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    Montag, 23. Januar 2023, 09:49

    Neulich in "meiner alten Straße"

    Neulich fuhr ich durch die Straße, in der ich meine Kindheit und einen Teil meiner Jugend verbracht habe. In meiner ersten Erinnerung war diese noch nicht einmal befestigt, Lastwagen hatten tiefe Spuren in der notdürftig gekiesten Straße hinterlassen. Es war eine Art "Neubaugebiet", Anfang der 60er. Um den Dreh meiner Einschulung herum waren aber alle Abwasserrohre und Leitungen verlegt , und die Straße war asphaltiert.

    Wenn es das Wetter auch nur halbwegs zuließ (nur bei Regen mussten wir "drin" bleiben, aber ob Schnee oder pralle Sonne, egal) , waren die Babyboomer auf der Straße. Diese war bemalt mit allen möglichen "Hüpfspielen", mit Kreide oder zur Not mit einem Stück Dachziegel auf den Asphalt gemalt. Wir Jungs spielten Fußball (obwohl es zwei Sportplätze am Ort gab), die Torpfosten waren Jacken oder Pullover, konnte man schnell wegräumen wenn mal ein Auto kam (vor 18 Uhr war das aber extrem unwahrscheinlich) , Mädchen waren beim Fußball "verboten" , die hatten auch kein Interesse, sondern spielten diese Hüpfspiele oder "Gummitwist" etc. In meiner Erinnerung war hier die Hölle los, Spielplatzatmosphäre (Spielplätze wurden erst später gebaut) , rufen, lachen, weinen, streiten und versöhnen, gern auch mal ein Kämpfchen. Ich erinnere mich noch gut an eine Mutter, die jeden Tag exakt um die gleiche Uhrzeit oben an der Kurve des Sträßchens erschien und mit lauter, knarziger Stimmer drei Namen rief. Danach kam ihre Warnung in bestem hessisch, sinngemäß "reinkommen, Vater kommt, wer noch auf der Straße ist bekommt eine Tracht Prügel" . Das war übrigens keine leere Drohung, die Kinder wurden noch mit Prügel "erzogen". Nomen est Omen, die hiesen Faust, und eine Faust hatte der Papa wohl im Krieg gelassen, an der Stelle schaute ein Haken aus dem Ärmel.

    Immerhin wussten auch wir anderen, was die Stunde geschlagen hat, und für die meisten hies das Kommando schlicht "essen kommen".

    Autos gab es so gut wie keine, zwei Bewohner der Straße hatten eins, die standen aber auf deren Grundstück.


    Da alles ging mir durch den Kopf, als ich im Schritttempo da lang rollte, zur besten "nach der Schule" Zeit. Der Asphalt ist den Verbundsteinen gewichen, schöne Muster in grau und rötlich. Es wurden "Buchten" abgetrennt, Bäume gepflanzt, zwischen denen nun unzählige Autos parken.

    Kinder hab ich keine gesehen.

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    Montag, 23. Januar 2023, 13:43

