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    Samstag, 5. Juni 2021, 23:04

    Die Ansagerinnen des deutschen Fernsehens in den 50er bis 70er Jahren

    Viele von uns werden sich noch daran erinnern, daß von den frühen 50ern bis in die späten 90er Jahre adrette und gutaussehende Damen dem Fernsehpublikum mitteilten, welches Programm es nun zu erwarten hatte. Diese Damen galten gemeinhin als "Visitenkarten" des öffentlich- rechtlichen Fernsehens. Ihre Diktion und das Mienenspiel warem dem darauffolgenden Programm angepaßt, und die in den frühen 50ern noch kleine und in den darauffolgenden Jahrzehnten rasant wachsende Zuschauergemeinde wurde durch entsprechende Informationen auf die jeweils folgende Sendung eingestimmt.
    Zu den Ansagerinnen der frühen Jahre zählten unter anderem Irene Koss, Angelika Feldmann, Ursula von Manescul, Dagmar Bergmeister, Annette von Aretin, Ruth Kappelsberger, Anneliese Fleyenschmidt, Claudia Doren, Mady Manstein und Hilde Nocker.

    DIE ERSTE IHRER ART - IRENE KOSS

    Irene Koss wurde 1928 in Hamburg geboren. Bereits nach der Mittleren Reife nahm sie Schauspielunterricht und erhielt 1946 ein erstes Engagement an der Landesbühne Hannover, wo sie ihr Bühnendebut an der Seite Hardy Krügers in Kleists "Der zerbrochene Krug" gab. 1947 wechselte Irene Koss an das Stadttheater Flensburg und an die Hamburger Kammerspiele, wo sie meist naiv- sentimentale Rollen besetzte.
    Als der Nordwestdeutsche Rundfunk (NWDR) im Herbst 1952 für die ersten Versuchssendungen eine Ansagerin suchte, wurde sie unter sechzig Bewerberinnen ausgewählt und absolvierte ihren ersten Auftritt am 25. September 1952. Als am 25. Dezember 1952 die Ausstrahlung des regulären Programms begann, informierte sie fortan (im Wechsel mit Angelika Feldmann) über die Programme, die anfangs noch versuchsweise dreimal wöchentlich ausgestrahlt wurden. Meist verabschiedete sie sich gegen Programmschluß von ihren Zuschauern mit den Worten: "Wir sehen uns morgen wieder ".
    Schnell entwickelte sich Irene Koss zur beliebtesten Frau des deutschen Fernsehens und gleichzeitig zu einem "role model" der 50er Jahre, auch wenn ihr von der deutschen Presse bisweilen "ein altjüngferlicher Charme" (Spiegel) unterstellt wurde. Ihre Popularität zeigte sich in zahlreichen ihr verliehenen Preisen, wie der "Goldenen Rose" der Zeitschrift "Star- Revue", dem "Goldenen Bildschirm" des Bauer- Flaggschiffs "Hören und Sehen" oder dem 1961 verliehenen "Otto" der Zeitschrift "Bravo". Als Irene Koss 1959 mit neuer Frisur auf den Bildschirmen erschien, liefen beim NDR die Telefone heiß und die rührige "Hamburger Morgenpost" rief ihre Leserschaft zur Abstimmung über Irenes Haarschnitt auf.
    Irene Koss war jedoch nicht nur gelernte Schauspielerin und Ansagerin im neuen Medium Fernsehen. So schrieb sie u.a. das Drehbuch zum Rundfunkmärchen "Die Reise zum Vater der Tiere" und veröffentlichte 1959 das Kinderbuch "Schnurzelpurz". Als Moderatorin der ARD- Kinderstunde war sie auch bei den jungen Fernsehzuschauern sehr beliebt, sie bearbeitete bei Electrola eine Schallplattenaufzeichnung von Märchen der Gebrüder Grimm, trat als Erzählerin auf deutschen Walt Disney- Kinderplatten in Erscheinung und kommentierte Kulturfilme.
    Während der Auftaktsendung zur Fernsehlotterie "Ein Platz an der Sonne" lernte Irene Koss den damaligen Sportreporter, Kommentator und Mitbegründer der "Münchner Lach- und Schießgesellschaft" Sammy Drechsel kennen. Nach ihrer Heirat im Jahre 1962 verließ sie den NDR, zog mit ihrem Mann nach München und widmete sich ganz im Stil dieser Zeit vorerst ausschließlich ihrer Familie. Später unterstützte sie Sammy Drechsel bei seiner Arbeit als Leiter der "Münchner Lach- und Schießgesellschaft", trat jedoch nicht mehr selbst vor die Kamera.
    Nach dem Tod ihres Mannes im Jahre 1986 baute Irene Koss ein Archiv aller seit 1956 gespielten Programme des legendären Münchner Kabaretts auf.
    Die Schauspielerin, Fernsehansagerin, Moderatorin und Kinderbuchautorin Irene Koss starb am 1.Mai 1996 nach längerer Krankheit im Alter von 67 Jahren in München. Sie hinterließ ihre Töchter Gabriele und Brigitte aus ihrer Verbindung mit Sammy Drechsel.

