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    Sonntag, 22. Oktober 2017, 12:35

    Beat- Club

    Aus der fernsehhistorischen Rückschau nach über 50 Jahren läßt sich heute ohne Übertreibung feststellen, daß das 1965 gestartete Format den musikalischen Unterhaltungsbereich des öffentlich- rechtlichen Fernsehens der 60er Jahre revolutionierte.
    Während in den frühen 60ern deutsche Schlagermusik durch die meisten öffentlich- rechtlichen Rundfunk- und Fernsehsender, u.a. durch "Musik aus Studio B", durchaus in ausreichendem Umfang zur Geltung kam, herrschte bei zeitgenössischer anglo- amerikanischer Popmusik in diesen Medien meist gähnende Leere, so daß viele deutsche Jugendliche und junge Erwachsene dieser Jahre zu Konkurrenzmedien wie den alliierten Soldatensendern AFN, BFN/ BFBS oder zu Radio Luxemburg abwanderten. Auch die ersten Piratensender kamen in dieser Zeit auf.
    Diesen Trend hatte man auch zumindest in einigen Entscheidungsgremien der ARD erkannt und man begann mit der Planung eines Samstagnachmittag- Formats "vor der Sportschau", das diese Unterhaltungslücke schließen sollte.
    Heraus kam der von dem Bremer Discjockey Gerd Augustin und dem Regisseur "Mike" Leckebusch konzipierte "Beat- Club". Über 30 Minuten Sendezeit sollten diverse Gruppen live oder per Playback englischsprachige Songs unter Anwesenheit dazu tanzender Jugendlicher und Go-Go Girls (die 1969 abgeschafft wurden) zum Besten geben. Auch spezielle Jingles wurden für dieses Format erstmalig in der deutschen Fernsehgeschichte entwickelt.
    Leckebusch war eigentlich eher ein Spezialist für Jazzmusik, ging aber dennoch mit großem Enthusiasmus an seine neue Aufgabe heran. Zur Moderatorin und Kultfigur der Sendung wurde die damalige Architekturstudentin Uschi Nerke,die 1965/66 in den ersten acht Sendungen noch von Gerd Augustin unterstützt wurde.
    Zu Beginn von Folge 1, die am 25. September 1965 auf Sendung ging, sah die ARD noch erhöhten Erklärungsbedarf insbesondere gegenüber ihren älteren Zuschauern, so daß der überaus seriös wirkende Wilhelm Wieben fast entschuldigend erläutern mußte: "Sie aber, meine Damen und Herren, die Sie Beat- Musik vielleicht nicht mögen, bitten wir um Verständnis: es ist eine Live- Sendung mit jungen Leuten für junge Leute. Und nun geht´s los..."
    Los ging es tatsächlich, allerdings hatte Radio Bremen anfangs Probleme, hochkarätigere britische Gruppen für das neue Format zu gewinnen, so daß zunächst unbekanntere Formationen diese Lücken füllen mußten, z.B. die heute weitgehend vergessenen Bremer Lokalgrößen "The Yankees" mit dem Hit "Tequila".
