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    Montag, 15. Mai 2023, 16:16

    The American Corner - TV als knallharter Konkurrenzkampf. Zur Fernsehgeschichte der USA

    Im Vergleich zu Deutschland existieren in den Vereinigten Staaten wesentlich mehr Fernsehsender; die meisten von ihnen auf privater, profitorientierter Basis, darunter hunderte von regionalen und lokalen Stationen insbesondere in allen größeren Städten und in vielen Counties, die in etwa unseren Landkreisen entsprechen. Die schiere Menge an TV- Sendern allein garantiert jedoch noch lange keine Programm- und Informationsvielfalt, da die meisten kleineren Sender einem der fünf großen Networks angeschlossen sind und als "Affiliates" deren Nachrichtenprogramme übernehmen. Traditionell existieren die kommerziellen Networks NBC, CBS, ABC, FOX und seit 2006 auch The CW, das zu CBS und Time Warner gehört. Daneben hat das öffentliche Public Broadcasting Network (PBS), das weitgehend aus Steuermitteln finanziert wird, in allen Bundesstaaten Partnerstationen. Darüber hinaus senden hunderte Kabelkanäle meist Spartenprogramme wie Nachrichten, Kinderprogramme, Sexinhalte, religiöse Programme oder nicht- englischsprachige Sendungen via Satellit oder IPTV.
    Wie entstand das Fernsehen in den USA ? Seit den späten 30er Jahren wurden mehrere Übertragungswege für diverse Fernsehprogramme entwickelt. Breiten Teilen der amerikanischen Bevölkerung wurden diese Anfang der 50er Jahre durch die beiden Medienkonzerne "Radio Corporation of Amerika" (zu NBC gehörend) und CBS zugänglich gemacht. Hinzu kam, daß WBAL-TV aus Baltimore/ Maryland die erste Fernsehstation war, die bereits ab 1952 ihr Programm in Farbe ausstrahlte. Die Entwicklung hin zur Fernsehunterhaltung nahm in den USA einen derart rasanten Verlauf, daß bereits Mitte der 50er Jahre rund die Hälfte aller amerikanischen Haushalte einen Fernseher besaß und um 1960 eine annähernde Vollversorgung mit Empfangsgeräten herrschte. Die meisten davon waren Schwarzweißgeräte, da es zwar bereits Farbempfänger gab, die damals aber noch unverhältnismäßig teuer waren. Hinzu kam, daß bis weit in die 60er Jahre nur wenige US- Sender ihre Programme auf Farbempfang umstellten.
    Viele der Sendungen aus den Pionierjahren des amerikanischen Fernsehens waren Fernsehadaptionen gut etablierter Radioshows der 30er und 40er Jahre. Sehr beliebt waren zu dieser Zeit Comedyshows und Sitcoms wie "I Love Lucy", "I Married Joan" und "My Little Margie". Diese verlagerten ihren Schwerpunkt zunehmend auf das Fernsehen, da es mit Hilfe dieses Mediums deutlich einfacher war, den Witz durch den Einsatz von Gestik, Mimik oder Slapstick darzustellen. Auch wurden viele ursprünglich in den Kinos als Beiprogramme gesendeten Filme wie "The Looney Tunes" oder "The Three Stooges" nun via TV gesendet. Weitere populäre Genres des aufblühenden amerikanischen Fernsehens waren Talkshows, Westernserien, Suspense Thrillers wie "The Twilight Zone" und Daily Soaps. Dagegen fanden die zu Radiozeiten äußerst populären Genres der Big Band- Unterhaltungen im Fernsehen größtenteils keine Fortsetzung mehr. Eine Ausnahme davon bildete die "Lawrence Welk Show", die zwischen 1951 und 1982 lief und bis heute in zahlreichen Wiederholungen ausgestrahlt wird. Auch die beliebten Saturday morning cartoons wurden in diesen frühen Jahren erstmals ausgestrahlt.
    In den 70er Jahren kam das Kabelfernsehen in den gesamten USA auf und gab den Medienfirmen die Möglichkeit, eigene Kanäle zu etablieren, die sie im Gegensatz zu den Affiliates nahezu vollständig kontrollieren konnten. Somit profitierten sie auch in vollem Umfang von deren Einnahmen durch Werbung und Kabeleinspeisegebühren. Die zahlreich enstandenen Kabelkanäle führten zu deutlich mehr Spartenangeboten, da deren Regulierung durch die FCC wesentlich laxer war.
    Am 1. Juni 1980 nahm Cable News Network (CNN) seinen Betrieb in Atlanta/ Georgia auf, während es bis dahin fast ausschließlich Nachrichten in den abendlichen 30 Minuten- Nachrichtensendungen gegeben hatte. 1983 kaufte Ted Turner den CNN- Hauptkonkurrenten, den Satellite News Channel von ABC.
    Gleichfalls Anfang der 80er Jahre gewann das Konzept des Bezahlfernsehens in den Vereinigten Staaten an Popularität, und bereits 1987 verfügten rund dreißig Prozent der amerikanischen Haushalte über ein oder mehrere Abonnements. Allerdings führte dies auch zu einer zunehmenden Verflachung des Programmangebots, da aufgrund der nun verschärften Konkurrenzsituation die Zahl der beliebten Seifenopern und Spielshows zunahm, während anspruchsvollere Genres zunehmend verdrägt wurden und vom Bildschirm verschwanden. Auch nahm die Zahl der Daily Talkshows zu, von denen allerdings gegen Ende der 90er Jahre , nachdem sich dieses Konzept zunehmend totgelaufen hatte, viele wieder abgesetzt und vermehrt durch Gerichtsshows ersetzt wurden. In diesem Zeitrahmen erreichte die Reichweite des amerikanischen Fernsehens mit 98,4 Prozent ihren größten Umfang, bevor nach der Jahrtausendwende die Ära der Streaming- Dienste begann.

    442

    Montag, 15. Mai 2023, 20:52

    Das US Fernsehen ging uebrigens schon 1948 los, nicht erst in den 50er Jahren.
    https://www.encyclopedia.com/history/cul…0s-tv-and-radio
    Ich lebe seit 21 Jahren in den USA und zuerst gefielen mir der History Channel und AMC am besten. Leider wandelte sich AMC dann mehr und mehr zu einem Spielfilmsender mit neueren Produktionen, aber da entdeckte ich TCM (bis heute mein Lieblingssender, 24 Stunden am Tag alte US Filme ohne Werbung).
    Der Discovery Channel hat ab und zu gute Dokus, ist aber auch nicht mehr so interessant wie noch vor 8 oder 10 Jahren.
    Der Life Time Channel hat hin und wieder spannende TV Thriller fuer Frauen.