    Das Biotop, in dem wir großgeworden sind

    Zuletzt besucht habe ich die Gegend, in der ich großgeworden bin, wohl Anfang der 90er Jahre. Angedacht war damals, dort eine Immobilie zu erwerben, aber der Speckgürtel zwischen Düsseldorf und Köln lag preislich bereits zu dieser Zeit jenseits von Gut und Böse.
    In den 50er/60er Jahren sah das das noch anders aus. Aufgewachsen bin ich als Sohn einer Mieterfamilie in einem sogenannten "Lastenausgleichhaus", das einer Familie aus Pommern gehörte. Die Doppelhaushälften wurden in meinem Geburtsjahr erstellt, und gewohnt habe ich dort bis 1973. Die Siedlung lag am südlichen Rand der rheinischen Kleinstadt Hilden, und die dazugehörige Straße wurde erst ca. 1965 asphaltiert, als die gegenüberliegende Ackerfläche von Bauer Hamacher zu einem Neubaugebiet mit netten kleinen Reihenhäusern, den sog. "Holländerhäusern" (der Bauträger kam aus den Niederlanden), wurde. Erinnern kann ich mch noch an die Dampfwalze und an Teerflecken an meinen Füßen, die mühsam von meiner Mutter mit einem Lösungsmittel entfernt werden mußten. Auch sammelten wir eifrig leere Bierflaschen aus den Rohbauten, die damals noch beachtliche zwanzig Pfennig Pfand abwarfen. Was wiederum dem Preis einer Tüte mit "Winnetou"- Sammelbildern entsprach.
    Fast jede der in den Lastenausgleichhäusern wohnenden Familien hatte Kinder, wobei sich deren Zahl in Grenzen hielt. Ein bis zwei Sprößlinge waren die Regel, die Familie meiner Busenfreunde H. und S. hatten derer sechs, was wohl aber nicht geplant war, sondern m.W. daran lag, daß Mutter F. die Pille nicht gut vertrug. Praktisch alle dort wohnenden Mütter waren "nur" Hausfrauen, was zum einen damalige gesellschaftliche Konvention in einfacheren Kreisen war, zum anderen aber auch Ausdruck eines gewissen Status des Haushaltsvorstandes ("Ich kann die Familie alleine ernähren, meine Frau braucht nicht zu arbeiten"). Der Vorteil dieser "Arbeitsteilung" bestand zweifelsohne darin, daß die meisten Haushalte dieser Jahre wie aus dem Ei gepellt aussahen.
    Wenn wir nachmittags draußen spielten, war die einzige Vorgabe der Eltern, daß wir Sommers wie Winters um Punkt 18 Uhr wieder zum Abendbrot zuhause sein mußten, was den Vorteil hatte, daß wir die meisten interessanten TV- Serien der 60er Jahre wie "Abenteuer unter Wasser", "Sprung aus den Wolken", "Belphegor" usf. aus den regionalen Vorabendprogrammen mitbekamen.

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    Donnerstag, 26. Januar 2023, 11:30

    Reise in die Vergangenheit

    Im September/Oktober 2015 machten wir eine Deutschlandreise. Hatten nur einen Regentag.

    Teilweise schauten wir uns neue Orte an wie den atemberaubend schoenen Donaudurchbruch bei Kloster Weltenburg bei Kelheim oder das Dornroeschenschloss Sababurg, wo wir uebernachteten.
    Ausserdem diente die Reise dazu, meine Mutter und einige Freunde wie Erhard aka eiwennho zu treffen und an meinem ersten Klassentreffen in Braunschweig (nach 41 Jahren) teilzunehmen.
    Aber es war auch eine Reise in die Vergangenhheit.
    In Muenchen stiegen wir in der Roemerstrasse in Schwabing aus unserem Leihwagen, und ich knipste das erste Mietshaus, in dem ich von 1955 bis 1960 lebte von vorn und von hinten. Die grosse Dachterrasse vor der Kueche war noch da, an die ich mich auis meiner Kindheit erinnerte.
    Meine Eltern waren damals sehr arm. Mein Vater studierte noch als Werkstudent Medizin, nebenbei fuhr er Schlacke in einer Fabrik, verkaufte den Muenchner Abendkurier und machte Fotos von Berliner Touristen, die nach Muenchen kamen (von ihm erbte ich die Liebe zur Fotografie), die er selbst entwickelte.
    Meine Mutter arbeitete im Buero bei Siemens und ich war von Montag bis Samstag in der Kinderkrippe, denn damals gab es noch die fuercherliche Sechs Tage Arbeitswoche.
    Diese grosse Wohnung in der Roemerstrasse teilten wir uns mit anderen Studenten und Werktaetigen und meine fruehesten Erinnerungen gehen bis zu meinem 3. Lebensjahr zurueck. Im grossen Wohnzimmer meiner Eltern (wo sie auch schliefen, die Kueche teilten sie mit allen anderen) wurde abends oft zusammengesessen und geplaudert, und das hielt mich vom Einschlafen ab.
    Oder diese Erinnerung: ich lehne mit meiner Mutter in der Fensterbank und schaue 3 Etagen runter zu meinem Vater, der sich die Waden mit Zeitungspapier umwickelt, um sich auf dem Motorrad vor der Kaelte zu schuetzen (in den letzten beiden Muenchner Jahren arbeitete er als Kinderazt in einer Kindeerklinik in Kreuth). Dann winkt er uns zu, startet das Motorrad und faehrt davon.

    2015 waren wir auch in Treuchtlingen, das viele nur als Eisenbahnknotenpunkt kennen.

    Es liegt im Altmuehltal, und wir wohnten von 1960 bis 1962 am Fuss des Schlossbergs gegenueber vom Oberfoerster.