    Bald lud man jedoch auch aktuell durch Deutschland tourende britische Bands ein, da sich der phänomenale Erfolg der Sendung herumgesprochen hatte und Musikmanager das enorme Werbepotential derartiger Auftritte für den wichtigen deutschen Markt erkannten. Ab 1967 las sich die Liste der im "Beat- Club" auftretenden Gruppen beinahe wie ein "Who is Who" der Rock- und Popgeschichte der 60er und frühen 70er Jahre: Jimmy Hendrix, The Hollies, The Beach Boys, Eric Clapton, Joe Cocker, The Rolling Stones u.v.a.; alle traten irgendwann in diesem bundesdeutschen Erfolgsformat auf, das immer noch von Uschi Nerke moderiert wurde, die mit Minirock und Lackstiefeln auch zur Trendsetterin für aktuelle Modeerscheinungen wurde.
    Aufgrund des großen Erfolgs verdoppelte man im Herbst 1968 die Sendezeit auf eine Stunde. Das Format hatte deutschlandweit zu dieser Zeit ziemlich konstant um die zehn Millionen meist jugendlicher Zuschauer und wurde weltweit in rund fünfzig Länder exportiert.
    Im Zuge der 68er Kulturrevolution wurde der "Beat- Club" zunehmend politischer, mutiger und frecher. Ergänzt wurde das Format nun durch Umfragen, Interviews und Kurzbeiträge zu aktuellen Themen sowie selbst durch Satire: " Wenn Springer mal rülpst, rattern alle Fernschreiber- da, ein Langhaariger !".
    In den Jahren nach der Einführung des deutschen Farbfernsehens änderte sich ab 1970, als auch der "Beat- Club" in Farbe gesendet wurde, nochmals der Charakter der Sendung. Eingetaucht in teils übertrieben verwendete psychedelische Farbeffekte, traten immer häufiger experimentelle Jazz- Rock Formationen auf, die immer weniger den Massengeschmack der Jugendlichen bedienten und mehr ein Nischenpublikum ansprachen. Dies mag letztendlich dazu geführt haben, daß im Dezember 1972 nach 82 Sendungen der "Beat- Club" endgültig seine Pforten schließen mußte. Ersetzt wurde er durch das Nachfolgeformat "Musikladen", das wiederum von Uschi Nerke und Manfred Sexauer moderiert wurde.
    Seit März 2009 ist eine DVD- Edition auf dem Markt, die fast sämtliche "Beat- Club"- Sendungen in voller Länge beinhaltet und die für alle nostalgischen Fans der Sendung unverzichtbar sein dürfte.
    Mir selbst war als Jahrgang 1957 das Format und seine attraktive Moderatorin in der zweiten Hälfte der 60er zwar nicht unbekannt, reingeschaut habe ich damals aber eher sporadisch, da mich Popmusik erst in den frühen 70ern ernsthaft zu interessieren begann und der "Beat- Club" zu dieser Zeit fast schon Geschichte war :| .

