Aufklärungsfilme

waren eine Besonderheit in den Kinos der späten 60er- / frühen 70er-Jahre. Davor wurde nicht aufgeklärt (Filme dieser Art wären sofort indiziert und verboten worden), danach musste nicht mehr aufgeklärt werden (mit Filmen dieser Art war kein Geschäft mehr zu machen da durch sie kaum noch jemand ins Kino zu locken gewesen wäre). Aufklärungsfilme kamen in Deutschland im Zuge der sexuellen Lockerung, bekannt geworden als Sexwelle, ab Ende der 60er-Jahre in die Kinos.

Der erste Film dieses Genres wurde auf Veranlassung der damaligen Gesundheitsministerin Käte Strobel (SPD) gedreht und kam 1967 unter dem Titel "Helga" in die Kinos. Der Film handelt von einer jungen, unerfahrenen und nicht aufgeklärten Frau namens Helga, die heiraten möchte. Ein Frauenarzt klärt sie über Geschlechtsverkehr und Geburtenkontrolle auf. Nachdem Helga schwanger geworden ist, wird sie in einem Kurs für werdende Mütter auf die Geburt vorbereitet, die dann ausführlich im Film gezeigt wird. Während die Schauspielerin Ruth Gassmann die werdende Mutter bei der Geburt spielte, wurden Aufnahmen einer realen Geburt, aufgenommen in einer Münchner Klinik, gezeigt (der ganze Film, auch die Geburtsaufnahmen wurden in Farbe gedreht). Da diese Szenen von etlichen Besuchern nicht verkraftet wurden und einige sogar in Ohnmacht fielen, waren Sanitäter vom Deutschen Roten Kreuz bei den Aufführungen anwesend. Der Film war ein großer Erfolg und war lange Zeit in den Top-10 der deutschen Kino-Charts. Aufgrund dieses Erfolges durfte die Gesundheitsministerin 1968 den Filmpreis "Die Goldene Leinwand" in Empfang nehmen. Allerdings hatte der Film auch viele Kritiker, die ihn als sittlich verwerflich, unmoralisch und Schund ansahen. Von dem Film wurden noch zwei Fortsetzungen gedreht.

Der deutsche Volksaufklärer war Oswalt Kolle. Er war Verfasser zahlreicher Artikel, Bücher und sonstiger Publikationen über Sexualität. In den Jahren 1968 bis 1972 sorgten seine Aufklärungsfilme für gut gefüllte Kinosäle. Sein erster Film "Das Wunder der Liebe" von 1968 enthielt noch den Untertitel "Sexualität in der Ehe". Außereheliche Sexualität war immer noch ein Tabu. In dem Film selbst, der absichtlich noch in schwarz-weiß und nicht in Farbe gedreht wurde, musste Kolle in langen Kommentaren immer wieder den wissenschaftlichen Aspekt herausstellen, um ja nicht den Verdacht der Pornographie aufkommen zu lassen. Die Altersfreigabe war FSK 18. Auch für seine Filme hagelte es viel Kritik, da sie angeblich gegen Sitte und Moral verstießen.

In den 70ern kamen dann die Report-Filme in die Kinos. Alberne bis peinliche Sexfilmchen, die auf der Sexwelle mitschwammen und sich vom noch nicht gedeckten Nachholbedarf an solchen Filmen lukrative Einahmen versprachen. Nach außen gaben sie sich, auch durch den Zusatz "Report" im Titel, den Anschein aufklärerischer und wissenschaftlicher Arbeit. So kamen immer wieder Lehrer, Eltern oder Ärzte zu Wort und Jugendliche oder junge Erwachsene wurden auf der Straße zu sexuellen Themen interviewt. Ob Schulmädchen, Hausfrauen, Stewardessen oder Krankenschwestern, es gab kaum eine gesellschaftliche Gruppe, die nichts zu reporten hatte, wobei die Reports immer nur das eine betrafen. Nach unzähligen Fortsetzungen hatten sich die Kinobesucher schließlich satt gesehen und die Filmchen verschwanden in der Vergessenheit.


Aufklärungs-Filme der 60er/70er:






Abbildung :
1: Ausschnitt aus "Film-Hits der Woche", HÖRZU Ausgabe 48/1969, Axel-Springer-Verlag


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