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    Sonntag, 6. Dezember 2020, 15:10

    Über die Anfänge der Comic- Fanszene in Deutschland

    Gegen Ende der 60er Jahre begann sich die gesellschaftliche Wahrnehmung des Comics allmählich zu verändern. Einerseits ging das zurück auf ein sich wandelndes Verständnis von Kultur unter dem Einfluß der Achtundsechziger- Bewegung, zum anderen auf eine sich allmählich formierende Szene von Comic- Sammlern.
    Vor allem in West- Berlin traf man sich in den nun allerorts entstehenden "Schmökerläden" und "Romanschwemmen". Zu einer der ersten Anlaufadressen wurde bald Peter Skodziks 1970 eröffnete "Roman- Boutique" in der Berlin- Schöneberger Goltzstraße, und es dauerte ganz nach deutscher Sitte nicht lange, bis die Idee zu einer entsprechenden Vereinsgründung aufkam. So kam es am 24. August 1970 während des "28. World Science Fiction- Kongresses" in Heidelberg zur Gründung der "Interessengemeinschaft Comic Strip e.V.", kurz INCOS, die es sich zur Aufgabe machen wollte, vor allem die bis dahin noch weitgehend im Dunkeln liegende Geschichte der Comics in Deutschland zu erforschen. Dementsprechend hieß es in der ersten Satzung der INCOS: " Die INCOS bezweckt die kritische Beschäftigung mit dem Phänomen Comic Strip in all seinen Erscheinungsformen und Wirkungsbereichen".
    Befeuert wurde die veränderte Sichtweise auf dieses Medium durch die Ausstellung: "Comic- Strips. Geschichte, Struktur, Wirkung und Verbreitung der Bildergeschichte", die die Berliner Akademie der Künste 1970 zeigte. Selbst ein Rolf Kauka sah sich zu dieser Zeit in einem neuen Licht und verortete sich im gleichen Jahr mit der Schrift "Von Max und Moritz bis Fix und Foxi" in einer Traditionslinie stehend.
    Im darauffolgenden Jahr erschien das für die damalige Zeit wegweisende und enorm kenntnisreiche Buch "Comics. Anatomie eines Massenmediums" aus der Feder von Wolfgang J. Fuchs und Reinhold C. Reitberger, das einen großen Bogen von den Anfängen amerikanischer Comics im 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart spannt.
    1973 erschien der großformatige Graphis- Band "Comics. Die Kunst des Comic- Strip". Das Werk wurde zu einer Zeit verlegt, als die Aufbruchsstimmung in Bezug auf dieses lange vernachlässigte Unterhaltungsmedium nicht mehr zu übersehen war.
    Im April 1973 veranstaltete die INCOS den "1. Deutschen Comic- Kongress" in den Berliner Stadion- Terassen. Als Ehrengäste waren sowohl Stan Lee als auch Hansrudi Wäscher eingeladen. Peter Skodzik hatte Wäscher erst kurz zuvor in Celle aufspüren können, indem er systematisch Telefonbücher durchforstete. Denn: de facto war der Zeichner des "Sigurd" und vieler anderer Lehninghelden zu diesem Zeitpunkt namentlich erst einem kleinen Kreis von Brancheninsidern bekannt. Wäscher behielt die Veranstaltung in nicht allzu guter Erinnerung. Von seinen Originalzeichnungen, die er für eine parallel laufende Ausstellung leihweise zur Verfügung gestellt hatte, bekam er nicht eine zurück.
    Mit nur siebenhundertfünfzig Besuchern und einem fehlenden schlüssigen Gesamtkonzept geriet der erste INCOS- Kongreß ohnehin zum Desaster. In Konsequenz zogen sich viele enttäuschte Aktive der Gründerzeit aus dem Vereinsleben zurück, und die INCOS entwickelte sich in den Folgejahren zu einem eher nostalgisch orientierten Sammlerverein, als der sie m.W. noch heute existiert. Das ab 1974 herausgegebene Vereinsmagazin "Comic- Fan" enthielt neben Hinweisen auf Neuerscheinungen vornehmlich Tauschanzeigen.
    1975 endete bereits das kurze Leben des "Comic- Fan" wieder und wurde durch das Nachfolgemagazin "Comixene", das 1974 erstmals in Hannover verlegt wurde, abgelöst. Zunächst war auch die "Comixene" mehr ein Fan- als ein Fachmagazin, entwickelte sich jedoch bald zum Zentralorgan des Prozesses einer stetig wachsenden Fangemeinde , der sich in den Folgejahren vollzog.
    Für Lehningfreunde bleibt noch zu erwähnen, daß Anfang 1977 Peter Orban den "Wissenschaftlichen Comic Buch Club" CBC gründete und in Lieferungen von jeweils zwanzig Heften die Sigurd- Piccolos in einer Auflage von jeweils dreihundert Exemplaren für Sammler und Liebhaber nachdrucken ließ. Damit begann die Lehning- Renaissance. Ein Clou des CBC ganz im Stil der 70er Jahre war die Neufassung von Sigurd Piccolo 325. Es trug den Titel "Schicksalhafte Begegnung", setzte allerdings nicht die Handlung des Vorgängerheftes fort, sondern präsentierte als eine Art "Scherzidee" ein Zusammentreffen zwischen Sigurd und Nick, dem Weltraumfahrer:
    Sigurd, Bodo und Cassim befinden sich auf der Jagd, als neben ihnen das runde Sternenschiff niedergeht, dem Nick, Tom und Xutl ensteigen... :thumbup: .
    Bald darauf folgten beim CBC auch Nachdrucke von "Akim- neue Abenteuer" (aus rechtlichen Gründen unter dem Namen "Kim") sowie "Nick- der Weltraumfahrer". Der Absatz war für Orban allerdings keineswegs zufriedenstellend, da in den späten 70ern die Originalhefte aus den 50er Jahren in Sammlerkreisen noch zu halbwegs erschwinglichen Preisen zu kaufen waren. Der unglaubliche Preisboom für deutsche "Golden Age- Comics" entwickelte sich erst im Folgejahrzehnt. Aus diesem Grund trat Orban die von Hansrudi Wäscher erworbenen Rechte im Jahre 1979 an einen gewissen Norbert Hethke ab. Der 1972 zur INCOS gestoßene Hethke war zu dieser Zeit bereits einer der führenden Comic- Anbieter in Deutschland und hatte im Jahr zuvor die überaus clevere Idee, seine regelmäßige Angebotsliste "Comic- Börse" in die Zeitschrift "Die Sprechblase" (Das große deutsche Comic- Magazin) umzuwandeln, um seinen Kundenkreis erweitern zu können und um sich eine breitere Wirkungsbasis zu verschaffen. Das bis heute existierende, lesenswerte Magazin enthielt (stets als "Bericht" oder "Betrachtung" bezeichnete) Fachartikel sowie Comic- Nachdrucke. Parallel dazu begann Hethke, Hansrudi Wäschers zunehmend schwerer (und kostspieliger) zu ergatternde Hefte als Sammlerausgaben im Originalformat nachzudrucken, zuerst 1979/80 die gesuchten Kolibri- Serien "Jörg" und "Gert" und danach die Piccolo- Reihen "Bob und Ben", "Sigurd", "Tibor", "Nick" und "Akim".
    Am 1. Januar 1980 schloß Hethke mit Hansrudi Wäscher einen umfangreichen Vertrag über seine "vor Ostern 1968 gezeichnete Comics" (also i.W. seine Hefte der Lehningzeit) sowie deren Titel, soweit sie sich zu diesem Zeitpunkt im Besitz des Vertragspartners befanden. Ein Vertrag, der sich in den Folgejahren für das Gespann Hethke/ Wäscher mit der aufkommenden großen Nostalgiewelle für deutsche Golden Age- Comics als äußerst lukrativ erweisen sollte.