    443

    Montag, 15. Mai 2023, 20:55

    BritBox

    Wir schauen uns fast nur noch aeltere Serien wie "Cold Case" und "Law & Order" auf Hulu, Roku, BritBox an oder classic TV series auf TVLand und FETV. Frueher gab es Cozy TV, da lief "Lassie".

    444

    Freitag, 19. Mai 2023, 15:51

    The American Corner - Martin Waldseemüller oder: Wie Amerika zu seinem Namen kam

    Im Jahre 1493 erschien in Nürnberg eine der bedeutendsten Inkunabeln der frühen Neuzeit unter dem Titel "Schedelsche Weltchronik", die sowohl in lateinischer als auch in deutscher Sprache verfaßt wurde. Das Werk enthielt über 1800 Holzschnittillustrationen aus der Werkstatt von Christian Wolgemut, wobei vermutet wird, daß einige davon durchaus auch von Albrecht Dürer höchstselbst angefertigt worden sein könnten. Desweiteren wurde allen Ausgaben sowohl eine Europakarte als auch eine Weltkarte beigefügt. Auf der Weltkarte wurde der Doppelkontinent Amerika allerdings noch nicht abgebildet , da dessen Existenz einer breiten europäischen Öffentlichkeit erst bekannt wurde, nachdem Amerigo Vespucci in seinen Publikationen über seine Südamerika- Expedition 1501/1502 darüber berichtet hatte.
    Wie kam es dazu ? Im Sommer 1492 brach Christoph Kolumbus mit den Karavellen "Santa Maria", "Nina" und "Pinta" von Europa aus nach Westen auf, um im Auftrag der spanischen Krone einen Seeweg nach Indien zu erkunden, von dem man sich erhebliche Handelsvorteile erhoffte. Nach gut zwei Monaten stießen er und seine Mannschaft tatsächlich auf Land, allerdings nicht auf Indien, obwohl er das bis zu seinem Lebensende unerschütterlich glaubte. Kolumbus und seine Männer stießen stattdessen auf einen neuen, großen, namenlosen Kontinent, der den Seeweg nach Indien blockierte.
    Vielen Gelehrten, Seefahrern und Abenteurern in Europa wurde relativ schnell klar, daß hier etwas Großes, Neues in der Luft lag: eine neue Welt ! Bereits kurz nach seiner Rückkehr im Jahre 1493 wurde Kolumbus von eingeweihten Kreisen als "novi orbis repetor" (Entdecker einer neuen Welt) bezeichnet. Doch Kolumbus negierte diese Ansicht mit äußerster Hartnäckigkeit und behauptete nach wie vor, im östlichen Teil Indiens gewesen zu sein. Fast vergessen verstarb der Entdecker der "Neuen Welt" bereits im Jahre 1506.
    In den Folgejahren machten sich weitere Abenteurer auf den Weg über den Atlantik, unter ihnen auch der Kaufmann Amerigo Vespucci aus der italienischen Stadt Florenz. Vespucci segelte im Jahre 1501 zweimal an der brasilianischen Küste entlang. Zwar war er kein erfahrener und kenntnisreicher Seefahrer, jedoch in der Lage, seine Erkenntnisse erfolgreich zu publizieren. Das Entscheidende war jedoch, daß er der erste Europäer war, der in seinen Berichten diesen fernen Kontinent als eigenen Erdteil bezeichnete, der mit Indien nichts zu tun hatte. Bis heute ist unter Historikern umstritten, wieviel Wahrheit in Vespucci´s Berichten steckt und was er sich schlichtweg nur ausgedacht hatte. Unumstritten ist jedoch, daß im Jahre 1507 die deutschen Kartographen Martin Waldseemüller und Matthias Ringmann die von ihnen verlegten Weltkarten auf den neuesten Stand brachten und den neuentdeckten Kontinent nach den Berichten Amerigo Vespucci´s "AMERIKA" nannten. Einige Jahrzehnte später übertrug der berühmte flämische Kartograph Gerhard Mercator dann diese Bezeichnung im Jahre 1538 auf den gesamten Doppelkontinent. Zwar schlugen einige damalige Zeitgenossen vor, die "Neue Welt" in "Kolumba" oder "Kolumbia" zu Ehren von Christoph Kolumbus umzubenennen, doch diese Bezeichnungen konnten sich nicht durchsetzen, und so blieb es letztendlich bei "Amerika".

    www.youtube.com/watch?v=uewMLHuS4g0

    445

    Samstag, 20. Mai 2023, 19:37

    RE: The American Corner - Martin Waldseemüller oder: Wie Amerika zu seinem Namen kam

    Ganz toller Artikel, Uwe!
    Die Einzelheiten kannte ich noch nicht.
    Kennst Du die Jugendbuecher von Hans-Otto Meissner aus dem Klett Verlag? Er schrieb vier Buecher ueber USA Entdecker:
    • Kundschafter am St. Lorenzstrom: Champlain 1609. Cotta, Stuttgart 1966.
    • Im Alleingang zum Mississippi: Radisson 1660. Cotta, Stuttgart 1966.
    • Louisiana für meinen König: La Salle 1682. Cotta, Stuttgart 1966.
    • ... immer noch 1000 Meilen zum Pazifik: Mackenzie

    https://de.wikipedia.org/wiki/Hans-Otto_Meissner

    Ich habe sie alle vier, las aber bisher nur das Buch ueber Champlain. Es ist wirklich fesselnd geschrieben.
    Im Jahre 1493 erschien in Nürnberg eine der bedeutendsten Inkunabeln der frühen Neuzeit unter dem Titel "Schedelsche Weltchronik", die sowohl in lateinischer als auch in deutscher Sprache verfaßt wurde. Das Werk enthielt über 1800 Holzschnittillustrationen aus der Werkstatt von Christian Wolgemut, wobei vermutet wird, daß einige davon durchaus auch von Albrecht Dürer höchstselbst angefertigt worden sein könnten. Desweiteren wurde allen Ausgaben sowohl eine Europakarte als auch eine Weltkarte beigefügt. Auf der Weltkarte wurde der Doppelkontinent Amerika allerdings noch nicht abgebildet , da dessen Existenz einer breiten europäischen Öffentlichkeit erst bekannt wurde, nachdem Amerigo Vespucci in seinen Publikationen über seine Südamerika- Expedition 1501/1502 darüber berichtet hatte.

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    Samstag, 20. Mai 2023, 20:14

    Hans- Otto Meissner und Bertelsmann

    Das Buch von H.-O. Meissner "...immer noch 1000 Meilen bis zum Pazifik" hatte ich als Bertelsmann- Clubausgabe in meiner Jugendsammlung. Wer Mitglied im Bertelsmann- Buchclub war, mußte ja bekanntlich vierteljährlich etwas bestellen oder bekam ansonsten einen Auswahlband zugesandt. Verlegerisch waren die Bertelsmann- Produkte in den 60er Jahren nicht schlecht, nur werden sie heute von Sammlern eher mit spitzen Fingern angefaßt, u.a. weil die Auflagen sehr hoch waren und die Bücher als Zweit- oder Drittverwertung gelten.

