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    Sonntag, 23. Mai 2021, 21:17

    Manuela oder: Über die Abgründe des Showbiz

    Die in den 60er Jahren enorm populäre Schlagersängerin dürfte "mein erster großer Schwarm" gewesen sein. Ich kann mich noch lebhaft daran erinnern, wie ich als damals zehn- bis zwölfjähriger Bengel anläßlich eines vorweihnachtlichen Einkaufsbummels mit meinen Eltern in der "Hohen Straße" von Köln einige Vinylsingles von Manuela in einem Kaufhaus entdeckte. Trotz allen Bittens und Bettelns gelang es mir damals nicht, meine Mutter zum Kauf wenigstens einer der von mir damals heißbegehrten Scheiben zu überreden.
    Dabei blieb es auch, zumal in den Folgejahren andere Musik in den Mittelpunkt meines Interesses rückte.
    Mittlerweile ist es bereits zwanzig Jahre her, daß Manuela viel zu früh von uns gegangen ist. Inzwischen erhebt ihr Bruder Klaus Dittmer erneut schwere Vorwürfe gegen das ZDF und rückt damit einen Bestechungsskandal in den Vordergrund, der 1977 hohe Wellen schlug und damals zu einem jähen Abbruch von Manuela´s gesanglicher Karriere in Deutschland führte.
    Alles begann mit einem Artikel der Programmzeitschrift "GONG" vom Februar 1977 unter dem Titel "Manuela enthüllt Bestechungsskandal: ZDF- Redakteur nahm Schmiergeld". Damit begann eine juristische Schlammschlacht, die sich über einige Jahre hinziehen sollte. Im Mittelpunkt der Vorwürfe stand ein gewisser Dieter Weber, der als damaliger Mitarbeiter der "ZDF- Hitparade" die stolze Summe von zwanzigtausend DM verlangt haben sollte, damit die Schlagersängerin einen der begehrten Auftritte bei Dieter Thomas Heck erhielt. Klaus Dittmer beschuldigte nun das ZDF, sich aus undurchsichtigen Gründen damals voll hinter den Redakteur Dieter Weber gestellt zu haben, anstatt sich um eine vorbehaltlose Aufklärung der Anschuldigungen zu bemühen. Stattdessen verklagte der Sender die Schlagersängerin wegen Verleumdung und gewann den Prozeß letztendlich in zweiter Instanz. Damit war die einst glanzvolle Karriere von Manuela weitgehend beendet, da diese sich nun einem beispiellosen Medienboykott ausgesetzt sah, der ihr in Deutschland weder weitere Auftritte noch Rechtfertigungsmöglichkeiten bot.
    Zum Star wurde Manuela alias Doris Wegener, so ihr bürgerlicher Name, im Jahre 1963 mit dem deutschen Megahit "Schuld war nur der Bossa Nova". Im weiteren Verlauf ihrer Karriere verkaufte sie mehr als zwanzig Millionen Tonträger und war damit eine der erfolgreichsten deutschen Künstlerinnen ihrer Zeit. Infolge unterschrieb sie 1973 einen Plattenvertrag über zwei Millionen DM (!) Garantiegage und wurde zu einer Teenager- Ikone. Doch nach dem verlorenen Prozeß gegen das ZDF verschwand Manuela praktisch über Nacht aus sämtlichen Medien und in den Folgejahren auch immer mehr aus dem Gedächtnis der Schlagerfans, noch zusätzlich befördert durch die zunehmende Krise des deutschen Schlagers in diesen Jahren. Eine Übersiedlung in die USA brachte der Sängerin in der Folgezeit nicht den ersehnten Neubeginn ihrer Gesangskarriere.
    Ihr Bruder räumt dem ZDF bis heute eine Mitschuld daran ein, daß die Karriere seiner Schwester ins Stocken geriet: "Der über Jahre andauernde Ärger und die späteren finanziellen Schwierigkeiten haben Manuelas Gesundheit und ihr Immunsystem so geschwächt, daß sie den Kampf gegen den Krebs verlor und so früh sterben mußte". Die einstmals äußerst populäre Schlagersängerin starb 2001 im Alter von nur 57 Jahren an einem Mundhöhlenkarzinom. Ein bösartiger Tumor, bei dem die statistische Überlebensrate bei Frauen mit 53 % beziffert wird. Die Hauptrisikofaktoren für diese Erkrankung sind chronischer Tabak- und Alkoholmißbrauch. Ihr Bruder berichtet, daß Manuela in ihren späten Jahren zwar sehr viel geraucht, aber Alkohol eher "in Maßen" getrunken habe.
    Für die Verwerfungen ist allerdings nicht allein das ZDF verantwortlich zu machen. Klaus Dittmer kritisiert u.a. die katastrophalen Fehlleistungen von Manuelas damaligem Manager Werner Frey auf das Schärfste. Der 1993 verstorbene Frey habe Manuelas in den 80er Jahren durchaus noch vorhandenes Millionenvermögen außerordentlich schlecht verwaltet und zum größten Teil verspielt, so Dittmer. In den USA blieb der Sängerin der durchschlagende Erfolg versagt, auch wenn sie zahlreiche Shows im bekannten "Dunes Hotel" in Las Vegas bestritt sowie in der "Joey Bishop- Show" auftrat.
    In den frühen 90er Jahren kehrte Manuela nach Deutschland zurück, nachdem sich der Rummel um ihre Person und die anschließende Medienblockade einigermaßen gelegt hatten. Tatsächlich kam es zwischen der Sängerin und dem ZDF zu einer Art Versöhnung. 1992 erhielt Manuela eine eher kleine Rolle in dem Fernsehfilm "Schuld war nur der Bossa Nova", in dem Jürgen Vogel und Muriel Baumeister die Hauptrollen spielten. Zu einem nachhaltigen Neubeginn ihrer Karriere in Deutschland verhalf ihr dies allerdings nicht. Aufgrund des weitgehenden Verlustes ihres Vermögens sah sich Manuela in den Folgejahren gezwungen, u.a. auf Betriebs-, Volks- und Oldiefesten aufzutreten, um sich finanziell über Wasser halten zu können.
    Nachdem Manuela einige Jahre zurückgezogen im niederländischen Linne und in der belgischen Kleinstadt Welkenraedt gelebt hatte, zog es sie zurück nach Berlin, wo sie ein Haus in der Nähe ihrer Eltern bewohnte.
    Manuela verstarb am 13. Februar 2001 in einem Krankenhaus in Spandau. Dieter Weber, dem von Manuela Bestechlichkeit vorgeworfen wurde, blieb auch nach dem ZDF- Skandal weiter beim Sender beschäftigt. Er verstarb einige Jahre nach dem Prozeß um die angeblichen Schmiergelder.

