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    Dienstag, 29. Dezember 2020, 14:07

    Die großen Spiel- und Rateshows des bundesdeutschen Fernsehens der 50er bis 70er Jahre

    Im öffentlich- rechtlichen Fernsehen der 50er Jahre entstanden, oft angelehnt an amerikanische Vorbilder, allmählich große Unterhaltungsabende für die ganze Familie, die meist an Samstagen ausgestrahlt wurden. In ihnen wurden unterschiedliche Unterhaltungsformen kombiniert: Ratespiele mit ausgewählten Kandidaten, eingestreuten Sketchen sowie musikalischen Darbietungen unterschiedlichster Art.
    In der Regel fanden diese Formate vor einem großen Publikum in Stadt- oder Kongreßhallen statt. Eine Schlüsselrolle spielten dabei die Showmaster. In den 50er und 60er Jahren war es vor allem ein gewisser Peter Frankenfeld, der diese neuartige Form der Fernsehunterhaltung maßgebend mitprägte. Bereits 1953 präsentierte er auf der Düsseldorfer Funk- und Fernsehausstellung die Talentshow "Wer will- der kann", an die sich später das Format "1:0 für Sie" anschloß. Frankenfeld orientierte sich bei der Konzeption seiner Shows stark am kommerziellen amerikanischen Fernsehen. Den eigentlichen Höhepunkt seiner Fernsehkarriere erlebte Frankenfeld mit der Reihe "Vergißmeinnicht" (1964- 1970 im ZDF), bei der es ursprünglich um Werbung für das kurze Zeit vorher eingeführte neue Postleitzahlensystem gehen sollte, dann aber in den Shows auch die Gewinner der Lotterie "Aktion Sorgenkind" verkündet wurden.
    Diese Verknüpfung von Wohltätigkeit und Unterhaltung war typisch für den öffentlich- rechtlichen Rundfunk sowie das Fernsehen dieser Jahre. Eine Fortsetzung fand "Vergißmeinnicht", das unter für das ZDF wenig rühmlichen Begleitumständen 1970 kurzfristig abgesetzt wurde, in "Drei mal Neun" (1970- 1974), das wiederum durch "Der große Preis" (1974- 1993) abgelöst wurde. Moderator der beiden letztgenannten Shows war bis 1992 Wim Thoelke, ein ehemaliger Sportreporter. Anfangs wurden die Sendungen noch aufgezeichnet, ab 1987 dann live gesendet. Im Vordergrund standen das Quiz und ein Show- Teil, wobei diese beiden Formate nach wie vor in Zusammenarbeit mit der "Aktion Sorgenkind" erstellt wurden.
    Thoelke befragte ausgewählte Kandidaten zu den Themenbereichen Kunst, Geographie, Geschichte, seltener auch zu Technik und Naturwissenschaften. Die jeweiligen Kandidaten wurden mit einer Diaprojektionswand konfrontiert, die dreißig Felder besaß und hinter denen sich die Fragen verbargen.
    Zum beliebten Markenzeichen der beiden Shows wurden die von Loriot gezeichneten Maskottchen, der Hund "Wum" sowie etwas später der Elefant "Wendelin". Vielen Zuschauern dieser Jahre dürfte noch der langgezogene Ruf "Thööölke" von Wum in bleibender Erinnerung verblieben sein.
    Der zweite Showmaster- Superstar dieser Jahre kam vom Hessischen Rundfunk: Hans- Joachim Kulenkampff. Auch er moderierte bereits in den 50er Jahren Quizsendungen wie "Zwei auf einem Pferd" (1957/58 ), "Die glücklichen Vier" (1957/58 ), "Sieben auf einen Streich" (1958/59) sowie "Der große Wurf (1959/60). Im Vergleich zu Peter Frankenfeld gab der aus einer bekannten Bremer Familie stammende Kulenkampff gern den großbürgerlichen, gewitzt- charmanten Moderator. Neben seinen anderen Quizsendungen wurde "Einer wird gewinnen" (ARD/ HR), das 1964 ins Hauptabendprogramm kam und mit Unterbrechungen bis 1987 ausgestrahlt wurde, zu "Kulis" absolutem Erfolgsformat. Mit dem Titel wurde auf die damalige Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) angespielt, und dementsprechend traten Kandidaten aus europäischen Ländern, aber auch aus den USA und Israel auf. In kleinen Filmsequenzen inszenierte "Kuli", der ursprünglich gelernter Theaterschauspieler war, immer höchstselbst eine kleine, komische, oft auch parodistische Szene.
    "Einer wird gewinnen" verstand sich zeitentsprechend vom Grundkonzept her als im Dienste des europäischen Einigungsgedankens stehend.