    www.youtube.com/watch?v=nA8XAfrB0F4


    URSULA VON MANESCUL

    Ursula von Manescul wurde 1931 als Tochter eines rumänischen Großgrundbesitzers im galizischen Lemberg geboren. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges flüchtete sie mit ihrer Familie vor der Roten Armee von Posen nach Berlin. Dort ging sie weiter zur Schule und ließ sich ab 1946 an der Max Reinhardt- Schule für Schauspiel von Hilde Körber zur Schauspielerin ausbilden. Auch nahm sie an der Städtischen Oper Berlin Unterricht in Gesang und Tanz. Ihre Bühnenpräsenz führte sie über das Berliner Theater am Nollendorfplatz, das Hebbel- Theater, die Berliner Komödie bis an das Theater Baden- Baden. Auch stand sie in den Folgejahrzehnten für zahlreiche Kino- und Fernsehproduktionen vor der Kamera. So präsentierte sie sich in Unterhaltungsfilmen wie "Professor Nachtfalter" (1950), "Das tanzende Herz" (1953), "Das ideale Brautpaar" (1954), "Mädchen mit Zukunft" (1954) und zuletzt 1969 in "Rat mal, wer heut bei uns schläft".
    Zum öffentlich- rechtlichen Fernsehen kam Ursula von Manescul bereits 1954 und war bis Ende 1973 Chefansagerin beim Südwestfunk Baden-Baden (SWF), spielte während dieser knapp zwanzig Jahre aber auch immer wieder am Theater. Nach ihrer Tätigkeit als Ansagerin arbeitete sie zunächst im Besetzungsbüro des Südwestfunks mit, erhielt später ein festes Engagement beim SWF- Hörfunk, moderierte Hörfunksendungen wie "Von der Operette zur Oper", wirkte als Conférencier bei Galas, Konzerten und Modeveranstaltungen mit und blieb auch weiterhin in Fernsehproduktionen als Schauspielerin auf dem Bildschirm präsent. So erlebte man sie ab 1969 als Kunstschützin Henrike in der damals äußerst beliebten Familienserie "Salto Mortale" oder zehn Jahre später in einer Folge der Vorabendserie "Parole Chicago".
    Bei der Show "Ein Abend mit Georg Thomalla" führte sie 1982 in der Folge "Der Boxeraufstand" durch das Programm. 1984 übernahm sie die Ansage der Sendung "30 Jahre Fernsehen SWF" und spielte 1985 in einem "Johannes Heesters- Special" mit.
    Die Schauspielerin, Rundfunkmoderatorin und Fernsehansagerin Ursula von Manescul, die von 1953 bis 1969 mit dem Regisseur Franz M. Lang verheiratet war, starb am 19. März 1991 im Alter von nur 59 Jahren an den Folgen ihres Krebsleidens in einer Klinik bei Karlsruhe.

    www.youtube.com/watch?v=LSYtMDy0ErY


    DAGMAR BERGMEISTER oder: DAS ERSTE SKANDÄLCHEN

    Dagmar Bergmeister, geb. Lindemann, wurde am 3. November 1929 in Hannover geboren. Bevor sie ab Mitte 1954 beim Süddeutschen Rundfunk (SDR) als Ansagerin tätig war, hatte sie eine Handelsschule besucht und zunächst als Stenotypistin in einer chemischen Fabrik gearbeitet. Anschließend wechselte sie in die Modebranche und arbeitete unter anderem in Berlin als Fotomodell für F.C. Gundlach.
    Am 16. Dezember 1954 erschien sie zum ersten Mal auf den Fernsehbildschirmen mit den Worten: "Guten Abend, meine Damen und Herren. Das Fernsehen des Süddeutschen Rundfunks begrüßt sie herzlich und wünscht Ihnen einen guten Empfang !". Zunächst bis 1966 war Dagmar Bergmeister die optische Visitenkarte des SDR, danach wurde der damals 36- jährigen "aus Altersgründen" gekündigt, da der damalige SDR- Fernsehdirektor Horst Jaedicke die Ansicht vertrat, daß die mittlerweile mit dem Chemiekaufmann Klaus Kloth verheiratete Fernsehansagerin sich besser um ihre Familie kümmern solle. Dagmar Bergmeister zog vor das Arbeitsgericht, gewann den Prozeß und blieb bis 1971 Chefansagerin des SDR.
    Nach dem Tode ihres Ehemannes Klaus Kloth kehrte sie 1984 als Mitarbeiterin des Zuschauertelefons zum SDR zurück, das sie bis ins Jahr 2000 betreute. Desweiteren lieh sie ihre Stimme noch lange Zeit der Stuttgarter Blindenhörbücherei für entsprechende Hörbuchaufnahmen.
    Dagmar Bergmeister lebte über lange Jahre in Stuttgart, erst kurz vor ihrem Tod hatte sie sich in Gundelfingen an der Donau niedergelassen. Die profilierte Fernsehansagerin, die viele mit der Pionierzeit des SDR verbinden, starb am 25. November 2013 im Alter von 84 Jahren in Günzburg.
    Fernsehdirektor Dr. Christoph Hause würdigte sie als einstige Visitenkarte des SDR: " Wenn ihr Gesicht auf dem Bildschirm erschien, wusste man: jetzt kommt das Programm aus Stuttgart !".

    www.youtube.com/watch?v=LBoYw-0DLUU


    ANNETTE VON ARETIN oder: WAS BIN ICH ? (Teil 1)

    Annette von Aretin wurde 1920 als Marie Adelheid Kunigunde Felicitas von Aretin in Bamberg geboren. Sie war das älteste von drei Kindern des Freiherrn Karl von Aretin und dessen Ehefrau Elisabeth von Gebsattel. Von ihren engsten Freunden wurde sie bis ins hohe Alter mit dem Spitznamen "Putzi" angeredet.
    Ihre Kindheit verbrachte sie in Niederbayern und München, studierte später in München an der Hochschule für Musik und Theater und erlernte nach dem Krieg den Beruf einer Fotografin. Bereits 1947 begann sie als freie Mitarbeiterin bei Radio München, dem Vorläufer des späteren Bayerischen Rundfunks, und sprach unter anderem das "Ännchen von Kalau" in Kurt Wilhelms beliebter Radiosendung "Fleckerlteppich". Später wurde sie Produktionsassistentin beim Kinderfunk des BR.
    Seit 1954 war Annette von Aretin als Ansagerin für den Fernsehfunk des Bayerischen Rundfunks tätig und avancierte schließlich zur Chefin des Besetzungsbüros, eine Tätigkeit, die sie bis zu ihrer Pensionierung im Jahre 1980 ausübte.
    Annette von Aretin wurde rasch zu einer äußerst beliebten Fernsehansagerin, noch populärer wurde sie ab 1955 als "Ratefuchs" neben Oberstaatsanwalt Hans Sachs, Fernsehjournalist Guido Baumann und der Schauspielerin Marianne Koch in Robert Lembkes legendärem Ratespiel "Was bin ich ?". 1989 moderierte Robert Lembke die immer noch beliebte Sendung zum letzten Mal. Für das Bayerische Fernsehen moderierte Annette von Aretin im gleichen Jahr den Rückblick auf 34 Jahre von "Was bin ich ?".