    447

    Samstag, 20. Mai 2023, 20:21

    Die Weltkarte von Waldseemüller

    Die Weltkarte von Waldseemüller mit der erstmaligen Darstellung Amerikas existiert nur noch in einem einzigen Exemplar. Unser "Bundesgerd" hat es tatsächlich fertiggebracht, dieses Unikat vor zwanzig Jahren für nur zehn Millionen Dollar an die Amerikaner zu verscherbeln. Soweit ich weiß, befindet sich die Karte heute in der Library of Congress. Für die Amerikaner hat das Werk natürlich als quasi "Gründungsinkunabel" eine wesentlich höhere Bedeutung als für uns, von daher erklärt sich auch deren erhöhtes Interesse.

    448

    Montag, 22. Mai 2023, 16:55

    RE: Hans- Otto Meissner und Bertelsmann

    Und das kann ich ehrlich gesagt nicht verstehen. Immerhin waren die Bertelsmann Buecher gebunden und der Text unveraendert. Was also haben Sammler dagegen einzuwenden?
    Verlegerisch waren die Bertelsmann- Produkte in den 60er Jahren nicht schlecht, nur werden sie heute von Sammlern eher mit spitzen Fingern angefaßt, u.a. weil die Auflagen sehr hoch waren und die Bücher als Zweit- oder Drittverwertung gelten.

    449

    Montag, 22. Mai 2023, 16:56

    RE: Die Weltkarte von Waldseemüller

    Zu dumm, dass ich das nicht im Maerz wusste!
    Wir machten eine Besichtigung des Capitols mit, das direkt neben der Library of Congress steht.
    Die Weltkarte von Waldseemüller mit der erstmaligen Darstellung Amerikas existiert nur noch in einem einzigen Exemplar. Unser "Bundesgerd" hat es tatsächlich fertiggebracht, dieses Unikat vor zwanzig Jahren für nur zehn Millionen Dollar an die Amerikaner zu verscherbeln. Soweit ich weiß, befindet sich die Karte heute in der Library of Congress. Für die Amerikaner hat das Werk natürlich als quasi "Gründungsinkunabel" eine wesentlich höhere Bedeutung als für uns, von daher erklärt sich auch deren erhöhtes Interesse.

    450

    Montag, 22. Mai 2023, 17:59

    RE: RE: Hans- Otto Meissner und Bertelsmann

    Und das kann ich ehrlich gesagt nicht verstehen. Immerhin waren die Bertelsmann Buecher gebunden und der Text unveraendert. Was also haben Sammler dagegen einzuwenden?
    Verlegerisch waren die Bertelsmann- Produkte in den 60er Jahren nicht schlecht, nur werden sie heute von Sammlern eher mit spitzen Fingern angefaßt, u.a. weil die Auflagen sehr hoch waren und die Bücher als Zweit- oder Drittverwertung gelten.


    Die meisten Sammler wollen halt das Original, möglichst als Erstauflage, und nicht den soundsovielten Aufguß eines "Volksbuchhändlers". Gut für diejenigen, die reines Lesefutter für kleines Geld bekommen möchten. ;)

    451

    Montag, 29. Mai 2023, 16:49

    The American Corner - Gelehrter, Politstar oder zwielichtige Persönlichkeit ? Zum Hundertsten von Henry Kissinger

