•         *[Home] *[Fernsehen] *[Bücher] * [Comics] *[Musik] *[Alltag] * [Zeitgeschichte] *[Über mich]

    Sie sind nicht angemeldet.

    1

    Sonntag, 24. Oktober 2021, 14:34

    Lehnings großer Sprung nach vorn - Die Zeitschrift WIR ZWEI / MODERNE ILLUSTRIERTE

    Zwar gehört der Werdegang des hier zu besprechenden Magazins noch in die 50er Jahre, er stellt jedoch eine wichtige Wegmarke für die Entwicklung des Walter Lehning- Verlags dar, der vielen von uns vor allem durch seine bahnbrechenden Comics wie Sigurd, Akim, Tibor, Falk usw. bekannt sein dürfte.
    Wie auch immer: die Jahreswende 1954/55 dürfte für den Verleger Walter Lehning alles andere als erfreulich gewesen sein. Sein Zeitschriftenprojekt "Wir zwei"/ "Moderne Illustrierte" hatte den Verlag in eine erhebliche finanzielle Schieflage gebracht. Es ging um tiefrote Zahlen, die deutlich signalisierten, daß Lehnings Ausflug in die Welt der großen Verleger wie Burda oder Springer krachend gescheitert war. Mehr noch als die finanziellen Verluste mag ihn damals der Verlust an verlegerischem Prestige geschmerzt haben.
    Wie kam es dazu ? Noch zum Jahreswechsel 1953/54 bestand für Walter Lehning kein Zweifel daran, äußerst optimistisch in die Zukunft blicken zu können. Seine Idee, die ursprünglich aus Italien stammenden kleinen Streifenhefte mit Abenteuergeschichten auch an die deutschen Kioske zu bringen, hatte sich zum durchschlagenden Erfolg entwickelt. Formate wie AKIM oder SIGURD fanden wöchentlich ihre begeisterten Leser. Und auch die Folgeserien brachten es auf durchaus achtbare Auflagehöhen.
    Der Lehning- Verlag begann fortlaufend zu expandieren, denn fast alles, was der Verleger bis dahin auf den Weg brachte, schien sich für ihn erfolgversprechend zu entwickeln.
    Und doch fehlte dem aufstrebenden Verlag etwas. Ein Produkt, das man als "verlegerisches Flaggschiff" bezeichnen konnte und das dem Verleger nicht nur Geld, sondern auch Branchenprestige verschaffte. Lehning- Produkte, allen voran die Comics, galten im Nachkriegsdeutschland der 50er Jahre unter Erwachsenen gemeinhin als Schundliteratur. Lehning galt als der "Heftchenverlag", und sein Eigentümer wurde dementsprechend abschätzig als der "Heftchenverleger" bezeichnet.
    Diese Fremdeinschätzungen mögen Walter Lehning zu schaffen gemacht haben. Der Mann, der stark auf öffentliche Anerkennung bedacht war und wie viele andere erfolgreiche Unternehmer seiner Zeit auch seinen Status mit großem Haus und Auto gerne vorführte, beobachtete mit Argwohn die Entwicklung an den Kiosken. Neben seinen Streifenheftchen für Kinder hingen Illustrierte wie KRISTALL, NEUE ILLUSTRIERTE, QUICK oder FRANKFURTER ILLUSTRIERTE, die Lehnings verlegerischen Ruhm deutlich überstrahlten.
    Anhand dieser Vergleiche kam Walter Lehning auf den Gedanken, es den "Großen der Branche" mit einem ähnlichen Verlagsprodukt gleichzutun. Bereits in den ersten Wochen des Jahres 1954 liefen die Planungen dazu auf Hochtouren. Sein Blatt sollte ein Farbcover haben (was zu dieser Zeit in Deutschland durchaus noch nicht selbstverständlich war) und sich allein schon dadurch von der Konkurrenz abheben.
    Das Ergebnis war die erste Ausgabe der Zeitschrift WIR ZWEI. Schaut man sich die Erstausgabe an, so läßt einen der Gedanke nicht los, daß es sich dabei eher um einen verlegerischen Schnellschuß gehandelt hat, da dieses Exemplar lediglich einen Umfang von 24 Seiten hatte. Auch inhaltlich riß die Illustrierte sicher niemanden vom Hocker: "Männer sprechen gern von Liebe", daneben gab es immerhin einen Fotoroman, ein Portrait des jungen Fürsten Rainier von Monaco und einen Artikel über "Die Kunst, sich richtig zu verheiraten". Es verbleibt der Eindruck einer Zeitschrift für junge Erwachsene mit bunter Verpackung und wenig packendem Inhalt. Lehning und sein damaliger Chefredakteur Dr. Werner Fach konnten damit kaum überzeugen. Dem Blatt fehlte ganz einfach der professionelle Journalismus: keine Reportagen, keine aktuellen Photos, keine Überraschungseffekte. Selbst die Illustrationen bestanden zum größten Teil aus Zeichnungen, was im Jahre 1954 bereits einigermaßen antiquiert wirkte und keinen Vergleich mit den großen Konkurrenzprodukten standhielt.