    In den 60er Jahren wiesen neue Unterhaltungsformate vermehrt Spielelemente auf. Die Eurovisionssendung "Spiel ohne Grenzen" verzichtete bereits nach kurzer Zeit ganz auf ein Quizsegment und betonte ausschließlich den sportlich- spielerischen Wettkampf. Das Konzept sah vor, daß ausgewählte europäische Städte in diversen Geschicklichkeitsspielen, die später lächelnd als "Schmierseifenolympiade" bezeichnet wurden, gegeneinander antraten. "Spiel ohne Grenzen" wurde federführend von der italienischen RAI nach dem französischen Vorbildformat "Intervilles" organisiert. Die ARD beteiligte sich zwischen 1965 und 1980 an der Spielshow, die u.a. von Camillo Felgen, Frank Elstner und Heribert Fassbender moderiert und kommentiert wurde. Vor allem wegen ihrer spektakulären Spiele unter freiem Himmel mit oft reichlichem Einsatz von Seifenlauge stieß die Reihe auf ein großes Publikumsinteresse. Ähnlich wie "EWG" wollte "Spiel ohne Grenzen" den europäischen Einigungsgedanken dieser Jahre fördern.
    Als Spielshow galt ebenfalls das Dreiländerformat "Wünsch Dir was" (1969- 1972, ZDF). Dietmar Schönherr und seine dänische Ehefrau Vivi Bach moderierten die Sendung, die in einer Zeit des gesellschaftlichen Umbruchs mit teilweise provokanten Themen und ungewöhnlichen Spielen eine neue Form der Fernsehunterhaltung einführte. Familien aus Deutschland, Österreich und der Schweiz traten gegeneinander an, in Gesprächen und Spielen wurden ihre psychische Standfestigkeit und ihre familiäre Harmonie getestet. Weil die Show an vielen gesellschaftlichen Konventionen rüttelte, unterlag sie oft heftiger Kritik. So trug eine 18- jährige Kandidatin eine transparente Bluse, auch konnten sich Kandidaten nur mit knapper Not aus einem versenkten Auto befreien, indem sie durch Hilfskräfte gerettet wurden.
    Zu den bekanntesten Moderatoren der "zweiten Reihe" gehörte der Journalist Robert Lembke mit seinem langlebigen heiteren Beruferaten "Was bin ich ?", das bereits in den 50er Jahren nach dem Vorbild des amerikanischen Quizformats "What´s my line ?" konzipiert wurde. Die Reihe lief außergewöhnlich lange zwischen 1955 und 1989 im Abendprogramm der ARD, konnte kostengünstig produziert werden und gehörte zu den kleineren, heimeligen Unterhaltungssendungen, die "unter der Woche" ausgestrahlt wurden. Siehe hierzu auch den speziellen Blog in diesem Forum: "Was bin ich ?", der das Thema ausführlich behandelt.
    Ein ausgesprochener Publikumsrenner der 60er Jahre war die Show "Der goldene Schuß", die zwischen 1964 und 1970 ausgestrahlt wurde. Erster Moderator war der niederländische Entertainer Lou van Burg ("Mr. Wunnebar"), der ab 1967 nach einem "Skandälchen" von der Intendanz des ZDF durch Vico Torriani ersetzt wurde. Torriani erlangte jedoch nie die außerordentliche Popularität seines Vorgängers. Der damalige Intendant Karl Holzamer störte sich insbesondere an der Skandalisierung der Affäre durch die Boulevardpresse, so daß es letztendlich zu der Entlassung Lou van Burgs kam.
    Im Zentrum der Show stand das bei den damaligen Zuschauern besonders beliebte Wettschießen mit einer Armbrust, die auf eine Fernsehkamera montiert war und von den Kandidaten durch knappe Zielanweisungen gesteuert werden mußte ("Kimme, Korn, ran !") . "Der goldene Schuß" war in seinen frühen Jahren ein ausgesprochener Straßenfeger und im Jahre 1967 die erste Unterhaltungsshow, die durch das ZDF in Farbe ausgestrahlt wurde.
    Die "Rudi Carrell Show" war dagegen ein Erfolgsformat des Konkurrenzsenders ARD, das zwischen 1965 und 1973 jeweils live ausgestrahlt wurde. Typisch für jede Sendung waren die Dekorationen nach Motiven aus dem Alltagsleben, das Erscheinen von unangekündigten Überraschungsgästen sowie das Fehlen von Quiz-, Spiel- und Talkelementen. Rudi Carrell verstand es dagegen durch seine spezielle Art, als eine Art Conférencier aufzutreten sowie eigene Sketche und Gesangsdarbietungen in die Sendung einzustreuen. 1974 wurde das Format durch die Spiel- Reihe "Am laufenden Band" , ebenfalls mit Rudi Carrell als Showmaster, ersetzt.
    Heute ist von den großen, traditionellen Unterhaltungsshows für die ganze Familie nicht zuletzt aufgrund der teils gravierenden gesellschaftlichen Veränderungen, einer veränderten Wahrnehmung des Fernsehens durch die nachgewachsenen Generationen und durch das Vorhandensein alternativer Medien mit der Ausnahme von "Verstehen Sie Spaß ?" nichts mehr übriggeblieben.

    www.youtube.com/watch?v=FDKdQvw1BGU
    www.youtube.com/watch?v=DTGeE55c7IM