    Ein Emigrant aus Fürth in Bayern, der bis zum Nationalen Sicherheitsberater der USA aufstieg, ein Professor, der bei den Linken zur politischen Haßfigur wurde: Heinz Alfred Kissinger, genannt Henry, hat bis heute alle Anfeindungen überstanden und wurde am 27. Mai 2023 hundert Jahre alt.
    Geboren wurde er am 27. Mai 1923 in Fürth als Sohn des jüdischen Gymnasiallehrers für Erdkunde und Geschichte Louis Kissinger. Seine Mutter, eine Tochter aus wohlhabendem Hause, erzog ihre Söhne Heinz und Walter. In späteren Jahren erinnerte sich Henry, wie er sich nun in Amerika nannte, an eine große Bibliothek, in der er gerne versank, wenn er nicht gerade im Mittelfeld oder als Torwart Fußball spielte.
    Im Jahre 1923, dem Geburtsjahr des Jubilars, stand Deutschland noch ganz im Bann des verlorenen Ersten Weltkriegs und von Revolution und Gegenrevolution. Heinz Alfred war knapp zehn, als Hitler an die Macht kam, und fünfzehn, als seine Familie 1938 in die Vereinigten Staaten emigrierte. Seine spätere Vorliebe für den österreichischen Staatskanzler Metternich und sein systematisches Ordnungsdenken erklären sich durchaus plausibel aus seinen frühen Kindheits- und Jugenderlebnissen. Ein starker, zivilisierter, demokratisch regierter Staat erschien ihm unabdingbar, um Gesellschaften an politischen Exzessen zu hindern, wie er sie in seinen frühen Jahren erfahren hatte. Das Exil für seine Familie, die das Unheil noch rechtzeitig erahnte, sollte Amerika werden. Für den hochbegabten und in Windeseile studierenden Heinz Alfred erschien ihm die Neue Welt wie eine Traumlandschaft, in der ihm mehr gelang, als er sich ursprünglich vorgenommen hatte. Denn als Jude an einer Elite- Universität wie Harvard eine Professur zu erhalten, war noch in den 50er Jahren in den USA eher die Ausnahme als die Regel. Aber Dr. K., wie er von seinen Studenten genannt wurde, galt als brilliant und zog zahlreiche kaum minder begabte Menschen geradezu magnetisch an. Um die Teilnahme an seinen internationalen Sommerseminaren rissen sich die zukünftigen Professoren und Chefredakteure aus ganz Europa. Dr. K. wurde zum Universitätsstar, der nicht nur die Vergangenheit, sondern auch die Gegenwart verstehen wollte. In der Gegenwart seiner Jahre standen sich zwei nuklear hochgerüstete Supermächte feindlich gegeüber, und so befaßte er sich mit der "Philosophie der Abschreckung" zur letztendlichen Vermeidung der gegenseitigen Vernichtung. Selbst in dem deutschen politischen Shooting Star der Nachkriegszeit, Helmut Schmidt, fand er einen eifrigen Leser, der später zum Freund werden sollte.
    Henry Kissinger dachte nicht nur über Geschichte nach, ihn trieb es auch dazu, Geschichte zu machen, denn Macht war für ihn eine Art Aphrodisiakum, wie er selbst einmal scherzhaft in einem seiner Interviews zugab. Dabei sollte sich herausstellen, daß auch ein nach demokratischen Prinzipien regierter Staat als "Superpower" zu Exzessen fähig sein konnte, wie sich in Kissingers Zeit als Sicherheitsberater des amerikanischen Präsidenten Richard M. Nixon zeigen sollte. Nixon kam im Jahre 1968 nach dem Abgang des mürbe gewordenen Lyndon B. Johnson an die Macht. Kissinger, der Nixon bisher eher mit Verachtung gestraft hatte, wurde zu seiner eigenen Überraschung sein wichtigster Mitarbeiter mit außergewöhnlichen Befugnissen. Zwar hätte es 1968 vielleicht die Möglichkeit gegeben, den zu diesem Zeitpunkt von der Mehrheit der Amerikaner ungewollten Vietnamkrieg zu beenden. Aber das Duo Nixon/ Kissinger dachte sich eine erstaunliche Logik aus: um den Krieg "ehrenhaft" zu beenden, sollte "Vietnam" zunächst noch einmal eskaliert werden, und dies vor allem durch verstärkte Luftangriffe und die Ausweitung des Krieges auf das neutrale Kambodscha, das zu diesem Zeitpunkt zweifelsohne als Aufmarsch-, Rückzugs- und Nachschubgebiet der Nordvietnamesen galt. Für ein diktatorisches Regime hätte dies kein größeres Problem dargestellt, doch für die Vereinigten Staaten bedeutete es damals den Bruch mit dem Völkerrecht. Knapp 60.000 GI´s starben in diesen Kämpfen, und drei Millionen Vietnamesen, davon zwei Millionen Zivilisten, verloren ihr Leben im "Ringen der freien Welt mit dem Kommunismus", so wie es Nixon und Kissinger sahen. Beide unterstellten der VR China sowie der Sowjetunion, die Nordvietnam mehr oder weniger offen unterstützten, einen Stellvertreterkrieg (der er zweifelsohne war) mit dem Ziel der Eroberung der Weltherrschaft (über die man streiten kann).
    Im Jahre 1973 erhielt Henry Kissinger dennoch für die vorläufige Beendigung des ersten asymmetrischen Kriegs der Weltgeschichte den Friedensnobelpreis. Im gleichen Jahr wurde er für vier Jahre Außenminister unter Richard Nixon und Gerald Ford, bahnte die Entspannungspolitik mit der VR China und der Sowjetunion an und hätte eigentlich hierfür den Nobelpreis verdient, denn diese Entwicklung gilt vielen als seine mit Abstand größte politische Leistung.
    Jetzt ist Henry Kissinger gigantische hundert Jahre alt geworden und hat alle überlebt: seine zahlreichen Gegner, seine erklärten Feinde, auch seine Verächter, die ihn z.B. 1973 für den Putsch und den Tod Salvador Allendes in Chile verantwortlich machten. Noch immer ist er neugierig, reist komfortabel um die Welt und wird "gebucht". Im Herbst will er Deutschland besuchen, denn seine Heimatstadt Fürth will ihm zum Hundertsten die besondere Ehre erweisen. Vor kurzem veröffentlichte er wieder einen dicken Wälzer, den er "Staatskunst" betitelte. Darin beschreibt und beurteilt er die Großen seiner Zeit, von De Gaulle über Konrad Adenauer bis hin zu Lee Kuan Yew, den legendären chinesischen Staatsgründer Singapurs. Auch plädiert er dafür, die Ukraine in die NATO aufzunehmen. Dabei geht es ihm interessanterweise weniger um den Schutz dieses Landes vor Rußland, sondern um den Schutz Europas vor Zumutungen, weil dann die eingebundene Ukraine keine territorialen Rückgabeforderungen mehr an Rußland stellen könne. Aus der Sicht Kissingers sollte die Ukraine freiwillig auf die überwiegend von ethnischen Russen besiedelte Krim verzichten, da sonst ein ständiger Unruheherd bestehen bliebe. Und da schimmert es wieder einmal hervor, das Metternich´sche Ordnungsdenken, dem immer auch ein Macchiavelli beiwohnt, für den Moral nie eine politische Kategorie war.

    www.youtube.com/watch?v=KnJeo6yCmWs
    www.youtube.com/watch?v=0nuYiLWwFdo

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    Dienstag, 30. Mai 2023, 16:32