    Oben auf dem Berg war eine Schlossruine, die in meiner fruehen Kindheit noch zerstoert war, irgendwann vor 1993 aber wieder aufgebaut wurde (ich sah sie in restauriertem Zustand im Juni 1993, als mein eerster Ex-Mann und ich von einer Motorradreise nach Korsika ueber Treuchtlingen zurueck nach Hamburg fuhren).
    Mit Treuchtlingen verbinden sich besonders schoene Erinnerungen an meine Kindheit, denn dort wurde ich zum 1. Mal eingeschult, mit 6 Jahren, und traf in der Schule all die Freunde aus dem Kindergarten wieder.
    In Treuchtlingen hatte ich Ballettunterricht und ging zum 1. Mal ins Kino ("Lili" mit Leslie Caron und "Das Wirtshaus im Spessart", was bei mir eine lebenslange Begeisterung fuer Schloss Mespelbrunn ausloeste, das wir 2015 auch besuchten - leider darf man nicht in den Turm, in dem Carlos Thompson im Film uebernachtete, aber der Schwan schwimmt nach wie vor vor dem Schloss herum.
    Der Rest folgt in Teil 2.

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    Donnerstag, 26. Januar 2023, 11:49

    Reise in die Vergangenheit Teil 2

    Ausserdem trafen wir uns in Friedrichshafen/Bodensee mit einer alten Schulfreundin von mir, Uschi, die ich 2009 dank Recherche in stayfriends.de wiederfand, wo ihr Bruder ein Profil hat.
    Mit Uschi fuhren wir zu dem damaligen Miethaus ausserhalb von Friedrichshafen, gegenueber der Strasse, die zur ehemaligen franzoesischen Kaserne fuehrte. Im Hintergrund sieht man den Bodensee.
    Uschi fuehrte uns zur alten Volksschule und nach Schnetzenhausen, wo wir Spaetzle assen wie einst mit meinen Eltern.
    Als wir 1962 von Treuchtlingen nach Friedrichshafen umzogen, war ich erst 6 Jahre alt und musste in Friedrichshafen erneut eingeschult werden, weil man dort erst mit 7 Jahren zur Schule kommt.
    Der Schulweg war extrem lang und Schulbusse gab es ja in Germany nicht. Zum Glueck waren wir immer eine Gruppe von 5 oder 6 Kindern, so dass uns der Weg nicht ganz so lang vorkam. Vorbei ging es an den Schweizer Haeusern, in denen damals und auch heute noch Zigeuner wohnen.

    Und mit Uschi erkundeten wir auch das griechische Restaurant am Wasser, in dem sich zwischen 1962 und 1964 (als wir in Friedrichshafen lebten) das Café Romanshorn mit herrlichem Blick auf den Bodensee und die gegenueberliegende Schweiz befand. Dort ass ich oft Kuchen mit meinen Eltern.

    1964 bis 1983 lebte ich in Braunschweig (dann heiratete ich und zog nach Lippstadt in Westfalen). Am gluecklichsten waren die beiden Jahre in der Georg-Westermann-Allee (wir wohnten gegenueber vom Westermann Verlag) in der Naehe des Prinzenparks, wo ich jeden Samstag mit meinem Dackel die HOER ZU vom Kiosk im Park holte.
    Das Haus, in dem ich damals mit meinen Eltern, der Hausbesitzerin und einem alten Ehepaar lebte, ist unveraendert und es gibt nach wie vor den riesigen Garten dahinter. Nur meine Schaukel ist verschwunden.
    Der Wintergarten/Glasvorbau vor meinem ehemaligen Kinderzimmer existiert noch. Ich konnte durch diesen Wintergarten direkt in den Garten hinausgehen, und mein Dackel schlief als Welpe oft im Wintergarten in einem Hausschuh meines Vaters (sie war recht klein).
    Viele Freunde wohnten in den umliegenden Strasse wie in der Wilhelm-Raabe-Strasse oder der Herzogin-Elisabeth-Strasse direkt am Park.
    All das vermisste ich nach dem Umzug nach Broitzem am Stadtrand von Braunschweig, wo es mir weder ab Dezember 1966 gefallen hat noch heute. Aber meine Mutter liebt ihr Reihenhaus, und das ist die Hauptsache. :D
    Leider gab es in Broitzem keine Kinder in meinem Alter, alle anderen Hausbesitzer waren juenger als meine Eltern und hatten entweder noch keine Kinder oder nur Kleinkinder (ich war 11 Jahre alt).