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    Dienstag, 8. Juni 2021, 19:47

    Die Ansagerinnen des deutschen Fernsehens in den 50er bis 70er Jahren (II)

    ANNETTE VON ARETIN oder: WAS BIN ICH ? (Teil 2)

    Außerdem moderierte Annette von Aretin als Nachfolgerin von Carl Voscherau von 1963 bis zur Einstellung im Jahre 1969 die Ratesendung "Funklotterie des Norddeutschen Rundfunks".
    Auch nach ihrer Pensionierung arbeitete Annette von Aretin immer noch gelegentlich für den Bayerischen Rundfunk und machte sich darüber hinaus auch einen Namen als Autorin. Die Mutter von zwei Kindern schrieb Bücher wie "Da war ein Engel am Himmel", "Heiterkeit des Herzens" sowie 1991 ihre Memoiren unter dem Titel "Alles blüht zu seiner Zeit". Das Buch "Liebes Enkelkind..." widmete sie ihrer Enkeltochter Greta.
    Außerdem veröffentlichte sie 1989 einen umfangreichen Bildband über den Englischen Garten in München anläßlich seines zweihundertjährigen Bestehens.
    Annette von Aretin, die in ihren letzten Lebensjahren sehr zurückgezogen in München lebte, starb dort am 1. März 2006 im Alter von 85 Jahren. Seit 1956 war sie mit dem Arzt Dr. Harald Klein verheiratet; aus der Verbindung gingen ein Sohn und eine Tochter hervor.
    Der damalige BR- Fernsehdirektor Gerhard Fuchs sagte in seinem Nachruf u.a.: " Mit Freifrau von Aretin verlieren wir eine der am meisten bewunderten Fernsehfrauen der ersten Stunde...Mit ihrer feinsinnigen Intelligenz, ihrer einnehmenden Sympathie und nicht zuletzt ihrer immer vornehmen äußeren Erscheinung hat sie in den deutschen Wohnzimmern Trends gesetzt... Von einem Millionenpublikum bewundert, war sie den Frauen im besonderen Vorbild in deren Wunsch nach mehr Eigenständigkeit in Gesellschaft und Beruf".

    www.youtube.com/watch?v=PJg5JPV5tWU



    RUTH KAPPELSBERGER

    Ruth Kappelsberger wurde 1927 in München geboren. Bereits mit sechs Jahren erhielt sie Ballettunterricht und in späteren Jahren eine Ausbildung an der Schauspielschule Hannover. Unter anderem machte sie sich anschließend einen Namen auf Kabarettbühnen. So gehörte sie zwischen 1946 und 1948 als Ensemblemitglied zum legendären Münchner Nachkriegskabarett "Die Schaubude" und spielte in München u.a. an der Kleinen Komödie und am Volkstheater.
    Für den Hörfunk des Bayerischen Rundfunks war die junge Frau mit der markanten Stimme ebenfalls bereits seit 1946 tätig, bis sie im Jahre 1954 zu einer der ersten Fernsehansagerinnen des BR wurde, wo sie ihre Zuschauer bis 1969 über die laufenden Programme informierte. Charakteristisch für die charmante Ansagerin war ihr gepflegtes Münchnerisch, das heute so gut wie nicht mehr im Bayerischen Rundfunk gesprochen wird. Im Anschluß moderierte sie Regionalsendungen des Bayerischen Rundfunks, so die auch außerhalb Bayerns sehr bekannte Dokumentationsreihe "Zwischen Spessart und Karwendel".
    Legendär wurden die vom BR produzierten, in den 80er Jahren jeden Samstagvormittag gespielten Hörfunkstücke "Er und Sie", in denen Ruth Kappelsberger gemeinsam mit Walter Sedlmayr auftrat.
    Als darstellende Künstlerin trat Ruth Kappelsberger oft im "Komödienstadl" auf, so in "Der Zigeunersimmerl" (1961), "Der Hochzeiter" (1962), "Der Geisterbräu" (1963), "Witwen" (1969), "Die Tochter des Bombardon" (1982), und in "Wenn der Hahn kräht" (1985). Auch spielte sie in Heimatfilmen wie in der Ganghofer- Umsetzung "Das Schweigen im Walde" (1955), "Wetterleuchten um Maria" (1957) nach dem Roman von Hans Ernst oder in einer weiteren Ganghofer- Adaption "Der Edelweißkönig" (1957).
    In den späten 60er Jahren war sie ebenfalls in typisch bayerischen TV- Serien wie "Königlich Bayerisches Amtsgericht" präsent. in den darauffolgenden beiden Jahrzehnten sah man sie u.a. in den Serien "Drei sind einer zuviel" (1977) oder in "Der Gerichtsvollzieher" (1981).
    Ruth Kappelsberger starb am 5. September 2014 im Alter von 86 Jahren in Berg /Starnberger See. Zwischen 1978 und 1984 gehörte sie als parteilose Abgeordnete dem Kreistag des Landkreises Starnberg an. Seit 1966 war die bekannte Schauspielerin und ehemalige Fernsehansagerin in zweiter Ehe mit dem am 22. Januar 2014 verstorbenen Schlagersänger Fred Bertelmann verheiratet und lebte mit diesem bis zuletzt am Starnberger See. Sie hinterließ eine Tochter.

