Keine 40 Jahre spaeter durfte ich nun in den USA mehrmals aus erster Hand miterleben, wie
die Amis ihre Kinder verwoehnen, was ich eher bedenklich finde, denn wie
sollen die sich mal in der rauhen Wirklichkeit im College und
anschliessend im Berufsleben zurechtfinden, wo sich nicht mehr alles um
sie dreht?
Mein Neffe (das war waehrend meiner zweiten frueheren Ehe) war
lange das Einzelkind meiner Schwaegerin und ihres Mannes, bis sie
nochmal schwanger wurde (wieder ein Junge), und ich staunte nicht
schlecht, wenn wir an Weihnachten von Maine nach Massachusetts zur
Schwiegermutter fuhren, die ebenfalls im Haus der Tochter lebte.
Meine Schwaegerin verwoehnte ihren Sohn masslos, und 25 bis 30
Weihnachtsgeschenke fuer Tyler waren Standard. Und es waren nicht etwa nuetzliche
Geschenke wie damals bei uns, sondern ausschliesslich Buecher und
Spielzeug und elektronische Pokemon Spiele (ich weiss, mit 46 Jahren
haette ich reif genug sein sollen, um nicht neidisch zu werden auf diese
vielen herrlichen Geschenke, aber ich konnte es mir nicht verkneifen).
Im November 2005 wurde ich in Abwesenheit in Maine geschieden, hatte
aber schon dank matchmaker einen neuen Freund in Massachusetts, Mark,
der geschieden war und einen 6 jaehrigen Sohn hatte, Jason. Ich war seit
August 2005 mit ihm zusammen, nachdem mir mein zweiter Ex-Ehemann an
Weihnachten 2004 eroeffnet hatte, er liesse sich scheiden, weil ich mich
weigerte, in besagter Schuhfabrik in Skowhegan Nachtschicht zu
arbeiten.
Jason verbrachte die Wochenenden beim Vater, und lebte unter der Woche
bei der wesentlich juengeren Mutter (die ich nie kennenlernte).
Natuerlich sah der Kleine mich zunaechst als Eindringling an, aber da
ich recht gut mit Gutenacht Geschichten vorlesen bin, wurde ich nach
einigen Wochen akzeptiert.
Leider fand ich mittlerweile im Keller von Mark's Haus immer mehr
grosse, geleerte und ganz offensichtlich vor mir versteckte 2 Liter
Rotweinflaschen, was auch die Aggressivitaet meines Freundes erklaerte,
der recht streitsuechtig wurde, sobald er viel getrunken hatte.
Schliesslich kapierte ich, dass er Alkoholiker war.
Anyway, um Jason's Weihnachten nicht zu verderben, beschlossen wir
Anfang Dezember, noch bis Weihnachten den Schein vor seinem kleinen Sohn
zu wahren, und zusammen zu bleiben, aber ab Ende Dezember wuerde ich
mir dann eine Mietwohnung suchen.
Ich hatte seit 5.12.05 einen festen Job, arbeitete in einem Call Center
im Grossraum Boston, Massachusetts, wo ich 80 Leute pro Stunde anrufen musste -
das wurde lausig bezahlt.
Weihnachten 2005 kam heran, wir schmueckten den Baum, Mark's Mutter
und Schwester kamen aus Texas zu uns geflogen, und alles war friedlich
und schoen.
Ich staunte Baukloetze, wieviele Geschenke dieser kleine Knirps bekam!!!
Bei 40 Geschenken hoerte ich auf zu zaehlen. Und auch hier nur
Spielzeug und Bilderbuecher zum Vorlesen vor dem Einschlafen, nichts
Nuetzliches.
Ich glaube, die heutigen Kinder wuerden sich gegen nuetzliche Geschenke auflehnen, und die heutigen Eltern wagen es nicht.
Nuetzlches wird halt so zwischendurch gekauft, aber nicht dem
Sproessling zum Geburtstag oder zu Weihnachten als Geschenk
untergejubelt, so wie bei uns noch ueblich (ich unterstelle
einfach mal, Ihr musstet Euch auch an Weihnachten mit nuetzlichen
Geschenken abfinden?).
Wenn wir 4 Mal im Jahr mit meinem Stiefsohn (er wurde gerade 45), der
Schwiegertochter und den beiden Enkeln meines Mannes essen gehen, dann sind
sie gut erzogen, aber sehr schweigsam, und kaum ist die Mahlzeit
beendet, holen alle vier ihre smart phones heraus, was ich ehrlich
gesagt trostlos finde. Warum kann man sich nicht ueber das unterhalten,
was in den letzten Monaten passiert ist?
Ich bekam zwei Fragen zu meinem Herzinfarkt, und damit war das Thema vom Tisch. Toll!
Es gibt mir das Gefuehl, als kaemen sie nur zum Restaurant, um
zum Essen eingeladen zu werden, und kaum ist das Essen vorueber, haben sie ihre
Pflicht getan, und koennen sich der (viel interessanteren) Inbox bzw
neuesten text messages von Freunden zuwenden.
Schlechte Erziehung ist heutzutage also ein grosses Problem, und auch
sechzehnjaehrige amerikanische Teenager mit Fuehrerschein, die gern
texten beim Fahren, obwohl es sie (wie auch alle Erwachsenen, die das
tun) ueberfordert und zu Unfaellen fuehrt.
Staendig muss ich Leuten, die an der Ampel vor meinem Wagen in ihrem
Auto warten, mit kurzem Anhupen klarmachen, dass es nicht mehr gruener
wird, sie aber immer noch ihren Kopf andaechtig gesenkt halten, um zu
texten oder neue text messages zu lesen.

Wie sind denn Eure Eindruecke von der heutigen Jugend/Kindern? Ist das identisch mit meinen Erfahrungen?
Wenn ich die Kinder und Enkel erlebe, dann bin ich ausgesprochen froh, dass
ich nie Kinder hatte. Ich bezweifle, dass ich ploetzlich in 7
Jahren, wenn ich 70 bin, Kinder vermissen koennte. Dazu hatte ich
immer viel zuviele andere Interessen.
Warum habt Ihr Euch fuer Kinder entschieden?