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    Montag, 21. November 2022, 00:59

    RE: Beat- Club

    1964 hoerte ich mir noch Schnulzen von Roy Black und Drafi Deutscher an wie alle anderen in der Volksschule.
    Das aenderte sich schnell, als mein Vater eingriff und den Knopf meines altmodischen Radios vom Deutschlandfunk auf BFBS weiterdrehte, wo die Top 20 lief.
    Die Beatles, Stones, Led Zeppelin brachten mich von den deutschen Schlagern weg und hin zur britischen Popmusik und Rock. Meinem Vater sei's gedankt! :)
    Den Beat-Club habe ich fast nie verpasst, da er samstagnachmittag lief.
    Aus der fernsehhistorischen Rückschau nach über 50 Jahren läßt sich heute ohne Übertreibung feststellen, daß das 1965 gestartete Format den musikalischen Unterhaltungsbereich des öffentlich- rechtlichen Fernsehens der 60er Jahre revolutionierte.
    Während in den frühen 60ern deutsche Schlagermusik durch die meisten öffentlich- rechtlichen Rundfunk- und Fernsehsender, u.a. durch "Musik aus Studio B", durchaus in ausreichendem Umfang zur Geltung kam, herrschte bei zeitgenössischer anglo- amerikanischer Popmusik in diesen Medien meist gähnende Leere, so daß viele deutsche Jugendliche und junge Erwachsene dieser Jahre zu Konkurrenzmedien wie den alliierten Soldatensendern AFN, BFN/ BFBS oder zu Radio Luxemburg abwanderten. Auch die ersten Piratensender kamen in dieser Zeit auf.
    Diesen Trend hatte man auch zumindest in einigen Entscheidungsgremien der ARD erkannt und man begann mit der Planung eines Samstagnachmittag- Formats "vor der Sportschau", das diese Unterhaltungslücke schließen sollte.
    Heraus kam der von dem Bremer Discjockey Gerd Augustin und dem Regisseur "Mike" Leckebusch konzipierte "Beat- Club". Über 30 Minuten Sendezeit sollten diverse Gruppen live oder per Playback englischsprachige Songs unter Anwesenheit dazu tanzender Jugendlicher und Go-Go Girls (die 1969 abgeschafft wurden) zum Besten geben. Auch spezielle Jingles wurden für dieses Format erstmalig in der deutschen Fernsehgeschichte entwickelt.
    Leckebusch war eigentlich eher ein Spezialist für Jazzmusik, ging aber dennoch mit großem Enthusiasmus an seine neue Aufgabe heran. Zur Moderatorin und Kultfigur der Sendung wurde die damalige Architekturstudentin Uschi Nerke,die 1965/66 in den ersten acht Sendungen noch von Gerd Augustin unterstützt wurde.
    Zu Beginn von Folge 1, die am 25. September 1965 auf Sendung ging, sah die ARD noch erhöhten Erklärungsbedarf insbesondere gegenüber ihren älteren Zuschauern, so daß der überaus seriös wirkende Wilhelm Wieben fast entschuldigend erläutern mußte: "Sie aber, meine Damen und Herren, die Sie Beat- Musik vielleicht nicht mögen, bitten wir um Verständnis: es ist eine Live- Sendung mit jungen Leuten für junge Leute. Und nun geht´s los..."