    www.youtube.com/watch?v=DDIJIcoZKeI


    ANNELIESE FLEYENSCHMIDT

    Die vielen älteren Fernsehzuschauern noch als gelegentliche "Mitraterin" im Kultformat "Was bin ich ?" bekannte Anneliese Fleyenschmidt wurde 1919 in Hagen/ Westfalen geboren. 1940 ging die junge Frau nach München, um dort ein Studium der Zeitungswissenschaft, Literatur- und Theatergeschichte zu beginnen. Im Anschluß ließ sie sich an der Otto Falckenberg- Schule zur Schauspielerin ausbilden. Es folgten Engagements an Bühnen in Hannover und München. Nach dem Ende des Krieges wurde der Bayerische Rundfunk auf die junge Frau aufmerksam und bot Anneliese Fleyenschmidt einen Vertrag an. In den kommenden Jahren arbeitete sie als Schauspielerin und Sprecherin für Hörspiele und war darüber hinaus auch als Journalistin für den "Zeitfunk" tätig.
    Doch vor allem als eine der ersten Fernsehansagerinnen des Bayerischen Rundfunks machte sie neben Ruth Kappelsberger und Annette von Aretin Furore. Über dreißig Jahre prägte sie das Gesicht des BR entscheidend mit und galt bei den Zuschauern als ungemein populär. Mit ihrem Charme, der stets perfekt ondulierten Frisur und in jeweils topmodischer Kleidung lächelte sie sich in die bayerischen Wohnzimmer. Anneliese Fleyenschmidt war anläßlich eines Interviews über ihre Popularität selbst erstaunt: "Wir haben mal eine Umfrage in der Fußgängerzone gemacht. Da haben sie ein Bild von mir gezeigt. 87 Prozent haben gesagt, die ist vom Fernsehen. 78 Prozent haben geantwortet, das ist die Fleyenschmidt. Damals habe ich darauf gesagt: ich bin ja bekannter als der (F.J.) Strauß !".
    Nicht nur als Ansagerin erfreute Anneliese Fleyenschmidt die Zuschauer, sie gehörte zwischen 1965 und 1988 auch zum legendären Rateteam von "Was bin ich ?", wo sie im Wechsel mit Marianne Koch ungewöhnlichen Berufen und auch der Identität von Stars auf die Spur kam.
    Daneben war sie als Moderatorin für verschiedenste Formate tätig. Automagazine gehörten ebenso dazu wie Modenschauen oder volkstümliche musikalische Unterhaltungssendungen.
    Regelmäßig war sie Gastgeberin bei der "Abendschau" des Bayerischen Fernsehens. Auch beim WDR moderierte sie fünf Jahre lang das Magazin "Hier und Heute".
    Die politisch engagierte Anneliese Fleyenschmidt kandidierte im Jahre 1978 für den Münchner Stadtrat und konnte nach ihrem Mitbewerber, dem späteren OB Erich Kiesl, die zweithöchste Anzahl der Stimmen auf sich vereinigen. 1984 stellte sie sich nicht erneut zur Wahl, erhielt aber in diesem Jahr für ihre Verdienste die "Goldene Medaille des Bayerischen Rundfunks".
    Anneliese Fleyenschmidt starb im Mai 2007 im Alter von 87 Jahren in ihrer Wahlheimat München. Sie war mit dem Regisseur Otto Arneth verheiratet. Der damalige Intendant des BR, Thomas Gruber, würdigte die Journalistin und Fernsehfrau der ersten Stunde u.a. mit den Worten: " Anneliese Fleyenschmidt, die von ihren Kollegen liebevoll nur "Fley" genannt wurde, hat den guten Ruf des Bayerischen Rundfunks von Anfang an mitbegründet und ist über Jahrzehnte eine der legendären "Grandes Dames" des Fernsehens gewesen. Sie war eine Persönlichkeit, die publikumswirksam das Gesicht des BR mitgeprägt hat. Bis heute unvergessen von ihren Zuschauern gehört sie über den Tod hinaus zum Ensemble des Hauses, das ihr viele schöne Erinnerungen verdankt !" .

    www.youtube.com/watch?v=QNG2UZwAywM

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    Donnerstag, 17. Juni 2021, 14:36

    Die Ansagerinnen des deutschen Fernsehens in den 50er bis 70er Jahren (III)