    The American Corner - Über den Memorial Day in den USA

    Nein, so etwas wie den "Memorial Day" in den USA gib es bei uns in Deutschland nicht. Allenfalls im weitesten Sinn vergleichbar wäre er mit unserem Volkstrauertag, dieser ist jedoch viel weiter gefaßt und nicht auf im Krieg gefallene Soldaten reduziert. In etwa vergleichbar wäre der Memorial Day nur mit unserem "Heldengedenktag", wie er in der NS- Zeit begangen wurde, aber nach 1945 aus naheliegenden Gründen nicht weitergeführt wurde.
    Was nun ist genau der Memorial Day, wie entstand er, und wie wird er in den USA begangen ? Hierbei handelt es sich um einen Feiertag, der jedes Jahr am letzten Montag im Mai zu Ehren der Soldaten begangen wird, die im Dienste der USA gefallen sind. Entstanden ist der Memorial Day allmählich nach dem Ende des Amerikanischen Bürgerkriegs, bei dem rund eine Dreiviertelmillion Amerikaner ihr Leben ließen. So entstanden die ersten nationalen Friedhöfe in den Jahren nach dem Bürgerkrieg, um möglichst vielen gefallenen Soldaten eine ehrenvolle Bestattung zu ermöglichen.
    Zuerst wurde der Memorial Day als "Decoration Day" bezeichnet. Diese Bezeichnung stammte von General John A. Logan, der eine Veteranenorganisation der Nordstaaten namens "The Grand Army of the Republic" leitete. Im Jahre 1868 forderte Logan, daß am 30. Mai ein nationaler Gedenktag für die im Bürgerkrieg gefallenen Soldaten geschaffen werden sollte, wobei an diesem "Decoration Day" die Gräber der Gefallenen mit Blumen geschmückt werden sollten. Die erste Feierlichkeit dieser Art fand auf dem Nationalfriedhof in Arlington statt, wobei der spätere amerikanische Präsident James A. Garfield, der im Bürgerkrieg als Generalmajor auf seiten der Union gedient hatte, eine Ansprache hielt, die von rund fünftausend Zuhörern verfolgt wurde, die im Anschluß die Grabstellen von über zwanzigtausend Soldaten mit Blumen dekorierten.
    In den darauffolgenden Jahren wurden Veranstaltungen dieser Art allmählich zum Ritual. Die amerikanische Regierung gestattete ihren Mitarbeitern ab 1882 einen freien Tag, um ihnen ein dreitägiges Wochenende zum Gedenken an die gefallenen Soldaten zu ermöglichen. Für alle anderen Amerikaner war der Memorial Day zunächst noch kein nationaler Feiertag, sondern wurde sehr unterschiedlich von den einzelnen Bundesstaaten begangen. So wurde z.B. in New York City ein Gedenktag für die gefallenen Soldaten abgehalten. Im Jahre 1873 erkannte New York als erster Bundesstaat den Memorial Day als Feiertag an, und bis 1890 hatten alle ehemaligen Nordstaaten diesen Termin als offiziellen Feiertag deklariert, während sich die ehemaligen Konföderierten Staaten zunächst weigerten, den Memorial Day anzuerkennen und ihre Gefallenen an unterschiedlichen Tagen ehrten, eine Praxis, die sich erst nach dem Ende des Ersten Weltkriegs änderte. Fortan gedachte man nun am Memorial Day allen amerikanischen Kriegsgefallenen und beschränkte sich nicht mehr länger ausschließlich auf die Zeit des Bürgerkriegs.
    Im Jahre 1968 verabschiedete der US- Kongreß den "Uniform Monday Holiday Act", welcher den Memorial Day zum landesweiten Gedenktag am letzten Montag im Mai erklärte. Präsident Bill Clinton unterzeichnete im Jahre 2000 den "National Moment of Remembrance Act". Seitdem findet am Memorial Day um 15 Uhr Ortszeit in ganz Amerika eine Schweigeminute als Zeichen des Respekts statt.
    Viele patriotische Amerikaner begehen den Memorial Day, indem sie die zahlreichen Militärfriedhöfe und Gedenkstätten besuchen. Um die Verstorbenen zu ehren, schmücken Zivilisten und Soldaten die Gräber der Gefallenen mit Blumen, Kränzen und amerikanischen Fähnchen. Seit den 50er Jahren plazieren 1.200 Soldaten der US- Armee am Donnerstag vor dem Gedenktag kleine Flaggen auf jedem der rund 250.000 Gräber des "Arlington National Cemetary" in der Nähe von Washington, D.C. Das Gelände wird daraufhin den ganzen Tag durch Patrouillen überwacht, um sicherzustellen, daß jedes Fähnchen an seinem Platz verbleibt.
    Das Flaggenmeer auf dem "Boston Common", Amerikas ältestem öffentlichen Park im Herzen von Boston, zählt zu den bekanntesten Traditionen am Memorial Day. In dem sog. "Garden of Flags for Military Heroes" wehen fünf Tage lang rund 40.000 kleine Flaggen, von denen jede einzelne an einen Angehörigen der Streitkräfte aus Massachusetts erinnert, der sein Leben für die Verteidigung der Vereinigten Staaten gegeben hat.
    Viele Amerikaner tragen roten Mohn in Erinnerung an die Gefallenen des Krieges oder plazieren diese Blumen auf Kreuzen und Gedenksteinen nahe den Gräbern. Diese Tradition begann mit dem Gedicht "In Flanders Field" aus dem ersten Weltkrieg, da auf den Schlachtfeldern dieser Region besonders viel Mohn geblüht haben soll.
    Viele amerikanische Städte und Gemeinden veranstalten anläßlich dieses Feiertags Paraden, an denen auch Militärangehörige und Mitglieder von Veteranenorgnisationen teilnehmen. Einige der größten Paraden finden in New York City, Chicago und Washington, D.C. statt.
    Memorial Day ist nicht nur ein Gedenktag, sondern auch der quasi inoffzielle Beginn des Sommers in den USA. Viele Menschen veranstalten während der drei freien Tage Barbecues und Picknicks im Park, gehen zum Schwimmen ins Freibad, besuchen Familie oder Freunde und unternehmen Ausflüge oder Kurzurlaube an diesem verlängerten Wochenende.

    www.youtube.com/watch?v=fjLCi3RIJ5w

    453

    Mittwoch, 31. Mai 2023, 18:35

    RE: The American Corner - Gelehrter, Politstar oder zwielichtige Persönlichkeit ? Zum Hundertsten von Henry Kissinger

    Im Jahre 1973 erhielt Henry Kissinger dennoch für die vorläufige Beendigung des ersten asymmetrischen Kriegs der Weltgeschichte den Friedensnobelpreis. Im gleichen Jahr wurde er für vier Jahre Außenminister unter Richard Nixon und Gerald Ford, bahnte die Entspannungspolitik mit der VR China und der Sowjetunion an und hätte eigentlich hierfür den Nobelpreis verdient, denn diese Entwicklung gilt vielen als seine mit Abstand größte politische Leistung.

    Uwe, bist Du sicher, dass er diesen Preis bereits 1973 erhielt?
    Laut Google (und meinem eigenen Gedaechtnis) war der Vietnam Krieg nicht vor April 1975 vorueber.
    Ich fragte mal meinen Mann, wie er vermeiden konnte, fuer Vietnam eingezogen zu werden, er sagte, dass seine draft Nummer erst nach dem Ende des Krieges aufgerufen worden waere (er ist Jahrgang Oktober 1953).

    454

    Mittwoch, 31. Mai 2023, 18:37

    RE: The American Corner - Gelehrter, Politstar oder zwielichtige Persönlichkeit ? Zum Hundertsten von Henry Kissinger

    Vielen Dank fuer diesen Beitrag.
    Meine Eltern hielten sehr viel von Kissinger, an mir ist er irgendwie fast unbemerkt vorbei gegangen, aber ich erinnere mich an seine Frau.
    Im Jahre 1973 erhielt Henry Kissinger dennoch für die vorläufige Beendigung des ersten asymmetrischen Kriegs der Weltgeschichte den Friedensnobelpreis. Im gleichen Jahr wurde er für vier Jahre Außenminister unter Richard Nixon und Gerald Ford, bahnte die Entspannungspolitik mit der VR China und der Sowjetunion an und hätte eigentlich hierfür den Nobelpreis verdient, denn diese Entwicklung gilt vielen als seine mit Abstand größte politische Leistung.
    Jetzt ist Henry Kissinger gigantische hundert Jahre alt geworden und hat alle überlebt: seine zahlreichen Gegner, seine erklärten Feinde, auch seine Verächter, die ihn z.B. 1973 für den Putsch und den Tod Salvador Allendes in Chile verantwortlich machten. Noch immer ist er neugierig, reist komfortabel um die Welt und wird "gebucht". Im Herbst will er Deutschland besuchen, denn seine Heimatstadt Fürth will ihm zum Hundertsten die besondere Ehre erweisen. Vor kurzem veröffentlichte er wieder einen dicken Wälzer, den er "Staatskunst" betitelte. Darin beschreibt und beurteilt er die Großen seiner Zeit, von De Gaulle über Konrad Adenauer bis hin zu Lee Kuan Yew, den legendären chinesischen Staatsgründer Singapurs. Auch plädiert er dafür, die Ukraine in die NATO aufzunehmen. Dabei geht es ihm interessanterweise weniger um den Schutz dieses Landes vor Rußland, sondern um den Schutz Europas vor Zumutungen, weil dann die eingebundene Ukraine keine territorialen Rückgabeforderungen mehr an Rußland stellen könne. Aus der Sicht Kissingers sollte die Ukraine freiwillig auf die überwiegend von ethnischen Russen besiedelte Krim verzichten, da sonst ein ständiger Unruheherd bestehen bliebe. Und da schimmert es wieder einmal hervor, das Metternich´sche Ordnungsdenken, dem immer auch ein Macchiavelli beiwohnt, für den Moral nie eine politische Kategorie war.

