Inwieweit die Gleichheit unserer Vornamen darauf beruhte, daß mein Vater ein bekennender Anhänger des Ausnahmefußballers Uwe Seeler war, kann ich heute nicht mehr mit Bestimmtheit sagen, da meine Eltern bereits vor vielen Jahren verstorben sind. Ich gehe aber eher davon aus, daß es sich um die übliche Verwendung eines Modenamens dieser Jahre handelte, der im übrigen aus dem Schwedischen stammt

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Wie auch immer: nun ist bereits gestern auch das Fußballdenkmal und der bekennende Hamburger Uwe Seeler im Alter von 85 Jahren von uns gegangen. Seeler kam als Sohn eines Hamburger Schutenführers aus eher kleinen Verhältnissen, wurde insbesondere in den 60er Jahren zum deutschen Fußball- Idol und unter dem Marken- Namen "Uns Uwe" zu einer der ersten Werbe- Ikonen des deutschen Profifußballs. In den vergangenen Jahren mußte er sich dagegen desöfteren in Kliniken aufhalten, hatte einen Autounfall im Elbtunnel und stürzte in seinem Haus.
Mit einer illustren Sammlung von Titeln konnte der Mittelstürmer Uwe Seeler nie dienen. Er war aus heutiger Sicht unglaublich vereinstreu, und sein Verein war und blieb stets der Hamburger SV. Mit dem DFB-Team bestritt er die Fußball- Weltmeisterschaften von 1958, 1962, 1966 und 1970, so daß man ihn oft mit den dabei erlittenen Niederlagen in Verbindung brachte. Unvergessen die Niederlage in England 1966, als er mit gesenktem Haupt neben der Musikkapelle das Stadion verließ. Man erinnert sich an das bis heute umstrittene Wembley- Tor und die 2:4- Niederlage in der Verlängerung. Vier Jahre später stand er in Mexiko- City in seinem Jahrhundertspiel, im WM- Halbfinale gegen Italien, auf dem Platz. Die Weltmeisterschaft von 1970 gilt vielen seiner Fans als das eindrucksvolle Spätwerk Seelers, doch der Weg der deutschen Nationalmannschaft war auch hier wiederum mit einer 3:4- Niederlage nach Verlängerung beendet.
Uwe Seeler stand weniger durch internationale Erfolge, sondern auf andere Art und Weise in der Gunst der Nation. Er gehörte zu einer bereits damals geringer werdenden Spezies, die für Werte wie Bescheidenheit und eine wieder auferstandene Nation einstand, ohne dabei in Größenwahn zu verfallen.
Bereits in den 50er Jahren war absehbar, daß Seeler ein großer Fußballer werden würde. Die WM 1954 verpaßte er noch, da er damals noch in der Jugendliga spielte. Bereits mit 17 gehörte er jedoch ab Oktober 1954 der Mannschaft der deutschen Weltmeister an. Im Jahre 1961 hätte er seiner Karriere zu internationalem Ruhm verhelfen können, als Inter Mailand ihn unter Vertrag nehmen wollte. Trainer Helenio Herrera kam damals höchstselbst nach Hamburg und ließ den jungen Mittelstürmer in einen ganzen Koffer voller Bargeld blicken. Dem HSV wurde über eine Million DM als Ablöse angeboten, damals eine immense Summe, doch Uwe Seeler entschied sich gegen einen Wechsel. Natürlich erfolgte das "No !" an Italien nicht ausschließlich aus purer Bescheidenheit seitens des Vereins und seines Spielers. Vor allem der großen Sportartikelfirma Adidas war daran gelegen, Seeler im Land zu halten. Man übertrug ihm schließlich die Gebietsvertretung für ganz Norddeutschland, und so kam es bisweilen vor, daß Uwe Seeler beim HSV- Training fehlte, weil er in seinem VW- Käfer unterwegs zu seiner Kundschaft war. Zum Ausgleich hielt er sich während seiner Reisen bei Vereinen fit, die gerade auf seiner Strecke lagen, und war dort ein stets willkommener Gast.
In der 1963 gegründeten Fußball- Bundesliga war die monatliche Gehaltszahlung zunächst auf 1200,- DM limitiert; durch seine zusätzliche Adidas- Repräsentanz konnte Seeler diese Regel jedoch auf legale Art und Weise aushebeln.
Im Jahre 1965 mußten Seelers zahllose Fans um ihren Mittelstürmer bangen, als ihm die Achillessehne riß, was zur damaligen Zeit meist das Ende einer Fußballerkarriere bedeutete. Doch Uwe Seeler erholte sich davon erstaunlich schnell und kehrte noch rechtzeitig zum wichtigsten Spiel der Saison auf das Spielfeld zurück, bei dem es gegen Schweden um die Teilnahme an der WM ´66 ging. Seeler trat in einem gepolsterten Spezialschuh an und führte die DFB- Elf mit seinem Siegtor zum 2:1 gegen Schweden.
Bereits 1968 trat Uwe Seeler aus dem DFB- Team aus, folgte zwei Jahre später aber noch einmal der Bitte von Bundestrainer Helmut Schön um ein Comeback während der WM ´70. Seeler wollte den Aufstieg des damals in Topform befindlichen jungen Gerd Müller nicht blockieren und schlug sich selbst für eine zurückgezogenere Rolle vor. Als "hängende Spitze" gelang ihm eines der berühmtesten Tore der Fußballgeschichte: mit dem Hinterkopf im Viertelfinale gegen England.
1972 zog er sich als aktiver Fußballer zurück und betätigte sich ausschließlich als Geschäftsmann. Dennoch wurde er 1978 noch einmal fast gegen seinen Willen aktiv, als er auf Bitte von Adidas für den irischen Klub Cork Celtic auflief. Uwe Seeler ging von einem Werbespiel aus; tatsächlich ging es gegen die Shamrock Rovers um Punkte in der ersten Liga. Bei der 2:6- Niederlage schoß "Uns Uwe" tatsächlich noch beide Tore !
Seelers emotionale Bindung zum HSV war so stark, daß er 1995 bis 1998 sogar zum Vereinspräsidenten gewählt wurde. Er versuchte, den bereits zu dieser Zeit einsetzenden Niedergang des Vereins aufzuhalten, mit eher begrenztem Erfolg, was ihm seine treugebliebenen Fans aber auch nicht weiter übelnahmen.
Uwe Seeler blieb dem Profifußball auch lange nach seiner aktiven Zeit noch treu, als sich die Rahmenbedingungen und vor allem die Einkommensverhältnisse der Aktiven bereits deutlich geändert hatten. Er begleitete die Nationalmannschaft zu Turnieren und war häufig Mitglied der DFB- Delegation.
Möge der sympathische Profifußballer Uwe Seeler in Frieden ruhen.
www.youtube.com/watch?v=g03KcvoH3QU