    Los ging es tatsächlich, allerdings hatte Radio Bremen anfangs Probleme, hochkarätigere britische Gruppen für das neue Format zu gewinnen, so daß zunächst unbekanntere Formationen diese Lücken füllen mußten, z.B. die heute weitgehend vergessenen Bremer Lokalgrößen "The Yankees" mit dem Hit "Tequila".
    Bald lud man jedoch auch aktuell durch Deutschland tourende britische Bands ein, da sich der phänomenale Erfolg der Sendung herumgesprochen hatte und Musikmanager das enorme Werbepotential derartiger Auftritte für den wichtigen deutschen Markt erkannten. Ab 1967 las sich die Liste der im "Beat- Club" auftretenden Gruppen beinahe wie ein "Who is Who" der Rock- und Popgeschichte der 60er und frühen 70er Jahre: Jimmy Hendrix, The Hollies, The Beach Boys, Eric Clapton, Joe Cocker, The Rolling Stones u.v.a.; alle traten irgendwann in diesem bundesdeutschen Erfolgsformat auf, das immer noch von Uschi Nerke moderiert wurde, die mit Minirock und Lackstiefeln auch zur Trendsetterin für aktuelle Modeerscheinungen wurde.
    Aufgrund des großen Erfolgs verdoppelte man im Herbst 1968 die Sendezeit auf eine Stunde. Das Format hatte deutschlandweit zu dieser Zeit ziemlich konstant um die zehn Millionen meist jugendlicher Zuschauer und wurde weltweit in rund fünfzig Länder exportiert.
    Im Zuge der 68er Kulturrevolution wurde der "Beat- Club" zunehmend politischer, mutiger und frecher. Ergänzt wurde das Format nun durch Umfragen, Interviews und Kurzbeiträge zu aktuellen Themen sowie selbst durch Satire: " Wenn Springer mal rülpst, rattern alle Fernschreiber- da, ein Langhaariger !".
    In den Jahren nach der Einführung des deutschen Farbfernsehens änderte sich ab 1970, als auch der "Beat- Club" in Farbe gesendet wurde, nochmals der Charakter der Sendung. Eingetaucht in teils übertrieben verwendete psychedelische Farbeffekte, traten immer häufiger experimentelle Jazz- Rock Formationen auf, die immer weniger den Massengeschmack der Jugendlichen bedienten und mehr ein Nischenpublikum ansprachen. Dies mag letztendlich dazu geführt haben, daß im Dezember 1972 nach 82 Sendungen der "Beat- Club" endgültig seine Pforten schließen mußte. Ersetzt wurde er durch das Nachfolgeformat "Musikladen", das wiederum von Uschi Nerke und Manfred Sexauer moderiert wurde.
    Seit März 2009 ist eine DVD- Edition auf dem Markt, die fast sämtliche "Beat- Club"- Sendungen in voller Länge beinhaltet und die für alle nostalgischen Fans der Sendung unverzichtbar sein dürfte.
    Mir selbst war als Jahrgang 1957 das Format und seine attraktive Moderatorin in der zweiten Hälfte der 60er zwar nicht unbekannt, reingeschaut habe ich damals aber eher sporadisch, da mich Popmusik erst in den frühen 70ern ernsthaft zu interessieren begann und der "Beat- Club" zu dieser Zeit fast schon Geschichte war :| .