    www.youtube.com/watch?v=KnJeo6yCmWs
    www.youtube.com/watch?v=0nuYiLWwFdo

    455

    Mittwoch, 31. Mai 2023, 18:44

    Friedensnobelpreis 1973

    Definitiv erhielt Kissinger des Friedensnobelpreis im Jahre 1973 für seine Vermittlungsbemühungen im Vietnamkonflikt. Aber du hast insofern recht, als der tatsächliche Vietnamkrieg noch bis 1975 andauerte.
    André hätte sich als Geburtsjahrgang 1953 bei der Nationalgarde verpflichten können, so wie es George W. Bush getan hat, oder nach Kanada gehen können, wie es viele amerikanische Kriegsdienstverweigerer getan haben.

    456

    Donnerstag, 1. Juni 2023, 11:35

    RE: The American Corner - Über den Memorial Day in den USA

    Vielen Dank, Uwe. Einiges davon wusste ich zwar schon, aber vieles war neu fuer mich.
    Vielleicht koenntest Du jetzt noch Licht ins Dunkel bringen, was den President's Day im Februar betrifft. In dem alten Bing Crosby & Fred Astaire Film "Holiday Inn" (wo Bing Crosby zum allerersten Mal "White Christmas" singt) gab es noch den Vorlaeufer des heutigen President's Day.
    Nein, so etwas wie den "Memorial Day" in den USA gib es bei uns in Deutschland nicht. Allenfalls im weitesten Sinn vergleichbar wäre er mit unserem Volkstrauertag, dieser ist jedoch viel weiter gefaßt und nicht auf im Krieg gefallene Soldaten reduziert. In etwa vergleichbar wäre der Memorial Day nur mit unserem "Heldengedenktag", wie er in der NS- Zeit begangen wurde, aber nach 1945 aus naheliegenden Gründen nicht weitergeführt wurde.
    Was nun ist genau der Memorial Day, wie entstand er, und wie wird er in den USA begangen ? Hierbei handelt es sich um einen Feiertag, der jedes Jahr am letzten Montag im Mai zu Ehren der Soldaten begangen wird, die im Dienste der USA gefallen sind. Entstanden ist der Memorial Day allmählich nach dem Ende des Amerikanischen Bürgerkriegs, bei dem rund eine Dreiviertelmillion Amerikaner ihr Leben ließen. So entstanden die ersten nationalen Friedhöfe in den Jahren nach dem Bürgerkrieg, um möglichst vielen gefallenen Soldaten eine ehrenvolle Bestattung zu ermöglichen.
    Zuerst wurde der Memorial Day als "Decoration Day" bezeichnet. Diese Bezeichnung stammte von General John A. Logan, der eine Veteranenorganisation der Nordstaaten namens "The Grand Army of the Republic" leitete. Im Jahre 1868 forderte Logan, daß am 30. Mai ein nationaler Gedenktag für die im Bürgerkrieg gefallenen Soldaten geschaffen werden sollte, wobei an diesem "Decoration Day" die Gräber der Gefallenen mit Blumen geschmückt werden sollten. Die erste Feierlichkeit dieser Art fand auf dem Nationalfriedhof in Arlington statt, wobei der spätere amerikanische Präsident James A. Garfield, der im Bürgerkrieg als Generalmajor auf seiten der Union gedient hatte, eine Ansprache hielt, die von rund fünftausend Zuhörern verfolgt wurde, die im Anschluß die Grabstellen von über zwanzigtausend Soldaten mit Blumen dekorierten.
    In den darauffolgenden Jahren wurden Veranstaltungen dieser Art allmählich zum Ritual. Die amerikanische Regierung gestattete ihren Mitarbeitern ab 1882 einen freien Tag, um ihnen ein dreitägiges Wochenende zum Gedenken an die gefallenen Soldaten zu ermöglichen. Für alle anderen Amerikaner war der Memorial Day zunächst noch kein nationaler Feiertag, sondern wurde sehr unterschiedlich von den einzelnen Bundesstaaten begangen. So wurde z.B. in New York City ein Gedenktag für die gefallenen Soldaten abgehalten. Im Jahre 1873 erkannte New York als erster Bundesstaat den Memorial Day als Feiertag an, und bis 1890 hatten alle ehemaligen Nordstaaten diesen Termin als offiziellen Feiertag deklariert, während sich die ehemaligen Konföderierten Staaten zunächst weigerten, den Memorial Day anzuerkennen und ihre Gefallenen an unterschiedlichen Tagen ehrten, eine Praxis, die sich erst nach dem Ende des Ersten Weltkriegs änderte. Fortan gedachte man nun am Memorial Day allen amerikanischen Kriegsgefallenen und beschränkte sich nicht mehr länger ausschließlich auf die Zeit des Bürgerkriegs.
    Im Jahre 1968 verabschiedete der US- Kongreß den "Uniform Monday Holiday Act", welcher den Memorial Day zum landesweiten Gedenktag am letzten Montag im Mai erklärte. Präsident Bill Clinton unterzeichnete im Jahre 2000 den "National Moment of Remembrance Act". Seitdem findet am Memorial Day um 15 Uhr Ortszeit in ganz Amerika eine Schweigeminute als Zeichen des Respekts statt.
    Viele patriotische Amerikaner begehen den Memorial Day, indem sie die zahlreichen Militärfriedhöfe und Gedenkstätten besuchen. Um die Verstorbenen zu ehren, schmücken Zivilisten und Soldaten die Gräber der Gefallenen mit Blumen, Kränzen und amerikanischen Fähnchen. Seit den 50er Jahren plazieren 1.200 Soldaten der US- Armee am Donnerstag vor dem Gedenktag kleine Flaggen auf jedem der rund 250.000 Gräber des "Arlington National Cemetary" in der Nähe von Washington, D.C. Das Gelände wird daraufhin den ganzen Tag durch Patrouillen überwacht, um sicherzustellen, daß jedes Fähnchen an seinem Platz verbleibt.
    Das Flaggenmeer auf dem "Boston Common", Amerikas ältestem öffentlichen Park im Herzen von Boston, zählt zu den bekanntesten Traditionen am Memorial Day. In dem sog. "Garden of Flags for Military Heroes" wehen fünf Tage lang rund 40.000 kleine Flaggen, von denen jede einzelne an einen Angehörigen der Streitkräfte aus Massachusetts erinnert, der sein Leben für die Verteidigung der Vereinigten Staaten gegeben hat.
    Viele Amerikaner tragen roten Mohn in Erinnerung an die Gefallenen des Krieges oder plazieren diese Blumen auf Kreuzen und Gedenksteinen nahe den Gräbern. Diese Tradition begann mit dem Gedicht "In Flanders Field" aus dem ersten Weltkrieg, da auf den Schlachtfeldern dieser Region besonders viel Mohn geblüht haben soll.
    Viele amerikanische Städte und Gemeinden veranstalten anläßlich dieses Feiertags Paraden, an denen auch Militärangehörige und Mitglieder von Veteranenorgnisationen teilnehmen. Einige der größten Paraden finden in New York City, Chicago und Washington, D.C. statt.
    Memorial Day ist nicht nur ein Gedenktag, sondern auch der quasi inoffzielle Begin des Sommers in den USA. Viele Menschen veranstalten während der drei freien Tage Barbecues und Picknicks im Park, gehen zum Schwimmen ins Freibad, besuchen Familie oder Freunde und unternehmen Ausflüge oder Kurzurlaube an diesem verlängerten Wochenende.