    Auch in den Folgenummern wurde dieser Stil von einer wohl einigermaßen überforderten Redaktion noch weitgehend beibehalten. Dennoch muß Walter Lehning relativ rasch gemerkt haben, daß er mit seinem Prestigeprojekt beim Publikum nicht so recht landen konnte. Ab Heft 8 wurde der Umfang immerhin auf 28 Seiten erweitert, auch setzte die Redaktion nun verstärkt auf Photothemen, lag inhaltlich aber immer noch weit hinter den Konkurrenzprodukten zurück. Themen wie Liebestest, Ehetest, wie angle ich mir einen Millionär, Ehe auf Probe, Urlaub von der Ehe und Schönheitstips wiederholten sich mit schöner Regelmäßigkeit. Die Folge war unter anderem das weitgehende Ausbleiben von Anzeigenschaltungen, die für das Überleben eines derartigen Magazins überlebenswichtig sind.
    Erst mit Heft 17 kam inhaltlich etwas mehr Schwung in die Illustrierte. Mit "Kenne deinen Körper und werde gesund" vollzog sich eine allmähliche Abkehr von den Banalthemen, scheinbar hatten die erschreckend niedrigen Verkaufszahlen und ein Machtwort des Verlegers die Redaktion aus ihrer Lethargie geweckt. Man bemühte sich mehr um Exklusivthemen, z.B. mit "28 Fragen an Marlene Dietrich", auch gab es nun mehr Mode und verstärkt Themen aus der Filmwelt. Immer noch bestand das Titelcover jedoch lediglich aus einer Farbzeichnung.
    Auf Heft 20 tauchte erstmals als Untertitel die Zeile MODERNE ILLUSTRIERTE auf, bis ab Ausgabe 24 ohne Vorankündigung aus WIR ZWEI ausschließlich die MODERNE ILLUSTRIERTE wurde. Erstmals war nun das Titelcover mit einem Photo versehen und die Farbe hielt auch Einzug in das Innere des Heftes. Als äußerst gelungen kann man nun z.B. die "Geschichte des persischen Kaiserhauses" in Farbe betrachten. Stark wurde jetzt auf Photothemen und Aktualität gesetzt, was dem Blatt ausgesprochen gut tat und ihm deutlich mehr Frische und Lebendigkeit verlieh. Der Umfang wurde auf 48 Seiten erweitert, es gab Marilyn Monroe in Farbe, Reportagen über Luis Armstrong und Max Schmeling, viel Mode und viel Film. Mit dieser neuen Konzeption konnte die MODERNE ILLUSTRIERTE erstmals überzeugen. Sie war jetzt durchaus auf dem richtigen Weg und hätte einige Chancen gehabt, sich gegen die etablierte Konkurrenz durchzusetzen, zumal schöne Star- Cover einen zusätzlichen Kaufanreiz boten. Die inhaltliche Mischung war nun oft überzeugender als der Inhalt von Konkurrenzprodukten wie QUICK oder der NEUEN ILLUSTRIERTEN. Dazu trug wohl nicht zuletzt ein guter Grafiker bei, dessen Name nicht überliefert ist, der das Blatt jedoch mit mehr Pfiff zusammenstellte.
    Honoriert wurde der "Neue Kurs" durch erste Großanzeigen, jedoch war das allgemeine Anzeigenaufkommen immer noch viel zu gering für ein Blatt dieser Art. Auch war die Produktion der Illustrierten inzwischen durch den erweiterten Farbteil, das viele frische redaktionelle Material und die teuren Photos enorm im Preis gestiegen, so daß die Verkaufsumsätze die fixen Kosten je Ausgabe nicht mehr annähernd abfangen konnten. Mit der Weihnachtsausgabe No.34 verabschiedete sich die MODERNE ILLUSTRIERTE daher sang- und klanglos.
    Erstaunlich bleibt, das Walter Lehning trotz der drohenden Pleite die ganze Zeit über an seinem leitenden Chefredakteur Dr. Fach festhielt. Heute sähe dies in einer ähnlichen Situation gänzlich anders aus.
    Es verbleibt die Frage, ob die MODERNE ILLUSTRIERTE sich zu einem Erfolgsblatt hätte mausern können, wenn Walter Lehning finanziell noch eine Weile durchgehalten hätte. Das ist durchaus denkbar, denn die positiven Ansätze waren in der zweiten Jahreshälfte 1954 durchaus unverkennbar. Lehning galt jedoch nie als großer verlegerischer Stratege, sondern eher als Mann des "Trial and Error". Produkte, die sich nicht in relativ kurzen Zeiträumen erfolgreich entwickelten, wurden in den meisten Fällen von ihm schnell wieder aus dem Verlagssortiment entfernt.

    2

    Mittwoch, 17. November 2021, 19:42

    Im Comic Sammlermagazin Treffer Ausgabe 10 vom Dezember 1999 von Thomas Schmitt befindet sich ein 5seitiger Artikel zur Zeitschrift.
    Geschrieben von Peter Gassen, Insidern kein Unbekannter, ist er fundiert geschrieben und reich bebildert.
    An die Zeitschrift ist ja kaum noch ranzukommen da suchen noch eingefleischte Lehningsammler viele Exemplare.
    Ich hatte mal vor langer Zeit ein paar Stück die habe ich dann gut gegen Hörzu Zeitschriften eingetauscht, die waren mir bedeutend lieber.
    Treffer Marktpreise 1999
    Ausgabe 1 400.- DM
    Ausgaben 2-7 300.-

    Ausgaben 8-52 1 Jahrgang 150.-
    Ausgaben 1-14 2. Jahrgang 200.- DM
    Die dürften bis heute nicht billiger geworden sein.
    Da ich vom Teffer alle Ausgaben habe könnte ich da mal was dazu hier schreiben.
    Er hat viele interessante Berichte zu sammelbaren aus den 50er und 60er Jahren.