    www.youtube.com/watch?v=o-rm8KF9H2o
    www.youtube.com/watch?v=sEb7EtNF6YY

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    Dienstag, 25. Mai 2021, 18:49

    Doris Wegener, alias Manuela, war auch die Leadsängerin der ersten deutschen Mädchenband, den Tahiti Tamoures. Der Name stammt von dem Tanz Tamoure ab, dessen Ursprünge auf Tahiti und den Cook-Insel liegen. Einer ihrer großen Hits war Wini-Wini. Manuelas bekannter Schlager "Schuld war nur der Bossa Nova" stand eine Zeit lang auf den Index des Bayerischen Rundfunks. Schuld war die Zeile: "Doch am nächsten Tag fragte die Mama: Kind, warum warst du erst heut morgen da?" Dem wachsamen Auge (oder Ohr) der strengen Moralhüter von damals entging nichts.

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    Dienstag, 25. Mai 2021, 22:06

    Was war dran an den Anwürfen Manuelas gegenüber dem ZDF ?

    Die obige Frage schlüssig zu beantworten, ist aus heutiger Sicht nahezu unmöglich, da praktisch alle wesentlichen Akteure aus dieser Zeit nicht mehr unter uns weilen. Für die Richtigkeit der Aussagen Manuelas spricht, daß sie das darauffolgende Gerichtsverfahren zumindest in erster Instanz gewann.
    Oder handelte es sich um einen Racheakt der damals bereits nicht mehr ganz auf dem Gipfel ihrer Popularität stehenden Schlagersängerin ? Vermutlich werden wir die exakte Wahrheit nie erfahren. Fest steht, daß die damaligen Entscheidungsträger des öffentlich- rechtlichen Fernsehens bisweilen ihre liebe Not mit der sehr erfolgreichen, attraktiven Berlinerin hatten.
    Anfang 1970 bewarb sich Manuela auf Initiative ihrer Plattenfirma zur deutschen Nominierung des "Grand Prix Eurovision de la Chanson". Wesentlicher Entscheidungsträger für die Kandidatenauswahl war damals ein gewisser Hans- Otto Grünefeldt, seines Zeichens Programmdirektor des Hessischen Rundfunks, der gleichzeitig der deutschen Auswahlkommission für den "Grand Prix 1970" vorstand. Aus nicht ganz nachvollziehbaren Gründen lehnte die Kommission die Bewerbung Manuelas ab.
    Manuelas Plattenfirma Telefunken- Decca "revanchierte" sich umgehend durch die deutsche Interpretation des 1970er Grand Prix- Siegertitels "All Kinds of Everything", gesungen von Dana, der Manuela im Mai 1970 prompt auf Platz eins der ZDF- Hitparade unter Dieter Thomas Heck katapultierte. Es wäre durchaus denkbar, daß sich aus dieser Abfolge von "Ereignissen" einige der damaligen öffentlich- rechtlichen Entscheidungsträger düpiert fühlten und sich daraus Tendenzen entwickelten, die erfolgreiche Sängerin zumindest aus dem sehr werbewirksamen Segment "Fernsehen" herauszuhalten. Denn Privatsender, die derartiges hätten kompensieren können, lagen damals noch in weiter Ferne.
    Wir wissen es nicht. Abhilfe brächte allenfalls ein investigativer Journalismus bei den letzten Zeitzeugen, die sich damals im Umfeld der entsprechenden Entscheidungsträger aufhielten und dadurch "einiges mitbekamen", z.B. Sekretärinnen, Verwaltungsangestellte oder Redakteure.