    www.youtube.com/watch?v=fjLCi3RIJ5w

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    Donnerstag, 15. Juni 2023, 16:15

    The American Corner - Großbrände in Kanada - War es gezielte Brandstiftung ?

    Die aktuellen riesigen Waldbrände in Kanada haben Auswirkungen bis in die USA. Das Land leidet in diesem Jahr (2023) unter besonders schweren und vor allem zahlreichen Waldbränden. Bereits zu Beginn der Saison, die sich von Mai bis Oktober erstreckt, war die Situation mehr als angespannt. Zunächst brannte es vor allem in der Provinz Alberta, während inzwischen in erster Linie die Ostküste des riesigen Landes betroffen ist. Die herbeigerufenen Einsatzkräfte schaffen es kaum noch, die zahlreichen Brandherde unter Kontrolle zu bekommen.
    Doch nicht allein Kanada ist von den Großfeuern, die durch eine anhaltende Trockenheit unterstützt wurden, betroffen. Der Rauch von hunderten Feuern zog auch Richtung Süden, so daß Teile der amerikanischen Ostküste und des mittleren Westens von starker Luftverschmutzung betroffen waren. Sogar die Metropole New York City lag zeitweise unter einem dichten Rauchschleier, und der Himmel über der Stadt verfärbte sich orange. Die Luftqualität wurde so schlecht, daß die Gesundheit der Bevölkerung in Gefahr geriet und noch vorhandene Bestände an Atemschutzmasken verteilt werden sollten.
    Kürzlich äußerte sich auch der als ehemaliger "ARD- Wetterfrosch" bekannte Meteorologe Jörg Kachelmann zu den Großbränden in Kanada und wies darauf hin, daß die Auslöser von Waldbränden in aller Regel menschengemacht sind. Die These, daß weggeworfene Flaschen wie Brenngläser in trockenen Waldgebieten wirken könnten, hält er für ausgemachten Unfug. Für ihn handelt es sich um fahrlässige oder sogar vorsätzliche Brandstiftung, wenn Menschen Zigarettenkippen wegwerfen oder Lagerfeuer auf trockenem Grund entfachen, ohne diese nachträglich wieder sorgsam abzulöschen. Auch für die aktuell stark vermehrte Zahl an Waldbränden im Osten Kanadas geht Kachelmann von der "Ursache Mensch" aus. So twitterte er eine Satellitenaufnahme der Feuer an der Ostküste, die die Verteilung der einzelnen Brandherde zeigt. Es war auffällig, daß es innerhalb von nur einer Stunde an mehr als zehn Orten gleichzeitig gebrannt habe. Gewitter fielen als Brandursache aus, da diese zu dem besagten Zeitpunkt nicht stattgefunden hätten. Kachelmann geht aufgrund dieser Indizienlage von massiver vorsätzlicher Brandstiftung aus und meint, daß zu diesem Zeitpunkt auch klar gewesen sei, wohin die riesigen Rauchschwaden ziehen würden, nämlich zur Ostküste der USA. Kachelmann: "Ich habe eine derartige massierte Brandstiftung noch nie gesehen, und es ist sehr spannend". Es könne sich hierbei um Geistesgestörte handeln oder schlichtweg um Anhänger der These des Klimawandels, die dazu die "passenden Bilder" liefern wollten, in wessen Auftrag auch immer.
    Die These von den "politisch gewollten" Waldbränden hat auch bereits in Kanda insbesondere über die sozialen Medien Furore gemacht, während die Mainstream- Medien weitgehend abwiegelten. Daß jedoch Menschen in einer Vielzahl der Fälle die Auslöser für Waldbrände in Kanada sind, wird auch von dieser Seite nicht abgestritten, wobei lange heiße Perioden mit nur geringen Niederschlägen die Ausbreitung von Feuern dramatisch begünstigen können.

    www.youtube.com/watch?v=Qne6tndMJLc
    www.youtube.com/watch?v=EaHE7BWoKqM

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    Donnerstag, 15. Juni 2023, 21:34

    RE: The American Corner - Großbrände in Kanada - War es gezielte Brandstiftung ?

    Die These, daß weggeworfene Flaschen wie Brenngläser in trockenen Waldgebieten wirken könnten, hält er für ausgemachten Unfug.


    Das wussten doch schon die Jungs aus den 60ern, dass Flaschenglas zum Feuermachen nichts taugt. Um die einfallenden Sonnenstrahlen zu bündeln und damit die Energiedichte des Lichts so stark zu erhöhen, dass brennbares Material wie Papier oder ähnliches sich entzündet braucht man spezielle Gläser, sogenannte konvexe Linsen. Diese waren bei uns Jungs sehr begehrt. Man nannte sie deshalb auch Brenngläser. Eine Lupe oder Brille tut es aber auch. Ganz so einfach ging es aber nicht. Etwas Geduld und Geschick brauchte man auch noch. Was man damals dagegen nicht brauchte, waren Hitzschutzpläne. Wir wussten auch ohne "Hitzeexperten" wie wir uns an heißen Tagen zu verhalten hatten.

