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    Samstag, 25. März 2023, 15:57

    Die ZDF- Hitparade - Talentbühne oder Plattform der Plattenindustrie ?

    Auch ich konnte mich zumindest zwischen 1969 und 1972 der "ZDF- Hitparade" nicht entziehen, da meine Mutter ein bekennender Fan dieses Formats war, während ich selbst wohl mehr oder weniger zwangsläufig mitgeschaut habe. Denn mein konkretes musikalisches Interesse entwickelte sich erst ab ca. 1971, als ich anfing, den britischen Solatensender BFBS auf UKW sowie Radio Luxemburg auf Mittelwelle in vor allem abends grottenschlechter Empfangsqualität zu hören. Deutsche Schlager galten dagegen unter uns Jungs dieser Jahre eher als "etwas für die ältere Generation", womit wir damals alle über 20- jährigen meinten. ;)
    Wie auch immer: an einem kalten Winterabend, dem 18. Januar 1969, moderierte ein gewisser Dieter Thomas Heck die erste Ausgabe der "ZDF- Hitparade" an, was zur Folge hatte, daß fortan der deutsche Schlager seine Heimat in den Studios der Berliner Union hatte. "Hier ist Berlin ! Das Zweite Deutsche Fernsehen präsentiert Ihnen Ausgabe Nummer eins der Hitparade !" Diese erste Anmoderation von Dieter Thomas Heck war der Beginn einer bundesdeutschen Fernsehlegende ohne Beispiel. Als an dem besagten Tag um 18.45 Uhr die erste Ausgabe der "ZDF- Hitparade" über die Bildschirme flimmerte, galt das neue Format zu diesem Zeitpunkt noch als gewagtes Experiment. Ob der Mainzer Sender diese Sendung ausbauen würde, stand zu diesem Zeitpunkt noch völlig in den Sternen, denn die Konkurrenz von der ARD hatte das neuartige Konzept zuvor abgelehnt.
    Dabei war das Rezept des Regisseurs Truck Branss ebenso simpel wie narrensicher: man nehme den eloquenten Radiomoderator einer beliebten Hitparadensendung, stelle ihn vor eine Kamera und lasse ihn dort mit flotten Sprüchen bekannte und weniger bekannte deutsche Schlagerstars präsentieren. Und das Ganze sollte, dem Zeitgeist entprechend, in einer sachlich- funktionalen Studioumgebung präsentiert werden. Nicht das Drumherum sollte im Mittelpunkt stehen, sondern die Stargäste. Und Dieter Thomas Heck erwies sich als goldrichtige Wahl für diese Sendung, denn er war bereits mit seiner "Deutschen Schlagerparade" im Saarländischen Rundfunk sehr erfolgreich gewesen und erwies sich darüber hinaus mit seiner lauten Verkäuferstimme als ausgezeichneter Selbstvermarkter. Ein Fernsehphänomen war geboren, daß einunddreißig Jahre lang andauern sollte.
    Wie keine andere Sendung der damals noch ausschließlich öffentlich- rechtlichen Fernsehlandschaft prägte die "ZDF- Hitparade" über Jahrzehnte den Musikgeschmack von Millionen deutschsprachiger Zuschauer. Nicht zuletzt durch Dieter Thomas Heck, der selbst bekennender Anhänger des deutschen Schlagers war, wurden die siebziger Jahre zum letzten großen Erfolgsjahrzehnt dieser Musikrichtung. Die "ZDF- Hitparade" war in vielen Haushalten dieser Jahre einer der wenigen Abende, an dem die ganze Familie noch gemeinsam vor dem Fernseher saß.
    Die Sendung begann meist mit einem großen 360 Grad- Rundumschwenk der Kamera, die den Zuschauern das Gefühl gab, mit im Studio anwesend zu sein. Besucher, die live im Studio anwesend waren, konnten darüber hinaus leicht erleben, daß einer der großen Schlagerstars singend durch das Publikum flanierte und sogar bei ihm verweilte, was für die damalige Zeit außergewöhnlich war. Dies gehörte allerdings mit zum Konzept der Sendung, da die Interpreten angehalten waren, die Studiogäste in ihren Auftritt mit einzubeziehen. Teilweise wurden sie sogar mitten im Publikum plaziert und verfolgten mit diesem gemeinsam die Sendung.