    CLAUDIA DOREN

    Claudia Doren wurde 1931 als Edith Strasser und Tochter eines Gastwirts in Neunkirchen (Saar) geboren. Nach der Mittleren Reife legte sie ein französisches Dolmetscherexamen ab, dem eine Ausbildung zur Schauspielerin folgte.
    Ihre Fernsehkarriere begann sie 1954 beim damals noch privaten Sender Telesaar, wechselte jedoch im Dezember 1957 nach einem kurzen Gastspiel beim NDR zum Westdeutschen Rundfunk nach Köln, der ihr größere Möglichkeiten bot. Dort wurde sie mit über 31 Dienstjahren zu einer der dienstältesten Fernsehansagerinnen und in dieser Zeit zu einem überaus prominenten Aushängeschild des WDR.
    Zwischen 1956 und 1966 war Claudia Doren mit dem Komponisten Dr. Roland Kovac verheiratet. Ihre aus dieser Verbindung stammenden Söhne Alexander und Boris Kovac traten in zumeist kleineren TV- Filmrollen in Erscheinung.
    Insbesondere in den 60er und 70er Jahren war Claudia Doren der Inbegriff der charmanten und bestaussehenden Fernsehansagerin des deutschen Fernsehens. In den Jahren 1964 und 1965 verlas sie die deutschen Jury- Wertungen des "Grand Prix Eurovision de la Chanson" und trat 1971 als Ansagerin der deutschen Umsetzung in "Monthy Pythos Fliegender Zirkus" auf.
    Von ausgesprochener Tragik war, daß Claudia Doren im Februar 1987 im Alter von nur 55 Jahren einem Krebsleiden erlag, nachdem die Krankheit erst im Oktober 1986 erkannt worden war.
    Der Kölner Stadtanzeiger schrieb unter anderem in seinem Nachruf: "Mit wenigen Worten im Bewußtsein vieler zu sein - Claudia Doren, die immer etwas vornehmer und damenhafter als ihre Kolleginnen wirkte, hat dies spielend, sozusagen lächelnd geschafft. Ihre letzte Fernsehansage machte Claudia Doren, nach den Worten von WDR- Intendant Friedrich Nowottny "ein Vorbild an Kollegialität und Menschlichkeit", im September 1986".
    Kurz vor ihrem Tod erlebte man sie noch einmal in dem mehrfach verschobenen, zweiteiligen WDR- Thriller "Gambit" (EA Februar 1987). Hier trat sie mit der Rolle ihres Lebens in Erscheinung: als Ansagerin.

    www.youtube.com/watch?=VhCNTqwQ9bw
    www.youtube.com/watch?v=TTdh4bPAKsk


    MADY MANSTEIN

    Mady Manstein erblickte 1928 als Helene Ruppert in Köln das Licht der Welt. Ohne jegliche Kamera- oder Bühnenerfahrung wurde sie 1954 eine der ersten Fernsehansagerinnen des Westdeutschen Rundfunks, den sie als ein "Gesicht der ersten Stunde" für über ein Jahrzehnt entscheidend mitprägte.
    Darüber hinaus übernahm sie einen Gastauftritt am Düsseldorfer Schauspielhaus und zeigte sich als TV- Ansagerin in dem Thornton Wilder- Schauspiel "Wir sind noch einmal davongekommen", das im Juni 1961 auch in einer Fernsehaufzeichnung ausgestrahlt wurde.
    Im Jahre 1968 verließ Mady Manstein den WDR, um in der österreichischen Wintersportgegend Radstädter Tauern ein Hotel zu übernehmen. Mit ihrem ersten Ehemann, dem Kinobesitzer Christian Manstein, hatte sie in den 60er Jahren bereits in Köln eine Tanzbar betrieben.
    Mady Manstein starb im Januar 1991 nach einem Asthma- Anfall im Alter von 62 Jahren in der ungarischen Hauptstadt Budapest. In zweiter Ehe war sie mit dem ungarischen Komponisten Paul Gyöngy verheiratet. Ihre letzte Ruhe fand sie auf dem Kölner Friedhof "Melaten".


    HILDE NOCKER

    Die vielen "Babyboomern" noch aus zahlreichen Kindersendungen bekannte Ansagerin und Moderatorin wurde 1924 in Rödgen, einem heutigen Stadtteil von Gießen, geboren. Als der Sender Feldberg des Hessischen Rundfunks am 29. Mai 1953 seinen Betrieb aufnahm, gehörte sie zu den ersten Ansagerinnen des HR und erlangte rasch große Beliebtheit. Ihre Nachfolgerin wurde im Jahre 1964 Karin Tietze- Ludwig.
    Neben ihrer Tätigkeit als Ansagerin war Hilde Nocker auch mit Kindersendungen wie beispielsweise den Sandmännchen-Geschichten "Hilde, Teddy, und Puppi" in den 60er Jahren ungeheuer populär und wurde von vielen Zuschauern liebevoll "Telemietze" genannt. Für die Augsburger Puppenkiste führte sie im August 1959 gemeinsam mit dem von Walter Oehmichen gesprochenen "Mumin Snorki" aus der Muminfamilie durch die jeweils halbstündigen Folgen. Außerdem moderierte sie 1964 in Frankfurt den deutschen Vorentscheid zum "Grand Prix Eurovision de la Chanson" unter dem Titel "Ein Lied für Kopenhagen".
    Zwischen 1968 und 1970 präsentierte sie zusammen mit der Marionette "Kater Mikesch" die Kinderserie "Ich wünsch mir was".
    Auf der Leinwand trat Hilde Nocker dreimal in Erscheinung. In den Spielfilmen "Herr Hesselbach und die Firma" sowie "Familie Hesselbach" spielte sie 1956 die Angestellte Emmi Puchel. 1957 hatte sie in der Kinokomödie "Die Freundin meines Mannes" einen Gastauftritt als Fernsehansagerin und 1960 war sie einer der Gastgeber in der "Schlagerparade 1960".
    Hilde Nocker starb im Mai 1996 im Alter von 71 Jahren. Über ihr Privatleben gibt es keine weiterführenden Informationen.

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    Freitag, 18. Juni 2021, 17:22

    Ich erinnere mich an eine Petra ???, die in einem Rollstuhl sass und ansagte. ich glaube, sie war mit einem Journalisten verheiratet.

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    Freitag, 18. Juni 2021, 18:10

    Petra Nettelbeck

    Ich erinnere mich an eine Petra ???, die in einem Rollstuhl sass und ansagte. ich glaube, sie war mit einem Journalisten verheiratet.