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    Donnerstag, 15. Juni 2023, 23:18

    Vaters Brennglas im Krieg

    Kurz vor Kriegsende wurden meine Großeltern und ihre Kinder als Zivilisten während der Flucht noch im Raum Frankfurt/ Oder von der Russenoffensive überrollt. Mein Vater, ein damals 12- jähriger Pimpf, fand im Wald Leuchtspurmunition und zündelte daraufhin mit seinem Brennglas am Zündhütchen herum, worauf das Ding tatsächlich hochging und ihn beinahe das linke Augenlicht gekostet hätte.

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    Dienstag, 20. Juni 2023, 16:27

    The American Corner - Red River (Panik am Roten Fluß) - Der klassische Western schlechthin

    Um es kurz zu machen: nachdem ich mir den Spielfilm von 1948 nach längerer Abstinenz wieder einmal mit großer Aufmerksamkeit angeschaut habe, bin ich mehr denn je davon überzeugt, daß dieser Klassiker des Western- Genres auch 75 Jahre nach seiner Entstehung heute immer noch äußerst sehenswert ist. Denn dieser Film hat alles, was einen handfesten Western m.E. ausmachen sollte: einen belastbaren historischen Hintergrund (in diesem Fall über die Entstehung des Chisholm Trails), den Kampf an der "Frontier", die Landnahme auch gegen Widerstände, die Suche nach einer Zukunft und den inneren Kampf der Protagonisten. Darüber hinaus war "Red River" der Film, durch den sich John Wayne endgültig als Charakterdarsteller etablieren konnte, der in diesem Film gleichzeitig Held und Antiheld verkörpert. Howard Hawk´s epischer Western wurde fast nebenbei auf verschiedenen Ebenen auch zum Liebesfilm, wobei dies nach meiner Einschätzung nicht zwingend notwendig gewesen wäre.
    Der Western erzählt von der Erschließung des amerikanischen Südwestens in der Zeit zwischen 1851 und 1866, vom Bau der ersten Eisenbahnen in dieser Region und vor allem durch die erklärenden Monologe von John Wayne von den wirtschaftlichen und sozialen Konsequenzen, die der verlorene Bürgerkrieg für viele Texaner hatte. Die "Frontier", der Übergang zwischen erschlossenen Regionen und der Wildnis, ist essentiell für das Grundverständnis der meisten klassischen Western. Die klassischen Western, die ihre Blütezeit zwischen 1946 und 1962 hatten, erzählten auch immer etwas von der Geschichte der Vereinigten Staaten. Dabei stand oft die Darstellung der Natur und ihrer Gewalten im Vordergrund, die durch die verbesserte Filmtechnik nach 1945 noch eindrucksvoller auf die Leinwand gebannt werden konnte.
    "Red River", gedreht Ende 1946 und aufgeführt 1948, bildete mit einigen anderen Produktionen den Auftakt der goldenen Jahre dieses Genres. Der Film wurde noch in s/w gedreht und erst später für das Fernsehen nachträglich koloriert. Auch mit dem Breitbildformat, von dem in den Folgejahren u.a. "The Searchers" (1956) ungemein profitierte, konnte "Red River" noch nicht aufwarten.
    Worum ging es ? Farmer Thomas Dunson (John Wayne) hat durch mehr oder weniger illegale Landnahme im Jahre 1851 eine Farm in Texas etabliert und es mit seiner "River D" von einem Rinderpaar zu über zehntausend Stück vierzehn Jahre später gebracht. Nur nützt ihm im Jahre 1865 dieser Reichtum kaum etwas, denn durch den verlorenen Bürgerkrieg und seine Folgen bietet sich ihm in Texas kein Absatzmarkt. Unter den Kriegsheimkehrern heuert er deshalb Freiwillige an und startet einen Treck, um die Herde rund tausend Meilen weiter nördlich bis nach Missouri zu treiben, wo Viehaufkäufer logieren und es eine Bahnverbindung gibt. Seit dem Beginn der "River D" ist der junge Matthew Garth (Montgomery Clift) an seiner Seite, ein Ziehsohn, der 1851 als Einziger den Comanchen- Überfall auf einen Siedlertreck überlebte. Gekonnt fängt die Kamera von Russel Harlan die weitere Entwicklung ein: den koordinierten Viehtrieb, die Pausen im Lager, die erneute Wegfindung (wobei man an "cattle" nicht gespart hatte), den Zwischenfall in Form einer Stampede, die Jagd nach dem Vieh, das Einkesseln und den Fortgang des Trecks. Die Natur erweist sich in "Red River" vor allem auch als erbarmunglos und nicht nur als ästhetisch anmutend, wie die beschwerliche Wegstrecke deutlich unter Beweis stellt. "Der Regen macht was mit den Menschen" sagt z.B. Dunsons Koch und treuer Gefährte Groot (Walter Brennan), der auch den Erzähler gibt, einmal höchst treffend. Auf ihrer langen Reise verändern sich die Männer und entwickeln sich teilweise sogar. Hinzu kommt die komplexe "Vater- Sohn Beziehung" zwischen Tom und Matt, den er als verwaisten Jungen aufnahm und wie seinen eigenen Sohn aufzog. Dabei steht Tom für den eher archaischen Prototypen, den Erbauer und Erschaffer, dem man sich besser nicht zu oft in den Weg stellt. Matt dagegen steht für das Rebellische, wenngleich er seinem Ziehvater über einen langen Zeitraum treu und gehorsam ist. Dennoch entmachtet er Tom, nachdem dieser zwei seiner Treiber hängen lassen will und den kürzeren Weg nach Abilene/ Kansas ablehnt. In den majestätischen Bildern und in der Auseinandersetzung zwischen John Wayne und Montgomery Clift wird immer wieder deutlich, daß es sich bei "Red River" um einen Ausnahmefilm handelt.
    Daß "Red River" trotz der zunehmenden Bedrohungslage, die teils noch an Stilelemente des "Film Noir" erinnert, dynamisch bleibt und auch ein paar Schmunzler zuläßt, ist der Handschrift des Regisseurs und Produzenten Howard Hawks zuzuschreiben. Im großen finalen Showdown, über das sich Hawks mit Drehbuchautor und Storywriter Borden Chase zerstritt, erhält sogar überraschend ein etwas tragikomisches Element Einzug, daß viele Zuschauer so sicher nicht erwartet hätten. Unterlaufen wurden dadurch aber auch die bisherigen Konventionen dieses Genres, wodurch die komplette Handlung und auch die Darsteller von "Red River" noch vielschichtiger wurden.

    www.youtube.com/watch?v=xyQ1jJbJiJE
    www.youtube.com/watch?v=3E3akL_8x9Y