion Kellermann) oder wo ein deutscher Teenager ein Austauschjahr in den USA machte (wie in "Hummelchen in Amerika" von Kaethe Theuermeister).
    Nicht zu vergessen Ruth Hoffmann's "Poosie" Trilogie ueber die tatsaechlichen Erlebnisse ihrer Nichte Frances aka Poosie in Silversprings, Maryland, bei Washington, D. C. und im 2. Band in Europa.
    Dann gab es noch mindestens drei weitere Autobiographien von Simone de Beauvoir, die in "Amerikan bei Tag und Nacht" ihre USA Reise aus den spaeten 40er Jahren aufarbeitete, "Die Farm in den gruenen Bergen" von Alice Herdan-Zuckmayer ueber die ca. 18 Jahre der Emigration in Vermont ab 1939, und das von mir ganz besonders geliebte Buch "Heimlich im Kalten Krieg" von Christina Heimlich (ehemals Ohlsen), die darin beschreibt, wie sie ihren Mann William Heimlich im Nachkriegsberlin kennenlernte.
    Das wuerde mich sehr interessieren!
    Zwei Jahre nach Kriegsende erschien dann plötzlich im Düsseldorfer Verlag Hartmann & Co. das Heft "Bumm macht das Rennen" aus der Feder von Klaus Pielert, eine Detektivgeschichte um einen Jungen vor der Kulisse der zerstörten Städte im Nachkriegsdeutschland. Im Jahr darauf brachte der gleiche Verlag zwei Hefte unter dem Titel "Jackel und Bastel" heraus, die von Hans Füsser gezeichnet wurden. Heft Nummer eins war ebenso im Trümmermilieu angesiedelt und ließ die beiden Jungs einem Gauner das Handwerk legen, der nach einer Bleikassette mit Radium suchte. Das zweite Heft schilderte dann die abenteuerliche Reise der beiden Protagonisten nach Amerika auf Einladung eines Onkel Harry.

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    Donnerstag, 11. November 2021, 14:20

    Das deutsche Amerikabild in den 50er und 60er Jahren

    Da du ja "begeisterte Amerikanerin" geworden bist, wäre das nicht ein abendfüllendes Thema in diesem Forum für dich, Chrissie ? Daß in Comics, Büchern und Filmen die USA derart gut wegkommen, ist ganz einfach der Tatsache geschuldet, daß das Land in diesem Zeitrahmen als der Inbegriff von Modernität, Wohlstand und Fortschritt galt, und dies trotz aller damaligen Probleme (Bürgerrechtsbewegung etc.) völlig zu recht. Nie wieder ist es der Masse der Mittelklasseamerikaner so gut gegangen wie in der Zeit der Eisenhower-, Kennedy- und Johnson- Administration.
    Von daher ist es kein Wunder, daß für viele Deutsche das Land als Sehnsuchtsort galt und selbst meine Eltern Mitte der 50er Jahre mit dem Gedanken gespielt haben, in die USA auszuwandern. All dies spiegelte sich auch in vielen entsprechenden Publikationen wieder, allen voran Peter von Zahn´s TV- Format "Bilder aus der Neuen Welt".
    Geändert hat sich das erst allmählich mit der zunehmenden Dauer des Vietnamkriegs, den entsprechenden Protesten dagegen und dem wirtschaftlichen Krisenszenario in den 70er Jahren, als der Außenwert des Greenback teils dramatisch fiel und eine Reihe von farblosen bis schwachen Präsidenten (Gerald Ford und Jimmy Carter) an der Spitze der US- Administration saßen.

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    Samstag, 13. November 2021, 18:30

    RE: Das deutsche Amerikabild in den 50er und 60er Jahren

    Uwe, darueber finde ich leider nichts im Internet (wie schon zu einem anderen Lieblingsthema - Schueleraustausch in den USA in den 60er und 70er Jahren - nicht.
    Sonst haette ich das sofort gemacht.
    Da du ja "begeisterte Amerikanerin" geworden bist, wäre das nicht ein abendfüllendes Thema in diesem Forum für dich, Chrissie ? Daß in Comics, Büchern und Filmen die USA derart gut wegkommen, ist ganz einfach der Tatsache geschuldet, daß das Land in diesem Zeitrahmen als der Inbegriff von Modernität, Wohlstand und Fortschritt galt, und dies trotz aller damaligen Probleme (Bürgerrechtsbewegung etc.) völlig zu recht. Nie wieder ist es der Masse der Mittelklasseamerikaner so gut gegangen wie in der Zeit der Eisenhower-, Kennedy- und Johnson- Administration.
    Von daher ist es kein Wunder, daß für viele Deutsche das Land als Sehnsuchtsort galt und selbst meine Eltern Mitte der 50er Jahre mit dem Gedanken gespielt haben, in die USA auszuwandern. All dies spiegelte sich auch in vielen entsprechenden Publikationen wieder, allen voran Peter von Zahn´s TV- Format "Bilder aus der Neuen Welt".

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    Samstag, 13. November 2021, 20:37

    Suchbegriffe

    Na dann gib mal Suchbegriffe wie "Die deutsche Amerikabegeisterung in den fünfziger und sechziger Jahren" oder "Die Amerikanisierung der Bundesrepublik" ein, und schon wirst du fündig. Die entsprechenden Stellen aus den von dir genannten Büchern kannst du aufgrund deines Wissens dann wunderbar in den Beitrag einflechten.
    Nur Mut, oder wie der Volksmund sagt: ohne Mühe keine Kühe ! ;)