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    Donnerstag, 10. Dezember 2020, 19:54

    Incos eine Zeitreise

    Eigentlich wollte ich das Buch mal in der Sekundär Schiene vorstellen es passt aber auch ganz gut hier dazu.
    Es handelt sich um 40 Jahre Interessengemeinschaft Comicstrip e.V. 1970 bis 2010.
    Mit unzähligen tollen Bildern garniert beschreibt es die Anfänge von wenigen Comic Verrückten hin zu noch mehr Comic Verrückten.
    Für mich sowieso eine wahre Fundgrube da ich ja auch jede menge von den Abgebildeten persönlich kenne.
    Legendär meine Fahrten nach Berlin zu Comictauschtagen wo meist ich den Fahrer und das Fahrzeug stellte.
    Da ich das passende Auto und die besten Augen hatte.
    "Da vorne auf dem Ortsschild steht endlich Berlin" Kommentar meiner verrückten Mitreisenden " Wo ist da ein Schild"
    Durch eine enge Freundschaft mit Volker Franke, leider schon verstorben, kam ich dann auch an manche rare Incos Publikation heran.
    Denn obwohl so bei mancher Alkoholgeschwängerter Feier ich mich den Überredungskünsten der Incosianer erwehren musste wurde ich nie Mitglied.
    Mit Volker haben wir dann auch so manche Berliner Ausflüge zu Flohmärkten gemacht die es so bei uns nie gegeben hat.

    Wer sich also noch mehr über das von farest angerissene Thema informieren und sich dabei auch noch köstlich amüsieren will sollte hier zugreifen.
    Zwar nur in einer Auflage von 400 Stück erschienen aber immer noch auftreibbar. :thumbsup: