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    Samstag, 25. Februar 2023, 15:28

    The American Corner - The Hessians are Coming ! Über den Einsatz hessischer Regimenter im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg

    In einer der aktuellen Folgen von "Pawn Stars" erwarb Rick Harrison eine Bronzekanone aus dem 18. Jahrhundert, die sich nach eingehenden Recherchen zur Überraschung aller als ein Geschütz aus Hessen- Kassel entpuppte, das möglicherweise zur Zeit des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges zum Einsatz kam. Denn: gegen die amerikanischen Kolonisten und die "Continental Army" kämpften nicht nur britische Regimenter, sondern auch solche aus Hessen- Kassel und anderen deutschen Fürstentümern.
    Wie kam es dazu ? Um die Rebellion in seinen nordamerikanischen Kolonien niederzuschlagen, mietete König Georg III. von Großbritannien ab 1776 von Landgraf Friedrich II. von Hessen- Kassel einige seiner Regimenter. Denn der Landgraf hatte ein Problem, das er mit den meisten Regenten des Ancien Régime teilte: seine Staatseinnahmen waren stets geringer als seine Ausgaben. Und da er nicht wie z.B. der französische König seine Kassen durch den lukrativen Verkauf von Titeln und Ämtern füllen konnte, fand der hessische Fürst die Lösung seiner Finanznöte in einem Vertrag, der am 15. Januar 1776 unterzeichnet wurde: er "vermietete" tausende seiner Untertanen an die Briten, die dringend Soldaten für den Krieg gegen die aufständischen Kolonien in Nordamerika benötigten.
    Diese besondere Form des "Menschenhandels" hat diesen Duodezfürsten des Römisch Deutschen Reiches eher zu Unrecht zu einem Erzschurken abgestempelt, denn das "Vermieten" von Regimentern an andere Mächte war im Europa der Kabinettskriege zu dieser Zeit durchaus nicht unüblich. Dennoch wurden die "Hessen" zu einem Sammelbegriff für alle Soldtruppen, die die Royal Navy über den Atlantik transportierte, um ihre dortigen Untertanen zur Räson zu bringen. Bald fürchteten die amerikanischen Kolonisten die hessischen Regimenter fast noch mehr als ihre britischen Gegner, denn erstere galten als besonders gut ausgebildet und kampfkräftig.
    Bereits die Zeitgenossen übten Kritik an Friedrichs II. "Geschäftsmodell", wobei sie allerdings übersahen, daß es sich auf leidvollen Erfahrungen gründete, denn das calvinistische Hessen- Kassel war im Dreißigjährigen Krieg zum Spielball der kriegführenden Parteien geworden. Um wenigstens eine gewisse Abschreckung zu gewährleisten, hatten Landgräfin Amalie Elisabeth (reg. 1637-1650) sowie ihre Nachfolger ein stehendes Heer aufgebaut, das in Relation zur Bevölkerungsgröße noch deutlich größer war als die Armee Brandenburg- Preußens. Während in Brandenburg ein Soldat auf 23 Zivilisten kam, waren es in Hessen- Kassel 19, was bedeutete, daß das wirtschaftlich eher schwache Territorium in Friedenszeiten ein stehendes Heer von ca. 14.000 Mann unterhalten mußte. Um dies zu gewährleisten, war ähnlich wie in Preußen ein Kantonalsystem eingeführt worden, aus dem die einzelnen Landkreise Rekruten stellen mußten. Bei Desertionen, die zu dieser Zeit nicht selten waren, mußte die Familie des Deserteurs Ersatz stellen, was in der Bevölkerung gelegentlich für Empörung sorgte. Allerdings war der Kriegsdienst in Hessen- Kassel keineswegs so verpönt, wie es vielleicht aus der Rückschau erscheinen mag, denn viele Unterschichtsangehörige zogen eine besoldete Stelle in der Armee einem Leben in absoluter Armut am Rande der Gesellschaft vor.
    Für die Briten rechnete sich der Vertag mit Hessen- Kassel, denn für die Summe von 600.000 Pfund jährlich stellte der Landgraf 16.000 ausgebildete Soldaten zur Verfügung. Anders als die hoch trainierte Royal Navy galten die britischen Landstreitkräfte zu dieser Zeit eher als zweitklassig, Offiziersstellen waren käuflich, das Ansehen der britischen Armee war gering, und ihre Kampfkraft nicht besonders überragend. Wenn England in Kriege verwickelt wurde, war es daher nicht unüblich, insbesondere in Teilen des Römisch- Deutschen Reichs ganze Regimenter anzumieten. Hessen- Kassel stellte mit insgesamt 15 Regimentern fast ein Drittel des rund 50.000 Mann starken britischen Expeditionskorps. Weitere Kontingente kamen aus Waldeck- Pyrmont, Hessen-Hanau, Anhalt- Zerbst und Ansbach- Bayreuth. Die angemieteten Regimenter hatten zwar ihre eigenen Offiziere, die Generalität blieb aber britisch, wobei deren Führungsleistung von sehr unterschiedlicher Qualität war. In der Praxis des Amerikanischen Unabhängigkeitskriegs stellte sich schnell heraus, daß die von George Washington geführte "Continental Army" in offener Feldschlacht kaum eine Chance gegen die gut ausgebildeten hessischen Regimenter hatte. Jedoch verfing die im 18. Jahrhundert übliche Lineartaktik in den noch unerschlossenen Gebieten Nordamerikas deutlich weniger, während die beiden hessischen Jägerkompanien, die deutlich flexibler waren und häufig auf eigene Faust kämpften, den Amerikanern deutlichen Respekt abnötigten.
    Je länger der Krieg dauerte, desto häufiger mußten die Werbeoffiziere im Römisch- Deutschen Reich dazu übergehen, Söldner jeglicher Couleur zu nehmen. Auch diese galten als "Hessen", über die bald Greuelgeschichten von Grausamkeiten, Plünderungen und Vergewaltigungen in den amerikanischen Gazetten kursierten. Quellenkritische Untersuchungen haben jedoch ergeben, daß viele dieser Berichte bereits in den amerikanischen Zeitungen kursierten, bevor die "Hessen" überhaupt eingetroffen waren. Hinzu kam, daß britische Kommandierende Übergriffe der eigenen Soldaten gern auf die "hessischen" Mietsoldaten abwälzten, um selbst keine Rechenschaft ablegen zu müssen. Konfrontiert wurden die hessischen Soldaten dagegen in Amerika mit einem für sie bisher unbekannten Wohlstand der ansässigen Bevölkerung, der viele von ihnen sicher nachdenklich werden ließ. Desertionen waren dagegen eher selten, da die Hessen sich auf einem fremden Kontinent befanden und auf dem Meer die Briten weitgehend unangefochten das Sagen hatten. Einigermaßen erstaunlich ist dagegen, daß nach dem Abschluß der Kampfhandlungen im Jahre 1783 und der Rückführung der Truppen nach Europa den Hessen freiwillig einige Dutzend Afroamerikaner folgten, die in der Armee durchweg eine Anstellung als Tambourmajore fanden.
    Insgesamt verzeichneten die hessischen Regimenter während ihres Einsatzes in Nordamerika Verluste von rund 7700 Mann. Etwa 5000 Hessen verzichteten auf den Heimtransport, nachdem sie mit den zahllosen Möglichkeiten Bekanntschaft gemacht hatten, die sich ihnen in der Neuen Welt boten, und suchten sich in den gerade frisch gegründeten Vereinigten Staaten eine neue Heimat. Noch heute sind viele Deutschamerikaner, die ihre Herkunft von den "Hessen" ableiten können, stolz auf ihre historischen Wurzeln.

    www.youtube.com/watch?v=EOZTT2sDePc
    www.youtube.com/watch?v=bWz-rVEP0AI

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    Samstag, 25. Februar 2023, 20:10

    Ein Buchtip dazu. Dietmar Kügler Die deutschen Truppen im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg 1775-1783
    Mit vielen zeitgenössischen Bildern und Karten.
    Dietmar Kügler hat viele Bücher zur amerikanischen Geschichte veröffentlicht.
    Und noch ein DVD Tip.
    Der Winter der ein Sommer war. Ein 6 Teiler der 1976 in der Vorweihnachtszeit ausgestrahlt wurde.
    Er schildert das Schicksal der hessischen Söldner in Amerika.
    Mit Sigmar Solbach Günter Strack Horst Frank und Christian Qudflieg.
    Erschienen bei Fernsehjuwelen.

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    Mittwoch, 1. März 2023, 15:59

    Vielen Dank fuer Deinen DVD Tip, Eiwennho.
    Das muss ich mir endlich mal ansehen, ich habe es seit Jahren, aber bin noch immer nicht zum Ansehen gekommen.
    Und noch ein DVD Tip.
    Der Winter der ein Sommer war. Ein 6 Teiler der 1976 in der Vorweihnachtszeit ausgestrahlt wurde.
    Er schildert das Schicksal der hessischen Söldner in Amerika.
    Mit Sigmar Solbach Günter Strack Horst Frank und Christian Qudflieg.
    Erschienen bei Fernsehjuwelen.

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    Mittwoch, 1. März 2023, 16:01

    RE: The American Corner - The Hessians are Coming ! Über den Einsatz hessischer Regimenter im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg

    Es gingen auch viele Maenner aus der Lueneburger Heide nach Kanada, und auf Nova Scotia gibt es den Ort Lunenburg, der nach ihnen benannt wurde.
    A. E. Johann, der viele Romane und sogar eine Trilogie ueber Kanada schrieb, erwaehnte sie in der Trilogie.

    Wie kam es dazu ? Um die Rebellion in seinen nordamerikanischen Kolonien niederzuschlagen, mietete König Georg III. von Großbritannien ab 1776 von Landgraf Friedrich II. von Hessen- Kassel einige seiner Regimenter. Denn der Landgraf hatte ein Problem, das er mit den meisten Regenten des Ancien Régime teilte: seine Staatseinnahmen waren stets geringer als seine Ausgaben. Und da er nicht wie z.B. der französische König seine Kassen durch den lukrativen Verkauf von Titeln und Ämtern füllen konnte, fand der hessische Fürst die Lösung seiner Finanznöte in einem Vertrag, der am 15. Januar 1776 unterzeichnet wurde: er "vermietete" tausende seiner Untertanen an die Briten, die dringend Soldaten für den Krieg gegen die aufständischen Kolonien in Nordamerika benötigten.
    Diese besondere Form des "Menschenhandels" hat diesen Duodezfürsten des Römisch Deutschen Reiches eher zu Unrecht zu einem Erzschurken abgestempelt, denn das "Vermieten" von Regimentern an andere Mächte war im Europa der Kabinettskriege zu dieser Zeit durchaus nicht unüblich. Dennoch wurden die "Hessen" zu einem Sammelbegriff für alle Soldtruppen, die die Royal Navy über den Atlantik transportierte, um ihre dortigen Untertanen zur Räson zu bringen. Bald fürchteten die amerikanischen Kolonisten die hessischen Regimenter fast noch mehr als ihre britischen Gegner, denn erstere galten als besonders gut ausgebildet und kampfkräftig.

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    Mittwoch, 1. März 2023, 16:04

    Texas Orte, die von Deutschen gegruendet wurden

    Eine gute Freundin von mir aus Duesseldorf besuchte 1995 ihre vor Jahrzehnten ausgewanderten Verwandten in Braunfels, Texas.
    Es gibt mehrere Orte in Texas, die von Deutschen gegruendet wurden.
    Angeblich gibt es ueber 20 Orte mit dem Namen Hamburg in den USA.

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    Dienstag, 14. März 2023, 19:59

    Braunfels

    Braunfels hab ich letztes Jahr besucht. Allerdings das in Hessen :D

    427

    Samstag, 18. März 2023, 09:39

    RE: Braunfels

    Armin, das wusste ich noch nicht, dass es in Hessen ein Braunfels gibt.

    Dann muessen die Hessen das Braunfels in Texas gegruendet haben.
    Meine Freundin und ihr Ex-Mann (dessen Vorfahren Glockengiesser waren) stammen seit Generationen aus der Eifel.
    Beide haben Vorfahren, die aus der Eifel nach Braunfels in Texas ausgewandert sind.
    Braunfels hab ich letztes Jahr besucht. Allerdings das in Hessen :D