    Petra Nettelbeck (bis 1964 Petra Krause, 1939 bis 2017) , die zwischen 1962 und 1967 Fernsehansagerin beim NDR war. Damals galt sie als Nachfolgerin von Irene Koss und wurde von Sammy Drechsel dem Sender empfohlen. Die Querschnittslähmung entstand 1961 nach einem Suizidversuch durch einen Sprung aus dem Fenster aufgrund von Depressionen und/oder Liebeskummer.
    In den ersten Monaten ihrer Tätigkeit beim NDR soll Frau Nettelbeck´s Behinderung dem Publikum noch verheimlicht worden sein.

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    Samstag, 19. Juni 2021, 17:01

    RE: Petra Nettelbeck

    Vielen Dank, das war sie in der Tat. Was wohl aus ihr geworden ist?
    Ich erinnere mich an eine Petra ???, die in einem Rollstuhl sass und ansagte. ich glaube, sie war mit einem Journalisten verheiratet.


    Petra Nettelbeck (bis 1964 Petra Krause, 1939 bis 2017) , die zwischen 1962 und 1967 Fernsehansagerin beim NDR war. Damals galt sie als Nachfolgerin von Irene Koss und wurde von Sammy Drechsel dem Sender empfohlen. Die Querschnittslähmung entstand 1961 nach einem Suizidversuch durch einen Sprung aus dem Fenster aufgrund von Depressionen und/oder Liebeskummer.
    In den ersten Monaten ihrer Tätigkeit beim NDR soll Frau Nettelbeck´s Behinderung dem Publikum noch verheimlicht worden sein.

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    Donnerstag, 1. Juli 2021, 08:48

    Mein Namensgedächtnis ist kein Sieb, eher ein Loch, hingegen kann ich mir Gesichter sehr gut merken. Die meisten Namen sagten mir also nichts, aber gegoogelt waren die Damen alle präsent.

    Auch hier möchte man sagen: das waren noch Zeiten, ein freundliches Gesicht, eine sympathische Stimme die möglicherweise kurz erläuterte "was bisher geschah ... " ;)

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    Donnerstag, 1. Juli 2021, 15:28

    Ich erinnere mich aus den 90er Jahren an einen sehr sympathischen Tuerken, der oft alte Filme im deutschen Fernsehen angesagt hat. Leider ist mir sein Name entfallen.
    Mein Namensgedächtnis ist kein Sieb, eher ein Loch, hingegen kann ich mir Gesichter sehr gut merken. Die meisten Namen sagten mir also nichts, aber gegoogelt waren die Damen alle präsent.

    Auch hier möchte man sagen: das waren noch Zeiten, ein freundliches Gesicht, eine sympathische Stimme die möglicherweise kurz erläuterte "was bisher geschah ... " ;)

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    Donnerstag, 1. Juli 2021, 16:08

    Denes Törcz

    @ Chrissie: eventuell meintest Du Denes Törcz, einen der ersten männlichen Ansager des öfftl.-rechtl. deutschen Fernsehens. Beschäftigt war er beim NDR. Fernsehhistorisch wurde Törcz dadurch bekannt, daß er 2004 die letzte Fernsehansage sprach.
    Törcz war mitnichten türkischer, sondern ungarischer Abstammung. In den frühen 90ern wäre ein türkischer Ansager wohl noch kaum durchsetzbar gewesen :pinch: .

    www.youtube.com/watch?v=w8kh1rHEZBU

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    Freitag, 2. Juli 2021, 17:10

    RE: Denes Törcz

    Ja, genau den meinte ich! Aeusserst sympathischer Mann.
    Aber warum waere ein tuerkischer Ansager in den 90er Jahren undenkbar gewesen?
    Ich hatte vor 1974 eine junge tuerkische Deutschlehrerin in Braunschweig, Leila Onur, die dann in der Politik Karriere machte.
    @ Chrissie: eventuell meintest Du Denes Törcz, einen der ersten männlichen Ansager des öfftl.-rechtl. deutschen Fernsehens. Beschäftigt war er beim NDR. Fernsehhistorisch wurde Törcz dadurch bekannt, daß er 2004 die letzte Fernsehansage sprach.
    Törcz war mitnichten türkischer, sondern ungarischer Abstammung. In den frühen 90ern wäre ein türkischer Ansager wohl noch kaum durchsetzbar gewesen :pinch: .

    www.youtube.com/watch?v=w8kh1rHEZBU

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    Freitag, 2. Juli 2021, 20:48

    Ansager mit Migrationshintergrund

    Ich will´s mal so formulieren: vor rund dreißig Jahren wäre ein türkischer Fernsehansager gesamtgesellschaftlich wahrscheinlich noch nicht durchzusetzen gewesen. Mittlerweile hat zumindest ein Teil der dritten Generation türkischer Migranten bereits den Marsch durch die Institutionen angetreten, und für die nachgewachsenen Autochthonen stellt derartiges in der Regel kein Problem mehr dar. Was aber auch daran liegt, daß der Stellenwert des Fernsehens bei der "Generation Hipster" heute ein völlig anderer ist als noch vor dreißig Jahren.

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    Montag, 5. Juli 2021, 14:03

    Ich denke, unsere Gesellschaft ist bald so durchmischt wie die amerikanische, nur mit etwas anderen Zutaten. Denke ich zurück an die 80er, da waren am Samstag auf der Einkaufsmeile meiner Kleinstadt überwiegend Deutsche unterwegs. Dazwischen ein paar Amerikaner jüngeren Alters (GI's) , und nur sehr wenige Türken und "sonstige". Heute hat sich das Verhältnis derart gedreht, dass die Deutschen sogar am Samstag in der Minderheit sind. Einerseits liegt es am Sterben des Einzelhandels, viele Geschäfte haben den Kampf gegen Amazon & Co aufgegeben, nur einige Traditionsläden stehen da wie Felsen in der Brandung. Somit ist es nicht all zu attraktiv, hier noch einkaufen zu gehen. Der samstägliche Markt ist auf ca. die Hälfte geschrumpft. Dafür gibt es da, wo früher neben den Cafes, Lebensmittel- sowieso Obst und Gemüseläden noch Spielzeugläden, Modeboutiquen, Gartenzubehör, Tierhandlung, Handwerksbäcker, Handwerksmetzgereien, Feinkostladen, Buchhandlungen, Gaststätten etc. zu finden waren nur noch Cafes (bis auf eins alle in türkischer Hand) , Handyläden (Türken, Iraner, Libanesen) , Obst/Gemüseläden (überwiegend in türkischer Hand) , 1-Euro-Läden und nicht zu vergessen vier Wettbüros. Neben Asylbewerbern aus allen Herren Ländern tummeln sich hier auch Russen, Polen, Ukrainer, Rumänen, Bulgaren, Albaner, Afghanen, Pakistani usw. usw. usw., es werden Schrottimmobilien zu horrenden Preisen aufgekauft um dort Bauarbeiter aus dem Osten unterzubringen.

    Ehemalige Gaststädten mit Saalbau wurden zu Gebetshäusern umfunktioniert, sogar das ehemalige Bordell ist jetzt ein "Türkisches Teehaus".

    Dennoch haben sich kürzlich ganz besonders philanthropisch veranlagte Bürger auf "Elvis-Platz" versammelt und symbolisch 40 Stühle dort aufgestellt, weil "wir" noch Platz hätten in Deutschland für verfolgte Afghanen, Somalies etc.

    Spricht man solche Zustände einmal an, wird man sofort in die rechte Ecke gestellt.

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    Montag, 5. Juli 2021, 16:49

    Zusammensetzung der Bevölkerung in den Fußgängerzonen

    Deine Beobachtungen kann ich aus der hiesigen Perspektive weitgehend bestätigen, Armin. Vor zwanzig bis dreißig Jahren konnte ich mich noch rühmen, alle dort gesprochenen Sprachen zumindest weitgehend einer entsprechenden Nationalität zuordnen zu können. Diese Zeiten sind vorbei. Um die Jahrtausendwende sah man in der Fußgängerzone an Samstagen überwiegend die werktätige deutsche Bevölkerung beim Einkaufsbummel. Auch das ist Geschichte.
    Kolportiert wird, daß "nach Covid" rund 70 % der Einzelhandelsgeschäfte in den Innenstädten dauerhaft dichtmachen werden. Der Trend zeichnete sich aber bereits in den Jahren zuvor ab. Inhabergeführte Geschäfte machten zunehmend dicht und wichen anonymen Handelsketten, so daß die Läden der Fußgängerzonen in deutschen Großstädten heute weitgehend austauschbar sind. Und pünktlich nach Ladenschluß um 20 Uhr sorgt weitgehend eine gewisse Klientel für lebhaftes Ambiente in diesen Bereichen. Was sie für Autochthone auch nicht unbedingt attraktiver macht... ;) .

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    Dienstag, 6. Juli 2021, 13:57

    Nein, in die rechte Ecke stelle ich Dich ganz sicher nicht.
    Wenn ich an meine Jugend Ende der 60er/Anfang der 70er Jahre in Braunschweig denke, dann erinnere ich mich an bestimmte Kinos, in denen ich grundsaetzlich von italienischen Gastarbeitern angemacht wurde, aber auf nette Art und Weise, nie schmierig.
    Als 178 cm grosses Maedchen wunderte mich damal hoechstens, warum ein kleiner Italiener mich ueberhaupt ansprach, wo es doch so viele deutsche Maedchen in meinem Alter gab, die nur 160 oder 165 cm gross waren?
    In den 70er Jahren gab es dann in Braunschweig immer mehr griechische Gastarbeiter, die waren ebenfalls sehr nett und fielen mir nie negativ auf.
    Tuerken erlebte ich erst ab den spaeten 80er Jahren in Norderstedt und Hamburg. Meine erster Ex-Mann arbeitete fuer Jungheinrich, und wir hatten zuerst eine Werkswohnung in Norderstedt, ehe wir uns 1991 ein eigenes Haus in HH-Langenhorn kauften.
    Das Gebaeude in Norderstedt, in dem unsere Wohnung lag, war z. T. von Deutschen und z. T. von Tuerken bewohnt, die immer ausgesprochen hoeflich und nett waren.
    Einmal lueden uns die tuerkischen Nachbarn von der Wohnung gegenueber zu einer tuerkischen Hochzeit ein, ihre Tochter heiratete. Es war eine wunderschoene Hochzeit, bis heute unvergessen.
    Allerdings hatten die tuerkischen Frauen eine merkwuerdige Angewohnheit. Obwohl sie nicht berufstaetig waren, wuschen sie ihre Waesche grundsaetzlich erst nach 20 Uhr abends (???). Lange vor Mitternacht weckte mich dann die Schleuder jedesmal auf (ich habe einen sehr leichten Schlaf, Ohrstoepsel halfen nie).
    Ich vermute, dass die tuerkischen Frauen nicht mit dem Bedienen der Waschmaschine klar kamen, und vielleicht deshalb bis abends auf die Rueckkehr ihrer Maenner warteten, damit die dann die Waschmaschine in Gang setzten?
    Als ich 1990 einen Job im Kinoarchiv in HH-Eppendorf fand und frueh aufstehen musste, bat ich die tuerkischen Nachbarinnen schliesslich darum, ob sie eher waschen koennten, so dass nach 21 Uhr kein Schleuderlaerm mehr zu hoeren ist? Und von da an hielten sie sich daran.
    Im Kinoarchiv waren wir in den 90er Jahren zeitweise 42 Angestellte und befristete Angestellte, darunter ein sehr netter Pole, Lukasz, und ein Tuerke, Ayberk, der Regisseur werden wollte. Ayberk und Lukasz waren befreundet und machten ihren eigenen Kurzfilm, irgendwas ueber sneakers/Turnschuhe. Dieser Film wurde uns Archivis dann nachmittags in einem Kino in Altona vorgefuehrt. Alle waren beeindruckt.

    Ich hoffe, Ayberk konnte seinen Traum realisieren und ist mittlerweile Filmregisseur geworden.
    Fast forward ins Jahr 2008.
    Ich war damals 4,5 Monate lang in England, wo mein dritter Ehemann 11 Monate lang fuer British Raytheon bei einem Projekt eingesprungen ist, zusammen mit 54 weiteren US Ingenieuren.
    Von August 2008 bis Weihnachten 2008 lebte ich mit ihm in Uxbridge bei London. Es gab U-Bahn Anschluss nach London (Tube nennt sich das in England).
    Ich fuhr unter der Woche, wenn mein Mann arbeitete, oft nach London hinein, um sightseeing zu machen.
    In der U-Bahn war ich jedesmal eine der ganz wenigen Nicht-Inder und Nicht-Russen. Es waren ueberwiegend Russen (ich erkenne Russisch, weil meine Mutter aus Polen stammt, und ich mir in den 60er Jahren oft Russisch-Unterricht auf DDR 1 angeschaut habe) und Inder im Zug, aber ich hatte nie das Gefuehl, in Gefahr zu sein. Alle waren sehr friedlich und mehr mit ihren cell phones oder ihren Angehoerigen beschaeftigt.
    Die meisten convenience stores an britischen Tankstellen werden von Indern gefuehrt.

    Ich merkte in diesen 4,5 Monaten, dass die Inder sich in ihrer Umgebung nicht auskannten, wenn man sie nach dem Weg fragte.

    Wann immer mein Mann fuer uns ein Auto mietete und wir Tagesausfluege unternahmen, fragten wir grundsaetzlich Englaender, die an der Tankstelle tankten, nach dem Weg. Nie im convenience store.
    Cafés gibt es hier in Massachusetts leider gar nicht (wenn man mal von der Cheese Cake Factory in Natick absieht). Die vermisse ich auch nach 19 Jahren in diesem Land.
    Unsere einzige Buchhandlung hier in Worcester, Barnes & Noble, schloss letztes Jahr im Sommer wegen Corona ihre Pforten.

    Nun ist Worcester, immerhin die zweitgroesste Stadt in Massaschusetts (180.000 Einwohner), ganz ohne Buchhandlung.
    Vor etwa 10 oder 11 Jahren machte die einzige andere Buchhandlung in der Naehe, Borders, in Shewsbury dicht.
    In den kostenlosen amerikanischen Buchbroschueren werden leider nur unbekannte Autoren erwaehnt, so dass ich mir einmal im Jahr meine 30+ Lieblingsautoren in amazon.com vornehme und dort nach ihren Neuerscheinungen suche. Offenbar muss in Buchbroschueren keine Werbung fuer Erfolgsautoren gemacht werden.

    In diesem angeblich so hochentwickelten Zeitalter der Technologie hat amazon.com und amazon.de immer noch keinen Weg gefunden, mir newsletter basierend auf meinen bisherigen Bestellungen zu schicken. Das wundert mich schon sehr.
    Die einzige Moeglichkeit, herauszufinden, was an classic TV series auf DVD erscheint, sind 2 oder 3 threads in tvforen.de.
    Ich denke, unsere Gesellschaft ist bald so durchmischt wie die amerikanische, nur mit etwas anderen Zutaten. Denke ich zurück an die 80er, da waren am Samstag auf der Einkaufsmeile meiner Kleinstadt überwiegend Deutsche unterwegs. Dazwischen ein paar Amerikaner jüngeren Alters (GI's) , und nur sehr wenige Türken und "sonstige". Heute hat sich das Verhältnis derart gedreht, dass die Deutschen sogar am Samstag in der Minderheit sind. Einerseits liegt es am Sterben des Einzelhandels, viele Geschäfte haben den Kampf gegen Amazon & Co aufgegeben, nur einige Traditionsläden stehen da wie Felsen in der Brandung. Somit ist es nicht all zu attraktiv, hier noch einkaufen zu gehen. Der samstägliche Markt ist auf ca. die Hälfte geschrumpft. Dafür gibt es da, wo früher neben den Cafes, Lebensmittel- sowieso Obst und Gemüseläden noch Spielzeugläden, Modeboutiquen, Gartenzubehör, Tierhandlung, Handwerksbäcker, Handwerksmetzgereien, Feinkostladen, Buchhandlungen, Gaststätten etc. zu finden waren nur noch Cafes (bis auf eins alle in türkischer Hand) , Handyläden (Türken, Iraner, Libanesen) , Obst/Gemüseläden (überwiegend in türkischer Hand) , 1-Euro-Läden und nicht zu vergessen vier Wettbüros. Neben Asylbewerbern aus allen Herren Ländern tummeln sich hier auch Russen, Polen, Ukrainer, Rumänen, Bulgaren, Albaner, Afghanen, Pakistani usw. usw. usw., es werden Schrottimmobilien zu horrenden Preisen aufgekauft um dort Bauarbeiter aus dem Osten unterzubringen.

    Ehemalige Gaststädten mit Saalbau wurden zu Gebetshäusern umfunktioniert, sogar das ehemalige Bordell ist jetzt ein "Türkisches Teehaus".

    Dennoch haben sich kürzlich ganz besonders philanthropisch veranlagte Bürger auf "Elvis-Platz" versammelt und symbolisch 40 Stühle dort aufgestellt, weil "wir" noch Platz hätten in Deutschland für verfolgte Afghanen, Somalies etc.

    Spricht man solche Zustände einmal an, wird man sofort in die rechte Ecke gestellt.