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    Montag, 21. November 2022, 13:05

    Uschi Nerke

    Zweifellos war die 1944 im Sudetenland geborene Architekturstudentin Uschi Nerke so etwas wie die "Seele des Beat- Clubs". Für die damals zuschauenden Jungs war sie ein optischer Blickfang, fachlich meist auf der Höhe und für die Mädels nicht zuletzt eine Art "role model", vor allem durch ihre Minikleider, die sie selbst entwarf und nähte.
    In der Nachfolgesendung "Musikladen" war sie zwischen 1972 und 1978 zusammen mit Manfred Sexauer moderierend vor der Kamera. Dafür erhielt der Pionier weiblicher Musikmoderation im Jahre 1975 in der Kategorie "Fernsehmoderatorin" den "Bravo Otto" in Gold und ein Jahr später den "Fernsehstar" in Bronze. Nach ihrer aktiven Fernsehzeit nahm Uschi Nerke das "Beat- Club"- Konzept mit ins Radio und moderierte die Sendung bis 2013 bei "Bremen Eins", wo das Format nach meinen Informationen auch heute noch seinen festen Programmplatz hat. Im Jahre 2018 führte "Radioszene" (im Netz abrufbar) ein ausführliches Interview mit Uschi Nerke, das hier in Auszügen wiedergegeben werden soll.
    R: Wann hatten sie damals erste Berührungen mit dem Showgeschäft ?
    N: Ich lebte damals noch bei meinen Eltern in der Kornstraße in Bremen. Einige Häuserblocks weiter gab es einen sogenannten Jugendclub. Dort befand sich auch ein junger Mann, mit dem ich gelegentlich zusammen sang, bis wir sogar Einladungen von verschiedenen Einrichtungen wie Seniorenheimen bekamen und dort dann Musik machten. Eines Tages stand dann ein Mann vor mir, der mich fragte, ob ich nicht mal eine Schallplatte machen wollte. Ich war natürlich hin und weg und sagte zu. Zum ersten Mal stand ich dann in einem Aufnahmestudio und erlebte, wie die Musik meiner Songs von einem Orchester eingespielt wurde ! Und wer war dieser Mann, der dies alles ermöglichte ? Er hieß Hans Hee, war ein unglaublich netter Typ und war unter anderem der Entdecker von Heintje, Ronny und anderen. Durch diese Schallplattenproduktion hatte ich 1964 einige Auftritte im Fernsehen, wie zum Beispiel der "ZDF Drehscheibe" oder der "Billy Mo Show". Und ab da wußte ich: wenn an der Kamera das rote Licht anging, mußte ich gute Laune zeigen.
    R: Und wer hat Sie für das Fernsehen entdeckt ?
    N: 1965 kam Rudi Carrell zu Radio Bremen und bereitete seine Shows vor. Schon damals arbeitete er mit Mike Leckebusch zusammen und wußte auch, daß Mike eine eigene Show plante- den "Beat Club" ! Als nun Rudi meine Platte vorgestellt wurde, war er nicht so sehr begeistert, ging aber zu Mike Leckebusch und sagte zu ihm: "Bei mir kann sie nicht singen, aber ich glaube, bei Dir kann sie ansagen. Schau sie Dir mal an!" Kurz darauf klingelte bei mir das Telefon, ich traf daraufhin Mike und nach einer kurzen Weile hatte ich den Job.
    R: In den 1960ern sorgten sie in Deutschland als erste Moderatorin in einer Beat- Show im Fernsehen für Gesprächsstoff. Nicht wenige schauten die Sendung wegen Uschi Nerke und weniger wegen der Musik. Wie sehen sie heute im Rückblick ihre Rolle bei "Beat- Club" und "Musikladen" ?
    N: Als im September 1965 der erste "Beat Club" gesendet wurde, hatte ich gerade mein erstes Studium an der Kunsthochschule in Bremen als Architektin abgeschlossen und begann mein zweites Studium an der Hochschule für Technik, das ich sechs Semester später, also 1968, als Diplom- Ingenieur abschloß. Gleichzeitig machte ich noch eine Ausbildung zur Bauzeichnerin, sowie Praktika als Maurer und Tischler... Das war die eine Seite meines Lebens. Und ab 1965 stand ich nun auch noch einmal im Monat im Studio und sagte im "Beat- Club" die Bands an. Das war eine unglaubliche Abwechslung...Ich hatte damals keine Zeit für ernsthaftes Nachdenken- ich weiß nur noch, daß ich total begeistert war, daß ich diesen Job hatte- und das hat bis heute gehalten !
    R: Während einer Livesendung im Fernsehen in den Jahren 1966/67 sollen Sie wegen eines Kraftausdrucks vom Sender sogar abgemahnt worden sein. Was hatten Sie damals Schlimmes gesagt ?
    N: Ja, ich kann mich erinnern...Wie lange ich allein diesen bescheuerten Bandnamen "Dave Dee, Dozy, Beaky, Mick & Tich" auswendig lernen mußte- es war unglaublich. Aber ich hab ihn ohne zu stottern aufgesagt ! Bei den Seekers dagegen war es anders. Der Bandname fiel mir noch ein, aber bei dem Songtitel war alles weg und ich sagte live in die Kamera: "Verdammte Scheiße- mir fällt der Titel nicht ein !" Natürlich gab es danach eine Abmahnung, aber es ist auch nie wieder vorgekommen.