    Währenddessen verstand es Regisseur Truck Branss, die Stars perfekt ins rechte Licht zu rücken, denn, wie Insidern wohlbekannt war, galt Branss als der eigentliche "Herrscher" der Hitparade. Seine Sendung war nicht nur ein Spiegel der neuesten Trends in Mode und Musik, sondern setzte auch auf modernste Technik. Wie kein anderer nutzte Branss die Möglichkeiten einer stimmungsvollen Beleuchtung und von rasanten Kamerafahrten durchs Studio, ein Echo im Abspann und eigens für das Format konzipierte Leuchtbänder, auf denen der Hitparaden- Schriftzug durch das Bild wanderte. So kam es auch dazu, daß nahezu jeder Bundesbürger "Reiner" kannte, den Tontechniker der "ZDF- Hitparade". Denn ab 1971 startete der besagte Reiner jeweils die Backgroundmusik vom Band, zu der die Interpreten dann live sangen. Der obligatorische Satz "Reiner, fahr ab" aus dem Munde von Dieter Thomas Heck für den Abspann am Ende jeder Sendung erlangte quasi Kultstatus und wurde zum geflügelten Wort. Es entbehrt nicht einer gewissen Komik, daß fortan der arme Tontechniker bei jedem Kneipenbesuch mit diesem Satz stürmisch begrüßt wurde. :)
    In fast jede Sendung wurde irgendwann auch einmal ein kurzer technischer Exkurs eingebaut, was für eine Schlagerparade äußerst ungewöhnlich war. So erklärte Heck seinen Zuschauern, warum die Mikrofone plötzlich keine Kabel mehr hatten und wie sie stattdessen per Funk zum Mischpult sendeten. Technisch blieb man insofern auf der Höhe der Zeit, als einige Jahre nach der Premiere das Format auch in Stereo gesendet wurde. Moderator Heck selbst erwies sich als begnadete Quasselstrippe und Aushängeschild der Sendung, dem auch schwierige Zungenbrecher wie "Bildschnitt Hannelore Lippschitz" oder "Szenenbild Joachim Czerzcenga" keinerlei Probleme bereiteten.
    Über viele Jahre galt die "ZDF- Hitparade" als die deutsche Unterhaltungssendung schlechthin. Von Einschaltquoten um die zwanzig Millionen Zuschauer in der Hochzeit des Formats können alle deutschen Fernsehsender heute nur noch träumen. Für manche kritischen Geister dieser Jahre war allerdings die "Hitparade" lediglich eine Plattform für zweit- bis drittklassige Schnulzensänger, und tatsächlich sind viele aufgehende Sternchen von damals längst wieder verglüht. Einige wenige Interpreten aus jener Zeit füllen dagegen auch heute noch ganze Konzerthallen und verdanken der "ZDF- Hitparade" ihren Karrierebeginn, so z.B. Howard Carpendale, Jürgen Drews oder Bernhard Brink.
    Zu Beginn der achtziger Jahre verließ dann allerdings die "ZDF- Hitparade" die Gleise des großen Erfolgs, nachdem Truck Branss die Regie an Pit Weirich, einen Kameramann mit Hitparadenerfahrung, abgegeben hatte. Bewährte Konzepte wurden willkürlich geändert, es wurde mit Abstimmungsverfahren experimentiert,der Sendeplatz verlegt, nichts konnte infolge den allmählichen Sinkflug des einstigen Erfolgsformats stoppen. Hinzu kam, daß Dieter Thomas Heck mit der "Neuen Deutschen Welle" der frühen 80er Jahre rein gar nichts anfangen konnte und Ende 1984 die Moderation nach 183 Folgen an Victor Worms abgab, was dazu führte, das die "ZDF- Hitparade" bald nur noch ein Schatten ihrer selbst war. Eine weitgehende Änderung des Musikgeschmacks, Sendeplatzwechsel, Moderatorenwechsel und laufende konzeptionelle Änderungen forderten ihren Tribut, und ab Ende der 80er Jahre konnte auch in Englisch und mit Vollplayback gesungen werden. Viele der einstmals treuen Zuschauer rächten sich mit konsequenter Abwanderung, und 1990 übergab Moderator Worms die einstmalige Erfolgssendung an Uwe Hübner. Im Dezember 1998 wurde Worms dann Unterhaltungschef des ZDF und versetzte dem Format den endgültigen Todesstoß: nach 31 Jahren und 368 Folgen flimmerte am 16. Dezember 2000 die letzte "ZDF Hitparade" über die deutschen Bildschirme. Von den einstmals zwanzig Millionen Zuschauern in den frühen Siebzigern war nur noch eine traurige Million übriggeblieben.

    www.youtube.com/watch?v=Etl8VYfwmCw

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    Sonntag, 26. März 2023, 13:13

    Als ich im Oktober 1974 von zu Hause auszog zu meinem Freund, dessen Mutter und Schwestern, musste ich die ZDF Hitparade mit Dieter Thomas Heck auch fast jede Woche ueber mich ergehen lassen, weil die Schwestern meines Freundes so besessen davon waren.

    Ich las in der Regel ein Buch bis wieder etwas Interessanteres im Fernsehen angeschaut wurde, mir war der deutsche Schlager einfach zu spiessig.
    Hoechstens Peter Maffay fand ich anhoerenswert.

    Was ich allerdings nie verpasste, waren die "Auf der Flucht" Folgen auf Nord III.

    Endlich liefen 49 "neue" Folgen, die man in den 60er Jahren noch nicht ausgestrahlt hatte.
    Das ist das Einzige aus dem 70er Jahre Fernsehen, an das ich mich noch lebhaft erinnere.