    www.youtube.com/watch?v=cu8gsjb9Mpo
    www.youtube.com/watch?v=VMzoVYcJHyQ

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    Montag, 21. November 2022, 13:12

    RE: Uschi Nerke

    Tolle Geschichte. Die kannte ich noch nicht.
    Zweifellos war die 1944 im Sudetenland geborene Architekturstudentin Uschi Nerke so etwas wie die "Seele des Beat- Clubs". Für die damals zuschauenden Jungs war sie ein optischer Blickfang, fachlich meist auf der Höhe und für die Mädels nicht zuletzt eine Art "role model", vor allem durch ihre Minikleider, die sie selbst entwarf und nähte.
    In der Nachfolgesendung "Musikladen" war sie zwischen 1972 und 1978 zusammen mit Manfred Sexauer moderierend vor der Kamera. Dafür erhielt der Pionier weiblicher Musikmoderation im Jahre 1975 in der Kategorie "Fernsehmoderatorin" den "Bravo Otto" in Gold und ein Jahr später den "Fernsehstar" in Bronze. Nach ihrer aktiven Fernsehzeit nahm Uschi Nerke das Beat- Club"- Konzept mit ins Radio und moderierte die Sendung bis 2013 bei "Bremen Eins", wo das Format nach meinen Informationen auch heute noch seinen festen Programmplatz hat. Im Jahre 2018 führte "Radioszene" (im Netz abrufbar) ein ausführliches Interview mit Uschi Nerke, das hier in Auszügen wiedergegeben werden soll.
    R: Wann hatten sie damals erste Berührungen mit dem Showgeschäft ?
    N: Ich lebte damals noch bei meinen Eltern in der Kornstraße in Bremen. Einige Häuserblocks weiter gab es einen sogenannten Jugendclub. Dort befand sich auch ein junger Mann, mit dem ich gelegentlich zusammen sang, bis wir sogar Einladungen von verschiedenen Einrichtungen wie Seniorenheimen bekamen und dort dann Musik machten. Eines Tages stand dann ein Mann vor mir, der mich fragte, ob ich nicht mal eine Schallplatte machen wollte. Ich war natürlich hin und weg und sagte zu. Zum ersten Mal stand ich dann in einem Aufnahmestudio und erlebte, wie die Musik meiner Songs von einem Orchester eingespielt wurde ! Und wer war dieser Mann, der dies alles ermöglichte ? Er hieß Hans Hee, war ein unglaublich netter Typ und war unter anderem der Entdecker von Heintje, Ronny und anderen. Durch diese Schallplattenproduktion hatte ich 1964 einige Auftritte im Fernsehen, wie zum Beispiel der "ZDF Drehscheibe" oder der "Billy Mo Show". Und ab da wußte ich: wenn an der Kamera das rote Licht anging, mußte ich gute Laune zeigen.
    R: Und wer hat Sie für das Fernsehen entdeckt ?
    N: 1965 kam Rudi Carrell zu Radio Bremen und bereitete seine Shows vor. Schon damals arbeitete er mit Mike Leckebusch zusammen und wußte auch, daß Mike eine eigene Show plante- den "Beat Club" ! Als nun Rudi meine Platte vorgestellt wurde, war er nicht so sehr begeistert, ging aber zu Mike Leckebusch und sagte zu ihm: "Bei mir kann sie nicht singen, aber ich glaube, bei Dir kann sie ansagen. Schau sie Dir mal an!" Kurz darauf klingelte bei mir das Telefon, ich traf daraufhin Mike und nach einer kurzen Weile hatte ich den Job.
    R: In den 1960ern sorgten sie in Deutschland als erste Moderatorin in einer Beat- Show im Fernsehen für Gesprächsstoff. Nicht wenige schauten die Sendung wegen Uschi Nerke und weniger wegen der Musik. Wie sehen sie heute im Rückblick ihre Rolle bei "Beat- Club" und "Musikladen" ?
    N: Als im September 1965 der erste "Beat Club" gesendet wurde, hatte ich gerade mein erstes Studium an der Kunsthochschule in Bremen als Architektin abgeschlossen und begann mein zweites Studium an der Hochschule für Technik, das ich sechs Semester später, also 1968, als Diplom- Ingenieur abschloß. Gleichzeitig machte ich noch eine Ausbildung zur Bauzeichnerin, sowie Praktika als Maurer und Tischler... Das war die eine Seite meines Lebens. Und ab 1965 stand ich nun auch noch einmal im Monat im Studio und sagte im "Beat- Club" die Bands an. Das war eine unglaubliche Abwechslung...Ich hatte damals keine Zeit für ernsthaftes Nachdenken- ich weiß nur noch, daß ich total begeistert war, daß ich diesen Job hatte- und das hat bis heute gehalten !
    R: Während einer Livesendung im Fernsehen in den Jahren 1966/67 sollen Sie wegen eines Kraftausdrucks vom Sender sogar abgemahnt worden sein. Was hatten Sie damals Schlimmes gesagt ?
    N: Ja, ich kann mich erinnern...Wie lange ich allein diesen bescheuerten Bandnamen "Dave Dee, Dozy, Beaky, Mick & Tich" auswendig lernen mußte- es war unglaublich. Aber ich hab ihn ohne zu stottern aufgesagt ! Bei den Seekers dagegen war es anders. Der Bandname fiel mir noch ein, aber bei dem Songtitel war alles weg und ich sagte live in die Kamera: "Verdammte Scheiße- mir fällt der Titel nicht ein !" Natürlich gab es danach eine Abmahnung, aber es ist auch nie wieder vorgekommen.